Protokoll der Sitzung vom 10.07.2003

Die Verwirklichung des mittelfristigen Konsolidierungskurses und -ziels wird dadurch abgestützt. Für den Landeshaushalt 2004 errechnet sich aufgrund der vom Bundesfinanzministerium aktualisierten Ausfallschätzung eine Mindereinnahme von 273 Millionen Euro.

Hinzu kommen – auf das Land bezogen – Mindereinnahmen der Kommunen in Höhe von ca. 100 Millionen Euro. Ohne Anwendung des Beistandspakts

zugunsten der rheinland-pfälzischen Kommunen hätten diese über den Steuerverbund weitere 57 Millionen Euro zu tragen.

Die Landesregierung hat beschlossen, das Verstetigungsdarlehen an die Kommunen entsprechend zu erhöhen. Kumuliert beläuft sich das Verstetigungsdarlehen 2004 damit auf 350 Millionen Euro.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen 1, 3 und 4 im Namen der Landesregierung wie folgt:

Die für das Haushaltsjahr 2004 vorzusehende Nettoneuverschuldung lässt sich im Hinblick auf die durch das Vorziehen der Steuerreform bedingte Mindereinnahme und die beabsichtigte, in ihrem Umfang jedoch noch nicht absehbare Gegenfinanzierung zurzeit nicht mit Sicherheit abschätzen.

In den nächsten Wochen wird sich im Zug der weiteren Beratungen insoweit Klarheit ergeben. Der Ministerrat wird sich planmäßig in seiner Sitzung am 9. September mit dieser Frage zu befassen haben und eine Entscheidung herbeiführen.

Zu Frage 2: Die Landesregierung befürwortet auch aus wachstumspolitischen Gründen einen Subventionsabbau auf breiter Front. Dabei sind neben den übergeordneten gesamtwirtschaftlichen Zielsetzungen auch die landesspezifischen Belange zu berücksichtigen.

Ein merklicher Subventionsabbau kann nur gemeinsam mit dem Bund und den Ländern erfolgen. Im Interesse einer erfolgreichen Verhandlungsführung ist eine vorzeitige öffentliche Festlegung nicht sinnvoll.

So weit zur Beantwortung, Frau Präsidentin.

(Beifall der SPD und der FDP)

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Thomas.

Herr Mittler, in Ihren Vorbemerkungen haben Sie ein flammendes Plädoyer für den Subventionsabbau gehalten. Sie haben aber gesagt, man solle das jetzt nicht öffentlich diskutieren. Aus Verlautbarungen, die ich aber von Vertretern der Landesregierung gehört habe, gibt es durchaus öffentliche Äußerungen.

Deshalb würde ich Sie noch einmal fragen, ob es nach wie vor massive Bedenken bei den vorgeschlagenen Subventionsabbaumaßnahmen im Zusammenhang mit dem Bundeshaushalt, Stichwort „Entfernungspauschale und Eigenheimzulage“, gibt und es Ihrerseits nach wie vor Bedenken gibt, was den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit betrifft. So war es zumindest in einer gemeinsamen Verlautbarung mit der Deutschen Steuergewerkschaft zu lesen.

Zunächst habe ich kein flammendes Plädoyer für den Subventionsabbau gehalten, obwohl ein solcher notwendig ist, sondern ich habe gesagt, eine deutliche Steuersenkung stärkt die Akzeptanz für einen notwendigen Subventionsabbau.

Frau Thomas, was das Zweite angeht, so bleibe ich bei dem, was ich gesagt habe. Es gibt einige Vorstellungen der Bundesregierung, die auf dem Tisch liegen. Es werden weitere von der Bundesregierung hinzukommen. Es werden die Vorstellungen der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück hinzukommen. An diesem Diskurs werden wir uns in sehr lebhafter Weise beteiligen, wie in der Vergangenheit auch.

Ich bleibe dabei, dass die Landesregierung es nicht als zielführend ansieht, sich in einer öffentlichen Erörterung zum jetzigen Zeitpunkt festzulegen, um damit möglicherweise einen Erfolg zu gefährden.

(Beifall der SPD und der FDP)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ramsauer.

Herr Minister, können Sie eine Aussage darüber machen, wie hoch der Subventionsanteil im rheinlandpfälzischen Haushalt im Vergleich zu anderen Bundesländern ist?

Wir haben bei der Vorlage des Subventionsberichts vor einigen Sitzungen darüber Auskunft gegeben. Tatsache ist, dass wir, was den Umfang der Subventionen relativ zum gesamten Haushaltsvolumen anbelangt, am unteren Ende der Länder liegen.

(Kuhn, FDP: Am letzten!)

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Thomas.

In der Vergangenheit war von Vertretern der Landesregierung, auch vom Ministerpräsidenten, zu hören, dass das, was es an Mindereinnahmen gibt, im Landeshaushalt nicht über das, was man bisher geplant hat, einsparbar ist.

Heißt das, die Landesregierung vertritt eine ähnliche Position wie Herr Steinbrück, der sagt, das Ganze werde nur zu schultern sein, wenn Bund und Länder – nach

Artikel 117 in Rheinland-Pfalz – eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ausrufen und in diesem Kontext die Steuersenkung vornehmen?

Verehrte Frau Abgeordnete Thomas, auch wenn Sie – wozu Sie durchaus fähig und in der Lage sind – den Charme, mit dem Sie Ihre Fragen formulieren, noch steigern, werde ich nicht präziser werden.

(Beifall der SPD und der FDP – Heiterkeit im Hause)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bracht.

Herr Minister, wie beurteilt die Landesregierung vor dem Hintergrund – ich will das wiederholen – Ihres flammenden Plädoyers für ein Vorziehen der Steuerreform die Aussagen des Bundeskanzlers in der Regierungserklärung vom 14. März, dass ein Vorziehen einer Steuerreform auch unter der Bedingung, dass die Nettokreditaufnahme dadurch erhöht werden müsse, unvertretbar sei?

Ich habe die Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 14. März immer für positiv gehalten.

(Beifall der FDP – Heiterkeit bei SPD und FDP)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jullien.

Herr Finanzminister, auch ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie das Vorziehen der Steuerreform sehr begrüßen. Bisher haben Sie sich sehr deutlich und massiv gegen eine Abschaffung der Eigenheimzulage ausgesprochen.

Daher meine Frage mit der Bitte einer präzisen Antwort: Halten Sie an der von Ihnen bisher öffentlich geäußerten Darstellung weiterhin fest, dass es zu keiner Abschaffung der Eigenheimzulage kommen darf?

Es gibt die Vorlage des Bundesfinanzministers, die die Abschaffung der Eigenheimzulage und die Einsetzung der dadurch frei werdenden Mittel bis zu 25 % für städ

tebauliche und wohnungswirtschaftliche Maßnahmen zum Inhalt hat.

Das ist die Position der Bundesregierung bislang. Im Zuge der Beratungen wird auch dieser Punkt auf der Agenda stehen. Dazu werden wir uns an dem orientieren, was politisch mehrheitsfähig sein wird. Im Sinn einer konsensualen Lösung werden wir unseren Beitrag einbringen.

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Thomas.

Herr Minister, ich muss noch einmal ganz uncharmant nachfragen. Sie waren in der bundesweiten Diskussion der entschiedenste Gegner im Zusammenhang mit dem Steuerentlastungsgesetz, das im Bundesrat abgelehnt wurde, bei der Frage „Umgestaltung und deutlicher Rückgang bei der Eigenheimzulage“.

In Verhandlungen geht man nur, wenn man eine Position hat, die man vorher formulieren muss. Ich frage noch einmal nach Ihrer Position zur Eigenheimzulage und der vorgeschlagenen deutlichen Kürzung, so wie es im Bundeshaushalt vorgesehen ist, um eine Umlenkung zu erreichen, was Modernisierung und Sanierung im Bestand angeht, aber auf einem deutlich niedrigeren Level.

Dass die Eigenheimzulage heutiger Prägung ein Kind der rheinland-pfälzischen Landesregierung ist, ist bekannt. Insoweit haben wir eine durchaus emotional zu nennende Beziehung dazu.

Ich habe mich im Herbst des vergangenen Jahres – die Pläne der Bundesregierung sind im Spätherbst veröffentlicht worden – insbesondere dagegen gewendet, dass es zu einer Fallbeilregelung kommen soll.

Das heißt, zwischen der Verkündung – das war wohl Anfang November, wenn ich es richtig in Erinnerung habe – und dem Jahresende lagen nur wenige Wochen, und dies hätte massiv in die Lebensplanung insbesondere junger Leute und potenzieller Häuslebauer eingegriffen. Dies war nicht akzeptabel.

Diese Frage stellt sich gewiss heute anders. Dass wir bei der Eigenheimzulage hohen Reformbedarf haben, ist doch unbestritten, vor allen Dingen, was die Ungleichbehandlung von Förderungen des Neubaus und des Erwerbs im Altbestand angeht. Ich verweise darauf, dass insbesondere die neuen Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt einen Gesetzentwurf vorgelegt haben, der die Halbierung der Förderung der Eigenheimzulage für den Neubau vorsieht. Es gibt unterschiedliche Vorstellungen, die auf dem Tisch liegen. Dass wir eine Stärkung und Anreize im Modernisierungsbereich durch eine stärkere Präferenz für die Städtebauförderung brauchen,

ist unbestritten, und dies werden wir in die kommenden Beratungen mit einbringen. Dies wird auf deutlich niedrigerem Niveau geschehen als bisher.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bracht.

Herr Minister, die Landesregierung hat im vergangenen Jahr aufgrund der Flutkatastrophe einem Verschieben des Steuerreformschrittes, der zum 1. Januar 2003 erfolgen sollte, zugestimmt. Muss man aufgrund Ihrer heutigen Ausführungen zu einem Vorziehen des für 2005 vorgesehenen Schrittes der Steuerreform den Schluss ziehen, dass Sie aufgrund Ihrer Begründung, dies sei notwendig, um die Wirtschaft zu beleben und zu mehr Nachfrage zu kommen,

(Zuruf von der SPD: Schauen Sie doch einmal in die Zukunft!)

heute der Meinung sind, dass das Verschieben der Steuerreform zum 1. Januar 2003 eine falsche Entscheidung war, da es zu der wirtschaftlich miserablen Situation geführt hat, die wir heute haben?

(Hartloff, SPD: Das Leben geht weiter!)