Wenn man sich über diese Situation informiert, dann weiß man, dass ganze Städte wie Ludwigshafen oder auf der anderen Rheinseite Mannheim, aber auch viele alte Städte in Rheinland-Pfalz, vor allem aber noch viel mehr Neubaugebiete und neue Gemeinden und Dörfer in Rheinland-Pfalz unter Wasser stehen würden. Diese Gebiete müssen dann neu ausgewiesen werden, wenn das Bundesgesetz so Bestand haben sollte, wie es im Moment vorgeschlagen wird.
Das bringt einen völlig neuen Aspekt in den Hochwasserschutz, dass nämlich von vornherein klar ist, dass derjenige, der in diesen hochwassergefährdeten Gebieten baut, um die Gefährdung weiß, die dort besteht. Das ist später auch eine versicherungstechnische und versicherungsrechtliche Frage. Ich glaube, es ist ungeheuer wichtig, den Personen, die in solchen Gebieten wohnen und dort neu bauen wollen, das Bewusstsein zu geben, dass diese Gebiete hochwassergefährdet sind, dort nicht mehr gebaut werden soll und darf und den Flüssen mehr Platz und mehr Raum gegeben werden muss. Dies ist erforderlich, vor allem, wenn wir wissen, dass in Zukunft die Klimaveränderung vermehrt Hochwasser verursachen kann und vermehrt plötzlich katastrophale Regengüsse stattfinden können, wie das an der Elbe der Fall war. Solche Ereignisse können aber viel stärker als bisher auftreten und die Menschen und dann vor allem das Eigentum der Menschen in diesen Gebieten gefährden.
Meine Damen und Herren, es wäre sinnvoll und vernünftig, den Brüsseler Ansatz aufzugreifen, Prämien in der Landwirtschaft nicht nutzungsabhängig zu zahlen, sondern nach der Bearbeitung der Fläche. Das sollte man mit naturschutzfachlichen und -rechtlichen Konditionen verbinden, die wir in Rheinland-Pfalz haben.
Gemeinsam mit dem Umweltministerium und dem Landwirtschaftsministerium sollten wir an einem Strang ziehen, den Hochwasserschutz auszudehnen, Deiche zurückzuverlegen, dass das Hochwasser nicht so schnell ansteigen kann. Wir haben dann eine Entzerrung der Hochwasser an Mosel und Rhein. Dann können wir eine Konzeption jenseits dessen besprechen, was bisher in Rheinland-Pfalz schon gelaufen ist. Ich habe das anerkennend gesagt. Wir brauchen mehr Hochwasser
schutz. Wir brauchen mehr natürlichen Hochwasserschutz. Wir brauchen den naturgerechten Hochwasserschutz, der nur durch vermehrte Deichrückverlagerung, Stilllegung von Flächen möglich ist. Das betrifft nicht nur Ackerflächen. Das will ich am Schluss noch sagen, meine Damen und Herren.
Das betrifft auch Gewerbeflächen. Wenn Gewerbeflächen in den Rheinauen aufgegeben werden, was geschehen ist, dann ist es nicht sinnvoll, im Hochwassergebiet neue Gewerbeflächen wieder anzusiedeln. Ich denke an Wörth, die Raffinerie. Wir haben nur selten die Chance eines solchen Umbaus, einer solchen Rückgewinnung von Fläche. Es ist sinnvoll, solche Gebiete für den Hochwasserschutz, für den Platz für Hochwasserschutz in Zukunft zu nutzen. Dazu ist die Landesregierung und dazu sind natürlich auch die Kommunen aufgefordert.
Ich begrüße Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag sehr herzlich, und zwar Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Mainzer Landtagsseminar, Seniorinnen und Senioren der IG Bergbau, Chemie und Energie aus Ludwigshafen sowie Mitglieder der Frauen-Union MainzBingen. Herzlich willkommen im rheinland-pfälzischen Landtag!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegen uns heute drei Anträge zum Thema „Hochwasserschutz“ vor. Das Thema „Hochwasserschutz“ ist ein wichtiges Thema für das Land RheinlandPfalz. Rheinland-Pfalz ist geprägt von vielen Flusslandschaften an Rhein, Nahe, Mosel und Lahn. Es ist eindeutig ein Thema, das uns dauerhaft beschäftigt.
Wir hatten im Januar die Anhörung. Der Antrag ist ein Jahr alt. Wir hatten vor einem Jahr eine ausgiebige Debatte im Nachgang zu der großen Flutkatastrophe, die sich an der Elbe abgezeichnet und ereignet hatte. Es ist ein wichtiges Thema für uns.
Beim Studium der drei Anträge habe ich eigentlich gedacht, mittelbar sind wir zumindest alle der Meinung, das Hochwasserschutzkonzept des Landes Rheinland-Pfalz ist ein gutes Konzept. Das ist umzusetzen. Ich habe Herrn Braun aufmerksam zugehört. Ich muss sagen, es gibt einen sehr großen Dissens. Die GRÜNEN meinen, wir können den Hochwasserschutz nur über mehr Flächen und eine Neukonzeption des Hochwasserschutzkonzeptes verbessern. Dazu bedarf es mehr Raum und mehr Auenrenaturierung. Herr Dr. Braun, ich muss ganz
offen die Frage an Sie stellen: Verfolgen Sie die Diskussionen, wie sie sich vor Ort abspielen? Sie sagen, mehr natürlicher Hochwasserschutz ist nur durch Deichrückverlegung möglich. Das heißt, wir brauchen weitaus mehr Fläche. Wo sollen wir die Fläche hernehmen? Haben Sie schon einmal die Diskussionen verfolgt, die sich vor Ort mit den Menschen darstellen, die eigentlich keine Fläche abgeben wollen? Ist es nicht auch sinnvoll, ein Hochwasserschutzkonzept zu realisieren, das so angelegt ist, dass es nicht nur realistisch, sondern auch realisierbar ist? Bei allem Respekt vor Dogmatismus fände ich etwas Pragmatismus auch ganz nützlich.
Ich komme aus dem Kreis Germersheim. Wir leisten 40 % des Hochwasserschutzkonzeptes des Landes Rheinland-Pfalz. Ich stehe immer mittendrin in diesen Diskussionen.
Ich möchte an dieser Stelle auch auf Ihren Exkurs bezüglich der auf Bundesebene stattfindenden Anhörung eingehen. Da sagen Sie: kein Ackerbau in überschwemmungsgefährdeten Gebieten. – Der Polder Wörth-Jockgrim ist ein unheimlich wichtiger Polder. Dort bekommen wir ein Volumen von 16,2 Millionen Kubikmetern Retentionsfläche zusammen. Dort haben wir mühselig den Kompromiss gefunden. Das geschah nur dadurch, dass man gesagt hat, okay, die Auskiesung findet nur noch im Poldergebiet statt, sodass der Landwirtschaft noch die Flächen erhalten bleiben. Jetzt denken Sie allen Ernstes darüber nach, die Flächen in der unmittelbaren Nähe des Rheins dürfen nicht mehr für Ackerbau verwendet werden. Das kann es doch wohl nicht sein. Das werden wir nicht realisieren können.
Im Polder kiesen wir aus, damit der Landwirtschaft die Flächen erhalten bleiben, weil andernfalls die Landwirtschaft über die Auskiesung und über den Polderbau sehr viel Fläche verloren hätte.
Nun sagen Sie, das ist ein Supervorschlag, dass wir sagen, Ackerbau ist nicht mehr in überschwemmungsgefährdeten Gebieten möglich. Ich muss Ihnen sagen, ich bin ein absoluter Verfechter einer differenzierten Betrachtung. Ich kann dem in keinster Weise zustimmen, dass man das für alle Fälle par ordre du mufti so festlegt.
Vor ungefähr zwei Wochen habe ich mit unserer Umweltministerin im Kreis Germersheim eine Veranstaltung gemacht, Hochwasserschutz im Kreis Germersheim. Ich war verblüfft, wie viele Menschen gekommen sind. Es ist eindeutig, für die im betroffenen Gebiet lebenden Menschen ist dieses Thema unheimlich wichtig. Es ist ein essenzielles Thema. Es waren sehr viele, und das Interesse war sehr groß. Es ist für uns, die wir in den betroffenen Gebieten leben, sehr wichtig, dass die Haushaltsrückführung, die es gegeben hat, nicht den Hochwas
serschutz betroffen hat. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich will von dieser Stelle aus meinen Dank aussprechen.
Deichertüchtigung bis zum Jahr 2009/2010 ist ein wichtiges Thema für uns. Wir sind dem Land dankbar, dass der Weg weiter vorangegangen wird.
Ich bin dankbar, dass in Einzelprojekten, bei einem Wirtschaftsstandort, bei der Insel Grün, bei dem der Ringdeich mittlerweile recht morsch ist, ein hoher Zuschuss geleistet wird. Das wird von Ihnen vielleicht nicht so goutiert. Der Zuschuss wird in Höhe von 65 % bei einer Summe von 3 Millionen Euro geleistet. Das ist ganz schön viel. Es geht um den Erhalt eines wichtigen Wirtschaftsstandortes. Es handelt sich immerhin um das Lager der Firma DaimlerChrysler. Das ist das GlobalLogistikcenter, das weltweit die Kfz-Händler mit Teilen versieht.
Ersatzteilen. Ich müsste die Ministerin fragen, vielleicht weiß sie es noch genau. Es ist für uns ein wichtiger Arbeitgeber und ein Wirtschaftsstandort. Ich bin sehr dankbar dafür.
Die Menschen, die so wie wir in unmittelbarer Nähe des Flusses leben, kennen die Gegensätze, die ein Anrainerleben mit sich bringt. Landschaftlich ist es sehr reizvoll. Man kann es touristisch verwerten. Es ist wirtschaftlich sehr interessant. Wir haben bei uns in RheinlandPfalz eine prosperierende Rheinschiene. Demgegenüber steht die Gegensätzlichkeit einer Hochwasserkatastrophe, die sehr plötzlich und schnell kommen kann. Ich denke, das Oder-Hochwasser von 1997 und das Hochwasser vom vergangenen Jahr, die aus einer seltenen meteorologischen Konstellation entstanden sind, dieser 4-B-Wetterlage, können uns jederzeit wieder treffen. Für den Fall müssen wir dann gerüstet sein. Der Prävention und dem Schutz wächst eine immense Bedeutung zu.
Das wissen die Menschen im Land. Ich denke, mit den Hochwasserereignissen des vergangenen Jahres ist eine höhere Sensibilität eingetreten. In vielen Einzeldiskussionen sind wir ein Stückchen weitergekommen. Zum Beispiel bei dem Polder Wörth-Jockgrim müssen wir noch das Zielabweichungsverfahren durchbekommen. Dann wird die Gemeinde ihre Klage zurücknehmen. Es stehen dann noch Klagen aus. In diesem großen Retentionsvolumen sind wir ein großes Stück weiter. Das ist ein Beitrag für uns alle, und nicht nur für die Leute vom Kreis Germersheim, sondern auch alle Unterlieger werden davon profitieren.
Es ist meiner Ansicht nach aber auch Aufgabe von uns Landespolitikern, weiterhin für das Verständnis für diese Maßnahmen zu werben. Wir haben es in der Anhörung gehört, das Hochwasserschutzkonzept des Landes Rheinland-Pfalz ist hervorragend – natürlicher Rückhalt, technischer Rückhalt –, und weiter gehende Hochwasserschutzvorsorge wie Flächenvorsorge und Bauvorsor
ge sind wichtige elementare Einzelteile. Es ist aber auch wichtig, dass wir die Kommunalpolitik vor Ort auch dahin gehend unterstützen, dass dieses richtige und wichtige Konzept auch tatsächlich umgesetzt wird.
Da möchte ich dann auch einmal an die Vertreterinnen und Vertreter der CDU appellieren. Es sind Ihre Parteifreundinnen und Parteifreunde, die in Baden Württemberg einfach nicht in die Strümpfe kommen.
Es fehlt uns immer noch ein Retentionsvolumen vonseiten Baden Württembergs von 71 Millionen Kubikmetern. Das ist ganz schön viel. Des Weiteren fände ich es auch sehr gut, wenn Sie sich gemeinsam mit uns dafür einsetzen würden, dass wir endlich Hessen aus dieser Position des Freikaufens herausbringen und sie nicht nur Geld herüberschieben, sondern so, wie die anderen auch, Land hergeben und sich diesen wirklich unangenehmen Diskussionen, die man dann vor Ort führen muss, auch einmal aussetzen.
Es wäre natürlich aber auch schön, wenn wir hier im kleinen Rahmen – ich habe es Herrn Dr. Gölter im letzten Jahr schon gesagt – diese Diskussionen, diese Fingerzeigdebatte „nicht in Mechtersheim, geht doch bitte in die Hördter Rheinaue“ abstellen könnten. Norbert Schindler, der sich immerhin maßgeblich für die Landwirte engagiert, hat das Gleiche gemacht. Mit dieser Fingerzeigdebatte werden wir es nicht schaffen, ein für uns alle wichtiges Konzept durchzusetzen, sondern es ist wirklich an der Zeit, dass wir sagen, dieses Konzept ist jetzt so weit vorangebracht, lasst es uns gemeinsam zu Ende bringen. Dann können wir über weitere Schritte diskutieren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin, es ist immer schwer, hier im Plenum mit einer Fingerzeigdebatte zu beginnen oder einen Beitrag zu beenden, weil er mit Sicherheit in dem Rahmen hier gar nicht einen kann; denn dann fange ich an, den Finger nach Nordrhein Westfalen zu richten – dort wird mir auch noch einiges einfallen – oder an Parteikolleginnen oder
-kollegen vor Ort. Es ist einfach in so schwierigen Debatten – Deiche wie hoch, an welchem Punkt, wo gehört er hin, Hördter Rheinaue soll einbezogen werden, soll nicht einbezogen werden –, dass solche Diskussionen immer quer durch alle Parteien und auch Fraktionen gehen. Ich will das einmal ganz nüchtern so feststellen.
Wenn wir uns konzeptionell über diese Dinge weiter unterhalten, da war doch auch in der Anhörung und auch in den bisherigen Debatten – Frau Ministerin, ich denke, Sie können das auch bestätigen – ein relativ großer Konsens. Dass man sich in einzelnen Dingen mehr wünschen kann, aber auch dann mehr wünschen kann, wenn mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, auch das bin ich bereit, hier anzuerkennen.
Es gibt einen Punkt, in dem die Union seit Jahren immer wieder mit fordert, der auch in der Konzeption bis jetzt nicht in der Gänze Aufnahme gefunden hat. Das ist auch das Betrachten kleinräumiger Rückhaltemöglichkeiten. Das könnte in der „Aktion Blau“ meinetwegen stärker Berücksichtigung finden. Aber es ist als Konzeption bisher so nie aufgegriffen worden und auch nicht umgesetzt worden. Gerade die verstärkten punktuellen Niederschläge im letzten Jahr, die große Schäden ganz lokal und ganz kleinräumig hervorgerufen haben, haben bewiesen, dass man sich viel mehr um genau diesen Punkt kümmern muss, als man das vielleicht bisher getan hat; denn gerade dort wird man dann nicht hingehen und hier im Plenum breit debattieren und diskutieren, weil vielleicht nur fünf oder sechs Häuser insgesamt betroffen waren, weil nur ein kleiner Ortsteil betroffen war. Das ist für Rheinland-Pfalz nicht die Katastrophe, aber für den Einzelnen bedeutet es die Katastrophe.