Unser heutiges Problem ist doch, dass uns die Gewerbesteuer weggebrochen ist. Wir müssen dort etwas machen. Wir sollten aber gerade die mittelständischen Betriebe nicht wieder belasten. Das wäre kontraproduktiv und kostet nur Arbeitsplätze.
Ich hätte nicht gedacht, dass ich einmal zur Verlängerung Ihrer Redezeit beitrage, Herr Kollege Creutzmann.
Herr Kollege Hohn hat vorhin ausgeführt, und dem haben Sie nicht widersprochen, die Regierungskoalition sei sich hinsichtlich des Ziels der Reform der Gemeindefinanzen einig. Können Sie uns kurz erklären, inwiefern Sie sich auf dem Weg dahin einig sind?
Das hat Herr Kollege Itzek vorhin bereits gesagt. Es gibt unterschiedliche Modelle. Wir präferieren das Modell mit dem Hebesatzrecht. Ich stelle Ihnen unser Modell gern einmal zur Verfügung. Es hat den großen Charme, dass die Interessen der Kommunen gewahrt sind. Außerdem ist das Ansiedlungsrecht, das Sie vorhin reklamiert haben, weiterhin gewahrt. Es ist aufkommensneutral, nämlich so gerechnet worden, dass es nicht zu einer Belastung der Einkommensteuerzahler führt.
Unser Modell ist ein anderes Modell. Das bekommen Sie mit dem Modell der Bundesregierung nicht zusammen. (Marz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Danke, das war‘s!)
Frau Präsidentin! Herr Creutzmann, Sie bekommen es doch nicht so geregelt, wie Sie es vorschlagen. Wenn Sie ein Hebesatzrecht der Kommunen haben, dann haben Sie doch in Rheinland-Pfalz – – – Stellen Sie sich die Situation doch einmal an Ihrem bzw. an meinem Wohnort vor. Sie hätten ein Hebesatzrecht der Kommunen. Sie können doch nicht in Ludwigshafen eine konkurrenzfähige Steuer im Verhältnis zu Heidelberg und Mannheim usw. erheben. Es kann nicht sein, dass die Einwohner für das Wohnen vor Ort Steuern zahlen müssen.
Deswegen hat die Kommune – deshalb ist es ein sinnvolles Modell – die Möglichkeit, Ansiedlungen über die Gewerbesteuer zu regeln. Wenn Sie keine ertragsunabhängige Gewerbesteuer wollen – das habe ich vorher kurz mit Kollegen erläutert –, dann nützt es nichts, wenn Sie die Gewerbesteuerumlage zurückfahren, weil keine Gewerbesteuer anfällt, wenn kein Ertrag vorliegt. Dann nützt es auch nichts, wenn ich die Umlage auf null zurückfahre.
Also brauche ich ertragsunabhängige Teile. Wenn Sie keine gnadenlose Konkurrenz der Gemeinden wollen, wozu Ihr Modell führt, wo die Speckgürtel um die Ge
meinden immer die Reichen sein werden und die Gemeinden, die die Infrastruktur stellen, die Verlierer sein werden, dann brauchen Sie andere ertragsunabhängige Teile.
Wenn wir über einen Ersatz der Gewerbekapitalsteuer diskutieren, dann ist das etwas anderes als eine Diskussion über die Lohnsummensteuer, die wir zu Recht abgeschafft haben. Wir benötigen eine Möglichkeit, das Kapital mit zu besteuern. Dann können wir Freibeträge schaffen. Das ist nicht das Problem, Herr Creutzmann. Ich komme aber in eine Schieflage, wenn ich Kapital immer weniger und Arbeit immer mehr besteuere.
Diese Problematik der Konkurrenz zwischen den Gemeinden regelt Ihr Modell und das vom BDI überhaupt nicht. Deshalb braucht Rheinland-Pfalz, gerade infolge der Konkurrenzsituation in Mainz und Wiesbaden, Mannheim und Ludwigshafen sowie Wörth und Karlsruhe, ein anderes Modell als das von Ihnen vorgeschlagene. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Kollege Dr. Braun, als Strukturkonservative bewegen Sie sich immer in bestehenden Strukturen. In bestehenden Strukturen können Sie aber nur marginale Veränderungen herbeiführen. Jetzt hat man sich überlegt, die Gewerbesteuer neu zu schaffen.
Herr Staatssekretär Dr. Deubel hat heute Morgen zwei interessante Zahlen genannt, die Ihnen zu denken geben sollten. Bei der Gewerbesteuerumlage gebe es Mehreinnahmen für das Land Rheinland-Pfalz von ca. 48 Millionen Euro. Einkommenssteuerminderung bei diesem Modell: über 95 Millionen Euro.
Da liegt das Problem, das auch Rheinland-Pfalz bei der Revitalisierung der Gewerbesteuer hat. Das geht natürlich voll zulasten des Landes und zugunsten der Kommunen. (Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch sinnvoll!)
Natürlich ist das ein Streitpunkt – der Herr Staatssekretär nickt zu Recht –, wenn man einen verfassungsgemäßen Haushalt für Rheinland-Pfalz erreichen will, dass natürlich keine Steuerreform kommt, die einseitig zulasten der Länder geht und die Kommunen begünstigt. Deshalb muss das in das Verhandlungspaket mit dem Bund hinein, weil das Land Rheinland-Pfalz und die anderen Bundesländer sich einig sind, dass das nicht gehen kann. Das ist die Crux und das, was an Ihrem Antrag negativ ist, Herr Marz. Deswegen habe ich heute Morgen interessiert zugehört, was Herr Staatssekretär Dr. Deubel gesagt hat.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn die Decke zu knapp ist, dann kann man ziehen, wie man will, sie wird nicht reichen. Die Decke ist zu knapp für Bund, Länder und Gemeinden zusammen. Dann lediglich über Umverteilungen in dem Sinn nachzudenken, die Gewerbesteuerumlage abzusenken und die Umsatzsteueranteile zu erhöhen und damit sei das Problem zunächst gelöst, führt nur dazu, dass die Decke letztlich ein Stück verzogen wird, dass der Bund und die Länder noch ein Stückchen mehr bloßliegen und sich die Kommunen ein wenig besser bedecken können.
Die strukturellen Probleme des kommunalen Steuers ystems werden damit in keiner Weise beseitigt. Deswegen ist das kein Ansatz, der den Kommunen langfristig helfen kann, sondern es ist ein schlichtes Versprechen, mehr Geld in die Kasse zu geben, ohne dass dahinter das von Ihnen dargestellte Gesamtkonzept steht. Das Gesamtkonzept ist bisher nirgendwo dargestellt worden. Es wird lediglich dargestellt, wie Geld verschoben werden soll.
Es ist unbedingt notwendig, in den nächsten Wochen und Monaten in der Diskussion nicht nur darüber nachzudenken, wie man Geld verschieben kann, sondern darüber nachzudenken, wie das Steuersystem so verändert werden kann, dass es strukturell für die Kommunen günstiger ist als bisher und für die Wirtschaft zumindest nicht ungünstiger als bisher.
Ich will das einmal so ausdrücken, dass das Problem derzeit bei den Kommunen liegt; denn die Kommunen leiden unter einer Gewerbesteuer, die in konjunkturellen Zeiten wie jetzt kaum Einnahmen bringt. Das führt dazu, dass die Kommunen handlungsunfähig werden. Das Problem ist die Konjunkturanfälligkeit der Gewerbesteuer in ihrer bisherigen Konstruktion. Deshalb muss jedes Nachdenken dort ansetzen, den Kommunen ein Einnahmensystem zu verschaffen, das sich im Konjunkturverlauf wesentlich stetiger verhält und sich im Prinzip an der örtlichen Wertschöpfung und nicht nur an den Gewinnen orientiert, die konjunkturabhängig sehr stark schwanken.
Aus der Sicht der Wirtschaft sieht das natürlich genau umgekehrt aus. Hier besteht die Vorstellung, möglichst überhaupt keine ertragsunabhängige Besteuerung zu haben, wobei dann gleich immer von Substanzsteuern gesprochen wird. Dazu kann ich nur sagen, dass wir im Steuersystem ganz andere ertragsunabhängige Komponenten haben als die, die wir in der Gewerbesteuer haben, oder als die, die vorgeschlagen werden.
Wir haben die Mehrwertsteuer. Die Mehrwertsteuer ist eine ertragsunabhängige Steuer. Sie ist wesentlich bedeutsamer als die Gewerbesteuer. Wir haben die Mine
ralölsteuer, wir haben die Grundsteuer, wir haben eine ganze Reihe weiterer Steuern, die unabhängig vom Ertrag anfallen. Da wird auch nicht die Diskussion darüber geführt, dass eine Substanzsteuer sofort zur Verelendung führt.
Ich sage dies nur, damit nicht eine einzelne Komponente gegenüber anderen ertragsunabhängigen Komponenten hochstilisiert wird. Im Prinzip bewegen wir uns – das habe ich heute Morgen ausgeführt – in dem Kontinuum zwischen Wertschöpfungsteuer, wie sie beispielsweise von Hessen und einigen neuen Ländern sowie der Wissenschaft vorgeschlagen wird, und der Abschaffung der Gewerbesteuer. Die Wertschöpfungsteuer hätte den Vorteil einer extrem breiten Bemessungsgrundlage. Ein Steuersatz von 2 % reicht im Prinzip aus, um das heutige Aufkommen zu erreichen.
Auf der anderen Seite des Kontinuums steht die Abschaffung der Gewerbesteuer und statt dessen eine Umlegung auf die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer. Dafür gibt es aber bis heute kein einziges Modell, das praktikabel ist und den kommunalen Interessen entspricht, nämlich dass die Einnahmen bei den Wirtschaftsstandorten und nicht bei den Wohnstandorten ankommen. Natürlich gibt es Zerlegungsüberlegungen nach der Methode, die Lohnsteuer teilweise auf den Gewerbestandort und teilweise auf den Wohnstandort zu verteilen. Praktisch sind dafür aber noch keine vernünftigen Lösungen angeboten worden.
Diese Probleme sieht man zum Beispiel bei der Diskussion um das BDI/VCI Modell. Mit Zustimmung der Interessenvertreter des BDI/VCI ist festgestellt worden, dass dieses Modell äußerst schwierig zu exekutieren ist. Es ist vor 2006 überhaupt nicht umsetzbar. Letztlich gibt es wegen des progressiven Steuersystems überhaupt keinen vernünftigen Ansatz, eine Aufteilung zwischen Gewerbestandort und Wohnstandort im Bereich der Zuschläge zur Einkommensteuer durchzuführen. Dafür gibt es keinen praktikablen Ansatz.
Nebenbei bemerkt dient dieses Modell der Entlastung der Wirtschaft und führt zu einer Belastung der Arbeitnehmer.
Dieser Ansatz führt dazu, dass Wohnstandorte gestärkt und Wirtschaftsstandorte geschwächt werden. Jeder mag für sich selbst beantworten, ob damit das Problem der Gewerbesteuer aus kommunaler Sicht gelöst werden kann.
Die beiden vorliegenden Modelle – von mir aus auch unter Einschluss der jetzigen Gewerbesteuer – weisen aber auch alle Probleme auf. Die jetzige Gewerbesteuer ist zu konjunkturanfällig und in Phasen wie jetzt ungeeignet.
Herr Abgeordneter Schnabel, das hat übrigens nichts mit der Unternehmensteuerreform zu tun. All das, was aus der Unternehmensteuerreform auf die Gewerbesteuer durchschlägt, ist längst neutralisiert worden, sodass die Schwäche der Gewerbesteuer ausschließlich auf der
Das Modell der kommunalen Spitzenverbände – mit Verlaub – birgt auch seine Probleme in sich. Wenn man die Fremdkapitalzinsen bei dieser noch immer sehr schmalen Bemessungsgrundlage einbezieht – da haben wir es nämlich mit einem Steuersatz von rund 16 % zu tun –, bedeutet das beispielsweise, dass ein Immobilienunternehmen, das in aller Regel sehr stark fremd finanziert – nehmen wir einmal eine Fremdfinanzierung von 80 % an –, bei einem Zinssatz von 6 % eben nicht 4,8 % auf die Gesamtfinanzierung zahlt, sondern 16 % mehr. Das sind ungefähr 0,8 Punkte zusätzliche Kosten. Das ist normalerweise mehr als die im Immobilienbereich übliche Marge.
Man muss sich darüber im Klaren sein, dass bestimmte Branchen aufgrund der zu schmalen Bemessungsgrundlage beim Kommunalmodell in große Schwierigkeiten kommen können. Darüber muss man nachdenken. Deshalb kann man dem auch nicht ohne weiteres zustimmen. Wir können schließlich nicht reihenweise Immobilienunternehmen in größte Schwierigkeiten bringen. Dass Problem der Freiberufler ist auch nicht unbedingt befriedigend gelöst, um das einmal ganz vorsichtig auszudrücken.
Beim Regierungsmodell haben wir aber die gleiche Problematik bei den Freiberuflern. Beim Regierungsmodell haben wir auch überhaupt nicht das Problem der konjunkturellen Abhängigkeit gelöst. Deshalb kann das Regierungsmodell auch nicht voll überzeugen.
Ich habe Ihnen jetzt alle möglichen Argumente vorgetragen, die gegen die Modelle sprechen, die im Moment gehandelt werden. Genau deshalb hat es überhaupt keinen Sinn, dass sich eine Landesregierung, die auch noch von zwei Fraktionen getragen wird, die sehr konträre Ansichten zu diesem Bereich haben, im Vorfeld der Verhandlungen komplett festlegt. Wir werden aber letztlich innerhalb der Landesregierung nur dann zusammenkommen, wenn die kommunalen Ziele hinreichend erfüllt sind. Ansonsten wird es keine Einigung geben können. Wir werden mit Sicherheit auch nur dann zusammenkommen, wenn auf der anderen Seite eine Lösung kommt, die für die Wirtschaft erträglich ist. Das ist die Ausgangssituation.
Es lohnt sich nicht, die Diskussion auf ganz kleine Segmente zu verengen. Am Ende wird hoffentlich über Systeme und nicht nur, wie die CDU das jetzt tut, über mehr Geld gesprochen; denn damit lösen wir das Problem nicht langfristig.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Gemeindefinanzreform: Kommunen verlässlich und dauerhaft entlasten“ – Drucksache 14/2468 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.
Stand, Entwicklungen und Problematiken der Windenergienutzung in Rheinland-Pfalz Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 14/2198/2286/2305 –