Protokoll der Sitzung vom 11.09.2003

Gerade im abgelaufenen Jahr wurden im Hinblick darauf, dass das In-Kraft-Treten dieses Gesetzes erwartet wurde, eine Menge von Verfahren in das Jahr 2002 hineingeschoben.

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt des Ausschusses sind vor allem Petitionen in sozialen Angelegenheiten – Herr Kollege Dröscher hat das gesagt –, wobei auch das Thema „Grundsicherung“ gleich spontan einen breiten Raum einnahm. Soweit es sich um Petitionen aus dem Bereich der Justizvollzugsanstalten handelt, macht sich dabei hilfreich bemerkbar, dass sich die Strafvollzugskommission, die sich aus Mitgliedern des Petitionsausschusses zusammensetzt, häufig in den Justizvollzugsanstalten sachkundig macht.

Abschließend möchte ich für unsere Fraktion dem Herrn Bürgerbeauftragten und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesregierung und der Landtagsverwaltung für die gute Zusammenarbeit mit dem Petitionsausschuss Dank sagen. Wenn man auch oft selbst im Petitionsausschuss den Eindruck hat, dass ein recht großer Aufwand im Zusammenhang mit den Petitionen betrieben wird, und die Überlegung auch manchmal nahe liegt, ob das alles berechtigt oder weniger berechtigt ist, hat man doch in vielen Fällen das beruhigende Gefühl, dass durch die umfangreiche Aufklärungsarbeit bei den Petenten manche Unsicherheit, manches Misstrauen und mancher Zweifel beseitigt und Bedenken ausgeräumt werden konnten, was letztlich auch im Sinn unseres Demokratieverständnisses in unserem Rechtsstaat ist.

(Beifall der SPD und der FDP)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, wenn Sie mir erlauben, möchte ich ganz kurz – natürlich ohne Namensnennung – aus einem Dankschreiben, gerichtet an den Herrn Bürgerbeauftragten, diesbezüglich zitieren: „Wie ich aus dem Schriftverkehr mit Ihnen ersehe, haben Sie gründlich recherchiert und sich viel Arbeit gemacht. Das

hat bei mir ein Stück Politikverdrossenheit abgebaut und mir imponiert. Für Ihre Bemühungen bedanke ich mich vielmals.“ – Ich hoffe, dass noch öfters Bürgerinnen und Bürger so denken. Dann hat sich unsere Arbeit gelohnt.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Kollegen Marz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Normalerweise macht es mir relativ wenig aus, am Schluss dranzukommen. Das hat auch seine Vorteile. Das lernt man im Lauf der Zeit zu schätzen. Regelmäßig bei diesem Tagesordnungspunkt macht es mir doch etwas aus, weil es dann nicht so einfach ist, etwas zu sagen. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass es in diesem Haus weder einen Streit über die Institution noch über die Arbeit des Bürgerbeauftragten und des Petitionsausschusses gibt und man leicht in die Gefahr gerät, das zu wiederholen, was diejenigen gesagt haben, die vorher geredet haben.

Ich will trotzdem versuchen, einige Gedanken vorzutragen, die vielleicht nicht genannt worden sind und die mir aufgrund der Arbeit im Petitionsausschuss wichtig sind. Der Petitionsausschuss und der Bürgerbeauftragte werden häufig von den Bürgerinnen und Bürgern als eine Art letzte Instanz angesehen. Das hat zweifellos seine Berechtigung. Sie werden aber auch manchmal so angesehen, als würden Sie sozusagen ein Stückchen über den Gesetzen stehen können. Das ist natürlich nicht richtig. Das ist eine Illusion, obwohl alle Mitglieder des Petitionsausschusses zugeben müssen, dass sie ihre politischen Vorstellungen und Ziele nicht an der Garderobe abhängen, wenn sie den Petitionsausschuss betreten.

Natürlich erleben wir auch die Umsetzung von Gesetzen, die wir gern selbst geändert hätten. Wir bewegen uns selbstverständlich in diesem Rahmen. Innerhalb dieses Rahmens ist es möglich, Spielräume auszuloten und zu sehen, ob es im Interesse der Betroffenen doch noch Möglichkeiten gibt, zum Beispiel Entscheidungen von Behörden zu korrigieren. Das ist eine wesentliche Aufgabe.

Wir sehen immer wieder, dass das Ausloten von Spielräumen Partner aufseiten der Behörden braucht, die ebenfalls bereit sind, nach solchen Spielräumen zu suchen, einmal getroffene Entscheidungen zu überprüfen, und die über eine Eigenschaft verfügen, die ich für sehr wichtig halte. Diese glauben nämlich nicht, wenn man Fehler korrigiert, sei das ein Ausdruck von Schwäche, oder die Autorität des Staats stehe in Gefahr, sondern sehen es so, dass das Eingestehen von Fehlern auch ein Zeichen von Stärke und Souveränität ist. Solche Partner brauchen wir in den Petitionsverfahren,

wenn es darum geht, im Interesse der Betroffenen gute Lösungen zu finden, die allen einsichtig sind.

Diese Bereitschaft und Souveränität finden wir glücklicherweise in vielen Institutionen. Wir finden aber auch sehr viel Sturheit, Festhalten, Beharrungsvermögen und auch einen mangelnden Respekt vor der Institution des Bürgerbeauftragten und des Petitionsausschusses vor. Es wird schon einmal tatsächlich etwas hinausgezögert oder werden Informationen nicht gegeben. Es wird versucht – man könnte wohlwollend sagen –, sich in völliger Unkenntnis der Verfassungslage vorbeizuschlängeln. Deutsche Beamte sollten eigentlich die Verfassungslage kennen.

Der eine Teil ist die Frage, innerhalb der gesetzlichen Regelungen und Normen Spielräume auszuloten. Der andere betrifft den Petitionsausschuss und den Bürgerbeauftragten als Schnittstelle zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf der einen und dem Staat auf der anderen Seite. Kollege Dröscher hat das als Ausschussvorsitzender Seismographfunktionen genannt. Das heißt, die Mitglieder des Petitionsausschusses spüren natürlich mit als erste, wenn es eine Kluft zwischen dem Empfinden der Menschen gibt, was richtig ist, und dem, was Rechtsetzung durch bestehende Normen ist. Das finden wir sehr schnell heraus, nämlich immer dann, wenn gehäuft Eingaben eingehen, die von der Voraussetzung ausgehen, dass etwas Recht ist, was nicht Recht ist, aber was sich viele wünschen.

Ich komme beispielhaft und weil es so viele Schicksale betrifft zum Thema „Einwanderungsrecht und Ausländerrecht“. Wir erhalten sehr viele Eingaben nicht von Betroffenen und Emigrantinnen, sondern von Unterstützerinnen, die an Wahltagen überall ihre Kreuzchen machen. Es gibt überhaupt kein Vertun. Diese sind politisch sehr unterschiedlich einsortiert. Diese sagen uns, die Familie A aus dem Kosovo oder aus einem anderen Land soll abgeschoben werden. Wir wollen nicht, dass diese abgeschoben wird. Diese sind integriert, beherrschen die Sprache und arbeiten hier. Ihre Kinder bes uchen die Schule. Sie sind seit Jahren hier. Wir sehen überhaupt nicht ein, dass sie abgeschoben werden sollen. Sie sind voll integriert. Sie argumentieren mit der Integration, die zweifelsohne – daran geht kein Weg vorbei – in diesem Fall vorliegt.

Die Behörden und wir müssen ihnen sagen, dass das aktuell kein Kriterium für ein Hierbleiben ist. Es herrschen völlig andere Kriterien, die darüber entscheiden, ob Menschen aus anderen Ländern hier bleiben können oder nicht. Das Kriterium der Integration greift leider in vielen Fällen nicht.

Es ist tatsächlich so, dass wir im letzten Jahr alle große Hoffnungen auf das Einwanderungsgesetz gesetzt haben. Es hat die Arbeit sehr stark beeinträchtigt, dass es nicht gekommen ist. Es ist kurios, dass selbst die Unionsparteien das Thema „Integration“ bejahen und ganz oben auf die Agenda stellen, damit alle sagen: Wir müssen integrieren. Das ist ein hohes Ziel. – Wir wollen die Leute auch integrieren. Wenn wir sehr viele konkrete Fälle von integrierten Menschen aus anderen Ländern mit Migrationshintergrund haben, kann es sein, dass wir

feststellen müssen, dass die Gesetze anders sind und sie abgeschoben werden sollen.

(Zuruf des Staatsministers Zuber)

Das ist ein ganz klassischer Punkt. Dort treffen wir uns dann mit dem Rechtsempfinden und Gerechtigkeitsempfinden vieler Bürgerinnen und Bürger, die mit solchen Fällen konfrontiert werden. Das ist ein Punkt, an dem Gesetzesrecht und Rechtsempfinden auseinander klaffen.

Meine Damen und Herren, ich denke, das sollte auch denjenigen, die bisher auf der Bremse gestanden haben, zu denken geben und die Möglichkeit eröffnen, endlich eine Tür aufzumachen und zu einer vernünftigen Regelung zu kommen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte nicht versäumen, an dieser Stelle zu danken. Ich habe eingangs gesagt, es gibt keinen Anlass, sich im Streit über die Institution und die Arbeit, die gelaufen ist, auseinander zu setzen. Von daher ist es auch kein ritualisierter Dank, sondern tatsächlich ein ernst gemeinter Dank.

Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen des Petitionsausschusses für die Kooperation und Zusammenarbeit. Selbstverständlich danke ich auch dem Bürgerbeauftragten und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Kollegen Dr. Schmitz das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für unsere Fraktion reihe ich mich gern in den Kreis der Gratulanten ein, was das Wahlergebnis des Bürgerbeauftragten angeht. Ich schließe mich auch gern dem Jubelchor meiner Vorredner an, was seine Tätigkeit seit 1995 betrifft. Wir sprechen jetzt allerdings nur über das letzte Jahr. Dort fällt auf, dass die Zahl der Petitionen rückläufig ist, was schon erwähnt wurde. Ich finde, das ist ein gutes Zeichen. Es ist ein Zeichen dafür, dass der Bürgerbeauftragte nicht nur als Reparaturbetrieb wirksam ist, sondern dass er auch vorbeugenden Charakter hat, dass er quasi eine „Petitionspräventionswaffe“ ist.

Der Rückgang der Anzahl der Petitionen bedeutet auch, dass weniger Personen in Rheinland-Pfalz mit dem Verwaltungshandeln unzufrieden waren. Das ist ein schönes Ergebnis.

Warum erreichen der Bürgerbeauftragte und sein Büro, denen ich wie meine Vorredner herzlich danken möchte, dieses? Ich glaube, er erreicht es, weil er die Balance

zwischen einem sensiblen Umgang mit den hochsensiblen Themen, aber auch einem sehr autoritätsvollen Auftritt gefunden hat, was in der Mischung dazu führt, dass man ihn ernst nimmt und er Glaubwürdigkeit auf beiden Seiten hat.

Hinter jeder Eingabe, die den Petitionsausschuss und das Büro des Bürgerbeauftragten erreicht, steht ein menschliches Schicksal. Ich möchte nicht verhehlen, dass manche das harte Schicksal trifft, zur Gruppe notorischer Querulanten zu zählen. Auch das gehört zur Wirklichkeit des Bürgerbeauftragten und des Petitionsausschusses.

In diesem Zusammenhang ist aber der Rückgang der Zahlen von 3.300 auf rund 3.070 wahrnehmbar und ein gutes Zeichen. Es ist durchaus mehr als nur eine prozentuale Stelle hinter dem Komma.

Es ist vieles gesagt worden. Herr Marz, ich teile Ihr Schicksal, als vierter Jubler aufzutreten. Es gibt aber auch Dinge, bei denen wir in Nuancen unterschiedlicher Meinung sind. Wir sehen die deutliche Zunahme der Eingaben aus dem Bereich Ausländerwesen. Auch meine Vorredner gingen darauf ein. Mein Vorredner Herr Marz hat angesprochen, dass die Integration das ausschließliche Kriterium sein sollte. So habe ich Sie verstanden.

(Marz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich habe gesagt, es soll auch ein Kriterium sein!)

Es soll auch ein Kriterium sein, dem schließe ich mich an. Dann sehe ich keinen Widerspruch, darf ich für mich persönlich und unsere Fraktion fes thalten.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist kein Spagat, Herr Dr. Braun. Es ist eine solide, souveräne und liberale Abwägung, die Sie schätzen sollten. Es ist die Abwägung, einerseits die Integration der Petenten, die hier im Land bleiben wollen, zu bedenken, andererseits aber auch zu sehen, dass juristische Glaubwürdigkeit und rechtsstaatliche Berechenbarkeit hohe Güter sind, die man nicht ohne weiteres aufgeben darf. (Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Der Anstieg der Petitionen aus dem Bereich des Strafvollzugs wurde schon mehrfach erwähnt. Ich sage ganz ohne Flapsigkeit, ich glaube, dass dabei neben den genannten Gründen auch eine Rolle spielt, dass die Insassen der Justizvollzugsanstalten viel Zeit haben, sich mit diesen Problemen auseinander zu setzen und zwangsläufig aufgrund der Art ihrer Lebensumstände die Freizeitalternativen fehlen.

(Mertes, SPD: Eine feinfühlende Beobachtung!)

Es gibt dann noch den Wunsch nach einer Härtefallregelung. Dem schließe ich mich an. Im Gesamtresümee komme ich also ähnlich wie meine Vorredner in der Kürze der Zeit, die ich jetzt noch nutzen möchte, zu

einem sehr positiven Abschluss, zu einem herzlichen Dankeschön und zu einem optimistischen „Weiter so“.

(Beifall bei SPD und FDP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Die Punkte 15 und 16 der Tagesordnung sind damit erledigt.

Ich rufe Punkt 17 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum Flurbereinigungsgesetz und des Landesgesetzes über Unschädlichkeitszeugnisse im Grundstücksverkehr Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/2367 – Erste Beratung

Die Fraktionen sind übereingekommen, diesen Gesetzentwurf ohne Aussprache an den Ausschuss für Landwirtschaft und Weinbau – federführend – sowie an den Rechtsausschuss zu überweisen. Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich begrüße SPD-Mitglieder aus der Verbandsgemeinde Manderscheid. Herzlich willkommen im Landtag!