Protokoll der Sitzung vom 10.10.2003

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, die Gewerkschaften könnten nämlich auch einen Beitrag dazu leisten, dass es mehr Lehrstellen gibt. Sie könnten in den Tarifverträgen enthaltene Übernahmeverpflichtungen aufgeben.

(Schwarz, SPD: Da sitzen doch zwei am Tisch!)

Diese Verpflichtungen zur Übernahme fertig ausgebildeter Lehrlinge hindern nämlich die Betriebe daran, über den eigenen Bedarf hinaus auszubilden. Weg damit, wie das in einigen Branchen, wie zum Beispiel in der Chemiebranche, schon der Fall ist.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Schwarz, SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den GRÜNEN, jede Form der Umverteilung vermehrt die Bürokratie und kostet Geld.

(Zuruf des Abg. Schwarz, SPD)

Geld, das Sie den abgemagerten Betrieben nicht mehr aus dem Fleisch schneiden können, wird ihnen jetzt aus den Rippen geschnitten. Damit werden die Kosten der Produktion am Standort Deutschland weiter verteuert.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ein Katastrophenszenario!)

Es würden noch mehr Arbeitsplätze und damit noch mehr Ausbildungsplätze verloren gehen.

Meine Damen und Herren, eine Zwangsabgabe wäre das dümmste, was eine Regierung tun könnte.

(Beifall der CDU)

Zum Schluss ein Zitat. Am Dienstag hat der Sachverständige des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Herr Dr. Klös, in der Enquete-Kommission des Landtags festgestellt, dass die in Deutschland im internationalen Vergleich sehr niedrige Jugendarbeitslosigkeit in erster Linie dem dualen System der Berufsausbildung zu verdanken ist.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr richtig! Da sind wir alle einer Meinung!)

Deshalb sollten wir dieses duale System stärken

(Glocke der Präsidentin)

ich komme zum Ende –, und wir sollten jedem Gedanken an ein marktfremdes zwangsabgabefinanziertes Parallelsystem eine klare Absage erteilen.

Danke schön. (Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Schmitz das Wort.

Mir wurde gerade zugeflüstert: Peter bleib ruhig. – Das fällt mir bei der Performance, die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Doublette Wiechmann/Dr. Braun abgeliefert hat, sehr schwer. Ich werde mir aber trotzdem Mühe geben.

Meine Damen und Herren, wir haben ein riesiges Problem. Größere Jahrgänge treffen auf Wirtschaftskrise. Das ist nicht mit Rhetorik zu lösen, sondern nur mit ganz intensiver Arbeit, mit ganz intensivem Klein-klein, so wie das Rheinland-Pfalz beispielhaft zeigt.

(Beifall der FDP und der SPD)

Wer in dieser Situation, so wie eben wieder gehört, das Wort „Ausbildungszwangsabgabe“ auch nur in den Mund nimmt und dies dann noch so darstellt,

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass daraus ein positiver Impuls auf die Wirtschaft entsteht,

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, auf die Ausbildungsplätze!)

und wer nicht sehen will, dass diese Zwangsumlage der Sargnagel für das duale System ist, handelt grob fahrlässig.

(Beifall der FDP – Marz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ideologe!)

Meine Damen und Herren, auf die Verantwortung von insbesondere BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Berlin wurde von Vorrednern mehrfach hingewiesen. Ich kann das nur unterstützen.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Wirtschaftskompetenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird exemplarisch auch heute wieder vorgeführt. Ihr Spielchen ist es, durch Ihre Maßnahmen die Wirtschaft – in Ihrer Verantwortung – zu 42.000 Insolvenzen zu bringen und neben den Firmen, die kurz vor dem Problem am Boden liegen, zu stehen und zu sagen: Jetzt auf mein Freund! Ausbilden! Aber zack, zack! – Das ist Ihre Vorstellung von einem funktionsfähigen Wirtschaftssystem.

(Beifall der FDP)

Meine Damen und Herren, es gibt – gottlob – in allen Parteien Verbündete der Vernunft. Ich bin Herrn Bundeswirtschaftsminister Clement ausdrücklich dankbar, dass er in dieser Woche deutlich gemacht hat, was er von einem solchen Hokuspokus hält. Ich bin auch der Landesregierung in Rheinland-Pfalz dankbar, die sich als mittelstandsfreundlich zeigt und weiß, dass weder Firmen in Insolvenzangst noch aus der Schwarzarbeit heraus Ausbildungsplätze schaffen können, sondern dass sie aus einer klugen Politik heraus geschaffen werden, die den Mittelstand stärkt, und die über eine Politik der Lohnzusatzkostensenkungen auch das Problem der Schwarzarbeit zumindest versucht zu bekämpfen.

Meine Damen und Herren, wenn Herr Kollege Wiechmann sagt, die Wirtschaft will ihre Verantwortung nicht wahrnehmen, muss ich das im Sinne der Angegriffenen als zynische Entgleisung zurückweisen.

(Beifall der FDP und bei der CDU)

In Rheinland-Pfalz – nun zu den Zahlen und Fakten, die Ihnen sonst so wichtig sind – haben wir im Bereich der Industrie- und Handelskammern bei einem Bundes

durchschnitt der alten Bundesländer von minus 1,1 % einen Zuwachs von 1,5 %.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das verdient eine hohe Anerkennung.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Das verdient Anerkennung, wenn beispielsweise in unserem Nachbarland Hessen die Schere der verfügbaren oder freien Ausbildungsplätze immer noch um 70 % höher liegt als im Vorjahr, aber diese Negativzahl in Rheinland-Pfalz bei nur 9 % gegenüber 70 % in Hessen liegt. Das ist ein Ausweis für die Leistungsfähigkeit unserer Mittelstandspolitik und für unseren Kampf um die Ausbildungsplätze.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

In Rheinhessen – das darf ich auch noch mit ein wenig Lokalstolz sagen – beträgt diese Kennzahl nur 2,8 %. Das ist aller Ehren wert.

Meine Damen und Herren, das, was hilft, ist Wirtschaftswachstum. Das ist der entscheidende Punkt. Daran führt überhaupt nichts vorbei. Das, was akut in der Situation, so wie wir sie haben, hilft, sind Lotsenund Patensysteme, Kreditprogramme und – auch wenn mir das ordnungspolitisch schwer fällt wegen der dadurch angestoßenen Mitnahmeeffekte – vielleicht auch die Unterstützungsprogramme, über die die letzten Leute noch in Ausbildungsplätze vermittelt werden können.

Meine Damen und Herren, wenn wir auf diesem Weg in Rheinland-Pfalz fortfahren, müssen wir auch in den nächsten Jahren vor den großen Jahrgängen keine Angst haben. Ich bin der Meinung, wir können diesem ritualhaften Vorwurf in den nächsten Jahren genauso entgegentreten, wie wir das in den vergangenen Jahren geschafft haben.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:

...tes Landesgesetz zur Änderung der Gemeindeordnung Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/2513 – Erste Beratung

Die Fraktionen haben eine Redezeit von fünf Minuten vereinbart. Ich erteile Herrn Abgeordneten Marz das Wort.