Protokoll der Sitzung vom 11.12.2003

Ich erteile Herrn Abgeordneten Stretz das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das vorgelegte und heute hier zu besprechende AGENDA 21-Programm der Landesregierung umfasst genau 97 Seiten. Wir sind uns sicher darüber einig, es ist kaum möglich, tiefer einzusteigen, sondern man kann nur den einen oder anderen Punkt in dieser Frage ansprechen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tief schon, nur nicht in der Breite!)

Wir können nachher noch einmal darüber streiten, ob es tief oder breit ist. Das ist auch kein Problem. Es kommt immer auf den Sachverhalt an.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht drüberhuschen!)

In diesen fünf Minuten Redezeit, die zugestanden ist, lässt sich das nicht bewerkstelligen.

Die Konferenz in Rio hatte 1992 die nachhaltige Entwicklung als politisch und rechtlich verbindliches Leitbild formuliert, das in allen Vertragsstaaten auf allen politischen Verantwortungsebenen umzusetzen ist. Zehn Jahre später, also im Jahr 2002, wurde dieses Leitbild auf dem Weltgipfel in Johannesburg nochmals nachdrücklich bestätigt. In Johannesburg wurden damals aber auch wichtige Umwelt- und Entwicklungsziele fes tgelegt und konkrete Schritte der Umsetzung beschlossen. Ich möchte hier nur einige Beispiele nennen.

Der Anteil erneuerbarer Energien an der Energieversorgung soll deutlich erhöht werden. Dies ist eines der Ziele.

Ein weiteres Ziel ist, es soll ein 10-Jahres-Programm für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster aufgelegt werden.

Ein nächstes Ziel ist es, die Reduzierung von gesundheits- und umweltschädlichen Auswirkungen von Chemikalien bis 2020 zu erreichen. Sie erinnern sich alle an die zahlreichen Debatten auch in diesem Haus.

Bis 2010 soll eine deutliche Reduzierung des Rückgangs der biologischen Vielfalt erreicht werden.

Das waren damals sehr konkret formulierte Ziele im Jahr 2002. Nachhaltigkeit, so wurde schon in Rio gesagt, ist das Leitbild jedes Handelns im kommunalen Bereich, im Landesbereich, im Bundesbereich und weit darüber hinaus. Das wird in dem vorgelegten Bericht AGENDA 21 sehr deutlich.

Das Nachhaltigkeitsprinzip umfasst alle Politikbereiche. Es sichert sowohl die ökonomischen als auch die ökologischen Grundlagen des Menschen. Zugleich muss eine nachhaltige Wirtschaftsweise auch die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Menschen erfüllen. Im Bericht heißt es hierzu: „Das Konzept der nachhaltigen umweltgerechten Entwicklung ist daher von Anfang an als die Zusammenführung ökonomischer Bedürfnisse, ökologischer Erfordernisse und des sozialen Ausgleichs definiert worden. Wenn sie auf Dauer Erfolg haben sollen, müssen auch Maßnahmen der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zum Beispiel am Prinzip dieser Nachhaltigkeit ausgerichtet werden.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei uns in Rheinland-Pfalz konnte die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von 1991 bis ins Jahr 2000 von 827 Gigawattstunden auf 1.705 Gigawattstunden erhöht werden. Das ist eine Verdoppelung. Den von der EU vorgegebenen Anteil von 12,5 % am Stromverbrauch werden wir bis 2010 in Rheinland-Pfalz sicher erreichen können. Wesentliche Beiträge hierzu erwarten wir von

der Wind- und Wasserkraftnutzung, aber auch von der Nutzung von Geothermie und Biomasse.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Wohlstandsgesellschaft ist unter anderem durch Abfallberge gekennzeichnet. Der lange Zeit sorglose Umgang mit Abfall hat Altlasten erzeugt. Die erforderliche Sanierung dieser Altlasten bedeutet für einen noch überschaubaren Zeitraum eine finanzielle Überforderung des Gemeinwesens. Darüber sind wir uns wohl alle einig. Alle oder viele von uns sind in der Kommunalpolitik tätig. Der deutliche Rückgang des Abfallaufkommens in Rheinland-Pfalz veranlasst uns zur Prognose, dass der Ausstieg aus dem Deponiezeitalter möglich sein wird. Herr Kollege Braun, das ist eine ganz konkrete Aussage und nicht nur nebulös.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen dieses Ziel in Rheinland-Pfalz möglichst bald erreicht haben.

(Beifall bei der SPD)

Für die weitere Entwicklung des Naturschutzes brauchen wir einen besseren Dialog; denn gute Lösungen im Naturschutz leben von Inhalt, Wirksamkeit, aber auch von der Akzeptanz. Letztlich ist der Naturschutz auf die Mitverantwortung und das Engagement vieler angewiesen. Ein erster Schritt, diese Zusammenarbeit zu unterstützen, soll die Erfassung und Analyse beispielhafter Naturschutzprojekte sein, die die Ergebnisse allen Akteuren zur Verfügung stellt. Damit soll ein Beitrag geleistet werden, Initiativen außerhalb der Verwaltung in ihrer Arbeit zu unterstützen. Im Bericht wird die Eigeninitiative und Eigenverantwortung mehrmals betont. Aktivitäten müssen zielgerichteter als bisher initiiert und unterstützt werden.

Das Verwaltungshandeln muss insgesamt transparenter und nachvollziehbarer gestaltet werden. Der Bericht der Landesregierung macht deutlich, dass der AGENDA-21Prozess eine Querschnittsaufgabe ist. Die einzelnen Felder sind unseres Erachtens übersichtlich dargestellt und verzeichnen einen Ist-Zustand, aber auch Handlungsanweisungen. Ich kann nur sagen, der Bericht – Drucksache 14/2051 – kann deshalb dringend zur Lektüre empfohlen werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Weinandy.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Ziel der Lokalen AGENDA ist eine nachhaltige Verbesserung der sozialen, ökonomischen und ökologischen Lebensbedingungen, also Soziales, Wirtschaft und Umwelt sollen

miteinander verknüpft werden. Ein wesentliches Ziel ist, kein Bereich dieser drei Bereiche soll bevorteilt oder benachteiligt werden. Für die Zukunft soll in diesen drei Bereichen eine Ausgewogenheit dargestellt werden.

Diese Bereiche müssen in Zukunft mehr miteinander verknüpft werden. Wesentlicher Punkt der AGENDA 21 ist die Beteiligung der Menschen, und zwar aller Gruppen der Menschen in den einzelnen Projekten. Die Vorredner haben es schon gesagt. Mit dem Bericht ist ein Riesenprogramm der Landesregierung vorgelegt worden, was man heute am Rande nur anreißen kann.

In dem Bericht wird aufgezeigt, dass es auf kommunaler Ebene schon eine Reihe von AGENDA-Gruppen gibt. Kennzeichnend für diese Gruppen ist, dass es sich vor allen Dingen um Frauengruppen handelt. Das haben wir letztens in einer Kleinen Anfrage von Frau Grosse verdeutlicht bekommen.

Positiv ist, dass viele Gemeinden bereits eine Hilfestellung zur Gründung von Initiativen auf kommunaler Ebene in Anspruch genommen haben. Daraus sind bereits viele AGENDA-Gruppen in einzelnen Gemeinden entstanden, die oft nicht allein unter dem Begriff Lokale AGENDA laufen, aber hervorragende positive Arbeitsergebnisse aufweisen können.

(Beifall der CDU)

Dies kann ich von meiner Heimatstadt berichten. Wir haben eine Kinderspielplatzgruppe eingerichtet. Wir haben ein Prümer City-Marketing eingerichtet, das sich vor allen Dingen mit den wirtschaftlichen Belangen beschäftigt. Der Vorredner oder Herr Dr. Braun haben gesagt, das Innenleben der Stadt soll mehr berücksichtigt werden. Dort kann man erleben, wie sich Menschen dafür einsetzen, dass Innenstädte in Zukunft leben können. Wir erleben, wie schwierig es ist, diese Ziele durchzusetzen, da andere Kräfte wirken und etwas auf der grünen Wiese installieren wollen. Gerade das Zusammenwirken der Unternehmer, des Einzelhandels und des Gastgewerbes der Städte halte ich gerade dort für sehr wichtig.

An einer Stelle ist ausgeführt worden, dass es für die Zukunft wichtig ist, dass wir bei der Weiterentwicklung der AGENDA-Prozesse in Zukunft die ältere Generation mit einbinden. Sie hat Zeit, sie hat Wissen, sie kann ihre Fähigkeiten aus dem Berufsleben mit einbinden. Ich glaube, das ergibt aus unserer Perspektive eine Korrektur des negativen Altersbildes, wie es in dem Bericht zu lesen war.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Im Programm ist eine Fülle von Themen aus verschiedenen Bereichen aufgeführt. Es stellt sich heraus, dass soziale und wirtschaftliche Themen mehr Sympathien haben. Wir brauchen Frauen in der Kommunalpolitik, Vermarktung regionaler Projekte und Produkte. Die Wohnprojekte werden in Zukunft vor dem Hintergrund unserer sich verändernden Lebenssituation wichtig sein. Dabei ist die demographische Entwicklung zu erwähnen.

In dem dicken Band ist zu lesen, dass in Zukunft mehr Vielfalt der Lokalen AGENDA 21 herausgestellt werden soll und welche Verknüpfungen es zwischen den einzelnen Bereichen gibt. Das ist nach unseren Vorstellungen wichtig. Dazu gehört weiterhin, dass Menschen an der Gestaltung und Umsetzung der Ziele mitarbeiten sollen. Gerade in Zeiten knapper Kassen ist vor allem Bürgerbeteiligung gefordert.

Meine Damen und Herren, wenn Sie bedenken, dass Sie sich mit dem identifizieren, für das Sie sich einsetzen, dann übernehmen Sie mehr Verantwortung. Ich denke, das ist für die Zukunft besonders wichtig.

(Beifall der CDU – Glocke der Präsidentin)

Die CDU-Fraktion unterstützt vor Ort alle Initiativen der AGENDA 21, um die Nachhaltigkeit zu unterstützen, zu fördern und die von der Landesregierung vorgegebenen Programme vor Ort in die Arbeit einfließen zu lassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hohn.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachhaltigkeit ist nichts Neues. Der ursprüngliche Begriff „Nachhaltigkeit“ stammt aus dem Wortschatz der Forstwirtschaft. Dort wird in Forstbetrieben seit über zweihundert Jahren auf die Balance zwischen Holzernte und -zuwachs geachtet. Streben nach Nachhaltigkeit beobachtet man seit langem auch in der Landwirtschaft. Fruchtfolge soll dort dazu dienen, eine gleich bleibende Bodenfruchtbarkeit zu garantieren.

Meine Damen und Herren, seit der Konferenz von Rio 1992 ist nachhaltige Entwicklung das vereinbarte Leitbild aller Vertragsstaaten der Vereinten Nationen. Das ist seit 1992 das Neue an der Nachhaltigkeit. Die AGENDA 21 bezieht praktisch alle Politikfelder mit ein. Bereits das Inhaltsverzeichnis des fast 100-seitigen Berichts zeigt in der Anordnung seiner Themenfelder, wie wenig sektoral und wie stark vernetzt Nachhaltigkeit heute zu begreifen ist. Das wird besonders deutlich an bestimmten Themenkomplexen in dem Bericht, welche sich aus mehr oder weniger zahlreichen und zum Teil sehr unterschiedlichen Einzelfeldern zusammensetzen.

Meine Damen und Herren, ich nenne als Beispiel die Energieversorgung, die Wasserwirtschaft, die Infrastruktur, die Nachhaltigkeit im Raum und ganz besonders die Komplexe Bauen und Wohnen.

Meine Damen und Herren, auf einer zweiten Ebene liegen Parameter, die sich wie ein roter Faden durch alle Kapitel des Berichts durchziehen. Es sind dies das Verhältnis der Generationen, der Schutz der Verbraucher

bei Lebens- und Futtermitteln sowie bei Trinkwasser, Ökologie in der Produktion und in der Technik, Ökonomie im Naturschutz und in der Landespflege, ökoeffiziente Nutzung der Ressourcen sowie Lebensqualität und Wirtschaftlichkeit.

Von besonderer Bedeutung für unsere Fraktion ist der Bereich der Forschung und Technologie. Hier geht es um Zukunftsfragen. Hier geht es um Investitionen in die Jugend. Hier geht es um die Bonität des Standorts Deutschland und um die Attraktivität des Standorts Rheinland-Pfalz für Investoren. Damit geht es letztendlich um Fragen von Arbeitsplätzen und Wirtschaftswachstum.

Meine Damen und Herren, der Bericht fügt alle einzelnen Komponenten unter das gemeinsame Dach eines inzwischen stark erweiterten Nachhaltigkeitsbegriffs. In den kommenden Perioden wird es zunehmend interessanter werden, die Zielerreichung und die Entwicklung der Berichtszeiträume miteinander zu vergleichen. Hierzu bedarf es der Einhaltung der gewählten Berichtsstruktur. Also auch hier muss Nachhaltigkeit gearbeitet werden.

Herr Kollege Dr. Braun, es verwundert mich, wenn Sie sagen, im Programm der Landesregierung fehlen Ihnen Details und Auflistungen der Nachhaltigkeit.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tatsächlich erzielte Ergebnisse!)

Gehen Sie einmal davon aus, alles, was diese Landesregierung bisher getan hat, war nachhaltig, und alles, was sie in Zukunft tun wird, wird auch nachhaltig sein.