Protokoll der Sitzung vom 22.01.2004

(Beifall der SPD und der FDP)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Frisch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kulturhaushalt 2004 enthält keine spektakulären Ansätze. Das war auch bei der gegenwärtigen Haushaltssituation nicht zu erwarten. Lassen Sie mich wie in jedem Jahr einige Anmerkungen zum Thema „Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit“ machen.

Man muss die Frage stellen, wieso die Stiftung Hambacher Schloss unter dem Titel „Förderung nicht staatlicher Museen“ eingeordnet ist. Es gibt zwar auf dem Hambacher Schloss ein Museum. Für mich ist das Hambacher Schloss aber so etwas wie eine nationale Gedenkstätte und kein Museum. Vor allen Dingen ist es nicht nicht staatlich, sondern die Stiftung wird im Prinzip vom Bund, vom Land und den beteiligten Kommunen getragen.

Eine weitere Frage: Warum werden Titel mit gleicher Zielsetzung an verschiedenen Stellen im Haushalt wiedergegeben, die zudem noch gegenseitig deckungsfähig und zum großen Teil auch gleich benannt sind? So sind zum Beispiel der Ankauf von Kunstwerken an vier verschiedenen Stellen, die Filmförderung an drei Stellen, die Zuschüsse für Bildende Kunst, Musik und Literatur an drei Stellen und die Zuschüsse zur Verbesserung des Kulturstandorts Rheinland-Pfalz an drei Stellen verteilt. Wir haben uns beim Bildungsbereich schon mit Mathematik beschäftigt. Vielleicht ist der tiefere Hintergrund, dass wir alle rechnen lernen.

Warum sind manche Ansätze so himmelweit von den tatsächlichen Ergebnissen der Vorjahre entfernt, zum Beispiel beim Titel Landesmuseen? Das Ist im Jahr 2002 betrug 237.000 Euro, das Soll für 2004 100 Euro. Auch ist die Verschiebung von Haushaltsansätzen zu nennen. So kommen zum Beispiel die Burgfestspiele Mayen zu den Zuweisungen für Theater, Orchester und Musikschulen. Der Ansatz wird aber nicht um den verschobenen Betrag erhöht. Die Frage stellt sich: Sollen damit Kürzungen kaschiert werden?

Meine Damen und Herren, ich will mich nicht an Details aufhalten, sondern einige grundsätzliche Fragen der Kulturpolitik ansprechen; denn gerade dann, wenn der Staat sparen muss, ist es besonders anzuerkennen, wenn andere als Kulturträger aktiv sind. Dazu gehört die Wirtschaft durch Spenden, Sponsoring und Stiftungen. In diesem Bereich hat sich durch die rechtliche Situation manches an Verbesserungen ergeben. Dazu gehört privates ehrenamtliches Engagement von Bürgern. Ich muss zunächst der Landesregierung ein Lob aussprechen. Die Versicherung, die Sie für den ehrenamtlichen Bereich abgeschlossen haben, dient sicherlich dazu, mehr Menschen dazu zu bringen, sich ehrenamtlich zu engagieren. Das Risiko wird größer. Jeder von uns kennt Beispiele, wo sich ehrenamtliches Engagement für den Einzelnen sehr schlecht ausgezahlt hat.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank für den Beifall. Jetzt gibt es gleich etwas Negatives. Das können Sie sich denken. Es gibt nämlich keine Fortschritte bei der Gleichstellung des Ehrenamts in der Kultur mit anderen gesellschaftlichen Bereichen. Das ist ein Ziel, das Sie selbst in Ihrer Koalitionsvereinbarung 2001 formuliert haben. Viele Ehrenamtliche warten auf einen kleinen Schritt in diese Richtung; denn auch das würde letztendlich zur Stärkung des ehrenam tlichen Engagements führen. Es ist auch im Haushalt nicht erkennbar, dass Schwerpunkte in diese Richtung gesetzt werden.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, bedeutende Kulturträger sind auch die Kirchen. Ich denke, dass deren Leistung im Normalfall viel zu wenig gewürdigt wird. Sie erfüllen ein breites Spektrum, und zwar vom Denkmalschutz über die Kunst im Allgemeinen, die Kunst am Bau bis hin zu Museen, Büchereien oder zur Pflege der Kirchenmusik.

Auch Kirchen haben weniger Geld als früher. Das bedeutet, dass weniger Leistungen für die Kultur zustande kommen. Gleiches gilt für die Landesstiftungen, die auch durch Zinserträge gespeist werden, wie die Kulturstiftung Villa Musica und den Kultursommer. Das ist kein Vorwurf. Das hängt damit zusammen, dass das Zinsniveau im Moment relativ niedrig ist. Eines muss ich kritisieren: Die Konsequenzen, die sich aus diesen Rückgängen bei den Stiftungen ergeben, werden allein im Ministerium und in internen Zirkeln verhackstückt. Es wäre gut, auch die Politik mit zu beteiligen.

(Beifall der CDU)

Weniger Geld haben auch die Kommunen, besonders die in Rheinland-Pfalz; denn wir wissen alle, dass ein Viertel der kommunalen Schulden bundesweit von den Kommunen in Rheinland-Pfalz stammt. Deswegen müssen diese Kommunen auch sparen. Sie können im Prinzip nur bei den so genannten freiwilligen Leistungen sparen, zu denen leider auch die Kultur gehört.

In diesem Zusammenhang passt eine Äußerung, die Herr Minister Zöllner öffentlich vorgebracht hat, aus meiner Sicht wie die Faust aufs Auge. Er hat gesagt, das Land müsse bei den Kommunen mehr Bewusstsein für die Notwendigkeit der Kulturförderung schaffen. So zu lesen in der „Rhein-Zeitung“ am 19. November 2003. Ich denke, ein solches Zitat kann man nur als Verhöhnung der Kommunalpolitiker einstufen;

(Beifall bei der CDU)

denn diese würden gern mehr Geld für die Kultur investieren, wenn sie es hätten. Bevor sie Anstrengungen unternehmen, die Kommunen dahin zu bringen, sollten Sie ihnen einfach eine bessere finanzielle Ausstattung geben. Dann würden sie schon dafür sorgen, dass sie mehr Kultur verantworten würden.

Meine Damen und Herren, in der Landeskulturpolitik gibt es eine ganze Palette aktueller Themen, die nicht im Haushaltsbuch 2004 stehen. Dazu gehört aus meiner Sicht das Megathema der letzten Tage, nämlich die aktuellen Beschlüsse zur Zukunft der Orchesterlandschaft in Rheinland-Pfalz.

Herr Minister, trotz gegenteiliger Beteuerung stellen sie einen tiefen Einschnitt in die Orchesterlandschaft dar. Die allgemeine Euphorie nach Bekanntgabe der Beschlüsse des Lenkungsausschusses wird von uns nicht geteilt. Sie ist inzwischen großenteils bei den Betroffenen einem Katzenjammer gewichen.

(Beifall der CDU)

Lebensplanung, Einkommensituation und Berufsperspektiven der Musiker werden elementar tangiert. Der Erhalt der anerkannten Qualität und der jeweiligen tradi

tionellen speziellen Aufgabenstellung der drei Orchester ist sehr zu hinterfragen. Die Umsetzung hat viele Fußangeln. Der Teufel steckt im Detail.

Ich will einige Punkte nennen. Zum Beispiel ist es notwendig, zu tarifvertraglichen Veränderungen zu kommen. Dazu haben sich die Tarifparteien prinzipiell bereit erklärt. Es wird auch darum gehen, die Teilzeitmöglichkeiten zu erweitern, zu verändern, zu spezifizieren und das Gehaltsniveau zu verändern. Dann stellt sich die Frage: Kann man auf dieser Basis überhaupt sozialverträglich Stellen abbauen? Sind genügend berufliche Veränderungen möglich? Sind genügend Vorruhestandsperspektiven erkennbar?

Außerdem stellt sich die Frage der Kooperation und Koordination. Kooperieren kann man eigentlich nur dann, wenn man selbst so viele Musiker hat, dass sie auch an andere Orchester „ausgeliehen“ werden können. Wenn man selbst schon auf dem letzten Loch pfeift, wird dieser Austausch überhaupt nicht möglich sein. Wenn er doch im Einzelfall noch möglich ist, braucht man eine Koordinationsstelle. Wo sitzt diese? Wie sieht diese aus? Handelt es sich um eine Persönlichkeit oder um Vertreter aus allen drei Orchestern? Auch hier gibt es überhaupt noch keine konkreten Vorstellungen.

Das Hauptproblem liegt aus meiner Sicht darin, dass das Budget, das für das Jahr 2006 angekündigt ist – das hat nichts mit dem Haushalt 2004 zu tun –, nicht ausreicht, um die jeweils angegebene Stellenzahl zu finanzieren. Die Differenz beträgt in Koblenz und Mainz sechs Stellen und in Ludwigshafen zwei Stellen. Es gibt eine Unterfinanzierung im Hinblick auf diese Stellenzahl. Inzwischen sprechen auch betroffene Musiker in diesem Zusammenhang von einer Mogelpackung. Um dieses Problem zu lösen, gibt es nur drei Möglichkeiten.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck und des Staatsministers Mittler)

Ich sage gleich etwas dazu. Sie wollen, dass andere sparen. Sie wollen, dass aus den Orchestern heraus gespart wird. Das bedeutet weniger gute Bezahlung.

Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass die Kommunen, deren Haushaltssituation ich schon beschrieben habe, diesen fehlenden Anteil übernehmen. Die dritte Möglichkeit – das wird aus dem Hut gezaubert – sollen Stiftungen sein, die zusätzliche Stellen finanzieren.

Ich möchte nur auf Folgendes hinweisen: Wenn man heute aus einem Stiftungsertrag eine einzige Stelle finanzieren will, dann braucht man ungefähr zehn Millionen Euro Kapital. Sagen Sie mir, woher Sie die Chance sehen, zehn Millionen Euro für jede dieser Stiftungen überhaupt einzubringen. Ich denke, das sind Schimären, nach denen man eigentlich gar nicht greifen sollte.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, Sie haben ihr ursprüngliches Sparziel erreicht, 3,2 Millionen Euro einzusparen.

(Glocke der Präsidentin)

Ich fürchte, das wird ein Pyrrhussieg sein. Man kann sparen, man muss auch in der gegenwärtigen Situation sparen. Aber man darf nicht kaputtsparen.

(Zuruf des Staatsministers Mittler)

Doch, man darf da sparen, aber nicht in dem Umfang. Wenn Sie das einmal in Ihren eigenen Ministerien so konsequent durchführen würden wie bei den Orchestern, dann könnten wir auch darüber reden, dass man an es an allen Stellen so tut.

(Beifall bei der CDU – Ministerpräsident Beck: Ich habe es Ihnen gestern vorgerechnet!)

Die Rechnung stimmt aber nicht. Ich habe es Ihnen doch eben vorgerechnet, dass Sie damit nicht hinkommen. (Ministerpräsident Beck: Natürlich stimmt sie!)

Es gäbe noch eine ganze Reihe Themen anzusprechen. Ich sehe, dass ich jetzt unter Zeitdruck komme.

Zum Beispiel beim Rheintal-Musik-Festival. Dort soll etwas Neues aufgebaut werden. Dafür hat man offensichtlich Geld. Ist das das Geld, das man bei den Orchestern einspart?

(Ministerpräsident Beck: Schon wieder falsche Zahlen! – Staatsminister Mittler: Ihr seid Kadetten!)

Die Begründung für das Rheintal-Festival ist, dass man das Weltkulturerbe stärken will. Auch dort braucht man ein Konzept und nicht einzelne Punkte, die jeweils zusammengefügt werden.

(Glocke der Präsidentin)

Fragen stellen sich auch im Hinblick auf die Zukunft des Arp-Museums, das eigentlich 1997 schon fertiggestellt sein sollte.

Was passiert mit dem Landesbibliothekszentrum? Ich kann auf die Einzelheiten nicht mehr eingehen. Fragen über Fragen, die alle nicht im Haushaltsplan 2004 beantwortet werden. Deswegen möchte ich frei nach Bertolt Brecht zum Schluss sagen: Auch wenn dieser Haushalt morgen beschlossen wird, dann gilt für uns, wir sehen betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Geis das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Frisch, es klingt immer so ein bisschen traurig, wenn Sie über

Kultur sprechen. Ich möchte mich nie dafür entschuldigen, dass mir die Beschäftigung mit der Kultur unbändigen Spaß macht.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben alle bei den grundlegenden Schwierigkeiten, die die Politik zurzeit hat und die sie schon länger sichtbar hätte, wenn wir nicht vieles ausgesessen hätten – nicht in Rheinland-Pfalz, aber an anderer Stelle – eine positive Entwicklung im Kulturbereich in Rheinland-Pfalz. Wir profitieren ausdrücklich davon, dass die Innovationsfelder Wissenschaft und Kultur in einem Ministerium zusammengefasst sind.

Wenn wir die Zukunft vernünftig gestalten wollen, müssen wir über Strukturen nachdenken und Überkommenes verändern. Ich komme darauf zurück in der konkreten Frage der Orchesterreform. Das ist ein zentraler Aspekt.