Protokoll der Sitzung vom 17.03.2004

(Glocke des Präsidenten)

Die Beispiele zeigen natürlich, wozu hohe Steuersätze führen können, nämlich zu volkswirtschaftlichen Fehlallokationen. Der Staat muss darunter leiden, weil er das Steueraufkommen nicht hat und er kein Geld hat. Deswegen lasst uns das beseitigen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall der FDP und der SPD)

Es spricht Frau Abgeordnete Thomas.

Meine Damen und Herren! In Bezug auf Verteilungsgerechtigkeit sind in der zweiten Runde merkwürdige Dinge gesagt worden.

Wenn man noch einmal in diese Untersuchung hineinschaut, die aus den Finanzministerien kommt, und sie betrachtet, so sieht man, sie haben das nicht auf jeden einzelnen Steuerfall herunterrechnen können. Wenn man dann noch einmal hineinschaut und nachsieht, was der Wegfall der einen oder anderen Steuervergünstigung und Subvention bewirkt, kommt man in richtige Schieflagen hinein, glaube ich. Herr Mittler hat das eine oder andere Beispiel genannt.

Wenn man einmal schaut, was das zum Beispiel an Entlastung für wen bringt – ich will das noch einmal ganz kurz vortragen; Herr Itzek hat es am Anfang gesagt –, da wurde gesagt, dass all die geprüften Modelle in die Richtung gehen, dass tendenziell Gewinner die Steuerpflichtigen in hoher Progressionsstufe mit wenigen Abzügen von der Bemessungsgrundlage sind.

Jetzt sage ich, was „leitende Angestellte“ heißt – und dass die größten Einbußen diejenigen haben, die in niedrigerer Progressionsstufe mit hohen Abzügen von der Bemessungsgrundlage oder mit nennenswerten steuerfreien Einkünften (Pendler, Feiertags- und Nacht- arbeiter) sind.

Frau Simonis hat es gestern auf den Punkt gebracht. Sie hat gesagt, für leitende Angestellte bezahlen dann Krankenschwestern und Busfahrer. So ist das, wenn es um die Frage der Verteilungsgerechtigkeit geht.

(Creutzmann, FDP: Das ist falsch!)

Dann rechnen Sie es nach, Herr Creutzmann. Ich meine, als leitender Angestellter würde ich mich auch freuen, wenn ich bei einer solchen Entwicklung so eine Position hätte wie Sie.

Bei dem Zweiten geht es, was die Verteilungsgerechtigkeit angeht, um die Situation der Familien und ob Fam ilien entlastet werden. Auch da hilft ein Blick in diese Prüfung. Da heißt es nämlich, dass es im Hinblick auf eine Entlastung der Familien sowohl im Modell von Kirchhof oder von anderen zu keiner wesentlichen Entlastung kommt.

Ich sage einmal, wenn man an ein Steuersystem herangeht, müsste man diesen Aspekt in Anbetracht der demographischen Entwicklung,

(Zuruf des Abg. Itzek, SPD)

der Belastungen, die Familien ansonsten tragen, vor allem der Kinder, der Altersvorsorge, der Bildungsausgaben doch berücksichtigen. Aber auch dafür taugt keines der Modelle.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir über Verteilungsgerechtigkeit reden, dann müssen wir uns diese Punkte anschauen.

Herr Jullien hat nichts dazu gesagt, als er sich zu Herrn Merz noch einmal geäußert hat. Herr Merz hat gesagt, wir können die Ausfälle auch über eine Mehrwertsteuererhöhung gegenfinanzieren.

(Itzek, SPD: So ist es!)

Da haben wir doch den nächsten Punkt. Wer ist dann damit belastet? Das sind wieder die Familien, wieder überproportional diejenigen mit einem niedrigeren Einkommen. Wenn wir mit solchen Gegenfinanzierungsmodellen kommen, dann steht aber auf jeder dieser Reform nicht „große“, sondern „unsoziale“ Steuerreform. Das kann nicht das Ziel einer so genannten großen Steuerreform sein, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt ist Herr Jullien nicht anwesend. Er ist Steuerberater. Einen Punkt muss ich nennen. Ich verstehe nicht, wie ein Steuerberater sagen kann, aufgrund der Steuersätze würde ein Unternehmen insolvent werden.

Wenn ich keine Gewinne mehr habe, dann zahle ich auch keine Steuern mehr.

(Creutzmann, FDP: Richtig, so ist es!)

Das ist ganz unabhängig davon, ob sie hoch oder niedrig sind.

Wenn dann ein solcher Steuerexperte eine Position bezieht und sich für eine Steuerreform einwirft, dann stelle ich aber mittlerweile hinter jedem Satz die Fragezeichen. Dass er nicht richtig rechnen kann, das haben wir früher schon ein paarmal bemerkt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD – Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

Zu den Ausfällen im staatlichen Bereich und für die staatlichen Haushalte: Ich würde das gern noch einmal heruntergerechnet sehen, was Herr Böhr heute gesagt hat.

Ich will nur einmal zwei Zahlen aus dem Landeshaushalt nennen. Rund elf Milliarden betragen die Ausgaben in diesem Landeshaushalt. Dazu zahlen wir rund drei Milliarden nur für Zinsen und für Pensionszahlungen.

Wenn wir in der Form weitermachen und weiterhin darauf setzen, dass wir sagen, wir können zusätzliche Einnahmenausfälle kompensieren, bekommen es aber auf der Ausgabenseite nicht kompensiert, dann wird sich dieser Anteil rapide erhöhen.

Das reduziert weiter die Gestaltungsmöglichkeiten. Das reduziert die Investitionen in wichtige Zukunftsaufgaben wie Bildung, Forschung und Innovation. Wir werden keinen Spielraum mehr haben, und zwar weder auf der Bundes- noch auf der Landes- oder auf der kommunalen Ebene. Deshalb kann man nicht eine so einfache Rechnung aufmachen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch zu der kommunalen Ebene und der Gewerbesteuer eine letzte Anmerkung. Herr Creutzmann, ich meine, man kann zum Koalitionspartner schauen und sagen, über das Stadt-Umland-Verhältnis können wir uns vielleicht noch verständigen,

(Glocke des Präsidenten)

aber Fakt ist doch, dass Sie diejenigen sind, die gemeinsam mit Teilen der CDU sagen, wir verzichten auf Steuereinnahmen aus den Unternehmensbereichen.

(Creutzmann, FDP: Nein!)

Doch, das machen Sie.

Sie wollen einen Hebesatz für die Einkommen- und für die Körperschaftsteuer haben. Aber Sie verteilen um, Sie verteilen von dem Steueraufkommen der Unternehmen auf jeden Otto Normalverbraucher um.

Herr Mittler hat vorhin die Zahlen für Ludwigshafen genannt. Ich hätte von Ihnen gern einmal heruntergerechnet, was das für den einfachen Ludwigshafener Bürger heißt, wenn sie das, was Sie bisher an Steuereinnahmen über die Gewerbesteuer hatten, zu einem großen Teil über die Einkommensteuer haben.

Darüber reden Sie bei Ihrem Drei-Stufen-Programm nicht. Das teilen Sie immer in der Debatte mit, sagen aber nicht, dass Sie im eigentlichen und im zweiten Schritt über die Abschaffung der Gewerbesteuer nämlich genau wieder die Steuern für diejenigen erhöhen wollen, für die Sie sie eigentlich reduzieren wollten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Creutzmann, FDP: Nein!)

Das geht nicht in der Verteilungswirkung und auch nicht in dem Ungleichgewicht, das Sie zwischen den großen Städten, zwischen denen, die hohe Gewerbesteuereinnahmen haben, und den Speckgürteln ringsherum haben werden. Was soll noch irgendjemanden – –

(Glocke des Präsidenten)

Letzter Satz.

in kommunaler Verantwortung motivieren, nicht darauf zu setzen, gute Einkommenssteuerzahler zu haben, sondern in Arbeitsplätze, in den Erhalt von Arbeitsplätzen und in Investitionen in Unternehmen zu investieren. Entschuldigen Sie, aber da bleiben Sie eine Erklärung schuldig.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Itzek, SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache zu diesem Punkt.

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler des Dr.-Erich-Klausener-Gymnasiums Adenau, Mitglieder der Freien Wählergemeinschaft aus dem Raum Bad Kreuznach und Gemeinderatsmitglieder aus der Ortsgemeinde Arnshöven. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)