Protokoll der Sitzung vom 29.04.2004

Im Hinblick auf die von der Landesregierung eingeschlagene Politik und die von ihr unternommenen Maßnahmen bringt der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN keine neuen Erkenntnisse und Vorschläge, sodass unsere Fraktion diesen Antrag ablehnen wird.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP)

Für die Landesregierung hat Herr Minister Zuber das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, Boden ist, wenn er einmal beeinträchtigt wurde, nur aufwändig regenerierbar, und Verluste sind kaum auszugleichen. Der Begriff „Flächenverbrauch“ beschreibt allerdings die Situation nur unzutreffend, da die Fläche als solche erhalten bleibt. Verändert wird ihre Funktion, zum Beispiel durch Umwidmung

zu Siedlungs- und Verkehrsflächen. Damit geht der Verlust als natürliche Ressource einher. Der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche in Rheinland-Pfalz ist von 1997 bis 2003 um 3 % angestiegen, wobei die Siedlungsentwicklung den weitaus größten Anteil an der gesamten in Anspruch genommen Fläche hat. Der Zuwachs hat erfreulicherweise in der jüngsten Vergangenheit etwas an Fahrt verloren. Der derzeitige tägliche Zuwachs an Siedlungs- und Verkehrsflächen – die Zahl von 5 Hektar pro Tag ist verschiedentlich genannt worden – ist gegenüber 5,7 Hektar im Jahr 1998 leicht rückläufig. Damit zeichnet sich eine Trendwende ab, für die sich die Landesregierung bereits sei langem einsetzt. Auf diese hat sie aber nur begrenzt Einfluss. Das sollten wir bedenken. Da wir zum großen Teil auch kommunalpolitisch tätig sind, ist es sehr wichtig, dass auf diesen Punkt auch dort, wo wir in den Kommunalparlamenten Verantwortung tragen, Rücksicht genommen und es berücksichtigt wird.

Flächeninanspruchnahme geschieht in erster Linie zur Erfüllung grundlegender menschlicher Daseinsfunktionen wie Wohnen, Arbeiten, Versorgung und Freizeit. Die dafür erforderliche Infrastruktur geht oft nur durch die Änderung von Flächennutzungen. Da schließt sich wieder der Kreis zu dem, was ich eben gesagt habe.

Aufgabe der Landes- und Regionalplanung ist es, überörtliche Leitlinien für die Lösung von Zielkonflikten vorzugeben und in der konkreten Umsetzung vor Ort flächensparende Lösungen zu fördern.

Das Landesentwicklungsprogramm III von 1995 enthält solche Vorgaben für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung. Das sich derzeit in der Neuaufstellung befindliche Landesentwicklungsprogramm IV wird auch in dieser Hinsicht fortgeschrieben und auf der Grundlage inzwischen erweiterter Erkenntnisse auch weiter konkretisiert werden. Um das gesetzliche Instrumentarium effizienter bzw. steuerwirksamer einsetzen zu können, muss die Wirksamkeit der so genannten harten Planungsinstrumente durch ergänzende weiche Instrumente, das heißt, informelle Verfahren auf freiwilliger Basis mit dem Ziel des Konsenses, erhöht werden.

Dabei sind die verschiedenen Instrumente zu kombinieren und im Sinn eines regionalen Flächenmanagements zu bündeln und zu koordinieren. Die konkrete Flächeninanspruchnahme wird jedoch in Ausfüllung ihrer Planungshoheit durch die Kommunen selbst vorbereitet. Hier ausschließlich – ich betone „ausschließlich“ – restriktive Planung von oben unter Ausschöpfung aller Rechtsmittel zu betreiben, wird sicherlich nicht zu dem gewünschten Erfolg führen.

Meine Damen und Herren, dieser Prozess ist in Rheinland-Pfalz bereits eingeleitet. Aktuelles Beispiel ist die Region Rheinhessen/Nahe, die ihren neuen Regionalen Raumordnungsplan, der sich bewusst auf Kernaussagen beschränkt, durch ein Flächenmanagement ergänzt, in dessen Rahmen die zukünftige Flächeninanspruchnahme einer detaillierten Prüfung unterzogen wird.

Ich möchte aber auch auf die vielfältigen AgendaProzesse hinweisen, die auf kommunaler Ebene gelaufen sind oder noch laufen. Bemühungen zur Reduzie

rung der Flächeninanspruchnahme dürfen nicht eindimensional auf die lediglich quantitative Reduktion mit der Vorgabe eines pauschalen Zielwertes für das ganze Land ausgerichtet sein – Herr Abgeordneter Dr. Braun, deshalb widerspreche ich ausdrücklich Ihrem Antrag –, vielmehr muss die Flächennutzung qualitativ verbessert und in erster Linie standörtlich optimiert werden. Dabei sind die deutlichen regionalen Unterschiede bei Flächeninanspruchnahme, Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung zu berücksichtigen. So treten raum- und siedlungsstrukturell erhebliche Unterschiede zwischen Verdichtungsräumen und ländlichen Räumen auf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine differenzierte Betrachtung erfordern auch die verschiedenen Raumnutzungsarten. Während die Gewerbe- und Industriegebiete gefolgt von Wohnbauflächen am stärksten gestiegen sind, verzeichnet die Verkehrsfläche in den letzten zehn Jahren relativ geringe Zuwächse. Im Geschäftsbereich des Innenministeriums fördern wir bereits seit Anfang der 90er-Jahre die Innenentwicklung unserer Gemeinden. Die Fördervorgaben für städtebauliche Erneuerung, insbesondere auch bei Maßnahmen der militärischen Konversion, geben eindeutig Anreize, den Flächenverbrauch zu minimieren und andererseits die innerörtliche städtebauliche Qualität zu verbessern. Der Wiedernutzung von Brachen gilt dabei unser besonders Augenmerk.

In gleicher Weise wurde seitens der Landesregierung bereits in der Vergangenheit Wert darauf gelegt, durch Förderung von Investitionen zur Reaktivierung von Industriebrachen – es gibt im Land eine ganze Reihe von Beispielen dafür – oder drohenden Industriebrachen zu leisten. In die gleiche Richtung zielt die vorrangige Sanierungsförderung der innerstädtischen Altlastflächen durch unser Umweltministerium der Kollegin Conrad, um durch Wiedernutzung von Altstandorten die Neuinanspruchnahme von Flächen zu reduzieren.

Dies gilt ebenso für die Nachnutzung frei werdender Bahngelände. Gemeinsam mit den Städten und Gemeinden und privaten Investoren sollen wichtige Flächen aus einem Guss einer für die Stabilisierung der Innenentwicklung sinnvollen Nachnutzung zugeführt werden. Die Dienstleistung der Landesregierung soll dabei von einem im Aufbau befindlichen Kompetenzzentrum „Bahnimmobilien“ erbracht werden, das bei der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz angesiedelt wird.

Auch die Ausweisung neuer Bauflächen für den großflächigen Einzelhandel auf der grünen Wiese stellt – wie wir alle wissen – ein besonderes Problem dar. Dem steht eine zunehmend nachlassende Attraktivität des innerstädtischen Einzelhandels gegenüber. Zunächst sind die Kommunen aufgrund ihrer Entwicklungsplanung gefordert. Die Landesregierung unterstützt sie dabei in unterschiedlicher Form. Hierzu zählen neben der Förderung einer Reihe von Standmarketingprojekten die bereits angesprochene Städtebauförderung sowie die städtebaulichen Erneuerungs- und Sanierungsprogramme.

Im laufenden Jahr – um noch den Wohnungsbau anzusprechen – ist ein Modernisierungsprogramm mit einem Volumen von 20 Millionen Euro aufgelegt worden, so

dass zeitgemäß modernisierter Altbau in RheinlandPfalz eine echte Alternative zum Neubau darstellt.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend kann ich feststellen, dass es nicht unbedingt eines Antrags bedurft hätte, es sei denn – aber davon gehe ich nicht aus –, er hätte die Absicht verfolgt, die bereits laufenden und geplanten Maßnahmen der Landesregierung zu unterstützen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Braun zu?

Aber gern. Das gibt mir auch Gelegenheit, ein Glas Wasser zu trinken.

Herr Minister, Sie hatten erwähnt, dass ein besonderes Problem die Ansiedlung von Supermärkten auf der grünen Wiese ist. Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang fragen, warum das Innenministerium von zwölf beantragten Ausnahmen vom Landesentwicklungsplan, der ohnehin schon festlegt, wo solche Ansiedlungen stattfinden sollen, in den letzten vier Jahren elf genehmigt hat und warum man nicht restriktiver damit hatte verfahren können.

Herr Abgeordneter Dr. Braun, in all diesen Verfahren ist eine sorgfältige Prüfung durch die zuständige Abteilung vorgenommen worden. Nach dieser sorgfältigen Prüfung ist man dabei zu der Erkenntnis gekommen, dass den beantragten Genehmigungen stattgegeben werden musste. Das ist schlicht und ergreifend so, aber dennoch bleibe ich dabei, dass wir in der Zukunft noch sehr viel stärker darauf achten müssen, aus den geschilderten Gründen heraus, die Sie sicher teilen, dass nach Möglichkeit so langsam solche Initiativen der Vergangenheit angehören werden.

Meine Damen und Herren, wichtig ist es – das gehört dazu –, dass wir bei all unserem Tun das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger fördern, sparsam mit dem kostbaren Gut Boden umzugehen. Ich bin dankbar, dass darauf hingewiesen worden ist, dass ich am vergangenen Montag in Neustadt an der Weinstraße den Wettbewerb – Herr Abgeordneter Dr. Braun, das dient auch dem Ziel – „Werkstatt Innenstadt Rheinland-Pfalz“ auf den Weg gebracht habe. Damit sollen innovative Ansätze mit Vorbildcharakter zur Stärkung und Attraktivierung der Stadtkerne gefunden und gefördert werden. Sie sind auch so ausgestaltet worden, dass es in der Tat einen Anreiz gibt, sich an diesem Wettbewerb zu beteiligen. Wir werden in den Städten, die zunächst einmal Sieger

sein werden, etwas bewegen können, was sich sehen lassen kann.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch feststellen, notwendig ist auch die interkommunale Zusammenarbeit. Da will ich wiederum an Sie appellieren. Wir werden in der Zukunft noch sehr viel stärker auf diese interkommunale Zusammenarbeit angewiesen sein. Ich freue mich, in dieser Woche ein schönes Beispiel erleben zu dürfen, nämlich beim ersten Spatenstich des gemeinsamen Hallenbads von Ingelheim und Bingen, den wir vorgenommen haben. Es war dann nicht notwendig, Flächen zu verbrauchen, um zwei Hallenbäder zu errichten.

Herr Abgeordneter Dr. Braun, ich sage jetzt einmal, für Ludwigshafen und Frankenthal darf ich das nur wärmstens zur Nachahmung empfehlen.

(Beifall der SPD und der FDP – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sagen Sie das einmal den Frankenthalern!)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Debatte über diesen Tagesordnungspunkt beendet. Es ist beantragt, diesen Antrag an den Innenausschuss – federführend – und an den Ausschuss für Umwelt und Forsten zu überweisen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, möchte ich noch Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, und zwar Mitglieder des Kulturvereins Wachenheim. Herzlich willkommen im rheinland-pfälzischen Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz über Ausbildungsvergütungen in der Altenpflegehilfe Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/3096 – Erste Beratung

Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von fünf Minuten verständigt.

Wer spricht für die Antrag stellende Fraktion? –

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dröscher das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Deutschland ist das einzige Land in Europa mit einer gesonderten grundständigen Altenpflegeausbildung. Das Pflegeverständnis bei dieser Ausbildung war

in den vergangenen Jahrzehnten primär ein sozialpflegerisches.

Die erste Ausbildungsordnung im Bereich der Bundesrepublik, nämlich in Nordrhein-Westfalen, stammt aus dem Jahr 1969. Dort wurde dieser Beruf gerade in diese Richtung sehr stark ausgebildet. Erste Schulen gibt es seit etwa 1960. Aber wir haben einen Wandel der Anforderungen in den vergangenen Jahren erlebt, der enorm war.

Die Pflegebedürftigkeit hat auch im Rahmen der dem ographischen Entwicklung zugenommen, und das Berufsbild hat sich sehr stark weiterentwickelt. Wir haben die dreijährige Ausbildung in den Bundesländern bekommen. In Rheinland-Pfalz haben wir im Gegensatz zu anderen Ländern eine Ausbildung, die zum einen Teil auf öffentliche Schule oder Ersatzschule und zum anderen Teil auf den praktischen Ausbildungsplatz, den die Auszubildenden sich suchen müssen, zurückgeht.

Das Bundesaltenpflegegesetz aus dem Jahr 2000 ist zunächst einmal der Versuch gewesen, 16 unterschiedliche Länderregelungen in eine gemeinsame Regelung zu überführen. Da war die Grundlage auch eine neue, nämlich die Zuordnung zu den Gesundheitsberufen.

Das Bundesverfassungsgericht hat dann 2002 entschieden, dass die Kompetenz des Bundes in diesem Zusammenhang für die Altenpflege zutrifft. Das war ein Einspruch oder eine Klage des Landes Bayern, die nicht zum Erfolg kam. Wir haben auch über diese „Geschichten“ diskutiert.

Was nicht in die Kompetenz des Bundes fällt, ist die Ausbildung in der Altenpflegehilfe.

Nun haben sich die Pflegeberufe in den vergangenen Jahren insgesamt sehr stark angenähert. Auch die Krankenpflege hat eine gewisse Entwicklung zu einem weitgehenden gemeinsamen Verständnis durchgemacht. Es gibt auch eine Entwicklung hin zu einer höheren Qualifizierung. Fachhochschul- oder Hochschulausbildung ist möglich.

Die Professionalisierung in diesen Berufen hat sich auf Handlungskonzepte, auf die Deutung von Lebenssituationen älterer Menschen weiterentwickelt. Die Komplexität der Anforderungen bei der pflegerischen Versorgung Hochaltriger und vor allem bei der Pflege Demenzkranker hat zu einem höheren Einstiegsniveau und höheren Qualifikationen geführt, auch im Bundesaltenpflegegesetz, sodass wir darüber nachdenken müssen, ob eine Altenpflegehelferausbildung entweder ein eigenständiger Weg oder als Teil einer Stufenausbildung ein Weg ist, dies in eine gewisse Abstufung hineinzubringen. Der Weg geht sicher in beide Richtungen.

Die Altenpflegehilfe wird bei uns ab diesem Jahr offiziell angeboten. Das führt dazu, dass wir, da der Bund nicht die Kompetenz hat, das Landesgesetz, das wir jetzt eingebracht haben, beschließen müssen.

Eine angemessene Ausbildungsvergütung, die wir 1997 auf der Basis einer Umlage für die Altenpflege im Land beschlossen haben, die dann aufgrund eines Verwal

tungsgerichtsurteils außer Kraft gesetzt wurde, ist mittlerweile geklärt. Im Bundesaltenpflegegesetz ist festgelegt, dass eine solche Ausgleichsmöglichkeit durch Länderverordnung möglich ist.

Wir haben genau dies jetzt in diesem Gesetz niedergelegt; denn der Anspruch auf Ausbildungsvergütung und die Refinanzierungsmöglichkeit über Ausgleichsbeiträge sind die wesentlichen Inhalte dieses Gesetzes. Es ist eigentlich eine Harmonisierung mit dem Bundesrecht; denn dort ist in § 17 der Anspruch festgelegt und in § 24 die Ermächtigung der Landesregierung, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass zur Aufbringung, und zwar vollständig oder teilweise, dieser benötigten Mittel auch Ausgleichszahlungen erhoben werden können, wenn dies erforderlich ist. Das ist Inhalt dieses Gesetzes und auch unseres Gesetzes.