Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss feststellen, dass der Herr Kollege Dr. Braun nicht auf dem aktuellen Stand ist, wobei ich ihm natürlich in dem Punkt, was die Regierung Kohl betrifft, voll und ganz Recht geben muss; denn auf der Grundlage der von der Kohl-Regierung 1991 beschlossenen Verpackungsverordnung gilt seit Anfang 2003 ausgelöst durch das Fallen der Mehrwegquote von 72 % auf rund 50 % ein Pflichtpfand auf Bier, Mineralwasser und alkoholfreie Erfrischungsgetränke mit Kohlensäure in Dosen und Einwegflaschen, Frau Schäfer.
Diese Regelung hat nicht zu einer Verfestigung der Mehrwegquote geführt. Ich denke, darüber sind wir uns mittlerweile alle einig. Auch die Entwicklung bei den Einwegverpackungen war ungünstig. PET-Flaschen werden nach China transportiert, wo sie unter primitiven ökologischen Standards wiederverwendet werden. Nach anfänglichen Rücknahmeschwierigkeiten sind Rücknahmesysteme für und außerhalb der Discounter entwickelt worden. Der Entwurf der Novelle der Bundesregierung macht in der Sache einen wichtigen Schritt nach vorn. Das muss man einfach so sehen. Die Pfandpflicht hängt nicht mehr von der Mehrwegquote und der Getränkeart ab. Aus ökologischer Sicht kommt es auf die Art der Verpackung an und nicht auf deren Inhalt. Ich denke, da sind wir uns auch alle einig.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat bereits im April dieses Jahres in der Beantwortung der Kleinen Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN deutlich gemacht, dass erstens eine Novellierung der Verpackungsverordnung dringend erforderlich ist und zweitens der Verordnungsentwurf der Bundesregierung dafür eine erste Grundlage bietet. Sie bedarf allerdings der Ergänzung in praktischer und ökologischer Sicht, ist aber immerhin ein Ansatz.
Meine Damen und Herren, der Vorschlag von Hessen ist außerordentlich bürokratisch. Herr Kollege Dr. Braun, da kann ich Ihnen nicht zustimmen. Er sattelt auf die bestehende Verordnung ein neues Gesetz drauf, sodass zwei
Der bayerische Vorschlag ist eine Leichtausgabe des Trittin-Modells. Die von Stoiber behauptete Vereinfachung ist nicht nachvollziehbar, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Ich würde diesem Modell keine großen Chancen einräumen.
(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da liegen Sie aber falsch! Das wird nämlich gewinnen! Da gehe ich jede Wette ein! – Hartloff, SPD: Um wie viel?)
Herr Kollege Dr. Braun, das sehen Sie so. Ich sehe es etwas anders. Die in dem Antrag der CDU empfohlene Aussetzung der Pfandregelung ist nach Auffassung unserer Fraktion keine gute Idee.
Meine Damen und Herren, vorteilhaft wäre es, wenn sich die B-Länder, die sich in der Produktion von Lösungsvorschlägen geradezu gegenseitig überbieten, zunächst einmal auf einen gemeinsamen Nenner verständigen würden. Dann sollte zügig eine zwischen Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat konsensfähige Lösung gesucht werden.
Der Ausgang des beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Verfahrens sollte meines Erachtens ebenfalls abgewartet werden.
Meine Damen und Herren, die FDP plädiert für ein marktfähiges Modell, nämlich verhandelbare Abfülllizenz für ökologisch nicht vorteilhafte Getränkeverpackungen. Das Abfülllizenzmodell ist dem Zwangspfand bereits deswegen haushoch überlegen, weil es nicht bei Millionen von Verbrauchern ansetzt, sondern nur bei einigen wenigen Abfüllbetrieben.
Meine Damen und Herren, die hohen Investitionskosten für die Rücknahmesysteme können unseres Erachtens dann ersatzlos entfallen. Es sind aber auch nach unserer Meinung andere Lösungen vorstellbar.
Meine Damen und Herren, der CDU-Antrag jedenfalls bringt das Problem der Pfandregelung konstruktiv nicht voran, Frau Schäfer.
Er ist außerdem praxisfremd und wird daher von unserer Fraktion abgelehnt. Unsere Fraktion hält es für zwingend erforderlich und auch für möglich, sich in absehbarer Zeit auf eine verbraucherfreundliche, ökologisch und ökonomisch sinnvolle Novelle der Verpackungsverordnung zu verständigen.
Ich habe gerade die „dpa“-Meldung von 13:10 Uhr in den Händen, wonach von der rheinland-pfälzischen Landesregierung im Bundesrat ein Kompromissvorschlag eingebracht wurde, was ich sehr begrüße.
Frau Ministerin, ich denke, darauf werden Sie noch etwas näher eingehen und uns dahin gehend einige Details erläutern.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Fakt ist – das haben alle Redner vor mir gesagt –, wir haben seit Beginn des Jahres 2003, seit mehr als eineinhalb Jahren, eine Pfandregelung. Die Verbraucher und Verbraucherinnen sind nicht zufrieden und können auch nicht zufrieden sein, weil es nach wie vor ausgesprochen schwierig ist, erstens, die bepfandeten Flaschen zu identifizieren und, zweitens, sie große Anstrengungen machen müssen, um sie tatsächlich wieder loszuwerden.
Drittens hat die Pfandpflicht nicht dazu beigetragen – das kann und muss jeder, der versucht, sich mit bestimmten Fakten objektiv auseinander zu setzen, konstatieren –, Verpackungen sortenreiner zu erfassen. In einigen Bereichen ist es sogar zu einem ökologischen Rückschritt gekommen. So hat der Handel Produkte in recycelfreundlichen Verpackungen wie Einwegglas und Dosen massenweise ausgelistet und zum Teil durch Produkte in schlecht recycelbaren PET-Flaschen ersetzt. Diese werden zudem in erheblichem Maß zur Verwertung ins Ausland exportiert, anstatt vor Ort in Anlagen mit hohen Standards verwertet zu werden.
Auch bei der Entsorgung von Einwegglas ist es zu einem ökologischen Rückschritt gekommen, weil dies zunehmend im Farbenmix entsorgt wird und damit nicht sortenrein verarbeitet werden kann. Im Gegenzug werden dem effizienten Erfassungs- und Verwertungssystem des Dualen Systems, dem gelben Sack, allein in diesem Jahr rund 630.000 Tonnen Glas- und Dosenverpackungen entzogen. Diese Entwicklung geht wiederum zulasten der heimischen Stahl- und der heimischen Glasindustrie.
Auch die angestrebten Lenkungswirkungen hin zu Mehrwegverpackungen haben sich nicht im Markt entfaltet. Ich will jedem zugute halten, dass man denken kann, das ist in Ordnung, und wir wollen und sollten auch Mehrweg schützen, um das gleich an dieser Stelle zu sagen. Aber wir kennen die Zahlen.
Die Stabilisierung der Mehrwegquote war nur ein kurzer Effekt. Bereits Ende des letzten Jahres haben die Listungen in Einwegverpackungen wieder zugenommen. Die Bundesregierung führt diesbezüglich in ihrer Mitteilung an die Europäische Kommission vom 20. August 2004 aus, dass sich im Jahr 2003 der Mehrweganteil gerade einmal auf circa 60 % stabilisiert habe, und im
Zudem hat der Handel signalisiert, dass es auf Dauer nur ein Pfandsystem geben wird: entweder ein Mehrwegsystem oder das Einwegpfandsystem. Alles deutet derzeit darauf hin, dass bei einer dauerhaften Pfandpflicht die Entscheidung des Handels zugunsten der Einwegverpackungen ausgefallen ist. Bepfandete PEToder pfandfreie Kartonverpackungen würden dann die Regel werden.
Die Pfandpflicht hat zu tief greifenden Verwerfungen im Markt und damit bei Industrie, Wirtschaft und Arbeitsplätzen geführt, ohne dass diesem ein nennenswerter ökologischer Effekt entgegengehalten werden kann. Besonders betroffen in Rheinland-Pfalz sind zum Beispiel die Dosenhersteller wie Ball Packaging Europe in Weißenthurm und Haßloch. Die Werke mussten einen massiven Umsatzrückgang hinnehmen. Dort sind zahlreiche Arbeitsplätze auch bei den Zulieferfirmen bedroht.
Die Firma Eckes-Granini musste hohe Investitionen tätigen, um ihre Produkte vor allem von Glas auf PETVerpackungen umzustellen. Ich frage mich, wo hier eigentlich der ökologische Vorteil liegt.
Bereits beschlossen scheint die Schließung der Dosenabfüllung der Bitburger GmbH in Weißenthurm Ende 2004. Dies bedeutet für 50 Arbeiter und Angestellte einen Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Infolge der Pfandpflicht ist es auch zu einem Abbau von 30 Arbeitsplätzen im Werk Böchingen des Sektherstellers Schloss Wachenheim gekommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, an diesen Arbeitsplätzen hängt fast die gleiche, wenn nicht noch höhere Zahl von Zulieferern mit Arbeitsplätzen. Mit jedem dieser Arbeitsplätze ist das Schicksal eines Arbeitnehmers und seiner Familie verknüpft. Das kann uns in dieser Debatte nicht kalt lassen.
Mittlerweile hat sich die Europäische Kommission ebenfalls kritisch zu der aktuellen Pfandregelung geäußert und insbesondere die Insellösungen kritisiert.
Im Übrigen ändert das auch der Bayern-Antrag nicht. Die bleiben nämlich. Deswegen ist auch der BayernAntrag nicht EU-konform und schafft auch keine Investitions- und Zukunftssicherheit.
Die EU-Kommission hat insbesondere diese Insellösungen als Diskriminierung vor allen Dingen ausländischer Hersteller kritisiert. Hinzu kommt, dass zwei Verfahren
im Zusammenhang mit der Umsetzung der Pfandpflicht in Deutschland beim Europäischen Gerichtshof anhängig sind. Der EuGH entscheidet vielleicht im Herbst bis Ende des Jahres.
Es war doch klar – insofern sind wir uns an dieser Stelle einig –, dass die jetzige Regelung aus der Zeit von Herrn Töpfer und Frau Merkel gescheitert ist und dringend der Novellierung bedarf. Aber wir müssen uns trotzdem vernünftig überlegen, was die jetzige Antwort ist, ob die Antwort die Antwort von vor zwei Jahren oder von heute ist.
Wenn ich den Antrag der CDU lese, dann ist schon bemerkenswert: Der Antrag der CDU verlangt das Außerkraftsetzen der Pflichtpfandregelung, die Ihre Parteivorsitzende – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – zuletzt noch geändert und in dieser Form zu verantworten hat. Ich will das gar nicht weiter kommentieren.
Deshalb hat bis heute nicht ein einziges Bundesland – im Übrigen auch kein unionsregiertes – einen solchen Antrag gestellt. Es wird dafür auch keine Mehrheit auf der politischen Ebene geben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat sich immer für eine verbraucherfreundliche, transparente, ökologisch und ökonomisch sinnvolle Lösung bei der Novelle der Verpackungsverordnung eingesetzt, die im Übrigen auch sicherstellt – das werden wir bei jeder Entscheidung im Auge behalten –, dass Wein dauerhaft aus der Bepfandung herausfällt. Deswegen habe ich gestern eine neue Initiative auf der Grundlage des hessischen Gesetzentwurfs – im Übrigen, wie Sie wissen, ein unionsregiertes Land – in den Umweltausschuss des Bundesrats eingebracht, der heute getagt hat.
Herr Dr. Braun, wenn auch der Umweltausschuss anders entscheiden sollte oder anders entschieden hat – mir gehen im Moment nur Gerüchte zu; ich kenne nicht die Mehrheiten –, dann ist das nicht die Bank für den Bundesrat und das Plenum, weil der Wirtschaftsausschuss und der Agrar- und Verbraucherausschuss vertagt haben. Wir müssen sehen, ob diese Lösung, die bisher auch in den unionsregierten Ländern umstritten war, bis heute umstritten ist und bei den Wirtschaftsministern keine Mehrheit gefunden hat, tatsächlich eine Mehrheit findet.
Ich sage nur, wenn sich im Bundesrat eine Mehrheit finden würde, sieht es nicht nur bei den Arbeitsplätzen der rheinland-pfälzischen Unternehmen – wie ich gerade gesagt habe – ziemlich mies aus, sondern wir haben vor allen Dingen das Pfandchaos in den Insellösungen, und wir haben etwas, das Sie in der Debatte immer vergessen: Wir haben einen Pfandschlupf, der von der Industrie selbst angegeben wird.