Protokoll der Sitzung vom 09.09.2004

Ein so genannter Pfandschlupf ist der Einbehalt des Pfands bei den großen Einzelhandelsketten, das nicht

zurückgegeben oder ausgegeben wird, weil die Verbraucher ihre Flaschen nicht zurückgeben oder zurückgeben können. Die Zahlen sind gigantisch. Es ist geradezu unvorstellbar, was man mit dem Geld alles machen könnte. Das geht in die dreistelligen Millionenbeträge, und dies jedes Jahr. Soll das so bleiben? Kämpfen Sie tatsächlich dafür, und fordern Sie mich auf, einer solchen Lösung im Bundesrat zuzustimmen? Ich könnte es mir maximal als Ultimo Ratio vorstellen, wenn ich keine andere Möglichkeit mehr habe.

Meine Damen und Herren, deswegen habe ich mit einem Optionsmodell versucht, die Situation und die Diskussion zu entkrampfen und vor allen Dingen einen Vorschlag zu machen, der für die Wirtschaft eine Option übrig lässt: Sie kann sich entscheiden, ob sie für Einweggetränkeverpackungen ein Pfandsystem unterhalten wollen oder ob ein Einwegzuschlag im Sinne einer Abgabe – das ist im Übrigen der Vorschlag von Hessen – als Alternative infrage kommt.

Herr Dr. Braun, das war im Übrigen einmal die Position der Grünen. Das ist aber damals an anderen Bundesratsmehrheiten gescheitert. Wenn einem wirklich an einem parteiübergreifenden Konsens gelegen ist, dann müsste man sich im Interesse von Ökologie und Ökonomie zumindest der Diskussion um eine solche Frage stellen, nicht aber – mit welchen Koalitionen auch immer – in einem Hauruckverfahren versuchen, eine Mehrheit zusammenzubekommen. Die Aspekte der Ökologie und der Arbeitsplätze gehen in der Debatte zurzeit jedoch völlig unter.

Mein Vorschlag lautet deshalb:

1. Den Unternehmen muss dauerhaft Investitionssicherheit gegeben werden. Damit wird dazu beigetragen, dass die Arbeitsplätze nicht nur in Rheinland-Pfalz, aber auch hier, erhalten und gesichert werden können.

2. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher muss Transparenz hergestellt werden, weil sie Wahlfreiheit am Regal haben.

3. Das mittlerweile etablierte Einwegpfandsystem hat in Zukunft genauso eine Chance am Markt wie das Glasmehrwegsystem.

4. Den europarechtlichen Bedenken muss ausreichend Rechnung getragen werden. Meines Erachtens ist unser Vorschlag der einzige, der europarechtskonform ist.

5. Außerdem gibt er eine Antwort auf die großen Summen des einbehaltenen Pfands beim Einzelhandel in dreistelliger Millionenhöhe.

Meine Damen und Herren, ich werbe für diese Lösung. Ich bin davon überzeugt, dass sie tatsächlich eine echte Alternative darstellen könnte, die auch den Gegebenheiten, die sich nach mittlerweile anderthalb Jahren Pfandsystem etabliert haben, gerecht würde und keine Rückwärtsbewegung bedeuten würde, wenn man im Bundestag und im Bundesrat aufeinander zugehen will. Ich werbe dafür, dass die Frontstellung in der heutigen Zeit zwischen den Pfandbefürwortern und denjenigen, die Pfand grundsätzlich ablehnen, aufgelöst wird. In

diesem Sinn hat sich im Interesse von Ökologie und im Interesse der Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz Ministerpräsident Beck bereits an seinen Kollegen Koch gewandt und vorgeschlagen, einfach den Knoten durchzuhauen, um Schaden für alle Beteiligten, nicht zuletzt für die betroffenen Unternehmen und Beschäftigten, abzuwenden.

In diesem Sinn und infolge der Verwerfungen, die es mittlerweile gibt, haben wir diese Initiative gestartet. Ich werde bis zum Schluss dafür werben. Dann werden wir sehen, wie die Mehrheiten im Bundesrat zustande kommen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und FDP)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Herr Präsident! Frau Ministerin, natürlich habe ich allen Respekt davor, dass Sie die Arbeitsplätze in RheinlandPfalz verteidigen wollen. Ich halte eine Politik aber nicht für verantwortbar, weiter dafür zu sorgen, dass Blechdosen hergestellt, vermarktet und verkauft werden, nur weil wir in Rheinland-Pfalz Blechdosenhersteller haben. Ich halte diese Argumentation für falsch. Natürlich braucht man Arbeitsplätze. Diese müssen aber dauerhaft und nachhaltig sein.

Ich will Stellung nehmen zu dem Chaos, das in der Regierung herrscht. In der „Rheinpfalz“ vom 16. Juli dieses Jahres heißt es: „Die von Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) bei einer Wahlkampfveranstaltung in Haßloch angekündigte Initiative zum Thema Dosenpfand“, – in Haßloch sitzt übrigens der zweitgrößte Dosenhersteller in Rheinland-Pfalz – „die Rheinland-Pfalz zusammen mit Hessen im Bundesrat einbringen wollte, wird nicht weiter verfolgt. Das hat Monika Fuhr, bei der Staatskanzlei in Mainz Leiterin der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, auf Anfrage der Rheinpfalz mitgeteilt.“ Es wird also nicht weiter verfolgt. Einen Tag, bevor der Umweltausschuss des Bundestags tagt, ziehen Sie einen neuen Antrag aus der Tasche, den Sie als einzig gültigen und richtigen empfinden. Es liegt doch auf der Hand, dass eine solche Politik auf Dauer nicht gut gehen und nicht erfolgreich sein kann. Es kann doch nicht sein, dass Sie heute mit einem Antrag kommen, über den morgen positiv entschieden werden soll.

Ich fände es viel besser, wenn Sie entlang des bayerischen Antrags die Kompromisse schließen würden, die Sie für sinnvoll halten. Natürlich gibt es sinnvolle Möglichkeiten, um die Insellösungen in Baden-Württemberg bzw. Süddeutschland zu umgehen, sodass wir zu einer Einigung kommen. Es macht doch keinen Sinn, immer wieder neue Anträge einzubringen. Wir müssen in dieser Sache zu einer Einigung kommen. Das ist wichtig. Das sollten Sie in Ihrem Ministerium voranstellen, aber nicht

den Kampf, den Sie schon seit sechs Jahren gegen die Politik des Bundesministers führen.

Sie haben gesagt, dass wir zu Beginn eine Abgabe befürwortet haben. Natürlich haben wir das. Das ist aber sechs Jahre her. Damals haben wir gesagt, dass es sinnvoll ist, eine Abgabe auf ökologisch nachteilige Verpackungen zu erheben. Wer hat das aber abgelehnt? Es waren diese Landesregierung und alle anderen Regierungen, die das abgelehnt haben. Die Lösung mit dem Pfand war immer die zweitbeste Lösung. Eine Lösung mussten wir aber finden. Sonst wäre auf Dauer überhaupt keine Mehrwegverpackung mehr verkauft worden. Das war die Gefahr dabei.

(Glocke des Präsidenten)

Es muss also eine Lösung gefunden, aber kein neuer Antrag im Bundesrat eingebracht werden.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Erwiderung erteile ich Frau Staatsministerin Conrad das Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Braun, nachdem wir vor den Sommerferien im Bundesrat keine Chance gesehen haben, dass es – unter anderem wegen der Streitigkeiten bei der Union – eine Mehrheit für die eine oder andere Seite geben wird, haben in Abstimmung mit allen Beteiligten – im Übrigen auch in der Landesregierung – in den Sommerferien Gespräche stattgefunden, um zu sondieren, ob eine Alternative darstellbar ist. Vor dem Hintergrund des Chaos – auch für die Menschen in diesem Land – war es des Schweißes der Edlen in der Tat wert. Deswegen werden wir weiter nach Lösungen suchen.

Die Grünen sind nicht bereit, aufgrund des einmal Gelernten die Fakten von heute tatsächlich zu rekapitulieren und zuzugeben, dass die Lösungen von früher nicht mehr die Lösungen von morgen sind.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich gebe zu, dass ich auch einmal gedacht habe, dass das Pfand die Lösung ist. Ich kann doch aber nicht darüber hinweggesehen, wie der Markt und insbesondere die Materialwirtschaft hierauf reagiert hat. Sie können doch nicht auf einer Betriebsversammlung in Weißenthurm oder Haßloch auftreten und behaupten, dass es für die Dose keinen Platz mehr gibt, weil in Zukunft alles in PET geht, bei hunderten von Menschen, die derzeit um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze mit ihren Familien fürchten. Dabei können sie noch nicht einmal mehr ökologisch arugmentieren, weil die Weißblech- und die Aludose aus zu 100 % recycelbaren Materialien bestehen. Bier in PET ist doch Schwachsinn. PET ist mehr

fach beschichtet und schwierig zu recyceln. Erklären Sie mir doch einmal die ökologische Vorteilhaftigkeit darin.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich werfe Ihnen vor, nicht lernfähig zu sein, auch bei den Entwicklungen.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sind die Fakten, die man einfach zur Kenntnis nehmen muss.

Dritter Punkt: Vor dem Hintergrund, dass auch in der Zukunft ständig neue Werkstoffe entwickelt werden, wird immer wieder eine neue Überprüfung in dem Sinn kommen müssen, ob das jetzige System ökologisch vorteilhaft ist, aber auch mit welchen Transportwegen das versehen ist. Ist die Verpackung dann, wenn sie nach China geht, immer noch ökologisch vorteilhaft, oder darf sie nur bis Süd-Italien gehen? Das ist doch keine Grundlage, auf der der Staat jemals rechtfertigen darf, Arbeitsplätze infrage zu stellen oder so in den Markt einzugreifen.

Wenn ich davon überzeugt wäre, dass wir wirklich im Sinn der Ökologie einen enormen Sprung machen würden, wäre ich die Letzte, die dieses System nicht verteidigen würde. Ich bin aber zutiefst davon überzeugt, dass dann, wenn die Ökologie nicht das vordringliche und nachvollziehbare Argument sein kann und wenn wir große Zweifel haben müssen oder die Wirkungen nur marginal sind, aber die Auswirkungen sozialer und ökonomischer Art dramatisch sind, der Staat nicht in diesem Maß eingreifen darf.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit meinem Vorschlag bin ich auch auf Sie zugegangen, indem ich gesagt habe: Wer das Pfand will, kann das machen. Entscheidet selbst, welche Systeme bepfandet werden. Wir greifen als Staat nicht ein. Wer eine Abgabe zahlen will – im Übrigen ist die gar nicht so hoch im Verhältnis zu dem, was an Aufwand für das Pfand betrieben werden muss –, kann das machen. Das wäre meiner Meinung nach ein vernünftiger Kompromiss.

Man kann aber auch versuchen, die Sachen dogmatisch durchzuschlagen. Deshalb bin ich bereit zu reden. Ich bin auch bereit, Kompromisse zu schließen. Das gilt auch für die Landesregierung. Wir haben nämlich an der Stelle mehrere Fragen im Auge, die bis zu dem Thema „Wein“ und zur Situation der Verbraucherinnen und Verbraucher reichen. Wir bleiben aber nicht auf Irrtümern sitzen, wie das bei Ihnen der Fall ist, sondern wir konstatieren auch die Veränderungen, die es mittlerweile gegeben hat.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU „Pfandchaos beenden – Förderung des ökologischen Fortschritts ohne Infragestellung wirtschaftlicher Grundlagen“ – Drucksache 14/3238 –. Wer für den Antrag stimmt, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Ich rufe den Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Geothermie – eine rheinland-pfälzische Antwort zur Entwicklung regenerativer Energie Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/3312

dazu: Geothermie – ein Baustein im System der erneuerbaren Energien in Rheinland-Pfalz Antrag (Alternativantrag) der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/3387 –

Geothermie – eine zukunftsfähige regenerative Energieform Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/3401 –

Die Fraktionen haben eine Redezeit von zehn Minuten vereinbart. Ich erteile Herrn Dr. Gebhart das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Unser Ziel in der Energiepolitik sollte eine zukunftsfähige, eine nachhaltige Energieversorgung sein. Ökonomie und Ökologie miteinander in Einklang zu bringen, das ist mit Sicherheit das große Ziel in der Energiepolitik in den nächsten Jahren.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, das heißt einerseits für uns, dass wir natürlich auf erneuerbare Energien setzen. Das heißt aber andererseits auch, dass wir auf effiziente erneuerbare Energien setzen, wir also effizienten Formen erneuerbarer Energien vor weniger effizienten erneuerbaren Energien den Vorrang geben und insgesamt einen vernünftigen Weg einschlagen.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)