Protokoll der Sitzung vom 25.02.2005

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte mich eigentlich nicht mehr zu Wort melden, aber leider ist durch den Beitrag von Frau Kohnle-Gros genau wieder das passiert, was ich am Ende meiner Rede vermeiden wollte. Wir dürfen uns bei diesem Thema nicht auseinander dividieren lassen. Frau Kohnle-Gros, wenn Sie das tun, dann schaden Sie der Sache und der Arbeit in unserem Land an dieser Sache.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte eine zweite kurze Bemerkung machen, dann höre ich schon auf. Wer auf das Phänomen des Rechtsextremismus so einfache Antworten findet wie Arbeitslosigkeit, dem muss ich sagen, ich bin keine Politikwissenschaftlerin, aber ich habe mir genug angelesen, um zu wissen, dass eine gewisse Grundhaltung in ganz vielen verschiedenen Schichten in der Bevölkerung in dieser

Hinsicht vorhanden ist. Einfache Antworten und einfache Lösungen reichen uns leider in dieser Diskussion auch nicht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen nun zu der Aussprache zur Mündlichen Anfrage und zur Antwort der Landesregierung zu „Anspruch und Wirklichkeit der Ganztagsschule in Rheinland-Pfalz“. Ich erteile Herrn Abgeordneten Lelle das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung auf unsere Mündliche Anfrage heute Morgen hat gezeigt, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der Ganztagsschule eine riesengroße Lücke klafft. Ich möchte das mit einigen Zahlen belegen.

Der Bedarf an Lehrerwochenstunden war in den Schuljahren 2002/2003 mit 242 Vollzeitlehrkräften, in den Schuljahren 2003/2004 mit 428 Vollzeitlehrkräften und im Schuljahr 2004/2005 mit fast 600 Vollzeitlehrkräften veranschlagt.

Nach einer Aufstellung der ADD vom 11. August 2004 waren aber nur 175 Lehrplanstellen – ich betone dies – in Anspruch genommen, zuzüglich 79 Lehrstellen für pädagogische Fachkräfte. In den Haushaltsplänen 2002 waren wiederum 430 Planstellen veranschlagt, im Jahr 2003 862.

Der Rechnungshof hat hierzu Folgendes festgestellt: Diese Stellen wurden in den jeweiligen Haushaltsjahren nur zu einem geringen Teil in Anspruch genommen.

Entsprechend blieben die Ist-Ausgaben der Hauptgruppe 4, also die Personalausgaben, erheblich hinter den Haushaltsansätzen zurück. Als Beweis dafür die Zahlen für die Bezüge der planmäßigen Beamten: Da waren 2002 9 Millionen Euro im Ansatz. Die Ist-Ausgaben betrugen 1,8 Millionen Euro. 2003 waren es 27 Millionen Euro im Ansatz, und die Ist-Ausgaben betrugen 7,8 Millionen Euro.

In den Haushaltsjahren 2002 und 2003 waren demnach von insgesamt 46,4 Millionen Euro, die veranschlagt waren, nur 19 Millionen Euro für diesen Verwendungszweck ausgegeben worden. Hier stellt sich die Frage: Wie hält es die Landesregierung mit dem Grundsatz der Wahrheit und Klarheit der Haushaltsführung?

(Beifall der CDU)

Dies ist offensichtlich eine Irreführung der Öffentlichkeit. Sie lassen sich für Potemkin’sche Dörfer feiern.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Man veranschlagt Riesensummen, lässt sich für seinen Mut feiern, sonnt sich im Ruhm, Spitze zu sein, und weiß, dass das alles nur Schein ist.

(Heiterkeit bei der SPD)

Diese Vorgehensweise ist schlechter parlamentarischer Stil.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Pörksen, wenn zwischen Veranschlagung und tatsächlicher Ausgabe eine solche Diskrepanz besteht, dann ist das kein Zufall, dann ist das Kalkül.

(Beifall bei der CDU)

Hier wurde und wird das Parlament bewusst in die Irre geführt. Die Antwort heute Morgen von Herrn Minister Mittler ist genau dafür ein Beleg gewesen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Was? Der Herr Minister Mittler hat doch gar nicht geantwortet!)

Denkbar ist natürlich auch, dass die Landesregierung auf diese Art und Weise Dinge finanziert, die sie so dem Parlament nicht offen gelegt hat. Ich fordere deshalb die Landesregierung und Sie, Frau Ministerin Ahnen, auf, im zuständigen Ausschuss die wirkliche Mittelverwendung offen darzulegen; denn es handelt sich schließlich um 27 Millionen Euro. Dass die Landesregierung diese Mittel eingesetzt hat, um die Neuverschuldung zu senken, wäre wohl das Beste gewesen. Aber wer traut dieser Landesregierung schon einen solchen Schritt zu?

(Beifall bei der CDU – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wollen Sie keine Schulen?)

Wenn die Landesregierung in Ihrer Reaktion auf den Rechnungshofbericht nun erklärt, dass man ab 2007 eine stärkere Bindung der für die Ganztagsschulen bereitgestellten Personalmittel an ihre Zweckbestimmung beachten will, so ist dies völlig unannehmbar. Wer und was hindert Sie, diese Zweckbestimmung ab sofort zu beachten? Vielleicht der heraufziehende Wahlkampf?

Im Jahresbericht des Rechnungshofs ist auch eine interessante Aufschlüsselung über den Einsatz des Pers onals: 26 % für Hausaufgabenbetreuung und 10 % für Förderung.

Meine Damen und Herren, mit diesen Zahlen wird deutlich, den Quantensprung in der Bildungspolitik, den Sie, Frau Ministerin Ahnen, uns immer wieder verkaufen wollen, wird es damit nicht geben.

(Beifall der CDU)

In der Beantwortung auf die dritte und vierte Frage uns erer Mündlichen Anfrage ist heute Morgen zudem deutlich geworden, dass sich hier möglicherweise in naher Zu

kunft ein großes Problem auftut: Minus bei 117 Schulen; Sie haben es selbst gesagt.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

Der Empfehlung des Rechnungshofs, die Gründe für die abnehmende Akzeptanz zu ermitteln, sollte dringend und zeitnah nachgekommen werden. Die flapsigen Bemerkungen helfen uns da nicht weiter, Herr Dr. Mertes.

(Mertes, SPD: Danke für den Doktor!)

Ich komme dann in der zweiten Runde noch zu weiteren Anmerkungen.

(Beifall der CDU)

Es spricht nun Frau Abgeordnete Brede-Hoffmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Lelle, der Quantensprung, von dem Sie sprachen, hat stattgefunden. Rheinland-Pfalz hat ein hervorragend funktionierendes Ganztagsschulsystem auf pädagogisch ganz hohem Niveau entwickelt. Wir sonnen uns nicht in irgendwelchen Scheinen oder laufen durch Potemkin’sche Dörfer, sondern unsere Schulen sind gut. Sie haben sich zu hervorragenden Ganztagsschulen weiterentwickelt, ob Sie das nun glauben wollen oder nicht, erfreulicherweise sogar für weniger Geld, als wir ursprünglich einmal gerechnet haben.

(Beifall bei der SPD)

Es ist eine völlig neue Debatte für mich, deren Richtung ich, wenn ich ganz ehrlich bin, noch gar nicht einzuschätzen vermag, was es denn bedeuten soll, dass sich hier jemand ans Pult stellt und jammert, dass für eine richtig tolle Sache, die sich hervorragend entwickelt und weiterentwickelt, für die wir unentwegt neue Anträge haben, die wir bis jetzt noch gar nicht alle positiv bescheiden konnten, zu wenig Geld ausgegeben worden sei und zu viel Geld eingestellt worden sei.

Lieber Herr Kollege, ich hätte die Diskussion gern erlebt zu Zeiten, als wir über die Errichtung von Ganztagsschulen sprachen, bevor es geschehen war, wenn wir dort wesentlich weniger Geld eingestellt hätten. Dann hätte sich Herr Wiechmann hingesetzt und gesagt: Das ist Ankündigungspolitik. – Das hatten wir doch heute Morgen gehört.

(Beifall bei der SPD – Mertes, SPD: So ist es!)

Wir haben haushaltspolitisch höchste Verlässlichkeit für ein Entwicklungsprojekt eingestellt, einen Prozess, eine Entwicklung, die in den nächsten Jahren auch noch weitergehen wird, deren tatsächliche Größenordnung

auch wir bei allem Optimismus nicht wirklich einschätzen können; denn sie beruht auf einer ganz wesentlichen Basis. Sie beruht auf der Basis der Freiwilligkeit der Eltern und der Kinder, was dazu geführt hat, dass wir höchste Akzeptanz bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, übrigens auch den Lehrerinnen und Lehrern, für diese Schulform haben. Niemand wurde gezwungen.

Wir konnten also nicht auf Heller und Pfennig vorher berechnen, was das wohl genau kosten wird. Ich bin im Grunde froh, dass wir mit dem Geld hingekommen sind. Es hätte auch passieren können, dass uns das Geld nicht reicht.

(Mertes, SPD: Genau!)

Dann hätten wir von Ihnen wieder erzählt bekommen: Ihr habt gar nicht anständig finanziert. Das ist ein typisches SPD-Projekt.

(Mertes, SPD: Richtig! Unterfinanziert wäre es dann gewesen!)