Protokoll der Sitzung vom 20.09.2001

Sie hätten heute Morgen Gelegenheit gehabt, einmal zu sagen: Jawohl, meine Damen und Herren, es hat Überlegungen gegeben, wie wir 100 Millionen DM finanzieren und zur Konsolidierung des Landeshaushalts beitragen können.

(Lewentz, SPD: Der Stratege der Fraktion!)

Sie hätten sogar noch von einem Denkmodell sprechen und sagen können: Zwischenzeitlich ist bei mir nicht zuletzt durch die massiven Einwände, die gerade von der SGK, der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik, aber auch von den SPD-Landräten gekommen ist, die Erkenntnis eingetreten, dass dies in dieser Art und Weise nicht umsetzbar ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, wir hätten uns vieles von dem ersparen können, was Sie sich heute Morgen geleistet haben. Ich gehe davon aus, dass Sie noch Gelegenheit haben, einiges in Ihrem Beitrag dazu zu sagen.

Herr Finanzminister, das, was Sie vorgehabt haben – das muss man noch einmal wiederholen –, war der

Griff in die Kasse der Kommunen. Das war die Absicht, die Sie mit diesen Überlegungen verfolgt haben.

Ich gehe davon aus, dass dies immer noch nicht ausgestanden ist. Wir haben von den beiden Alternativen hören können, nämlich die beiden gesetzlichen Änderungen oder das Thema der Grunderwerbsteuer, das nach wie vor noch auf dem Tisch ist.

Herr Kollege Itzek, als Steuerakrobat, oder wie man Sie bezeichnen möchte, hätten Sie heute einmal sagen sollen, dass das Land zwischenzeitlich bereits die Erhöhung der Grunderwerbssteuer von 2 % auf 3,5 % kassiert. Keine Rede war davon, dass das Land bereits Maßnahmen durchgezogen hat, die letztlich den Kommunen zustehen, aber in den Haushaltstopf des Landes fließen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Finanzminister, ich sage Ihnen vor Ihrem Auftritt, den Sie gleich haben werden: Lassen Sie die Finger von derartigen Überlegungen. Die Kommunen sind schon genug belastet. Eine solche Vorgehensweise haben die Kommunen in Rheinland-Pfalz nicht verdient. Ich kann nur hoffen, dass es einen fairen Finanzausgleich für die Kommunen geben wird.

(Beifall der CDU)

Es spricht Herr Finanzminister Mittler.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Land hat natürlich wie alle Länder eine besondere Verantwortung für die Finanzausstattung der Kommunen. In der bundesstaatlichen Ordnung, wie sie bei uns gilt, werden die Kommunen bei der Finanzverteilung immer den Ländern zugerechnet. Daher ist es notwendig, dass im Finanzausgleich zwischen den Ländern und den Kommunen nachvollziehbare, an objektiven Kriterien orientierte Gesichtspunkte maßgeblich sind.

Wenn wir über die Finanzen der rheinland-pfälzischen Kommunen sprechen, müssen wir zunächst einmal sagen, dass es „die“ Finanzlage der rheinlandpfälzischen Kommunen gar nicht gibt. Es gibt ein sehr buntes Leben. Rund die Hälfte der Kommunen gleicht ihre Haushalte aus und macht sogar beträchtliche Überschüsse. Die andere Hälfte kann sie nicht ausgleichen und macht entsprechende Defizite mit dem Ergebnis, dass beispielsweise im Jahr 1999 die Kommunen insgesamt 100 Millionen DM Minus erwirtschaftet haben. Das Land hat sich im Jahr 1999 mit 1,3 Milliarden DM verschuldet.

Im vergangenen Jahr hat knapp die Hälfte der Kommunen ein Plus und die stärkere Hälfte ein Defizit erzielt; per Saldo blieb ein Minus von etwas mehr als 300 Millionen DM. Das Defizit des Landes betrug rund das Dreifache, etwa 900 Millionen DM.

Ich sage das nicht, um deutlich zu machen: Den Kommunen geht es gut. – Ich sage nur, es geht nicht allen schlecht. Man muss auch sagen, dass es unterschiedliche Anstrengungen in den Kommunen hinsichtlich der Ausgestaltung ihrer Haushalte und des Ausgleichs ihrer Haushalte gibt.

Man muss auch sagen, dass es Kommunen gibt, die daran gehindert werden, die Ressourcen, die ihnen eigentlich von ihrem Vermögen her zur Verfügung stehen, für den Haushaltsausgleich nutzbar zu machen. Ich will schon daran erinnern, dass insbesondere im ehem aligen RWE-Versorgungsgebiet die Kommunen über beträchtliche Aktienpakete mit beträchtlichem Wert verfügen. Beispielsweise mein Landkreis, Mayen-Koblenz – er hat nicht das größte Aktienpaket – hat ein Aktienpaket mit einem aktuellen Wert von rund 150 Millionen DM. Er hat 140 Millionen DM Schulden. Andere Landkreise, beispielsweise der Landkreis Altenkirchen, haben ein erheblich höheres Aktienvermögen. Viele Kommunen haben ihre Aktienpakete in Wirtschaftsförderungsgesellschaften eingebracht, beispielsweise auch der Landkreis Daun. Nun werden sie durch steuerliche Regelungen gehindert, auch dann, wenn sie es möchten, dieses Aktienpaket für die allgemeinen Zwecke der Haushaltsfinanzierung nutzbar zu machen.

(Zurufe von der CDU)

Deswegen habe ich eine Überprüfung veranlasst, ob und wenn ja, in welchem Umfang eine steuerrechtliche Änderung möglich gemacht werden kann.

Meine Damen und Herren, ich weiß, es gibt Leute, die sagen: Wir wollen nicht unser Tafelsilber verkaufen. – Das halte ich für eine Argumentation des verarmten Adels, der Wert darauf gelegt hat, Silberbesteck auf dem Tisch zu haben. Es ist wichtiger, dass man etwas auf dem Teller hat. Das Land ist den Weg der Veräußerung seiner Beteiligung gegangen, nicht zuletzt zu dem Zweck, eine gute, eine nachhaltig gute Finanzausstattung der Kommunen sicherzustellen. Ich will nicht Ratgeber der Kommunen sein, aber dort, wo beträchtliche Vermögenswerte verfügbar sind, sie aber nicht genutzt werden, aus Gründen, die sein mögen, so wie sie sind, erreicht allerdings das Jammern über die eigene schlechte Finanzausstattung den Finanzminister nur marginal und erweicht ihn kaum.

Die Kommunen im Land Rheinland-Pfalz werden im bundesweiten Vergleich gut ausgestattet. Wir haben in Rheinland-Pfalz den geringsten Kommunalisierungsgrad. Herr Kollege Schnabel, Sie haben Recht, man muss nicht nur die Finanzausstattung, sondern auch die Aufgabenausstattung sehen. Der Kommunalisierungsgrad ist der Gradmesser, mit dem Ausgaben und Aufgaben in Beziehung zueinander gesetzt werden. Wir haben insoweit die schonendste Behandlung im Hinblick auf die Kommunen. Wir haben eine Schieflage im Land Rheinland-Pfalz zulasten des Landes. Nur darum geht es.

(Zurufe von der CDU)

Ich sage aber auch, was die Kommunalfinanzen angeht: Wir haben auch ein kommunales Haushaltsrecht, das dazu geführt hat und dazu führt, dass sich Defizite, die in

den Haushalten erwirtschaftet werden, wie eine Bugwelle vor den Kommunen auftürmen

(Itzek, SPD: Das muss geändert werden!)

und es eine Vielzahl von Kommunen gibt, die trotz größter Anstrengungen nicht in der Lage sind, ihre Haushalte auszugleichen. Deshalb bin ich schon der Meinung, dass wir durch Änderung des kommunalen Haushaltsrechts einen Weg finden müssen, der es möglich macht, den Kommunen, die diese Anstrengungen bis an den Rand ihrer Erschöpfung unternommen haben und trotzdem die Bugwelle nicht beherrschen, insoweit eine Erleichterung zu verschaffen.

Meine Damen und Herren, ich kann nur raten, sich zu entscheiden, welche Argumentation man eigentlich präferiert. Man ist der Meinung – der Kollege Böhr, der Kollege Jullien haben sich in den letzten Wochen mehrmals dazu geäußert; ich habe ihre Pressemeldungen mitgebracht –, dass die Steuerreform zu zaghaft sei und im Grunde genommen an den Interessen der Wirtschaft und der Menschen, der Steuerzahler, vorbeigegangen sei. Auf der anderen Seite wird ein Vorziehen der weiteren geplanten Stufen im Jahr 2003 und 2005 bereits auf das Jahr 2002 gefordert. Das wird in sehr massiver Weise von der Union gefordert. Ich will nur darauf aufmerksam machen: Wer dies fordert, muss bedenken, dass wir dann im Jahr 2002 nach kommunalem Finanzausgleich im Landeshaushalt 746 Millionen DM weniger verfügbar haben und die Kommunen des Landes Rheinland-Pfalz im Jahr 2002 520 Millionen DM weniger zur Verfügung haben. In beiden Haushaltsjahren zusammengenommen, im Jahr 2002 und im Jahr 2003, bedeutet diese von der Union bis in die letzten Tage hinein geforderte Vorziehung der Stufen 2003 und 2005 Mindereinnahmen im Landeshaushalt von 1,3 Milliarden DM und für die Kommunen von 909 Millionen DM.

(Dr. Schiffmann, SPD: Hört, hört!)

Meine Damen und Herren, zu verantwortlicher Politik gehört auch, die Folgen des Handelns, zumindest auch der Forderungen, zu bedenken.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen sage ich: Dieser Verantwortung versuchen wir gerecht zu werden. Das werden wir demnächst mit der Vorlage des Haushalts und auch mit der Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs tun.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir treten in die Mittagspause ein. Die Sitzung wird um 14:00 Uhr fortgesetzt.

U n t e r b r e c h u n g d e r S i t z u n g: 12:47 Uhr.

W i e d e r b e g i n n d e r S i t z u n g: 14:00 Uhr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir fahren mit der 9. Plenarsitzung des Landtags fort.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Wo fahren wir denn hin?)

Ich rufe Punkt 17 der Tagesordnung auf:

Entlastung der Landesregierung und des Rechnungshofs für das Haushaltsjahr 1999

Entlastung der Landesregierung Rheinland-Pfalz für das Haushaltsjahr 1999 Antrag der Landesregierung – Drucksache 13/6572 –

Entlastung des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz für das Haushaltsjahr 1999 Antrag des Rechnungshofs – Drucksache 13/6666 –

Jahresbericht 2000 Unterrichtung durch den Rechnungshof – Drucksache 13/6750 –

Stellungnahme der Landesregierung zum Jahresbericht 2000 des Rechnungshofs (Drucksache 13/6750) Unterrichtung durch die Landesregierung – Drucksache 13/7008 –

dazu: Kommunalbericht 2000 Unterrichtung durch den Rechnungshof – Drucksache 14/52 –

Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses – Drucksache 14/251 –

Meine Damen und Herren, ich begrüße Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag, und zwar Mitglieder des Ortsgemeinderats Eichen. Herzlich willkommen im rheinlandpfälzischen Landtag!

(Beifall im Hause)

Weiterhin begrüße ich bei uns den Präsidenten des Landesrechnungshofs Rheinland-Pfalz, Herrn Dr. Schneider. Herzlich willkommen!