Ich habe einen Ansatz dazu gehört. Er lautete, man wolle etwas an der finanziellen Situation der Kommunen machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, da verhebt man sich, vonseiten der Koalitionsfraktionen sowieso, weil der Ansatz, den Sie wählen, dafür nicht tauglich ist, vonseiten der CDU auch, nicht nur wegen der höchstwahrscheinlichen Verfassungswidrigkeit Ihres Gesetzentwurfs, sondern weil der Kern des Problems nicht die Frage ist, welche Standards man wie flexibilisiert, abbaut oder in einer anderen Art und Weise angeht. Der Kern des Problems ist vielmehr, welche Standards man überhaupt angehen möchte.
Ich erkenne aufseiten der Koalition die Weigerung, Standards beispielsweise im Bereich der Kinderbetreuung anzutasten. Ich sage Ihnen, diese Weigerung unterstütze ich nachhaltig.
Ich glaube, an solche Standards dürfen wir nicht schwer wiegend herangehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, ich fürchte, ich muss Ihnen unterstellen, dass Sie genau in diese Richtung mit Ihren Vorstößen zielen. Schon deshalb sind sie aus meiner Sicht aus politischen Gründen und nicht, weil der eine oder andere Weg der richtige wäre, abzulehnen.
Ich möchte nun ganz grundsätzlich zum Thema „Standards“ etwas sagen. Herr Kollege Noss hat schon darauf hingewiesen, Standards sind nichts grundsätzlich Negatives. Dem stimme ich ausdrücklich zu. Standards haben ihre Begründung. Manchmal haben sich Standards überlebt, haben eine Eigendynamik entwickelt und müssen deshalb überprüft werden. Aber Standards können natürlich einen Sinn haben.
Man kann deshalb ganz nüchtern sagen, entweder ist ein Standard sinnvoll oder sinnlos und überflüssig. Das kann man überprüfen. Dass man aber von Fall zu Fall, sozusagen von Kommune zu Kommune entscheidet, ob ein Standard sinnvoll oder überflüssig ist, halte ich zumindest für fragwürdig.
Das kann höchstens im Einzelfall einmal möglich und notwendig sein, um eine gewisse Dynamik zu entfalten oder etwas auszuprobieren.
Ich glaube, die Veränderung, Abschaffung oder Absenkung von Standards kann in bestimmten Bereichen sinnvoll sein, wenn sie dazu beiträgt, mehr Transparenz in Verwaltungshandeln hineinzubekommen, ein Dickicht zu lichten, das nicht mehr angebracht erscheint. Es kann auch zu mehr Bürgernähe führen, ganz eindeutig. Das sollte ein Maßstab sein.
Es kann, sollte sogar mit Kosteneinsparungen verbunden sein, wenn man Standards bearbeitet. Allerdings möchte ich hier noch einmal meinen Hinweis vom Anfang bekräftigen, das wird sich sehr stark im Rahmen
halten, wenn man zum Beispiel nicht an Betreuungsstandards herangeht, was ich richtig finde, wenn man nicht an Personalstandards, an Qualifizierungsstandards herangeht.
Wenn man über Standards diskutiert, sollte man sich immer wieder in Erinnerung rufen, die wesentliche Funktion von Standards ist, dass sie ein Instrument der Qualitätssicherung sind. Nur wenn dieses Instrument im Sinn einer Qualitätssicherung nicht mehr tauglich ist, sollte man es überprüfen. Wenn man an Regelungen aus politischen Gründen heran möchte, Herr Kollege Schnabel und Herr Kollege Hörter, dann sollte man das nicht über eine Standarddiskussion machen, sondern dann sollte man sagen, was man möchte.
Standards und ihre Einheitlichkeit sind darüber hinaus auch deshalb wichtig, weil es natürlich auch eine Einheitlichkeit der Rechtspraxis gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land geben muss. Es kann nicht sein, dass man an unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichem Maß misst.
Ich habe eben schon gesagt, aus meiner Sicht – nicht nur aus meiner Sicht, sondern diese wird auch breit geteilt, es ist auch untersucht – ist der Entwurf der CDUFraktion mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungsrechtlich äußerst problematisch. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich kann nicht verstehen, weshalb Sie diesen Gesetzentwurf weiterhin im Gesetzgebungsverfahren lassen, obwohl das von Ihnen eigentlich schon eingestanden wird.
Ich kann nicht verstehen, dass Sie das darin lassen wollen. Sie können diesem Parlament nicht abverlangen, dass es einen Gesetzentwurf verabschiedet, der schon zum Zeitpunkt der Entstehung höchst fragwürdig ist.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mertes, SPD: Wer im Saarland abschreiben muss, ist schon arm dran! – Zuruf des Abg. Hörter, CDU)
Herr Kollege Mertes, sprechen Sie nicht mit Herrn Schnabel über das Saarland. Wir sind in RheinlandPfalz. Was im Saarland vor zehn Jahren war, muss uns heute nicht interessieren.
Reden wir also über Rheinland-Pfalz und den Gesetzentwurf der Landesregierung. Dieser ist zweifellos überhaupt nicht der Gefahr ausgesetzt, verfassungswidrig zu sein. Diese Diskussion brauchen wir nicht zu führen.
Das Problematische am Gesetzentwurf der Landesregierung ist, dass er das Problem auf eine sehr eigentümliche, ja, wie soll ich es nennen, sehr kleinkrämerische Art und Weise angeht und er die Chance verspielt hat, in der Enquete-Kommission „Kommunen“ möglicherweise eine Lösung zu finden. Ich möchte mich gar nicht festlegen, wie weit er gegriffen hätte und wie weit er eine
solche Sisyphusarbeit, wie sie dahintersteckt, vielleicht nicht in diesem Ausmaß nötig gemacht hätte.
Unbestritten und Ihnen anzukreiden ist, worauf Herr Kollege Hörter auch zu Recht hingewiesen hat, Sie haben sich in der Enquete-Kommission „Kommunen“ nicht mit dem zumindest angedeuteten Vorschlag von einigen Experten auseinander gesetzt und haben gesagt, wir wollen das so nicht. Sie haben vielmehr gesagt, wir diskutieren noch nicht einmal darüber. Das ist nicht nur für eine Enquete-Kommission, sondern das ist für ein Parlament im Grunde genommen unwürdig. Es ist nicht ziel- und lösungsorientiert.
Das heißt, weil Sie sich einmal auf Ihre Vorgehensweise festgerannt hatten, was zu diesem Zeitpunkt schon der Fall war, haben Sie daran festgehalten und gesagt: Was wir machen, ist richtig – das erleben wir hier häufiger –, wenn andere Vorschläge kommen, egal woher, dann kann das gar nicht richtig sein.
Zu jedem Zeitpunkt hätten Sie die Möglichkeit gehabt – da hätten Sie uns auch immer auf Ihrer Seite gehabt –, bei anderen Wegen zur Lösung des Standardproblems politisch jeweils zu entscheiden, dass bestimmte Bereiche, wie ich sie genannt habe, beispielsweise der Bereich der Kinderbetreuung, herausgenommen werden. Ganz klar, dafür würden Sie in diesem Haus wahrscheinlich immer eine Mehrheit finden.
Dass Sie sich aber der Diskussion über diesen anderen Weg verschlossen haben, zeugt nicht gerade von besonders viel Selbstbewusstsein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mehrfach gesagt, der CDU-Entwurf ist aus meiner Sicht schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zustimmungsfähig. Der Entwurf der Landesregierung ist, auch wenn dort „Erstes Landesgesetz“ steht, selbst hinsichtlich der Ziele, die man erreichen möchte, völlig unzureichend. Wir lehnen beide Gesetzentwürfe ab.
Als Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüße ich den Freundeskreis des Traditionsvereins Panzerbataillon 153 sowie Mitglieder des SPD-Ortsvereins Obrigheim. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Über die Parteigrenzen hinweg besteht Einigkeit dahin gehend, dass wir im Sinn unserer Kommunen in Rheinland-Pfalz teils kostenträchtige Standards in unseren Gesetzen und Rechtsverordnungen abbauen müssen. Das haben die Beiträge der Vorredner ganz klar gezeigt.
Für unsere Fraktion kann ich mich in diesen Grundkonsens nur einreihen. Auch wir sehen eine dringende Notwendigkeit darin, unseren Kommunen wieder mehr Luft zum Atmen zu geben. Deshalb müssen wir unsere Anstrengungen danach ausrichten, die Gemeinden und Städte weiter finanziell zu entlasten, indem wir sie von kostenträchtigen Vorgaben befreien. Viele gesetzliche Bestimmungen und Vorschriften setzen Standards, die von unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr nachvollziehbar sind, die allerdings die kommunalen Haushalte über Gebühr finanziell belasten.
Meine Damen und Herren, wie können wir unsere Kommunen in Rheinland-Pfalz von teils kostspieligen und bürokratischen Vorgaben entlasten und ihnen dadurch wieder mehr Handlungsspielräume eröffnen? Mit dem ersten Standardflexibilisierungsgesetz der Landesregierung, aber auch mit dem Standardanpassungsgesetz der Fraktion der CDU liegen nun Lösungsansätze auf dem Tisch.
Herr Hörter, ich sage bewusst, dem unbedarften Leser scheint auf den ersten Blick nur der unterschiedliche Wortlaut der beiden Gesetzeswerke ins Auge zu fallen, doch weit gefehlt. Die CDU will zur Entlastung unserer Gemeinden und Städte nicht einzelne Rechtsvorschriften geändert wissen, sondern will es unseren Kommunen in Rheinland-Pfalz per Gesetz erlauben, unter bestimmten Voraussetzungen im Einzelfall von landesrechtlichen Vorgaben abweichen zu dürfen. Einen solchen Weg einzuschreiten, erachte ich unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten für höchst bedenklich, meine Damen und Herren von der CDU.
Durch das Justizministerium und den Wissenschaftlichen Dienst des Landtages wurde Ihnen unverblümt und schwarz auf weiß bescheinigt, dass diese Regelungstechnik insbesondere mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot und den Grundsätzen des Gesetzesvorbehalts nicht in Einklang zu bringen ist.
Meine Damen und Herren, der Lösungsansatz der Landesregierung mit dem Entwurf eines Standardflexibilisierungsgesetzes ist demgegenüber der saubere, aber auch pragmatische Weg. Punkt für Punkt werden in diesem die Standards genannt, die abgeschafft, reduziert oder von denen zumindest im Einzelfall abgewichen werden darf. Ich gebe dem einen oder anderen Kritiker Recht, der Weg ist mühsam. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist dies allerdings der einzig gangbare Weg. Ich denke, dies sollte im Vordergrund all unserer Überlegungen stehen, andernfalls wäre unseren Kommunen im Land nur kurzfristig geholfen, muss man sagen.
Meine Damen und Herren, die Verabschiedung eines ersten Standardflexibilisierungsgesetzes wird erst der Einstieg in den Abbau von Standards sein. Da gebe ich dem Herrn Kollegen Noss uneingeschränkt Recht. Es müssen weitere Gesetzesnovellierungen folgen. Herr Hörter, deshalb heißt es Erstes Standardflexibilisierungsgesetz.
Meine Damen und Herren, wenn wir über die Finanzs ituation unserer Kommunen sprechen, sollten wir die Themen nicht ganz unter den Tisch fallen lassen, dass wir die Kommunen in Zukunft mit einer zuverlässigen Finanzausstattung versehen müssen, dass wir über das Thema „Stadt-Umland-Beziehung“ reden müssen. Wenn wir über Finanzausstattung reden, dann müssen wir über eine Gemeindefinanzreform reden, Herr Hörter.
Ich gebe Herrn Kollegen Noss Recht, da müssen Sie sich in Berlin in Ihrer Partei bewegen und solch eine Gemeindefinanzreform nicht verhindern. Ich denke, wenn wir dazu in der Lage sind, dann sind wir auf dem richtigen Weg, unseren Kommunen in Rheinland-Pfalz zu helfen, die kommunale Selbstverwaltung nicht in Gefahr zu bringen. Man sollte hier nicht Anträge stellen, bei denen man genau weiß, dass es im Moment nicht finanzierbar ist. So geht es mit Sicherheit nicht.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir unterhalten uns über zwei unterschiedliche Gesetzentwürfe und einen Antrag. Der Gesetzentwurf der CDU geht in Grundzügen auf einen Entwurf von 1995 zurück, auch wenn wir es nicht so gern hören wollen. Sie haben Elemente von MecklenburgVorpommern, Baden-Württemberg und dem Saarland aufgenommen. Das muss nichts Schlechtes sein.