Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir unterhalten uns über zwei unterschiedliche Gesetzentwürfe und einen Antrag. Der Gesetzentwurf der CDU geht in Grundzügen auf einen Entwurf von 1995 zurück, auch wenn wir es nicht so gern hören wollen. Sie haben Elemente von MecklenburgVorpommern, Baden-Württemberg und dem Saarland aufgenommen. Das muss nichts Schlechtes sein.
Den zweiten Satz hätten Sie auch dazu sagen sollen. Wo haben wir Erfahrungen mit dem Gesetzentwurf gesammelt? In Mecklenburg-Vorpommern gibt es einen Fall.
Es gibt eine informelle Runde. Walter Zuber war lange Anführer dieser informellen Runde. Staatsminister und Staatssekretäre sitzen zusammen und überlegen sich über Parteigrenzen hinweg, was sie noch machen müssten. Da ist Standardabbau immer ein Thema. Wir scheitern im Grunde genommen alle an dem, an dem
Sie auch mit Ihrem Gesetzentwurf gescheitert sind. Wenn Sie es einfach auf die Entscheidungsgewalt der Kommunen verlagern, bekommen Sie große Probleme. Die Kommune muss dann entscheiden: Welche Standards setze ich außer Kraft, mit welchem Recht setze ich mich zusammen oder auseinander? – Sie haben die spannende Frage: Kann ich mich über Standards hinwegsetzen, die der Gemeindeunfallversicherungsverband aufgibt, über Rechtssetzungen, die das Europäische Recht spricht? – Das sehen Sie dann und merken, Sie kommen an einen Punkt, an dem Sie nicht weiter kommen. Das ist Ihr Punkt. Das sollten Sie offen sagen und sagen: Dann haben wir ein riesiges Problem.
Die Landesregierung hat sich den anderen Weg vorgenommen. Der ist nicht weniger mühselig. Bei der ersten Prüfung im Ministerium haben wir zusammengesessen und gesehen, welche Vorschläge wir haben. Es waren um die 30, die zu prüfen sind. Wir haben festgestellt, wenn wir uns diesen Prüfungen noch verstärkter zuwenden, Normenklarheit, Rechtsklarheit, Auswirkungen, dann stellen wir fest, dass wir reduzieren müssen, weil wir sonst in eine Ecke kommen, in der wir nicht mehr sicher sein können, dass diese Aufhebung des Standards tatsächlich Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger und für die Gemeindeverwaltung oder den Bürgermeister, die Bürgermeisterin bringt. Das ist auch ein Punkt.
Wir schauen uns die Strukturen der Gemeinden an. Sie können nicht unterstellen, dass die Leistungsfähigkeit einer Verwaltung wie bei der Stadt Koblenz mit der Leistungsfähigkeit einer Verwaltung wie bei mir mit 4.400 Einwohnern zu vergleichen ist. Das gilt auch für die Überlegungs- oder die Prüfungsmöglichkeit. Die Mühe haben wir uns schon gemacht. Heraus kam dies. Ich denke, das ist ein erster guter Schritt. Es wird schwierig sein, weitere Schritte zu tun, weil Sie immer wieder an diesen Maßstab kommen, dass Sie in andere Rechtsbereiche hineinkommen. Ich wiederhole das noch einmal. Ich wiederhole Europäisches Recht, ich wiederhole Richterrecht, ich wiederhole Versicherungsfragen. Was drückt die Gemeinden? Die kleinen Gemeinden drückt, dass sie Spielplätze unterhalten müssen. Sie müssen diese tatsächlich immer neu machen, weil der GUV kommt und sagt, dieses Mal muss dieses oder jenes geändert werden. Das ärgert die. Bei den Vorschriften für die Brandsicherung oder Brandschau sehe ich das schon ein bisschen anders. Können Sie da Standards abbauen?
Ich denke, wir haben einen Weg gewählt, bei dem wir sagen können, wir haben die Widerstände in den Kommunen zumindest deutlich gemacht. Wir haben deutlich gemacht, welche Schwierigkeiten wir in der Rechtsetzung haben. Ich denke, den Abbau der unterschiedlichen Standards durch Rechtsverordnungen können wir sicherstellen.
Ich will noch eine Bemerkung machen. Wir sehen nicht so sehr Standards unter dem Gesichtspunkt der kommunalen Finanzen. Das wäre sehr verkürzt. Wir sehen die Standards so: Gibt es Standards, die tatsächlich nicht mehr notwendig sind, die wir guten Gewissens entfernen können?
Es geht ein bisschen unter, deswegen wiederhole ich es immer wieder. Die Landesregierung hat von 730 Verordnungen im Jahr 1991 auf um 400 reduziert. Wir versuchen dies weiter zu machen. Das ist schwierig genug. Ein Kollege hat gesagt bzw. darauf hingewiesen, Verwaltungshandeln kann nicht willkürlich sein. Ich kann nicht in Bad Ems eine andere Verwaltungsrichtschnur geben als in Zweibrücken. Das geht nicht. Die Bürger verlangen eine gleiche Behandlung bei gleichen Sachverhalten. Das ist halt eben so. Das bekommen Sie nicht weg, auch nicht, wenn Sie sagen, ich verlagere auf die Kommunen. Ich denke, wir haben einen Weg gewählt, der vernünftig ist.
Meine Damen und Herren, ich mache eine letzte Bemerkung. Es kommt immer wieder die Enquete-Kommission ins Spiel. Die Enquete-Kommission hat nach unserer Meinung mit den Standards relativ wenig zu tun. Enquete heißt Grundlagen erarbeiten. Standards abbauen heißt Regierungshandeln, und wir handeln.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister Bruch, Sie waren lange genug Bürgermeister und kommunalpolitisch tätig, also wissen Sie, wo in den Kommunen der Schuh drückt. Wir haben Einigkeit – das können wir zunächst einmal feststellen – in dem Ziel. Die Finanzenge ist das eine. Notlage macht zwar erfinderisch, und wenn Notlagen da sind, muss man auch andere Wege gehen, aber es ist in der Tat nicht die einzige Frage, das nur aus finanziellen Gründen zu entscheiden. Die Frage, die die Kommunen am meisten bedrückt – ob Ortsbürgermeister oder kommunale Räte –, ist die überzogene Bürokratie, das, was wir uns an Standards geleistet haben, was wir uns zurzeit einfach nicht mehr leisten können.
Wen wir jetzt schon kein Geld mehr haben, wenn wir es schaffen, den Kommunen bei der kommunalen Selbs tverwaltung noch einmal ihren Spielraum einzuräumen, auch ihre Verantwortung in gewissen Bereichen der Standards, dann haben wir mehr an Innovation getan, um kommunale Selbstverwaltung vor Ort zu ermöglichen, als wenn wir nur darüber debattieren.
Dann haben wir zwei Wege, die wir jetzt gehen können. Dann sollten wir sagen, welcher dieser beiden Wege machbar ist. Es gilt auch der schöne Spruch, weil Sie gefragt haben, ob es verfassungsrechtlich in Ordnung ist
oder nicht: Wenn man neue Wege geht, weiß man es nicht. Das ist klar. Aber man muss neue Wege gehen, damit man Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.
Das heißt, auch hier muss man durchaus ausprobieren, ob es funktioniert oder nicht. Gott sei Dank sitzen hier genügend Bürgermeister. Jeder Bürgermeister ärgert sich täglich darüber.
Gemeindebund, Städtebund, ich fange bei ihnen an. Ich nenne Ihnen nachher fünf Bereiche. Ich fange damit an, wenn wir am Friedhof die Gräber rütteln und vieles andere machen. Wenn ich für alles verantwortbar gemacht werde – – –
Entschuldigung, wir hatten uns in der Vergangenheit etwas geleistet. Herr Mertes, seien Sie im Moment einmal ruhig.
Wir haben uns gemeinsam in der Vergangenheit 200 % überall geleistet. Wenn wir gesagt haben, das funktioniert noch, haben wir gefragt: Gibt es nicht noch irgendwo eine Möglichkeit, wo wir noch stärker absichern können.
Wir müssen heute die Kraft haben, auch ein bisschen auf den Menschenverstand vor Ort zu vertrauen. Ich bin sehr überzeugt. Hier steht nur drin, die Kommunen beantragen es: Der saarländische Weg. – Es ist nicht schlecht, zu schauen, wo es gut funktionieren kann. Den Weg im Saarland halte ich für richtig, dass man alles auf den Prüfstand stellt, was wir uns vorgestern an überzogenen Standards geleistet haben, und sagt: Das können wir heute nicht mehr umsetzen.
Vorschläge zur Veränderung: Herr Ministerpräsident, Sie haben, wie ich glaube, davon gesprochen, dass die Statistik von 1.000 auf 400 kam. Das war in Ordnung. Es hat nur vor Ort kein Mensch gemerkt. Das heißt im Klartext, wir haben diejenigen, die jetzt wirklich drücken, wo wir Probleme damit haben, nicht geändert.
Langsam, langsam, langsam. Ich nenne Ihnen, wenn mir der Präsident noch Zeit genug gibt, mehr, als Sie brauchen.
Sie dürfen nicht abblocken, sondern Sie müssen von vornherein sagen, es wird gemeinsam diskutiert und gemeinsam versucht, dass wir hinterher für die Bürger und für die Kommunen etwas getan haben.
Dann streiten wir uns doch nicht über die Frage des Weges, sondern schauen wir, dass wir gemeinsam etwas tun, und nicht mehr oder weniger, wie Herr Kollege Hohn gesagt hat: Da bin ich sehr dafür.
Wir stimmen zuerst über den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU – Drucksache 14/2202 – in zweiter Beratung ab. Da die Beschlussempfehlung die Ablehnung empfiehlt, stimmen wir direkt über den Gesetzentwurf ab. Wer für diesen Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion ist, den bitte ich um das Handzeichen!
Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Antrag stellenden CDU-Landtagsfraktion abgelehnt.