Protokoll der Sitzung vom 07.07.2005

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

Das werde ich tun. Ihnen wird das Lachen noch vergehen.

Drittens bin ich damit einverstanden, dass sich die Landesregierung lobt und die FDP – 6,1 % in NordrheinWestfalen ist nahe am Abgrund – sagt: Wir sind einzigartig, und nur wir retten das Land.

Ich will nur noch einmal die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und die WirtschaftsWoche „Saarland Shootingstar Nummer 1“ nennen.

(Zuruf aus dem Hause)

Ich habe das Wort von Herrn Bauckhage aufgegriffen. So hat damals auch die Presse reagiert. Natürlich war Herr Müller stolz. Das Saarland ist ein Land, in dem jeder vierte Euro kreditfinanziert ist, und das am Rand der Möglichkeiten ist. Meine pfälzische Zurückhaltung gegenüber dem Saarland verbietet mir, dass ich weitere Bewertungen abgebe. Das ist im Grunde genommen schon eine problematische Entwicklung.

Viertens überlege ich mir doch, ob ich der Fraktion nicht den Rat gebe, dass wir einmal alle Hochschulrankings, die in diesem Jahr veröffentlicht worden sind, zur Debatte machen. Diese habe ich mir alle sehr genau angesehen, zum Beispiel in der „ZEIT“ und in anderen Veröffentlichungen und geschaut, wie oft rheinland-pfälzische Fachbereiche genannt werden. Es war sehr selten.

Ich habe das in die Fraktion nicht hineingebracht, weil ich mir der Problematik und der Ungerechtigkeit, die darin liegen kann, sowie auch der Gefahr bewusst bin, dass sich Leute, die sich krumm arbeiten, beschimpft vorkommen. Wir machen das einmal. Wir reden vielleicht einmal über das Hochschulranking in der Öffentlichkeit im Jahr 2005 und wo das Land Rheinland-Pfalz steht. Ich sage Ihnen das, um Ihnen ein bisschen zu verdeutlichen, dass gelegentlich ein bisschen weniger viel mehr und nahe der Wahrheit ist.

Ich will noch einmal auf die Studie zu sprechen kommen. Die niedrige Arbeitslosigkeit ist ein Pluspunkt. Ich weiß es ganz genau. Schon in Zeiten der CDU-geführten Landesregierung in den 80er-Jahren haben wir uns mit Hessen, Bayern und Baden-Württemberg – BadenWürttemberg lag immer vor uns, Bayern damals noch nicht – um Platz drei oder Platz vier gestritten. Das war ganz selbstverständlich. Das war damals schon so, auch als Beweis dafür, dass dieser, wie der Kollege Mertes gesagt hat, Ministerpräsident die totale Umkehr hinbekommen hat. Auch das ist ein bisschen zu einfach.

(Glocke der Präsidentin)

Was in der Studie völlig fehlt, ist der Hinweis darauf, dass jeden Morgen 130.000 Leute mehr aus dem Land hinausgehen als hereinkommen. Der hohe Auspendlerüberschuss spielt unter den Indikatoren keine Rolle. Auch das ist ein Anlass, ein klein bisschen kritischer zu werden.

Ich empfehle Ihnen – ich kann es nicht mehr vortragen –, die Einschätzung der rheinland-pfälzischen Bevölkerung nach den einzelnen Regionen zu lesen – das ist hochinteressant –, und zwar im Projektbericht „Perspektive Deutschland 2004/2005“, die größte wirtschaftspolitische Online-Umfrage, eine Initiative von McKinsey, Stern, ZDF und AOL. Schauen Sie sich bitte einmal an, wie sich die Bevölkerung in Rheinland-Pfalz in den einzelnen Regionen selbst sieht und in Deutschland positioniert. Dann werden Sie feststellen, dass die Westpfalz in der Einschätzung der Bevölkerung in der

allerletzten Gruppe mit einigen Regionen in den neuen Ländern konkurriert und die zweite Umfrage, wie die Perspektive gesehen wird, noch kritischer ist.

(Glocke der Präsidentin)

Wie sagt Fischer? Der Souverän und die Souveränin. Das hat er neulich in neudeutscher Sprache im Deutschen Bundestag gesagt. Schauen Sie sich einmal an, wie der Souverän in Rheinland-Pfalz einiges sieht. Auch dann kann man Ihnen vielleicht ein bisschen mehr Bescheidenheit empfehlen.

Danke schön.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir treten bis 13:15 Uhr in die Mittagspause ein. Ich bitte allerdings alle weiblichen Kolleginnen, sich zwecks Foto in der Lobby zu versammeln.

U n t e r b r e c h u n g d e r S i t z u n g: 12:19 Uhr.

W i e d e r b e g i n n d e r S i t z u n g: 13:15 Uhr

Wir setzen die Sitzung fort. Wir kommen zum zweiten Thema der

AKTUELLEN STUNDE

„Steuerpolitische Versprechen und ihre Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte in Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/4304 –

Das Wort hat Frau Kollegin Thomas.

Meine Damen und Herren! Es ist nicht ganz einfach, jetzt in diesem Raum und vor dem Hintergrund der Ereignisse in London einfach zur Tagesordnung überzugehen.

(Böhr, CDU: Lassen Sie es eben!)

Mir sitzt das jetzt in den Knochen.

Nichtsdestotrotz ist die Situation und die aktuelle Diskussion um das, was an steuerpolitischen Versprechungen im Raum ist, im Vorfeld einer wahrscheinlich stattfindenden Bundestagswahl am 18. September schon eine Debatte in diesem Parlament wert.

Wir haben die Situation des Landeshaushalts im ersten Teil der Aktuellen Stunde, jedenfalls kurz und knapp, beschrieben – ich will das nur noch einmal aufgreifen –, derzeit oder wahrscheinlich am Ende dieses Jahres einen Schuldenstand von 25 Milliarden Euro.

Seit 2002 gibt es jeweils Neuverschuldungen in Höhe von mindestens 1,3 Milliarden Euro pro Jahr. Die Situation der kommunalen Haushalte hat sich trotz verbesserter Gewerbesteuereinnahmen aufgrund der Ausgabenentwicklung auch nicht zum wirklich Positiven hingewendet. 2004 – so wissen wir das aus dem Kommunalbericht des Landesrechnungshofs – haben wir im 15. Jahr einen negativen Finanzierungssaldo und 500 Millionen Euro mehr Ausgaben als Einnahmen.

Ich glaube, wir können übereinstimmend – das kann keiner im Haus bestreiten – von einer dramatischen Situation der öffentlichen Haushalte reden. Wir wissen um die Steuerschätzung für die Jahre 2005 und 2006.

Ich finde, eine solche Situation ist weniger denn je geeignet, mit großen steuerpolitischen Versprechen – ich würde schon fast sagen, Versprecher – in die Öffentlichkeit zu gehen und um Zustimmung zu werben.

Meine Damen und Herren von der FDP, das machen Sie aber. Ich werde mich heute hauptsächlich mit Ihnen beschäftigen, weil die steuerpolitischen Aussagen der CDU im Moment noch eher einem Hühnerhaufen gleichen als einer geordneten Formation.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Heiterkeit bei der SPD – Kuhn, FDP: Dafür sind wir dankbar!)

Wenn ich noch die Worte Ihrer Kanzlerkandidatin im Ohr habe: „Wir sind jederzeit bereit, die Bundesregierung zu übernehmen“, dann muss ich sagen, Sie brauchen einen ziemlich langen Anlauf, um überhaupt so weit zu kommen, dass Sie für sich gemeinsam Vorstellungen entwickeln können.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jullien, CDU: Warten Sie einmal den Montag ab!)

Diesbezüglich ist die FDP etwas weiter, weil sie sich im Prinzip nichts Neues ausgedacht und nicht auf die aktuelle Situation eingestellt hat, weil sie mit dem Slogan wirbt: Einfach, niedrig und gerecht.

(Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Das ist die Überschrift über dem Berliner Beschluss.

Herr Creutzmann, ich kann das mit einem anderen Dreiklang versehen, nämlich Ihr Steuerkonzept ist schlicht, aber nicht im Sinn von einfach. Es ist unfinanzierbar und ungerecht, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Creutzmann, FDP: Oh!)

Mit Ihrer Überlegung dreier Steuersätze zielen Sie im Wesentlichen darauf, den Spitzensteuersatz zu senken. Dafür schlagen Sie aber vor, Steuervergünstigungen abzubauen. Die gehen allerdings zulasten der Arbeiternehmer und -nehmerinnen. Sie wollen die Steuerver

günstigung von Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschlägen streichen.

(Bischel, CDU: Woher wissen Sie das?)

Wen trifft es? Die Arbeitgeber? Die Arbeitgeber nicht, sondern die Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang.

Wen trifft es, wenn Sie zu Maßnahmen wie Wegfall des Sparerfreibetrags und ähnlichen Dingen greifen, die Sie den Kleinsparern auflasten? Auch da nehmen Sie weg.

Der Odem der sozialen Kälte isoliert Sie schon in diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Was Sie an Gegenfinanzierung vorschlagen – ich gehe es gar nicht im Einzelnen durch, weil wir darüber sehr lang diskutieren könnten – – –

(Creutzmann, FDP: Das wäre einmal gut!)

Ich teile die Auffassung, dass das, was Sie vorschlagen – sofort wirksame Tarifsenkungen, so wie Sie sie vorschlagen –, Steuerausfälle in Höhe von 30 Milliarden Euro hervorrufen würde.

(Creutzmann, FDP: Unwahrheit!)