Protokoll der Sitzung vom 15.11.2006

Ich denke, diese von mir aufgeführten Gründe müssten dafür sprechen, eine solche Entwicklung, also gebührenfreies Erststudium, zu bekämpfen.

(Beifall der SPD)

Die uneinsichtige Haltung vieler CDU-geführter Länder hat bisher eine einheitliche Regelung verhindert. Das führt zu einer Verschärfung der finanziellen Situation im Hochschulbereich, insbesondere auch bei uns. Wir bieten in Rheinland-Pfalz mehr Studienplätze an, als wir Hochschulzugangsberechtigte aus Rheinland-Pfalz haben.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Wem machen Sie das zum Vorwurf?)

Das hat zur Folge, dass wir denjenigen aus den umliegenden Ländern das Studium finanzieren und sie sich in einer gewissen Weise an uns gesundstoßen.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Wem machen Sie das zum Vorwurf?)

Umliegende CDU-regierte Länder haben schon Studiengebühren beschlossen. Insofern ist zu befürchten, dass Studentenströme auf Rheinland-Pfalz zukommen werden.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Allein daher ist die Landesregierung in der Pflicht, diese Gebührenfreiheit des Erststudiums abzusichern. Die Einbringung der Novelle des Hochschulgesetzes ist darum folgerichtig und konsequent.

(Beifall der SPD)

Darum unterstützt die SPD-Fraktion diese Bestrebung nachdrücklich, das Erststudium gebührenfrei zu halten.

Ich komme zum Gesetz selbst. In unseren Augen ist es ausgewogen. Die Einzelheiten hat der Minister ausgeführt. Studienkonten für Studenten aus Rheinland-Pfalz werden eingerichtet. Es heißt, keine Gebühren in der Regelstudienzeit. Allerdings ist es für Nichtlandeskinder so, dass sie mindestens ab dem zweiten Semester Studiengebühren zu bezahlen haben.

Auch die Sozialverträglichkeit wurde gewahrt, was ein wichtiges Anliegen für uns ist. BAföG-Empfänger werden nicht belastet. Studierende aus Entwicklungshilfeempfängerländern werden ebenso ausgeschlossen. Ein weiterer Punkt, der für uns von Belang ist, weil es um soziale Dinge geht, ist die Rechtsverordnung, die zur Führung der Studienkonten erarbeitet wird. Diese Verordnung bedenkt auch Menschen mit Behinderungen, geschlechtsspezifische Nachteile oder Unterschiede. Vor allem ist uns wichtig, dass das Parlament darauf Zugriff hat. Es bedarf nach wie vor der Zustimmung des Landtags, dass dieser sensible Bereich bestimmt werden kann.

Ich sage einige Worte zur juristischen Argumentation. Ich bin zweifelsohne kein Jurist, aber wenn ich dann solche Worte wie „könnte“, „sollte“, „dürfte“, „hätte“, „wäre“, „läge“ pausenlos lese, dann muss ich infrage stellen, ob es wirklich so tiefe verfassungsrechtliche Zweifel an dieser Regelung geben kann. Dass der Wissenschaftliche Dienst des Landtags das so gesehen hat, bezweifle ich auch noch.

Ich komme zum Schluss. Uns geht es zweifelsohne auch bezüglich der juristischen Dinge nicht darum, mehr Redner in einem juristischen Oberseminar zu erwerben, nein, wir unterstützen die Regierung deshalb bei ihrem Vorhaben, weil sie das macht, wofür sie gewählt worden ist und wir im Parlament sitzen, um die Interessen von Rheinland-Pfalz und seinen Einwohnern, hier den rheinland-pfälzischen Studenten, zu wahren.

Vielen Dank.

(Anhaltend Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Landeskindermodell Rheinland-Pfalz ist ein hochschulpolitischer Irrweg.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Es ist voller Widersprüche, auf die ich im Einzelnen noch einmal zu sprechen komme. Es ist vor dem Hintergrund der Föderalismusreform äußerst bedenklich, wenn wir daran denken, dass wir auch da Verantwortung tragen und nicht den Weg in kleinstaatliche Strukturen bahnen sollten.

(Beifall der FDP)

Meine Damen und Herren, die Landeskinderregelung ist darüber hinaus in sich widersprüchlich, verfassungsrechtlich zumindest bedenklich, und sie verhindert eine dringend notwendige Qualitätssteigerung an den Hochschulen.

(Beifall der FDP)

Herr Minister Professor Dr. Zöllner, ich habe mich schon über Ihre Einschätzung dieses Gutachtens gewundert. Aus diesem Grund gehe ich auch etwas intensiver auf das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes ein. Wir kommen zu einer völlig anderen Einschätzung der Aussagen dieses Gutachtens als Sie. Sie sprachen zunächst einmal sehr lange von dem Vorteilausgleich. Sie wissen, dass wir dies im Grunde begrüßen würden. Es wäre in der Tat der Weg auch zu mehr Wettbewerb in der Bundesrepublik Deutschland und hätte viele Vorteile. Wir müssen aber auch zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden.

(Beifall der FDP)

Wir müssen uns der politischen Realität stellen, und wir wissen – Sie wissen es auch –, so sehr es zu bedauern ist, dieser Vorteilsausgleich wird nicht kommen.

Zunächst einmal noch zu den verfassungsrechtlichen Bedenken: Wir sehen das völlig anders als Sie. Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes äußert ernsthafte Bedenken. Als verfassungsrechtlich bedenklich wird die Landeskinderregelung insbesondere im Hinblick auf den Gleichheitssatz des Artikels 3 Abs. 1 Grundgesetz gesehen. Der Gleichheitssatz gebietet, dass die nach Art und Umfang gleiche Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung ohne Berücksichtigung persönlicher Eigenschaften des Benutzers auch die gleiche Gebühr auslösen müsse. Gegen diesen Grundsatz dürften die Gebührenpläne der Landesregierung verstoßen; denn die rheinland-pfälzischen Hochschulen würden durch auswärtige Studierende nicht stärker in Anspruch genommen als durch Studierende mit Wohnsitz in Rheinland-Pfalz. Verfassungsrechtlich ist diese gebührenmäßige Schlechterstellung der auswärtigen Studierenden zumindest bedenklich.

Verfassungsrechtliche Zweifel werden in dem Gutachten darüber hinaus – das ist klar, Herr Kollege Krell –, auch im Hinblick auf Artikel 33 Abs. 1 Grundgesetz geäußert. Dieser Grundgesetzartikel verbietet die Ungleichbehandlung nach Landeszugehörigkeit.

Europarechtlich wäre die Landeskinderregelung nur unproblematisch, wenn EU-Ausländer gebührenrechtlich genauso behandelt würden wie Rheinland-Pfälzer, was jedoch nicht der Fall ist. Das heißt konkret, der Studierende aus dem nordrhein-westfälischen Teil der Eifel

müsste in Trier ebenso Studiengebühren zahlen wie der Studierende aus Mainz-Kastel und Mainz, während der Studierende aus Luxemburg oder einem anderen EULand wohl aufgrund der zwingenden europarechtlichen Vorgaben – so sehen wir das – freigestellt werden müsste. Das zeigt die ganze Absurdität der von der Landesregierung vorgesehenen Regelung.

Nach meiner Einschätzung – das ist wohl nicht so, da geht es auch um Traum und Wirklichkeit; da träume ich wahrscheinlich, wenn ich das annehme – sollten Sie sich in letzter Minute noch von unseren Argumenten beeinflussen lassen. Es ist aber schade.

(Beifall der FDP)

Meine Damen und Herren, es gibt mehrere Ungereimtheiten, die auch schon angedeutet wurden. Jetzt hat Herr Dr. Krell das Szenario aufgemacht – es ist ein Szenario –, wir haben einen erheblichen Zustrom. Sie haben das gesagt. Wir könnten unter Umständen davon ausgehen – nehmen wir es einmal an –, wir hätten einen Zustrom von Studierenden aus anderen Bundesländern nach Rheinland-Pfalz. Wenn dies in einem gewissen Ausmaß der Fall wäre, dann würde das natürlich bedeuten, dass der Numerus clausus – das wird auch so thematisiert – angehoben werden muss. Das heißt, rheinland-pfälzische Studierende, die immer noch ein ordentliches Abitur gemacht haben, mit dem sie hätten studieren können, würden des Landes verwiesen werden.

(Beifall der FDP – Creutzmann, FDP: So ist es!)

Das ist eine Landeskinderregelung, die nicht den Interessen der Landeskinder dient. Bei diesem Szenario eben nicht.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Dazu haben Sie aber nichts gesagt!)

Ich gehe davon aus, dass Studierende nachdenken, wie man heutzutage Rheinland-Pfälzer wird. Das geht ganz flott.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Ich gehe zum Einwohnermeldeamt und melde mich an, dann bin ich Rheinland-Pfälzer geworden. Dann habe ich meinen Hauptwohnsitz in Rheinland-Pfalz. Ich möchte einmal den Studierenden sehen, der das nicht macht. Ich zahle dann keine Studiengebühren, weil ich jetzt urplötzlich Rheinland-Pfälzer bin. Dann legen Sie ein Kreditprogramm für diejenigen auf, die Studiengebühren zahlen sollen, aber die möchte ich erst einmal sehen. Wer dem auf den Leim geht, sich einen Kredit nimmt und nicht zum Einwohnermeldeamt geht, den müsste man glatt wegen Dummheit von der Hochschule verweisen.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich nehme nicht an, dass dies massenhaft der Fall sein wird. Das kann ich mir gar nicht vorstellen.

Meine Damen und Herren, wir sind fest davon überzeugt, das Landeskindermodell wird keinen Bestand haben. Es isoliert Rheinland-Pfalz. Es ist eine Insellösung.

(Beifall der FDP)

Wir wollen das nicht. Wir sind auch nicht daran interessiert, Studierende indirekt auch noch dazu zu bewegen, in den eigenen Bundesländern zu bleiben. Wenn das alle machen, wären das schöne Aussichten. Vor dem Hintergrund der angesprochenen Reform ist das für mich eine Horrorvorstellung, was die Mobilitätsbereitschaft der Studierenden anbelangt.

Es führt kein Weg daran vorbei, Studiengebühren in Rheinland-Pfalz einzuführen. Ich habe bei dem Kollegen von der CDU, Herrn Dr. Rosenbauer, aufgepasst. Ich frage Sie: Wie ist das jetzt mit der CDU? (Ramsauer, SPD: Er hat nichts gesagt!)

Wollen Sie jetzt Studiengebühren einführen oder nicht?

(Staatsminister Prof. Dr. Zöllner: Gute Frage!)

Ich habe es nicht kapiert.

(Beifall bei der FDP)

Sie sprachen am Anfang davon, dass die Hochschulen besser ausgestattet werden müssten. Da habe ich gedacht: Aha, jetzt wollen sie doch Studiengebühren. – Aber Sie haben einen Parteitagsbeschluss, der Ihnen das untersagt. Äußern Sie sich irgendwann einmal als Fraktion, oder ändern Sie Ihren Beschluss auf Ihrem nächsten Parteitag, damit wir endlich einmal Klarheit haben, was mit Ihnen eigentlich los ist.