Öffentliche Aufträge nach § 4 Abs. 1 unseres Gesetzentwurfs dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich bei der Angebotsabgabe verpflichten, ihren Beschäftigten bei der Ausführung ein Entgelt zu zahlen, das in Höhe und Modalität mindestens die Regelungen und Verpflichtungen im Arbeitnehmerentsendegesetz bzw. im Mindestarbeitsbedingungengesetz oder in einschlägigen und repräsentativen Tarifverträgen erfüllt. Meine Damen und Herren, dies umfasst nicht nur die reine Lohnhöhe, sondern selbstverständlich auch die weiteren tarifvertraglich ausgehandelten Leistungen, wie zum Beispiel das Urlaubsgeld, den Urlaub und auch die Überstundensätze.
Bisher hatten wir bei öffentlichen Vergaben – das wissen wir alle – die Situation, dass man nach dem Vergaberecht schwerlich umhinkommt, dem billigsten Bieter den Zuschlag zu erteilen. Das ist auch das Problem. Es leuchtet niemandem ein, dass Unternehmen, die ordentlich bezahlen, einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Lohndrückern haben und gerade bei durch Steuermittel finanzierten Maßnamen, die die öffentlichen Aufträge zumeist sind, außen vor bleiben müssen. Wer sonst sollte das regeln, wenn nicht wir, der Staat?
Ich muss sagen, für mich ist es enttäuschend, dass CDU und FDP im Land unserem Tariftreuegesetz die Zustimmung verweigern und sich für die Belange der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so wenig aufgeschlossen zeigen.
Herr Licht, Sie stehen für mich somit auf der Seite derer, die auch weiterhin Erosionen im Tarifvertragssystem und in einer angemessenen Entlohnung herbeiführen.
Auch wir wollen den Wettbewerb. Wir wollen einen Wettbewerb um Qualität bei der zu erbringenden Leistung und im Produkt. Aber wir wollen beileibe keinen Wettbewerb durch Dumpinglöhne zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Ich sage an die Adresse aller Kritiker dieses Gesetzes, bei einer Befragung von Unternehmen in Hamburg hal
ten über 90 % eine Tariftreueregelung für sinnvoll. 80 % sagen, ihr Unternehmen profitiere davon, und über 90 % sagen, es stünde kein unverhältnismäßig höherer Aufwand an.
Ich denke, unsere Unternehmer sind nicht schlechter als die Unternehmer in Hamburg, und sie werden das geregelt bekommen.
Ich denke, das Gesetz schützt in Rheinland-Pfalz vor Lohndumping. Es ist mit der Wirtschaftsstruktur unseres Landes und mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Rheinland-Pfalz sehr gut vereinbar.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. In der zweiten Runde wird Herr Guth noch etwas zum ÖPNV sagen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, es gibt eine große Übereinstimmung darin, dass wir alle für Tariftreue sind. Wenn Tarifverträge abgeschlossen wurden, sind wir dafür, dass sie auch eingehalten werden. Dafür sind die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer zuständig.
Wir alle sind gegen Lohndumping. Niemand in diesem Haus wird sich stark machen für Lohndumping. Stattdessen sind wir grundsätzlich für angemessene Löhne.
Aber die Zielsetzung, die in diesem Landestariftreuegesetz in Verbindung mit dem Mindestlohn steht, können wir so nicht mittragen. Die Anhörung hat dies deutlich zum Ausdruck gebracht. Herr Ministerpräsident, 80 % der Anzuhörenden haben das Landestariftreuegesetz mit dem Mindestlohn zerrissen.
Es waren die Handwerkskammern, es waren die Industrie- und Handelskammern, es war die Baugewerbeindustrie, es waren die Unternehmerverbände, und es waren die kommunalen Spitzenverbände. Ich gebe Herrn Kollegen Licht recht, es waren fast alle mit Ausnahme der Gewerkschaften. Alle waren dagegen.
Ich will noch einmal deutlich machen, dass auch meine Fraktion sittenwidrige Löhne grundsätzlich ablehnt. Ich sage dies in aller Klarheit.
Dazu gibt es auch eine klare Rechtsprechung, nämlich dann, wenn bei weitgehenden Abweichungen vom üblichen Marktlohn absolute Lohnuntergrenzen berührt werden.
Auch ich bin dafür, dass natürlich in einer Familie ein ausreichendes Einkommen erwirtschaftet werden muss. Aber wir haben auch das System der Tarifautonomie schon über Jahrzehnte erfolgreich praktiziert. Wir haben Wachstum und Wohlstand damit erreicht wie in kaum einem anderen Land.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass die Tarifpartner voll ihrer Verantwortung bewusst sind, ob es nun die Arbeitgeber oder die Arbeitnehmer sind, die dafür sorgen, dass ein vernünftiges Lohnniveau erreicht wird.
Ein Großteil der Anzuhörenden war sich im Übrigen auch darin einig, dass die heutige Rechtslage in Form des Entsendegesetzes, insbesondere natürlich im Baugewerbe, ausreicht. Anstatt eines neuen Gesetzes solle man lieber kontrollieren. Sie sprachen von einem Vollzugsdefizit.
Herr Ministerpräsident, wenn Sie natürlich jetzt ein Gesetz machen wollen mit dem Landestariftreuegesetz plus Mindestlohn, und Sie stellen es so in den Raum und wollen es gar nicht kontrollieren, dann frage ich mich natürlich nach dem Sinn und dem Hintergrund, warum Sie das überhaupt machen wollen.
Wahrscheinlich wollen Sie das machen – das ist heute Nachmittag schon einmal als Argument gefallen –, um die unbequemen Linken aus dem Landtag zu halten.
Das ist Ideologie, was Sie hier machen, nicht nur die Ideologie, die Sie anderen vorwerfen. Das ist in der Tat das, was dahintersteht.
Meine Damen und Herren, ich möchte ein paar Anmerkungen zu diesem Mindestlohn von 8,50 Euro machen. Wir haben bereits im Jahre 2007 hier über den Mindestlohn diskutiert. 2007 und 2008 lag er noch bei 7,50 Euro. Es kam ein neuer Zuruf der Gewerkschaft, jetzt 8,50 Euro. Dieser Betrag ist von keiner Kommission festgelegt worden, Herr Ministerpräsident, von niemandem. Er ist von Ihnen aufgrund eines Zurufs der Gewerkschaft festgelegt worden. In der Zwischenzeit fordern die Linken übrigens schon 12 Euro, wie ich höre.
Ist der Mindestlohn wirklich hoch genug, oder ist er zu niedrig? Das ist auch die Grundsatzfrage. Ist er mit 8,50 Euro wirklich dazu geeignet, jemanden zu ernähren oder nicht zu ernähren? Da gibt es Gegenbeispiele, die sagen, wir brauchen mindestens 12 Euro oder 12,50 Euro. Das sind alles Fragen, die von einer besonderen Brisanz sind, die uns dazu bringen, dass wir sagen, gegen eine willkürliche Festlegung eines Mindestlohns sind wir sowieso.
Was die Verbindung Mindestlohn mit Vergaberecht betrifft, so gibt es da erhebliche EU-rechtliche Bedenken. So hat Herr Professor Hanau, ein hervorragender Professor von der Universität Köln, wörtlich gesagt, ein an das Vergaberecht gekoppelter Mindestlohn nach EURecht ist äußerst problematisch und hält eigentlich einer rechtlichen Auseinandersetzung nicht stand.
Ja genau, er war von der SPD eingeladen. Mit all den Auflagen, die bei der Vergabe verbunden sind, die Herr Kollege Licht eben genannt hat, ist das mehr als bedenklich.
Ich möchte noch eines sagen. Es gibt auch andere Länder, die das Tariftreuegesetz schon haben oder vielmehr hatten. In Sachsen-Anhalt wurde es nach einem Jahr abgeschafft.