Protokoll der Sitzung vom 16.12.2010

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie gestatten mir, zum Schluss der zweitägigen Debatte über den rheinland-pfälzischen Landeshaushalt Resümee zu ziehen. Ich befürchte fast, dass wir unmittelbar vor einer historischen Fehlentscheidung stehen. Ich möchte in der Kürze der Zeit einfach noch einmal die Schlaglichter der vergangenen zwei Tage wiederholen.

Wir werden, so die SPD-Fraktion dem Regierungsentwurf zustimmt, als Parlament der Regierung eine Ermächtigung geben, im nächsten Jahr eine Nettokreditaufnahme von knapp 2 Milliarden Euro auszubringen, und das trotz 350 Millionen Euro konjunkturbedingter Steuermehreinnahmen, die im Regierungsentwurf nur teilweise veranschlagt waren und die auch nur teilweise, was die Steuerschätzung vom November angeht, Eingang finden und zur Senkung der Nettokreditaufnahme verwendet werden.

Meinen Wunsch von gestern wiederhole ich gerne noch einmal: Stimmen Sie den Anträgen der CDU-Fraktion dahin gehend zu, dass wir wirklich jeden Euro aus konjunkturbedingten Steuermehreinnahmen zur Senkung der Nettokreditaufnahme ausgeben; denn strukturelle Mehrausgaben aus konjunkturellen Mehreinnahmen zu bezahlen, ist eine Versündigung am rheinlandpfälzischen Landeshaushalt.

Das zweite Schlaglicht: Die Kommunen bekommen – wir haben es heute gehört – „weiße Salbe“: Der Entschuldungsfonds, Herr Kollege Hartloff, wie ihn sich die Mehrheitsfraktion vorstellt, ist teuer, aber er hilft den Kommunen überhaupt nicht.

(Hartloff, SPD: Das sehen die Kommunen nicht so!)

Wenn die Kommunen weiter Schulden machen müssen, um ihren Anteil am Entschuldungsfonds zu finanzieren, Herr Kollege, wenn die Kommunen weiter Schulden machen müssen, weil die Mittel, die ihnen seitens des Landes zur Verfügung gestellt werden, noch nicht einmal ausreichen, um die gesetzlich festgelegten Aufgaben zu erfüllen, dann wäre unser Wunsch, dass Sie unserem Antrag folgen und den Kommunen als Erhöhung des Verbundsatzes 85 Millionen Euro zusätzlich geben. Wir haben die gesetzliche, die verfassungsgemäße Pflicht, die Kommunen ausreichend auszustatten. Dieser Pflicht müssen wir schlicht und ergreifend nachkommen. Wir haben die erforderlichen Anträge eingebracht. Es ist an Ihnen, diesen Anträgen zuzustimmen.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Zum Thema „Haushaltsklarheit, Haushaltswahrheit“ möchte ich noch ein Schlaglicht setzen, um deutlich zu machen, wie viele Bausteine noch vor Ihnen liegen, die Sie in den Ihnen verbleibenden drei Monaten zumindest noch angehen könnten.

Ich will einfach ein Schlaglicht aus dem Bereich des Hochbaus nehmen; wir sprechen in den laufenden Beratungen auch über den Hochbauetat. Damit der Herr Ministerpräsident Kurt Beck in seiner luxussanierten Staatskanzlei keine kostendeckende Miete zahlen muss,

(Widerspruch bei der SPD – Zuruf der Abg. Frau Schmitt, SPD – Ministerpräsident Beck: Das ist unglaublich!)

macht der LBB – jetzt hören Sie mir doch einmal zu, Frau Schmitt – 7 Millionen Euro Buchverluste. Das ist einmalig, Frau Schmitt. Das ist schlicht und ergreifend einmalig. Ich weiß nicht, wie Sie das in Ihrem privaten Verantwortungsbereich handhaben, aber das Ziel jeder Sanierung ist eine Kostensenkung – damit sich zumindest die Sanierungskosten amortisieren. Andere Landesdienststellen müssen auch kostendeckende Nutzungsentgelte zahlen. Warum ausgerechnet bei der Staatskanzlei die Haushaltsansätze für den LBB im Haushaltsplanentwurf an dieser Stelle geschönt werden, ist mir ein Rätsel. Aber Kurt Beck macht es einfach – zumindest noch bis zum März 2011.

(Zurufe von der SPD)

Immerhin, liebe Kolleginnen und Kollegen, in einem Punkt sind wir uns einig: Wir verankern eine Schuldenbremse in der Verfassung. Sie erinnern sich an die Diskussion der vergangenen zwölf Monate. Die CDU hat mehr gewollt, aber einem guten Kompromiss wohnt inne, Herr Kollege Hartloff, dass alle immer ein bisschen unzufrieden sind. Was wir erreicht haben, und darauf sind wir sehr stolz: Es ist uns gelungen, alle Neben

haushalte des rheinland-pfälzischen Landeshaushaltes in diese Schuldenbremse einzubeziehen, sodass wirklich alle Schulden, für die – auch mittelbar – Zins und Tilgung aus dem rheinland-pfälzischen Landeshaushalt gezahlt werden, von der Schuldenbremse erfasst sind.

Wenn wir die vergangenen 19 Jahre SPD-Regierung Revue passieren lassen: Sie haben es in diesem Hause zu einer hohen Kunst getrieben, wenn es darum geht, Kosten und Schulden in Nebenhaushalte zu schieben.

Nun möchte ich doch noch einmal ganz dezidiert auf das hinweisen, was Herr Kollege Baldauf gestern zur mittelfristigen Finanzplanung gesagt hat. Sie stellen uns, stellen den Bürgerinnen und Bürgern, den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung dar, dass Sie bis 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen wollen. Dass dies eine Milchmädchenrechnung ist, verschweigen Sie aber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern.

Ich möchte es noch einmal in Erinnerung rufen: Sie haben an drei Stellschrauben gedreht – an drei Stellschrauben, an denen zu drehen unredlich ist.

Zum einen gehen Sie von einer absolut unrealistischen Schätzung der Steuermehreinnahmen aus. Das hat es noch nie gegeben, dass die Steuereinnahmen zehn Jahre lang in Folge jährlich um 400 Millionen Euro gestiegen sind. Das wird es auch in den nächsten zehn Jahren nicht geben.

Selbst wenn Schwarz-Gelb in Berlin noch weiter zehn Jahre eine gute Wirtschafts- und Steuerpolitik macht,

(Heiterkeit bei der SPD)

wovon Sie ausgehen können, liebe Kolleginnen und Kollegen – die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land sind nicht so dumm, wie Sie glauben, dass sie sind –,

(Zuruf von der SPD: Helau!)

selbst dann wird es nicht gelingen, zehn Jahre lang jedes Jahr 400 Millionen Euro Steuermehreinnahmen zu haben. Im Gegenteil. Sie sind, und das finde ich viel schlimmer – – –

Sie gehen, um einen ausgeglichenen Haushalt 2020 zu erreichen, sogar von Steuererhöhungen aus. Wir sollten uns in diesem Hause auch im Klaren sein, dass gerade in Zeiten, in denen die Konjunktur anzieht, aber auch in Zeiten des Abschwungs, Steuererhöhungen immer Gift sind. Lassen Sie die Finger davon. Bemühen Sie sich, Ihre Finanzplanung in den kommenden drei Monaten noch einmal dahin gehend zu überarbeiten, dass Sie die Ausgabenermächtigung, die dieses Haus Ihnen gibt, nicht nutzen und ohne diese Tricks 2020 die Schuldenbremse einhalten.

Damit komme ich zum dritten Trick, dass Sie nämlich die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes dahin gehend täuschen,

(Hartloff, SPD: Wir täuschen keine Bürgerinnen und Bürger!)

dass die 1,3 Milliarden Euro Neuverschuldung, die Sie im Jahr 2020 für den Pensionsfonds schon fest eingeplant haben, ganz normale echte Schulden sind, Gelder, die nicht über Steuern finanziert werden, sondern Ausgaben, die schlicht und ergreifend auf Pump finanziert werden. So funktioniert die Schuldenbremse nicht.

Mit Kurt Beck würde man auch in Zukunft auf Kosten kommender Generationen leben. Auf Kosten CDUgeführter Bundesländer leben wir schon.

(Frau Fink, SPD: Also bitte! Das müssen Sie gerade sagen!)

Ohne den Länderfinanzausgleich sähe dieses Land alt aus, ohne die Länder Baden-Württemberg und Hessen, die kräftig „reinbuttern“ in das, was Kurt Beck an Plänen und Vorstellungen glaubt, in diesem Land verwirklichen zu können oder zu müssen – alles auf Pump –.

(Ministerpräsident Beck: Lieber Gott im Himmel, lass es Abend werden!)

Nur mit den Anträgen der CDU-Fraktion wird ein Einstieg in eine echte Senkung der Nettokreditaufnahme geschafft. Deshalb unser Anliegen, folgen Sie unseren Anträgen, machen Sie nicht nur weniger Schulden, sondern beginnen Sie auch in den Blick zu nehmen, dass das, was Sie in den letzten Jahren und Jahrzehnten an Schulden aufgenommen habe – 8.500 Euro Schulden lasten auf den Schultern jedes einzelnen Bürgers und jeder einzelnen Bürgerin von Rheinland-Pfalz, sei es ein Baby, sei es ein Greis – Sie irgendwann werden zurückzahlen müssen.

Mit dem Konsolidierungspfad, den wir Ihnen als CDUFraktion aufzeigen, werden wir ab 2013 Kurt Becks Schulden zurückzahlen. Folgen Sie uns auf diesem Weg, nicht deshalb, weil Sie gerne sparen, sondern weil es darum geht, Spielräume zu schaffen, Spielräume für die Generation unserer Kinder, Spielräume für den demografischen Wandel und die daraus folgenden finanziellen Herausforderungen, vor allen Dingen aber auch Spielräume für all das, was in den kommenden Jahren und Jahrzehnten an unvorhergesehenen Dingen auf uns zukommt, Spielräume, die wir dringend brauchen.

Geben Sie Ihrem Herzen einen Ruck, stimmen Sie für einen nachhaltigen Haushalt, stimmen Sie für die Anträge der CDU-Fraktion.

Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Hartloff das Wort.

Herr Kollege, bevor ich das Wort weitergebe, begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ökumenischen Krankenpflegevereins aus Heßheim in der Pfalz. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Schreiner, keine Angst, ich will gar nicht auf Sie erwidern oder auf diese Wiederholungen eingehen. Ich will nur kurz sagen, wenn Sie gesehen hätten, wie herzhaft Ihr Fraktionsvorsitzender während Ihrer Rede gegähnt hat, dann war das vielleicht auch ein Ausdruck, wie diese Rede angekommen ist.

(Schweitzer, SPD: Recht hat er!)

Nein, Spaß beiseite.

(Zurufe von der CDU)

Es war doch nichts Neues. Ich will nur zwei, drei Bemerkungen machen.

(Zurufe von der CDU)

Ja. Frau Kohnle-Gros, ich gehe ganz in Sack und Asche, dass ich darauf eingegangen bin.

(Zurufe von der CDU)

Ein paar Bemerkungen. Bei aller Aufregung, die Sie da jetzt haben, ist es bemerkenswert, dass die drei Fraktionen des Landtags – dazu spreche ich einige Sätze – die sogenannte Schuldenbremse in dieser Verfassung vereinbaren. Das ist zukunftsweisend, und zwar auf allen Ebenen. Wir hatten hierzu die Föderalismusreform. Ob es der Bundestag ist oder die Länder sind, so ist die Entwicklung in eine höhere Neuverschuldung ein Problem, das uns in diesem Staat umtreibt. Das ist überhaupt keine Frage.

Die Sparbemühungen, die uns in die Haushaltsgesetze und in die Verfassungen geschrieben sind, haben leider allüberall – im Übrigen egal, wer regiert – nicht gefruchtet. Da war es in der Tat so wie mit der chinesischen Weisheit, die der Ministerpräsident gestern zitiert hat. Das war etwa so, als ob man vor einem Ochsen Zither spielen würde. Es hat nichts genützt.

Deshalb, die neuen Bemühungen, dies in der Verfassung entsprechend zu verankern, das Ziel sich zu setzen, bis 2020 Haushalte vorlegen zu können, die keine Neuverschuldung haben. Vielleicht gelingt es vorher, wenn eine gute konjunkturelle Entwicklung und eine gute Wirtschaftsentwicklung gegeben sind und wenn die Einnahmensituation stabil ist. Man ist nämlich darauf angewiesen, dass Steuern tatsächlich auch fließen und es gelingt, die notwendigen Sparbemühungen umzusetzen. Daran arbeiten wir. Daran arbeiten wir gemeinsam. Deshalb ist es ein gutes Zeichen für den Landtag, dass die hier vertretenen Fraktionen diese Schuldenbremse jetzt in der Verfassung verankern werden.

Ich unterstelle auch allen Fraktionen, dass sie sich darum bemühen, wie man das Ziel vernünftigerweise erreichen kann. Dass solche Zeiträume immer schwer planbar sind, haben wir in den letzten zwei Jahren mit Wirtschaftskrise und anderem erlebt. Da muss man immer wieder in Erinnerung rufen, dass die Einnahmen des Landes im Jahr 2011 mehr als 500 Millionen Euro unter

denen liegen, die im Jahr 2008 in diesem Land gegeben waren. Es gibt Lohn- und Gehaltssteigerungen, es gibt inflationsbedingte Mehrkosten etc., die ein Gemeinwesen zu tragen hat. Das müssen Sie mit im Kopf haben.