Protokoll der Sitzung vom 16.11.2006

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich eröffne unsere Sitzung wieder.

Wir kommen zu Punkt 9 der Tagesordnung mit dem ersten Thema:

AKTUELLE STUNDE

„Hochwasservorsorge am Rhein unter besonderer Berücksichtigung der Ab- lehnung des Polders Altrip durch einen einstimmigen Beschluss des Rhein-Pfalz-Kreises“ auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 15/424 –

Das Wort hat Herr Kollege Creutzmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion ist besorgt, dass die Hochwasserschutzmaßnahmen der Landesregierung immer mehr an Akzeptanz durch die Menschen verlieren, weil Abgeordnete der SPD-Landtagsfraktion und die SPD-Fraktion im Kreistag des Rhein-Pfalz-Kreises Planungen der Landesregierung zum Hochwasserschutz infrage stellen. So war vor ein paar Wochen in der Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ Folgendes zu lesen – ich zitiere –: „SPDLandtagsabgeordnete und Vertreter des SPDLandesarbeitskreises Umwelt sehen bezüglich des Polders Altrip/Neuhofen/Waldsee noch offene Fragen. Übereinstimmend kritisierten sie bei einem Ortstermin den versäumten Dialog zwischen Landesregierung und Betroffenen.“

Ich zitiere weiter: „Es sind viele Fragen aufgetaucht, die uns vorher nicht so bekannt waren, sagte Friederike Ebli, Hanhofen, die Mitglied des Umweltausschusses ist.“

Weiteres Zitat: „Wichtigster Punkt der ungeklärten Fragen ist nach ihrer Ansicht der Fluchtweg, der bei einem extremen Hochwasser mit einem gefluteten Polder aus der Altriper Insellage herausführen soll. Hier müsse man über Alternativen nachdenken. Die Landtagsabgeordnete Hannelore Klamm, Mutterstadt, will genauere Informationen über den Polderstandort Hördt, der nach ihrer Ansicht zumindest als Ergänzung des Altrip-Polders diskutiert werden könnte.“

(Licht, CDU: Eher nicht!)

„Und bei der Ergänzung des Hochwasserschutzes“ – immer noch Zitat aus der „Rheinpfalz“ – „in der Südpfalz führte auch Landrat Werner Schröter (SPD) an, der seine Parteifreunde begleitete, das Argument Naturschutz ist wichtig“ – so wird er zitiert –, „aber es geht hier auch um Menschenleben, so Schröter.“

„Der Vorsitzende des Umwelt-Arbeitskreises der SPDLandtagsfraktion, David Langner, versprach, die Beden

ken nach Mainz mitzunehmen. Der Dialog ist nicht optimal gelaufen.“

Die örtliche SPD hat dann das Misstrauen gegenüber dem Umweltministerium in Sachen Polderbau fortgesetzt. So beantragte die SPD-Kreistagsfraktion des Rhein-Pfalz-Kreises mit Schreiben vom 24. Oktober 2006, folgende Resolution im Kreistag zu beschließen – ich zitiere –: „Bevor weitere Schritte hinsichtlich Planung und Bau eines Polders zur Hochwasserrückhaltung in Altrip/Neuhofen/Waldsee unternommen werden, soll im Interesse der betroffenen Bevölkerung von der Landesregierung geprüft werden, ob:

1. das erforderliche Wasserrückhaltevolumen nicht bereits erreicht ist und damit die Polder in Altrip/Neuhofen/Waldsee sowie in Mechtersheim entbehrlich werden oder

2. der Standort Hördter Rheinaue nicht die bessere Alternative darstellen würde.“

Ich zitiere das alles, weil eingedenk dessen, dass ich eine Kleine Anfrage mit meiner Kollegin Uta Schellhaaß gestellt habe, in der die Landesregierung dezidiert geantwortet hat, hat die Opposition Ihnen geglaubt, Frau Ministerin, aber offensichtlich nicht Ihre Kreistagsfraktion. Die hat nämlich ihren Antrag zurückgezogen zu einem noch weitergehenden. Sie brachte gemeinsam mit der CDU einen Antrag in den Kreistag ein, der dann in der Sitzung am 30. Oktober einstimmig, also mit den Stimmen aller SPD-Kreistagsmitglieder, ohne Enthaltung und ohne Neinstimmen verabschiedet wurde. Darin wird die Landesregierung aufgefordert – ich zitiere –: „den bereits planfestgestellten Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen, gegen den drei betroffene Gemeinden und mehrere Bürger Klage eingereicht haben, vorerst zurückzustellen und beim Verwaltungsgericht zu beantragen, das Verfahren ruhen zu lassen. Ebenso soll die Landesregierung die Planungsarbeiten für den Polder in Römerberg aussetzen.“ Immer Zitat.

„Darüber hinaus fordert die SPD im Kreistag einstimmig die Landesregierung auf“ – Zitat –, „von einem unabhängigen Gutachter eine Studie erstellen zu lassen, in der alle Argumente und Daten (Auswirkungen) für und gegen die Standorte Altrip, Waldsee, Neuhofen, Römerberg auf der einen und Hördt auf der anderen Seite erarbeitet werden und erst danach eine endgültige Entscheidung über den/die Polderstandorte zu treffen.“

Bis zur Vorlage dieser Studie – so der Beschluss – sind alle weiteren Aktivitäten an den Standorten Waldsee, Altrip, Neuhofen und Römerberg zurückzustellen.

Nun kommt eine interessante Passage dieses Beschlusses, Frau Staatsministerin: „Die vergleichende Studie halten die Kreistagsmitglieder für zwingend erforderlich, um bei den Bürgern deutlich zu machen, dass die Standorte ausschließlich nach fachlichen Gesichtspunkten ausgewählt werden.“ –

Meine Damen und Herren, damit bringt die SPD des Rhein-Pfalz-Kreises klar zum Ausdruck, dass sie der Landesregierung, dem Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz, aber insbesondere der Ministe

rin nicht vertraut. Das Umweltministerium hat das Vertrauen bei der SPD vor Ort offensichtlich verspielt; denn anders kann man die vielen Misstrauensbekundungen vonseiten der SPD in den letzten Wochen gegenüber dem Polderstandort Altrip/Neuhofen/Waldsee nicht verstehen.

Meine Damen und Herren, das ist ein ernster Vorgang; denn ohne die Akzeptanz der Bevölkerung vor Ort – das weiß die Ministerin – sind Hochwasserschutzmaßnahmen nicht zu realisieren.

Wir haben – Frau Ministerin, ich sage Ihnen das – auf Ihre Beantwortung der Kleinen Anfrage diese korrekt weitergegeben und haben Ihnen auch geglaubt.

(Glocke des Präsidenten)

Ich oder meine Kollegin werden in der zweiten Runde das eine oder andere dazu noch sagen. Dies wird von Ihren eigenen Genossinnen und Genossen vor Ort infrage gestellt. Das ist ein ernster Vorgang. Quo vadis Umweltministerium?

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Hartloff.

Herr Präsident. Sehr geehrter Herr Kollege Creutzmann, es sprach – Zitat –, „auch der Fraktionsvorsitzende der FDP-Fraktion in dem entsprechenden Kreistag, der auch eine Resolution eben beantragt hat, die sich mit dem Polderbau beschäftigt und die gleichen Fragestellungen aufwirft wie die anderen Kolleginnen und Kollegen vor Ort, wie die Bürgerinnen und Bürger in Altrip und wie es besorgte Bürger natürlich machen können, wenn da Bürgerinitiativen sind, wenn Ängste da sind, die im Übrigen immer auftauchen, wenn irgendwo Hochwasserschutzmaßnahmen gemacht werden, die den Polderbau beinhalten.“

Quo vadis Landesregierung? – Hochwasserschutz ist eine der wichtigsten Aufgaben, die die Landesregierung erfüllt hat. Wir waren uns da auch einig. Da gab es eine Enquete-Kommission, die schon in der 12. Legislaturperiode tagte. Da gab es Beschlüsse darauf, nachdem wir ganz große Flutschäden hatten, nachdem in Köln, in Koblenz, in den Orten in Rheinland-Pfalz immense Schäden entstanden sind. Da hat sich das Land Rheinland-Pfalz auf den Weg aufgemacht, Polder zu bauen, weil das in den dortigen Regionen notwendig ist, um nachhaltig Hochwasserschutz zu betreiben.

Daneben gibt es andere Maßnahmen, die das begleiten. Ich nenne hier nur die „Aktion Blau“, die schon an den Ursachen ansetzt, nämlich Flussbegradigung und Bachbegradigung. Sie alle wissen, nach der Rheinbegradi

gung können sie den nicht mehr mäandrieren lassen, weil da nun einmal Kulturlandschaft und Städte sind. Im Mittelrheintal haben sie auch keine Chance, das zu machen. Deshalb bauen wir Dämme und ertüchtigen Dämme in größerem Umfang, als das Nachbarländer tun. Wenn ich Ihnen dann einmal aus der „ZEIT“ zitieren darf, die vor einiger Zeit, am 6. April 2006, unter der Rubrik „Wissen“ den schönen Artikel mit der Überschrift „Fluten bitte anderswo“ hatte, das ist halt leider von vielen die Devise. Das ist nicht die Devise der Landesregierung.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Wir gehen mit der Frage, wo man welche Polder baut, sehr verantwortlich um, und wir planen sie und beteiligen auch Bevölkerung im Vorfeld.

Es hat hier in Altrip konkret ein Planfeststellungsverfahren stattgefunden, wo mehrere Tausend Einwendungen geprüft worden sind, und es ist zu dem Planfeststellungsbeschluss gekommen, wie er festgestellt wurde. Nun sind wir ein Rechtsstaat. Dieser Planfeststellungsbeschluss ist beklagt. Das war in vielen anderen Fällen in anderen Regionen auch so. Sie sind beklagt, weil Bürgerinnen und Bürger ihre Ängste vom Gericht überprüft sehen wollen. Unsere Gerichte gehen damit verantwortlich um und schauen dann auch, dass, wenn bei der Planung Sicherheitsmängel vorhanden sein sollten, dies gutachterlich abgeklärt und gemacht wird. Das ist der ordentliche Weg.

In der Resolution, die der Kreistag jetzt beschlossen hat, steht auch, dass man an dem Polder schon 30 Jahre lang plant, und da kommt es wohl auf ein weiteres Jährchen, in dem man vorher Gutachten einholt, nicht so sehr an. Einstimmig: Waren Sie nicht da?

(Creutzmann, FDP: Doch!)

Also: Ihre Leute.

Das ist ein örtliches, regionales Interesse, das Sie mit artikulieren, auch hier. Da halten wir es für richtig, dass die Ängste in den Rechtsverfahren geprüft und ordentlich behandelt werden. Danach werden wir uns auch richten.

(Beifall der SPD)

Aber Hochwasservorsorge kann in diesem Land nicht so stattfinden, dass sich das Land immer nach den Ängsten, die vor Ort sind, richtet und das dann nicht realisiert wird, was notwendig ist, damit viele Menschen geschützt sind. Das passiert beispielsweise im hessischen Trebur. Der Polder wird dort seit Jahrzehnten nicht gebaut, weil es der örtlichen Bevölkerung dort nicht gefällt, und der notwendige Hochwasserschutz unterbleibt.

Das ist nicht Maßstab unseres Handelns in RheinlandPfalz, sondern wir nehmen die Ängste der Bevölkerung ernst. Wir setzen uns damit auseinander, das übrigens auch im Dialog. Die Ministerin war selbst vor Ort und hat mit den Menschen gesprochen. Wenn dann ein Gutachten erst einmal herausgegeben werden muss, weil wir

ein bisschen nachhelfen, dann nimmt das doch nicht weg, dass ein Gutachten vorgelegen hat.

(Glocke des Präsidenten)

Es war nicht die Ministerin, die dafür gesorgt hat, dass es nicht herausgegangen ist, sondern das waren andere.

Also: Lassen Sie uns weiter miteinander für Hochwasserschutz sorgen und auch Regionen nicht gegeneinander ausspielen, wenn es um den Hochwasserschutz in Rheinland-Pfalz geht.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Gebhart das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns einig in der Frage, dass Hochwasserschutz betrieben werden muss.