Protokoll der Sitzung vom 15.03.2007

Herr Baldauf, gestatten Sie mir, dass ich zunächst zu Ihrem letzten Punkt Position beziehe. Wenn Sie nun von Frau Ministerin Conrad dezidierte Vorgaben verlangen, frage ich Sie: Wo steht die auch von mir sehr geschätzte Frau Merkel momentan? – Sie hat Verhandlungen geführt und hat dreimal Reduktionsziele von 20 % bis zum Jahr 2020 vereinbart. Sie hat aber noch von keinem einzigen Land dezidierte Zusagen. Sie befindet sich derzeit auf Verhandlungsebene.

Aber wir in Rheinland-Pfalz sind schon ein gutes Stück weiter. Wir haben eine gute Vorarbeit geleistet. Wir haben schon Verbesserungen auf diesem Sektor erreicht. Wir haben erneuerbare Energien und haben uns auch in dem Bereich der von Herrn Dr. Gebhart sehr geschätzten Geothermie ein großes Stück weit nach vorn bewegt.

Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Bitte verlangen Sie nicht an dieser Stelle dezidierte Zahlen. Das wäre an der Sache vorbei.

Zum Klimaschutz möchte ich sagen, ich wundere mich etwas über die gesamte Diskussion. 1968 hat der Club of Rome schon auf diese Problematik hingewiesen. In all den Jahren dümpelte das ganze Thema so dahin.

Es wurde von uns in Rheinland-Pfalz, aber auch in anderen Bundesländern aufgegriffen. Wie ich schon gesagt habe, haben wir in diesem Bereich schon eine Vielzahl an Hausaufgaben gemacht.

Auf einmal wird das Thema „Klimaschutz“ derart zu diesem Megathema hochstilisiert, als würde die Erde morgen zusammenbrechen, als wäre die CO2-Erhöhung erst gestern aufgetreten.

Ich möchte Ihnen sagen, warum dies so ist. Man ist das Thema geschickter angegangen. Man ist das Thema von wirtschaftspolitsicher Seite angegangen. Jetzt hat man auf die Chancen und Möglichkeiten hingewiesen, die die Industrie bei der Reduzierung und bei der Anwendung neuer Technologien hat. Da ist insgesamt ein völlig neuer Tenor entstanden, der dieses Thema offensiv aufgreift und offensiv aufarbeitet.

Ich bin dankbar, dass es so weit gekommen ist. Sie dürfen aber nicht vergessen, das Thema war immer da. Der Klimawandel ist sukzessive eingetreten. Es ist kein Thema von gestern und vorgestern.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, in Bezug auf die Atomenergie möchte ich noch einmal unterstreichen, dass man sich bei der ganzen Atomdiskussion immer nur einzelne Punkte herauspickt, die man beleuchten möchte.

Uran ist eine endliche, eine fossile Energie. Uran hat eine Abstrahlung auch bei den Abraumpartikeln, die man nicht unterschätzen darf. Ich denke, wir sind es unseren Kindern schuldig, dass wir Ihnen nicht eine verstrahlte Erde übergeben.

(Eymael, FDP: Oje! Das will doch kein Mensch!)

Nein? Ich weiß nicht, wieso Sie die Sicherheit der deutschen Atomkraftwerke jetzt zum Beispiel noch höher stellen als die Sicherheit der schwedischen Atomkraftwerke. Ich habe hier einen Ausschnitt aus der Zeitschrift „Neue Energie“, die bestimmt nicht verdächtig ist, grün zu sein. Dort ist eine ganze Aufzählung von Störfällen in schwedischen Kraftwerken enthalten.

Das sind alles Dinge, die man lapidar negiert, so, wie man es damals mit dem CO2-Ausstoß gemacht hat. CO2 war immer da. Fossile Energien sind im Zeitraffer praktisch in den Kreislauf gebracht worden. Das ist heute unser Problem. Dasselbe würden wir mit Uran machen.

Meine Damen und Herren, ich bin froh, dass es zu dieser Debatte gekommen ist. Wir haben diese Diskussion zu Zeiten, als die Grünen noch im Landtag waren, immer sehr offensiv aufgenommen und hatten mit der damaligen und heutigen Umweltministerin eine sehr gute Partnerin, die uns auf diesem Weg begleitet hat. Ich denke, sie trägt einen großen Beitrag dazu bei, dass wir in Rheinland-Pfalz eine sehr gute Ausgangsposition haben, auch um in dieser Kampagne ein effizientes Bundesland zu werden.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Schreiner das Wort.

Herr Ministerpräsident, Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal gemeldet, weil ich den Vorwurf, ich hätte mich populistisch verhalten, so nicht stehen lassen möchte.

Wenn Sie die Diskussionen in Mainz verfolgen, dann wissen Sie auch, dass das Verhältnis zwischen Befürwortern und Gegnern eines Steinkohlekraftwerks sehr ausgeglichen ist. Wenn ich mich manchmal einer Demonstration von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtwerke gegenübersehe, so habe ich nicht den Eindruck, dass ich eine populistische Position vertrete, sondern im Gegenteil, eine sehr umstrittene.

Es ist mir auch als Mainzer Abgeordneter wichtig, diese energiewirtschaftlichen Fragen, die uns bundesweit bewegen, vor Ort, also dort, wo es konkret wird, zu diskutieren.

Ich bitte Sie, einfach zur Kenntnis zu nehmen, im Kern geht es mir bei diesen ganzen Fragen um dreierlei: Es geht mir zugegebenermaßen auch um das Stadtbild, was das schwächste Argument ist. Ich habe Probleme damit, mir an der Schnittstelle der beiden Kultur- und Landeshauptstädte Mainz und Wiesbaden einen solchen Kasten vorzustellen.

Es geht mir vor allen Dingen aber um zwei Punkte, nämlich um Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz. Herr Kollege Baldauf hat es angesprochen, damit sich diese Steinkohlekraftwerke rechnen, müssen sie über Generationen hinweg, über 40 bis 50 Jahre laufen. Ich habe einfach große Zweifel, ob es uns gelingen wird, dies über die langen Zeiträume zu refinanzieren.

Einer der Großen, also RWE oder E.ON, kann so etwas vielleicht wegstecken, aber bei einer kommunalen Tochter, wie es die KMW ist, habe ich meine Zweifel.

Die Zweifel werden größer, wenn ich mir anschaue, dass die großen Vier keine 40 Kilometer von hier entfernt Steinkohlekraftwerke für das gleiche Geld bauen, die aber statt 800 Megawatt Leistung 1.100 Megawatt Leistung haben. Das heißt, die Refinanzierung wird für die Mainzer Firma immer schwieriger.

An dieser Stelle sei mir eines gestattet: Ich muss auch ganz offen und ehrlich hinzufügen, dass meine Zweifel, was die Rentabilitätsberechnungen des Mainzer Kraftwerkes angehen, dadurch gestärkt worden sind, dass Ihr Parteifreund Detlev Höhne glaubt, es nötig zu haben, im Mainzer Stadtrat die Parteien anzulügen. Er hat uns gezielt falsch informiert. Er hat uns gezielt in der Stadtratsitzung verheimlicht, dass das Kraftwerk jetzt

300 Millionen Euro teurer geworden ist. Es macht einem alles wirklich Sorge.

Der dritte Aspekt ist der des Umweltschutzes, der uns zugegebenermaßen in Mainz erst recht Sorgen macht. Sie haben angesprochen, welche Ideen es im Bereich der Forschung gibt, um zum Beispiel diesem CO2Thema Herr zu werden.

Sie haben von dem Modellvorhaben in den neuen Bundesländern gesprochen, bei dem CO2 in die Erde verpresst werden soll. Das sind gute und richtige Ansätze. Man muss aber dabei die Relation bewahren. Es geht um 60.000 Tonnen CO2. Das produziert das Mainzer Steinkohlekraftwerk an einem Wochenende.

Es ist dann schon die Frage, wohin man die 4 Millionen Tonnen CO2 hinbringen will und wie man sie dorthin pumpen möchte. Das sind sehr viele Fragezeichen, die bei allen Überlegungen, die notwendig wären, wie man das vernünftig gestalten kann, noch bestehen.

Ehrlich gesagt halte ich es dann auch mit dem, was unser Generalvikar auch unserem CDU-Kreisparteitag gesagt hat: Diese Fragen sind letztendlich auch Fragen der Gerechtigkeit.

Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, ob wir kommenden Generationen die Luft zum Atmen nehmen. Herr Kollege Baldauf hat es angesprochen, es ist auch eine Frage der Gerechtigkeit, ob es uns egal ist, dass in Steinkohlekraftwerken in China jährlich 5.000 Menschen ertrinken, ja oder nein.

Das ist ein Riesenthema, das wir angeschnitten haben. Es ist bestimmt nicht das letzte Mal, dass wir heute darüber diskutieren. Herr Ministerpräsident, es geht mir nur darum, ich glaube, dass wir uns alle miteinander keinen Gefallen tun, wenn wir die Position derjenigen, die aus Überzeugung für das Kraftwerk sind, und die Position derjenigen, die aus Überzeugung gegen das Kraftwerk sind, wechselseitig als Populismus diskreditieren.

Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr der Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf. Herzlich willkommen im rheinlandpfälzischen Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe nun den dritten Teil der

AKTUELLEN STUNDE

„Auswirkungen der neuen Bleiberechtsregelung auf Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 15/886 –

Ich erteile Herrn Kollegen Noss das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach langwierigen und langjährigen Verhandlungen haben es die Innenministerkonferenz der Länder und die Fraktionen des Deutschen Bundestages endlich geschafft, eine Lösung für die Bleiberechtsregelung vorzulegen.

Trotz einiger Saltos der unionsregierten Bundesländer hat man sich – basierend auf dem Beschluss der Innenministerkonferenz vom 17. November des vergangenen Jahres – auf eine Bleiberechtsregelung verständigt. Diese bietet etwa 180.000 in Deutschland geduldeten Ausländern, von denen etwa 60.000 die Voraussetzungen der Regelung erfüllen, eine neue Perspektive für eine sichere Zukunft.

Ihre täglich wiederkehrende Angst vor Ausweisung, vor Abschiebung mit ihren wenig erfreulichen Begleiterscheinungen für die Betroffenen hat für sie ein Ende gefunden.

Die Angst der Kinder, die hier geboren sind, die hier ihren Freundeskreis haben, die die deutsche Sprache beherrschen, eventuell nicht ihre eigentliche Muttersprache, die in einem fremden Kulturkreis und in einem fremden Lebensumfeld weiterleben sollen, hat ein Ende gefunden.

(Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wort hat Herr Abgeordneter Noss. Ich bitte um etwas mehr Ruhe, damit die Ausführungen von Herrn Abgeordneten Noss auch verstanden werden können.

Danke schön, Herr Präsident.

Trotz einiger Zugeständnisse, die wir an die Union machen mussten, hat die jetzige Regelung ganz klar eine sozialdemokratische Handschrift. Herr Minister Bruch, ich möchte Ihnen und der Landesregierung dafür danken, dass Sie bei diesen Diskussionen die Richtung beibehalten haben und eine äußerst positive Rolle bei den Ergebnissen der Verhandlungen gespielt haben.