Insofern ist dieser Befund noch nichts Besonderes. Die Hauptschule ist jedenfalls besser als ihr Ruf, und nicht jeder mit einem schlechten Ruf kann das von sich behaupten, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir wissen doch – darin liegen wir doch überhaupt nicht auseinander –, dass die Beschädigung des Rufs der Hauptschule Folge einer Spirale sich selbst erfüllender Prophezeiungen ist: Zuerst ist die Hauptschule schlechtgeredet worden, dann stellen wir als Folge dieses Schlechtredens fest, dass immer weniger Schülerinnen und Schüler für die Hauptschule angemeldet werden,
und das wiederum nehmen wir dann messerscharf als Beweis für das Schlechtreden auf, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich werfe Ihnen das nicht vor, und ich werfe es auch der Landesregierung nicht vor. Es ist aber doch so gewesen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns doch einmal aus den Gräben herauskommen und gemeinsam überlegen, was wir für die 43.000 jungen Menschen tun können, die sich dem Hauptschulsystem anvertraut haben!
Unsere Aufgabe ist es doch nicht, Verbandsinteressen wahrzunehmen. Unsere Aufgabe ist es doch nicht, in erster Linie über Organisations- und Strukturfragen nachzudenken, sondern unsere Aufgabe ist es, alles dafür zu tun, dass diese 43.000 Kinder und Jugendlichen eine gute Zukunft in diesem Land haben.
Wie müssen sich denn diese jungen Menschen fühlen, die jeden Morgen in die Hauptschule mit ihren berechtigten Erwartungen und Hoffnungen gehen, wenn wir es
Wenn wir diesen jungen Menschen aber helfen wollen, sollten wir uns darauf verständigen, dass es um inhaltliche Fragen geht, um inhaltliche Fragen eines eigenständigen Bildungsangebotes für diese jungen Menschen. (Beifall bei der CDU)
Dann sollten wir – bitte schön – nicht so tun, wie dies viele tun, als könnten wir mit Statistiken und Strukturfragen die Inhaltsfragen klären. Das wird nicht funktionieren, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir sollten dem einen oder anderen Bildungsplaner, dem einen oder anderen Gutachter und Experten auch einmal sagen, dass ein Bildungsgang keine Fertigungsstrecke ist
und eine Schülerin und ein Schüler, ein junger Mensch kein Werkstück ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Ministerpräsident Beck: Sehr richtig!)
In dieser Einschätzung liegen wir in diesem Haus gar nicht weit auseinander. Deshalb braucht man auch gar nicht so allergisch zu reagieren, wenn an der einen oder anderen Stelle Schwachstellen diagnostiziert werden. Lassen Sie uns doch, unserer Pflicht nachkommend, gemeinsam versuchen, diese Schwachstellen auszumerzen! Lassen Sie uns doch die Hauptschulen in diesem Land für den Hauptschulbildungsgang so ausstatten, dass sie ihre Arbeit optimal erledigen können. Das können sie eben nicht überall in diesem Land. Das steht auch völlig außer Frage.
Wenn wir die inhaltliche Frage in den Vordergrund stellen, steht im Mittelpunkt dieser Frage der junge Mensch, der sich auf uns und unsere bildungspolitischen Entscheidungen verlässt und verlassen können muss. Dann steht weiterhin im Mittelpunkt dieser inhaltlichen Frage die dringende Notwendigkeit einer Individualisierung des Unterrichts und der Förderung im Unterricht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich denke, auch dieser Punkt ist zwischen uns völlig unstrittig.
Wenn wir uns jenseits der üblichen politischen Spiegelfechtereien schon einmal darauf verständigen könnten, dann würden wir den jungen Menschen in diesem Land schon einen großen Dienst erweisen, und dann wären wir sehr schnell auch mit der notwendigen Einsichtsfähigkeit der Landesregierung bei den Lösungen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Weiland, zum Ende Ihrer Rede hin habe ich doch wieder Mut geschöpft, dass es in diesem Haus in der Tat gelingen könnte, den Schülerinnen und Schülern im System Hauptschule und in den Bildungsgängen der Hauptschule sowie den Lehrerinnen und Lehrern dort eine Unterstützung zu gewähren. Dies war aber nicht der Fall in den letzten Tagen, als Ihr Kollege Dr. Gebhart meinte, in der „Rheinpfalz“ einen Vorstoß zur Schulreform machen zu müssen. Man hat es in der Tat nicht gedacht, als er das getan hat, was Sie soeben selbst herb kritisiert haben, nämlich eine Schulform schlechtzureden. Ich glaube, Sie müssen intern ein wenig Ihre Diskussion sortieren und intern klarmachen, wohin Sie eigentlich wollen, und nicht jeden so singen lassen, wie es ihm gerade aus dem Schnabel heraustönt.
Ich glaube, Sie haben einen wichtigen Punkt erwähnt, über den wir uns vielleicht vereinbaren sollten und der etwas mit der Zukunft dieser Jugendlichen zu tun hat. Wenn wir darüber reden, dass diese Jugendlichen Probleme am Ende ihrer Schulzeit haben, sollten wir alle Botschafter für diesen Bildungsgang und für diesen Abschluss sein. Dann sollte es jeder von uns, wenn er es mit Arbeitgebern zu tun hat, verstehen, diesen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern etwas über die Qualität dieser Ausbildung zu erzählen. Jeder sollte wissen, was den Jugendlichen in einem Hauptschulbildungsgang tatsächlich an Arbeitsorientierung angeboten wird und sollte dies den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern auch einmal sagen.
Selbst wenn wir es schaffen würden, 100 % unserer Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz mit einem Abitur in die Berufswelt zu schicken, so würden immer noch unendlich viele Ausbildungsplätze fehlen. Es sind nämlich einfach weniger Ausbildungsplätze als Jugendliche da, die solche wollen. Da muss man sehen, dass es nicht nur am Bildungsabschluss, sondern auch an der Quantität der Angebote liegt. Also werden wir doch alle
einmal Botschafter für einen Bildungsgang, der Arbeitsorientierung auf die Fahnen geschrieben hat und auch vermittelt.
Einigen wir uns alle 101 doch einmal darauf, Werbung dafür zu machen, dass Ausbildungsplätze an Hauptschülerinnen und Hauptschüler, die ihren Abschluss geschafft haben, weitergegeben werden. Herr Kollege Weiland, versuchen wir doch das, was Sie zu Recht gebrandmarkt haben, und hoffen zu beherzigen, dass wir 101 es nicht sind, die diesen Bildungsgang schlechtreden. Werden wir Botschafter dafür, diesen Bildungsgang endlich einmal gutzureden und die Qualitäten, die diese Jugendlichen mitbringen, auch gutzureden und nicht in dieses Lied einzustimmen, angeblich können sie alle nicht lesen, rechnen und schreiben. Sie können es nämlich.
Frau Kollegin Brede-Hoffmann, es ist schade, dass Sie die gute sachliche Diskussion, die wir zu diesem Thema hatten, durch einen Angriff auf Herrn Kollegen Gebhart wieder konterkarieren.
Es geht nicht um das Zitieren. Das, was er gesagt hat, ist ein dankenswerter Beitrag zu der Diskussion, die momentan in der Öffentlichkeit geführt wird. Frau Kollegin, ich weiß nicht, ob Sie das schon wahrgenommen haben.
Wir sollten uns nicht in folgende Situation begeben – wir jedenfalls in der CDU tun das nicht –, wie man so schön sagt: Der Irrende ersetzt oft durch klare Positionen das, was ihm an Einsicht fehlt. –
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beteiligen uns an der öffentlichen Diskussion. Ob es uns gelingt – das gehört auch zur Offenheit der Diskussion –, jeden Hauptschulstandort im Land zu erhalten, steht doch im Augenblick noch völlig in Frage. Wenn sich dann ein Kollege aus seiner regionalen Sicht an dieser Diskussion beteiligt, was ist denn daran auszusetzen? Das ist doch nicht mehr als recht und billig.
(Beifall bei der CDU – Fuhr, SPD: Wenn man uns im Plenum vor- wirft, wir hätten das schon in der Schub- lade! Wissen Sie noch, was Sie im letzten Plenum gesagt haben?)
Herr Fuhr, ich weiß das noch im Unterschied zu manchem anderen. Herr Fuhr, wenn wir über Individualisierung des Unterrichts reden, dann werden wir innerhalb kurzer Zeit nicht daran vorbeikommen – jedenfalls gehe ich davon aus –, auch über die Individualisierung einzelner Schulen zu reden. Ich möchte Ihnen sagen, was ich damit meine.
Wir werden dann nicht daran vorbeikommen, standortspezifische Profilbildungen für einzelne Schulstandorte zu definieren.
Frau Ahnen, wenn Sie das alles schon gemacht haben, dann frage ich mich, warum sich überhaupt noch irgendein Lehrer in diesem Land beschwert. Der ist Ihnen wahrscheinlich dann noch nicht begegnet.