Meine Damen und Herren, Herr Kollege Pörksen hatte sich noch für eine Frage zu Wort gemeldet. Meinen Sie, wir sollen diese Frage noch zulassen?
Herr Staatsminister, landauf und landab wird insbesondere von CDU-Vertretern beklagt, dass das LEP IV nicht als Gesetz, sondern als Verordnung erlassen werden soll. Können Sie einmal die Ursache dafür nennen?
Die Ursache liegt im Bundesplanungsrecht und im Landesplanungsgesetz. Seit 1968 gibt es das Landesentwicklungsprogramm. Das ist schon immer in diese Richtung verändert worden. Das ist also nichts Neues und auch keine Erfindung dieser Regierung.
Herr Minister, können Sie uns noch einmal darstellen, welche Vorteile bei der Förderung damit verbunden sind, wenn man als kooperierendes Mittelzentrum ausgewiesen wird?
Herr Abgeordneter Bracht, Sie wissen, dass es viele Wünsche gab, Mittelzentren neu einzurichten. Wir standen vor der Frage, ob wir alle bisherigen Mittelzentren daraufhin überprüfen, ob sie alle ihre Aufgabe erfüllen. Man muss fairerweise sagen, dass nicht alle ihre Aufgaben nach den Vorstellungen von einem Mittelzentrum in den 70er- und 80er-Jahren voll erfüllen, aber sie erfüllen sie zum Teil. Deshalb kamen wir zu der Meinung, wir müssen kooperierende Mittelzentren haben, damit sich das in einer bestimmten Region ergänzt. Wir reden zum Beispiel konkret im Bereich Konz/Schweich über diese Frage.
Der Vorteil liegt darin, dass die Gemeinden bestimmte Entwicklungen initiieren können, weil sie als Mittelzentrum einen anderen Status in der Landesplanung haben. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie sich Aufgaben teilen können.
Der dritte Vorteil liegt darin, dass sie ein bisschen mehr Geld bekommen. Ich habe einmal ausgerechnet, was das bei meiner Gemeinde, der Stadt Nastätten, ausmachen würde gegenüber der Gemeinde Sankt Goarshausen, wenn es jetzt ein Kooperationsgebot geben soll. Die Stadt Nastätten würde immerhin die immense Summe von 26.000 Euro über den kommunalen Finanzausgleich zusätzlich bekommen. Das bringt sie wahrscheinlich in unglaubliche Höhen. Die andere Gemeinde würde 16.000 Euro verlieren. Finanziell ist das also nicht die erste Frage.
Es geht dabei im Grunde genommen um zwei Punkte. Der erste Punkt ist der Imagegewinn als Mittelzentrum. Im Moment bin ich mit dem Herrn Kollegen Schmied aus Asbach in dieser Frage in Kontakt. Der andere Punkt ist, dass man dadurch seine Gemeinde weiterentwickeln kann, weil es eine bestimmte Hürde zum Beispiel bei der Ansiedlung von großen Betrieben, bei der Ausweisung von Gewerbeflächen, bei der Ausweisung von Wohngebieten usw. gibt. Sie wissen das alles, aber ich sage es trotzdem.
Herr Minister, wenn jetzt die Stellungnahmen der Gemeinden vorliegen, wie wird mit dem Entwurf weiter umgegangen?
Der Entwurf wird dann bei uns weiter beraten. Anschließend wird er entsprechend bewertet. Die Ressorts müssen dazu Stellung nehmen. Das ist keine Sache des Innenministeriums allein, sondern daran sind alle Ressorts beteiligt. Dann werden wir in das parlamentarische Verfahren gehen. Der Innenausschuss und die Ausschüsse, die sich damit beschäftigen wollen, werden den Entwurf beraten. Am Schluss werden wir, auch wenn es eine Verordnung ist, das Landesentwicklungsprogramm im Parlament vorstellen und sein Votum einholen.
Her Minister, ich möchte noch einmal nachfragen. Darf ich der Antwort auf meine vorhergehende Frage entnehmen, dass Sie nicht gewillt sind, die Mittel für kooperierende Mittelzentren aufzustocken?
Wir bewegen uns im kommunalen Finanzausgleich. Damit ist die Sache erklärt. All das, was ich verteile, liegt in den kommunizierenden Röhren.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Nicole Morsblech (FDP), Vorschläge für ein Kinderbetreuungsmodell durch die Deutsche Bischofskonferenz – Nummer 3 der Drucksache 15/1030 – betreffend, auf.
1. Teilt die Landesregierung die Forderung der Deutschen Bischofskonferenz, durch eine finanzielle Gleichstellung aller Formen der Kinderbetreuung und -erziehung den Familien eine echte Wahlfreiheit zu ermöglichen?
2. Durch welche Maßnahmen – beispielsweise Betreuungsgutscheine – will die Landesregierung künftig sicherstellen, dass Eltern die Entscheidung, ob sie sich für eine institutionalisierte oder betriebliche Kinderbetreuung bzw. eine private Tagespflege entscheiden oder aber ihre Kinder selbst erziehen möchten, nicht von finanziellen Günstigkeitserwägungen abhängig machen?
3. Durch welche Maßnahmen will die Landesregierung gewährleisten, dass junge Familien, die auf Betreu
ungsangebote angewiesen sind, ein auf ihre individuellen Bedürfnisse Rücksicht nehmendes Angebot finden, ohne weite Wege oder unflexible Betreuungszeiten in Kauf nehmen zu müssen?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:
Die Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz hat eine sehr differenzierte Stellungnahme zum Ausbau des Betreuungsangebots für Kinder unter drei Jahren abgegeben. Sie hat ausdrücklich formuliert, dass ein Ausbau der Plätze für frühkindliche Betreuung und Erziehung erforderlich ist. Sie legt Wert darauf, dass Eltern eine echte Wahlmöglichkeit haben und „nicht nur Anreize für ein Betreuungsmodell“ gesetzt werden. Sie spricht sich für eine sorgfältige Prüfung der Finanzierung und gegen einen Abbau anderer familienbezogener Leistungen aus.
Die Landesregierung anerkennt die Differenziertheit der Argumentation und das darin zum Ausdruck kommende Eintreten für Familien und Kinder.
Zu Frage 1: Die Forderung, „durch eine finanzielle Gleichstellung aller Formen der Kinderbetreuung und -erziehung den Familien eine echte Wahlfreiheit zu ermöglichen“, findet sich in der Form nicht in dem der Landesregierung vorliegenden offiziellen Pressetext. Die seitens der Bischofskonferenz vorgetragene Forderung nach Wahlfreiheit findet die Unterstützung der Landesregierung. Damit Eltern tatsächlich frei entscheiden können, bedarf es aus Sicht der Landesregierung erheblicher Anstrengungen.
Die in dieser Woche erschienene Bertelsmann-Studie zur „Vereinbarkeit von Familie und Beruf im internationalen Vergleich“ zeigt, dass Deutschland bei den nicht realisierten Erwerbswünschen von jungen Müttern einen Spitzenplatz einnimmt. Jede zweite Mutter von Kindern unter zwölf Jahren ist nicht erwerbstätig, aber nur jede 16. Mutter möchte das auch so.
Gleichzeitig wenden die öffentlichen Haushalte in Deutschland 3 % des Bruttoinlandsprodukts für die Familienförderung auf, davon 70 % für Geldleistungen und Steuervorteile und 30 % für Dienstleistungen wie Kindertageseinrichtungen. In Dänemark beispielsweise ist das Verhältnis bei vergleichbarem Ausgabenniveau genau andersherum. Beides zusammen zeigt für mich Nachholbedarf beim Ausbau der Betreuungsinfrastruktur. Hierbei bedarf es einer besonderen Schwerpunktsetzung, insbesondere um die Wirkung des Elterngeldes zu unterstützen. Wir brauchen eine bessere Infrastruktur für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren mit den
unterschiedlichen Angeboten von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege. Hierzu hat die Landesregierung mit dem Programm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ einen wesentlichen bundesweit beachteten Vorstoß unternommen.
Eine gute Unterstützung von Familien lässt sich nach Auffassung der Landesregierung nur durch einen Mix von Familienförderung über das Steuertransfersystem einerseits und öffentlichen Betreuungsangeboten andererseits fördern. Einen aktuellen Nachsteuerungsbedarf sehen wir – beispielsweise auch in Überstimmung mit den Expertinnen und Experten des Siebten Familienberichts – vor allem beim Betreuungsangebot.
Lassen Sie mich noch weitere Aspekte ergänzen. Echte Wahlfreiheit von Familien entscheidet sich nicht nur an der Frage von familienunterstützenden Finanz- und Betreuungsleistungen. Echte Wahlfreiheit in der Gestaltung der Elternverantwortung zu erreichen geht aus meiner Sicht mit weiteren Herausforderungen einher.
Noch immer ist es so, dass die Einkommen von Frauen gegenüber den Einkommen von Männern durchschnittlich niedriger sind, sodass eine partnerschaftliche Gestaltung der Elternzeit an Grenzen stößt. Gefordert ist auch die Wirtschaft bei familienfreundlichen Beurlaubungsregelungen und der flexiblen Handhabung von Arbeitszeiten und Teilzeitmodellen.
Ferner gilt es, an der Chancengleichheit zu arbeiten, auch für Kinder aus sogenannten bildungsfernen Schichten. Das heißt, öffentliche Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern schließt neben dem betreuungspolitischen Aspekt stets „Bildung von Anfang an“ mit ein.
Zu Frage 2: Es ist das Recht der Eltern zu entscheiden, welche Betreuungs- und Bildungsangebote sie zur Unterstützung und Ergänzung ihrer Elternverantwortung wählen. Gerechtigkeit heißt wahrzunehmen, dass Kinder und Eltern in unterschiedlicher Weise Unterstützung und Förderung wünschen und bedürfen.
Die Landesregierung setzt einen Schwerpunkt darauf, öffentliche Mittel für Betreuungsangebote und deren qualitative Weiterentwicklung aufzuwenden, die zugleich für Kinder wertvolle Bildungsangebote darstellen. Der gesetzliche Rechtsanspruch auf einen Platz gibt den Eltern Sicherheit und schafft gesicherte Entscheidungsgrundlagen.
Im Rahmen des Landesprogramms „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ wird die qualitative Weiterentwicklung der Kindertagesstätten unterstützt, sei es in der Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher, sei es durch den Ausbau der Sprachförderung. Zugleich erfährt die Qualifizierung von Kindertagespflege eine finanzielle Förderung.
Mit dem Ausbau der Kindertagesstätten und deren qualitativer Weiterentwicklung wie mit dem Ziel der vollständigen Beitragsfreiheit des Kindergartens setzt sich die Landesregierung dafür ein, dass Eltern ein qualitativ hochstehendes und differenziertes Angebot erhalten, für das sie sich frei entscheiden können, und zwar unabhängig von ihrer Finanzkraft.
Mit Blick auf die bildungspolitischen Herausforderungen an unsere Gesellschaft ist es zugleich unsere Aufgabe, bei Eltern im Interesse ihrer Kinder für den Besuch des Kindergartens als Chance für die frühe Bildung der Kinder zu werben. Der weitere Ausbau wird durch die vielen Träger im Land, darunter auch sehr viele kirchliche Träger, gestützt. Unsere Finanzierungssysteme sind darauf ausgerichtet, diese Trägerpluralität zu sichern. Dies wird auch in der Zukunft eine entscheidende Messlatte bleiben.
Zu Frage 3: Sowohl das SGB VIII (§ 24 Abs. 2) als auch das Kindertagesstättengesetz für Rheinland-Pfalz fordern für Kinder außerhalb des Rechtsanspruchs, dass ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege vorzuhalten ist. Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (§ 22 Abs. 2 Nr. 3).
Das Jugendamt gewährleistet, dass in seinem Bezirk die nach den Bestimmungen der §§ 5 bis 7 erforderlichen Kindertagesstätten zur Verfügung stehen. Die Öffnungszeiten der Kindertagesstätten sind vom Träger unter Berücksichtigung des Wohls der Kinder festzulegen. Den Bedürfnissen insbesondere erwerbstätiger Eltern ist nach Möglichkeit Rechnung zu tragen (§ 4 Kindertages- stättengesetz).
Um Eltern tatsächlich ein zuverlässiges Angebot zukommen zu lassen, hat Rheinland-Pfalz den Rechtsanspruch ab dem zweiten Lebensjahr ab dem Jahr 2010 verankert. Dieser Rechtsanspruch ist als wohnortnahes Kindergartenangebot verankert.
Frau Ministerin, habe ich Sie richtig verstanden, dass die Landesregierung mittelfristig nur den Kindergartenplatz als Betreuungsangebot kostenfrei stellen will und die anderen Möglichkeiten von Betreuungsangeboten dabei außen vor lassen möchte?
„Mittelfristig nur“ ist wirklich eine sehr bemerkenswerte Formulierung, Frau Abgeordnete Morsblech. Ihnen sollte bekannt sein, dass kein Land der Bundesrepublik Deutschland so weitgehende Vorstellungen wie das Land Rheinland-Pfalz hat.