Protokoll der Sitzung vom 26.04.2007

Frau Abgeordnete Kohnle-Gros hat eine zweite Zusatzfrage.

Bei solchen Vorfällen – ob in Deutschland oder im Ausland – macht immer Sorgen, dass es – ich will gar nicht den verniedlichenden Begriff „Trittbrettfahrer“ nehmen – Nachahmer gibt. Gibt es schon Erfahrungen, ob so etwas auch in diesem Fall wieder passiert?

Wir haben in Rheinland-Pfalz ca. 30 vermeintliche Amoklagen gehabt.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: 30?)

30.

Weitere Fragen sind nicht gestellt. Herzlichen Dank.

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Jeanette Wopperer und Heinz-Hermann Schnabel (CDU) , Entwurf des Landesentwicklungsprogramms Rheinland-Pfalz (LEP IV) – Nummer 2 der Drucksache 15/1030 – betreffend, auf. Wer trägt vor? – Frau Wopperer, bitte schön.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Nach welchen Kriterien wurden die im Entwurf des Landesentwicklungsprogramms IV enthaltenen Mittelzentren ausgewiesen?

2. Welche neuen Kooperationen hat die Landesregierung im Auge?

3. Welche Auswirkungen hat es auf die betroffenen Kommunen, wenn sie das Kooperationsgebot nicht umsetzen können?

4. Wie sieht die Landesregierung die Perspektiven des ländlichen Raums angesichts der Tatsache, dass sich nur noch die Gemeinden entwickeln dürfen, die eine „positive Bevölkerungsprognose“ und die Anbindung an einen Haltepunkt des Rheinland-PfalzTaktes vorweisen können?

Danke schön. – Bevor wir zur Beantwortung der Mündlichen Anfrage kommen, begrüße ich Gäste, zum einen Seniorinnen und Senioren der DRK-Gymnastikgruppe aus Nieder-Olm. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ganz besonders begrüße ich Herrn Christoph Speyer aus Simmern mit seinem Lehrer, Herrn Schön, die bei der Wanderausstellung des Landtags in Simmern den 1. Preis gewonnen haben. Seien Sie herzlich willkommen! Wir freuen uns, dass Sie da sind.

(Beifall im Hause)

Herr Innenminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Jeanette Wopperer und Heinz-Hermann Schnabel zum Entwurf des Landesentwicklungsprogramms Rheinland-Pfalz beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1: Die Landesregierung hat grundsätzlich darauf verzichtet, einen gegenüber den vorausgegangenen Landesentwicklungsprogrammen neuen Kriterienkatalog festzulegen, um damit das bestehende umfassende Netz der zentralen Orte weiterhin aufrechtzuerhalten. Es war eine Grundfrage am Anfang der Diskussion, auch gerade im kommunalen Bereich, ob das Netz der zentralen Orte aufgegeben werden sollte. Andere Länder gehen diesen Weg. Wir haben gesagt, wir brauchen die zentralen Orte im ländlichen Raum, weil wir nur fünf Ballungsräume haben, fünf große Zentren bzw. sechs, wenn man Worms dazunimmt.

Unterschieden werden soll jedoch künftig zwischen den sogenannten monozentralen Mittelzentren, die eine vollständige Versorgung des zugehörigen Mittelbereichs gewährleisten, und solchen, die diese Aufgabe bereits bisher als sogenannte Mittelzentren im Grundnetz und im Ergänzungsnetz gemeinsam in einem Mittelbereich erbringen. Für letztere ist ein Kooperationsgebot im Entwurf vorgesehen. Das Landesentwicklungsprogramm soll den Gemeinden auch als Orientierungsrahmen für die Ausgestaltung der Daseinsvorsorge dienen. Deshalb soll von den zentralen Orten während der Gültigkeit des Landesentwicklungsplans IV zu prüfen sein, welche Versorgungseinrichtungen und Angebote für die Bürge

rinnen und Bürger weiterhin vorgehalten werden können und sollen, und dies, meine Damen und Herren, angesichts stagnierender bis rückläufiger Bevölkerungszahlen, sich verändernder Altersstruktur und begrenzter Finanzierbarkeit.

Hierbei kommt insbesondere im ländlichen Raum der Kooperation eine zentrale Rolle zur Sicherung ortsnaher Versorgungseinrichtungen zu, da dort in der Regel kleine Mittelzentren mit ihren begrenzten Versorgungseinrichtungen bestehen. Besondere Funktionen haben im Einzelfall zum Beispiel bei Ramstein-Miesenbach und Kirchberg zu einer Einbeziehung in den Kreis der kooperierenden Mittelzentren geführt. Kooperierende Mittelzentren sollen jetzt und zukünftig mindestens über eine einzelne mittelzentrale Einrichtung verfügen, die im entsprechenden Orientierungsrahmen aufgeführt ist.

Zu Frage 2: Derzeit besteht bereits eine Vielzahl von verbindlichen interkommunalen Kooperationen. Diese haben sich insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge mit Einrichtungen der technischen Infrastruktur – also Wasser, Abfall, öffentlicher Personennahverkehr – in Form von Zweckverbänden verfestigt. Diese positiven Erfahrungen sollen auch im Bereich der Daseinsvorsorge wie Bildung, Soziales, Kultur, Freizeit und Sport umgesetzt und weiterentwickelt werden. Die Form der möglichen verbindlichen Regelung – zum Beispiel öffentlichrechtliche oder landesplanerische Verträge – haben wir schon und soll dabei im Einzelfall diesen Weg mitentscheiden. Die Initiative wird dabei vor allem bei den Kooperationspartnern liegen. Die Förderung wird wie bisher im Rahmen der bestehenden Programme stattfinden. Jedoch soll interkommunal abgestimmten Vorhaben ein besonderes Gewicht beigemessen werden.

Zu Frage 3: Die Landesregierung hat für die Ausgestaltung und die Themenfelder einen breiten Raum gelassen, der vor dem Hintergrund der örtlichen Gegebenheiten und im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung mit Leben zu füllen ist. Es ist schwer vorstellbar, dass hierfür im Lande keine Handlungsmöglichkeiten bestehen sollen. Bei der Förderung konkreter Vorhaben der Daseinsvorsorge wird im Einzelfall zu prüfen sein, ob Kooperationsmöglichkeiten zu einer effizienteren, qualitativ höherwertigen und wirtschaftlicheren Lösung führen können.

Zu Frage 4: Der demografische Wandel wird Entwicklungen im Sinne von Bevölkerungswachstum nur noch in begrenztem Umfang ermöglichen, und dies nicht nur im ländlichen Raum, sondern auch im Verdichtungsraum. Hierbei wird den Wanderungsbewegungen über Gemeinde-, Kreis- und Landesgrenzen eine wichtige Rolle zukommen. Das heißt, die Gewinne einzelner Gemeinden gehen zunehmend zulasten von Nachbarn, wie dies die Entwicklung der letzten Jahre bereits deutlich gezeigt hat.

Die Landesregierung strebt darum an, Entwicklungen sinnvollerweise dort vorzuziehen, wo die Versorgung der Bevölkerung mit den notwendigen Angeboten der Daseinsvorsorge einschließlich der Verkehrsanbindung am ehesten sichergestellt werden kann. Im Rahmen des demografischen Wandels wird die Zahl der Bürgerinnen und Bürger, die auf Angebote im öffentlichen Nahver

kehr angewiesen sind, zunehmen, sodass Standorten mit entsprechenden Angeboten ein Vorrang eingeräumt werden soll. Die Haltepunkte des Rheinland-PfalzTaktes stellen derzeit ein verbindliches und vorbildliches Angebot dar, das aufgrund begrenzter Mittel nicht beliebig ausgebaut werden kann. Die Landesregierung wird auf der Grundlage des Beteiligungs- und Anhörungsverfahrens prüfen, ob auch andere – also außerhalb des Rheinland-Pfalz-Takts – vergleichbare Angebote den angestrebten Zweck erfüllen können.

So weit meine Antwort.

Gibt es Zusatzfragen? – Ich erteile Frau Kollegin Wopperer für eine Zusatzfrage das Wort.

Sie haben zur Frage 2, zu den Kooperationen, gesagt, dass es in diesem Bereich bereits Kooperationen gebe. Als Kommunalpolitiker wissen wir alle, dass es schon viele Kooperationen über die Zweckverbände gibt. Ist es nicht schon jetzt möglich, dass man über die Zweckverbände in den Bereichen, die Sie gerade genannt haben, nämlich Bildung, Soziales, Kultur und Sport, kooperieren kann? Deshalb frage ich: Welche neuen Kooperationen haben Sie im Sinn, wenn Sie jetzt dieses Gebot aussprechen?

Wir halten das, was bisher gemacht wird, für sehr sinnvoll. Wir halten es für wichtig, sich weiter darüber Gedanken zu machen, in den Bereichen Kultur, Schule und in all den Bereichen, in denen es auf kommunaler Ebene überhaupt möglich ist, Kooperationen anzugehen. Ich habe noch keinen Katalog mit Kooperationsangeboten erstellt. Verschiedene Gemeinden wollen das. Ich will lieber von Gemeinden lernen, die schon Kooperationsangebote haben und sich dazu neue Gedanken gemacht haben. Deshalb haben wir gesagt, Kooperationsangebote sollen vorbildlich sein und dann entsprechend gefördert werden.

Ich erteile Herrn Kollegen Schnabel für eine Zusatzfrage das Wort.

Herr Minister, es gibt derzeit einige Irritationen bei Ortsbürgermeistern und Verbandsbürgermeistern, wohin die Stellungnahme der einzelnen Gebietskörperschaft gehen soll. Es soll eine Anweisung geben, wonach die Ortsgemeinden unmittelbar an die Planungsgemeinschaften und das Ministerium ihre Stellungnahmen geben sollen. Ist das richtig?

Ich kann Ihnen darauf keine Antwort geben. Ich kenne diese Anweisung nicht. Ich bin aber gerne bereit, dem nachzugehen, wenn das so wäre. Alle diese Stellungnahmen werden beim Ministerium eingehen. Deshalb haben wir die Frist verlängert.

Ich erteile Herrn Kollegen Licht für eine Zusatzfrage das Wort.

Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass im LEP IV 264 Ziele und Grundsätze formuliert sind – – –

(Pörksen, SPD: 265!)

265. Vielen Dank, Herr Kollege. Es ist auf jeden Fall eine Menge von Zielen und Grundsätzen formuliert worden. Ich bin dankbar für diese Ergänzung. Die Dimension wird dadurch noch deutlicher. Es sind also 265 Ziele und Grundsätze.

In vielen stattfindenden Diskussionen, an denen dankenswerterweise in vielen Fällen auch Vertreter des Ministeriums teilnehmen, wird immer wieder der Eindruck erweckt, es gehe um einen Entwurf. Das bedeutet, es befindet sich ein großes Werk in der Diskussion. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Wie bewerten Sie ein Schreiben der SGD, dass die nachfolgenden Behörden im Tagesgeschäft Folgendes zu beachten haben?: Die in Aufstellung befindlichen Ziele – also die 265 – seien bereits jetzt entsprechend zu berücksichtigen. – Wie sollen sich die nachfolgenden Behörden vor allem bei derzeit zur Genehmigung vorliegenden Anträgen der Gemeinden verhalten?

Noch gilt LEP III.

(Licht, CDU: Das ist ein Wort! Das, was hier steht, ist aber etwas anderes!)

Sie müssen den genauen Wortlaut lesen. Ich will Sie nicht belehren, weil mir das nicht zusteht. Natürlich würden wir tätig werden, wenn es Entwicklungen gibt, die völlig aus dem Ruder laufen und dem LEP IV widersprechen würden. Wir gehen gerade den genau umgekehrten Weg – ich darf Sie als Kronzeugen nehmen – auf dem Hahn.

Ich erteile Frau Kollegin Wopperer für eine weitere Zusatzfrage das Wort.

Unter der Frage 3 hatten wir nachgefragt, was passiert, wenn eine Kommune das Kooperationsgebot nicht um

setzen kann. Sie sprechen von einem Gebot, was im Normalfall bedeutet, dass man dies umsetzen muss. Was geschieht, wenn das nicht passieren kann? Wollen Sie Sanktionen verhängen? Bekommt die Kommune dann kein Geld mehr, oder wie sieht das dann aus?

Dieses Land wurde schon immer hervorragend regiert. Ich gehe davon aus, dass wir mit keiner Kommune einen Streit darüber anfangen werden, ob das Kooperationsgebot zu 100 %, 50 % oder 40 % erfüllt wird. Im Übrigen bitte ich da einfach ein bisschen um Geduld. Meine Erfahrung ist – ich mache das Geschäft schon lange Zeit –, dass viele Kommunen viel weiter sind, als ich es mir manchmal an meinem Schreibtisch vorstellen kann. Wir werden keine Gemeinde mit einer Repression überziehen. Zum einen gibt es die nicht, und zum anderen werden dann Gespräche geführt.

Entschuldigung, ich vermute, ich muss noch etwas nachtragen, weil Herr Kollege Licht zuvor nach der Qualität gefragt hat.

(Hartloff, SPD: Die Menge der Ziele!)

Ja, die Menge der Ziele. Die Ziele sind zu prüfen. Dann muss man schauen, was am Ende übrig bleibt. Derzeit reden wir über einen Entwurf und nicht über eine Verordnung, die schon in Kraft ist.

(Licht, CDU: Ziele sind nicht mehr abzuwägen! Das ist das Problem!)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Pörksen hatte sich noch für eine Frage zu Wort gemeldet. Meinen Sie, wir sollen diese Frage noch zulassen?