Protokoll der Sitzung vom 23.05.2007

(Glocke des Präsidenten)

Den Rechtsanspruch für die Zweijährigen beschließen wir heute, den für die Einjährigen bis 2013 dann zur rechten Zeit. (Beifall bei der SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Schreiner das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Mertin, ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre mahnenden Worte. Es ist richtig, wir müssen darauf achten, dass die Mischfinanzierungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden begrenzt sind. Dafür haben wir gekämpft, dafür sind wir eingetreten.

Sie haben es angesprochen, wir wissen aber auch, dass die Voraussetzungen dafür ausreichende Finanzmittel sind. Das werden wir im Rahmen der Föderalismusreform II bis hin zu eigenen Hebesatzrechten diskutieren müssen.

Herr Mertin, es ist zum Zweiten sehr richtig, dass wir darauf achten müssen, dass nicht nur entsprechende Kinderbetreuung in kommunaler Trägerschaft stattfindet, sondern die Wahlfreiheit im Zusammenhang mit diesem ganzen Thema eines der Leitbilder für diese politische Entwicklung ist.

Sie haben das Betreuungsgeld angesprochen. Wir hatten in der Plenarsitzung vor vier Wochen das Thema eines Gutscheinsystems. Über all solche Dinge muss man nachdenken.

Das heißt, ich bin Ihnen für die Mahnung dankbar. Wir wissen aber auch – da müssen wir uns selbst gegenüber ehrlich sein –, dass die Föderalismusreform II ein schwieriger Prozess sein wird. Die Föderalismusreform I war schon langwierig. Ich habe keine Hoffnung, dass es bei der Föderalismusreform II wesentlich schneller gehen wird. Sind wir also ehrlich. So lange können die Kinder in Deutschland nicht warten. Wenn wir darauf warten, dass die Föderalismusreform II in Kraft ist, so

sind bis dahin die Kinder von heute längst die Steuerzahler von morgen.

Das heißt, es gibt zwei Seiten. Die eine ist, dass die finanzpolitische Nachhaltigkeit wichtig ist. Die zweite Seite ist: Wofür sollen wir Geld ausgeben, wenn nicht für Kinder?

(Beifall bei der CDU)

Da ist das ganz wichtig, was Frau Beilstein gesagt hat. Frau von der Leyen gibt der Familienpolitik ein freundliches Gesicht. Das ist nicht die Fratze von der Lufthoheit über den Kinderbetten.

(Hartloff, SPD: Das ist aber Schwachsinn, was Sie da erzählen! Die Fratze von der Lufthoheit! Das müssen Sie einmal überlegen!)

Das ist der Unterschied zwischen CDU und SPD.

(Glocke des Präsidenten)

Deshalb tut Frau von der Leyen der Großen Koalition gut.

Zum Abschluss möchte ich noch einmal daran erinnern, dass es die SPD war, die die Kinderbetreuung dadurch finanzieren wollte, dass sie das Kindergeld streichen wollte. Das sollten wir vielleicht doch nicht vergessen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD – Glocke des Präsidenten – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Sie können noch nicht einmal Zeitung lesen! – Pörksen, SPD: Sie lügen einfach!)

Auf der einen Seite nehmen Sie den Familien das Geld aus der rechten Tasche heraus, auf der anderen Seite tun Sie es ihnen mit vielen Worten in die linke Tasche wieder hinein. So kann man natürlich auch versuchen, Politik zu machen. Wir in der Großen Koalition achten darauf.

Herr Präsident, ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Staatsministerin Frau Ahnen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schreiner, Sie haben behauptet, es sei ein Vorschlag der SPD gewesen, dass der Ausbau der Kinderbetreuung durch eine Streichung des Kindergeldes finanziert wird.

(Zurufe von der CDU)

Sie haben von der Streichung des Kindergeldes gesprochen. Das ist völlig falsch. Das Einzige, was die SPD in die Diskussion gebracht hat, ist, dass man eine Zeit lang eine Priorität für den institutionellen Ausbau braucht, um tatsächlich ein bedarfsgerechtes Angebot zur Verfügung zu stellen. Das ist etwas völlig anderes.

(Beifall der SPD)

Ich rufe den zweiten Teil der

AKTUELLEN STUNDE

auf:

„Ergebnisse des 2. Landesberichts ,Hilfen zur Erziehung’“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 15/1135 –

Ich erteile Frau Kollegin Steinruck das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit den gesellschaftlichen Veränderungen sind für Kinder, Jugendliche und Eltern neue Anforderungen verbunden. Sie bedeuten jedoch nicht immer neue Chancen, sondern häufig auch Belastungen. Es können Krisensituationen entstehen.

Es muss deshalb unser Ziel sein, im Bedarfsfall Familien zu stabilisieren und Eltern rechtzeitig in ihrer Erziehungsverantwortung zu stärken.

Dazu werden im Rahmen der Jugendhilfe Hilfen zur Erziehung angeboten. Das sind beratende, begleitende oder betreuende sozialpädagogische Angebote, die familienunterstützend, -ergänzend oder -ersetzend sind.

Mitte der 90er-Jahre wurde in Rheinland-Pfalz als Reaktion auf den drastischen Anstieg bei Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen in Heimen und auch vor dem Hintergrund erheblicher Belastungen für die kommunalen Haushalte die Erziehungshilfe-Offensive Rheinland-Pfalz gestartet. Ein ganzes Bündel an Förder- und Steuerungsinstrumenten wurde auf den Weg gebracht.

Die Kommunen wurden damit bei der Entwicklung eines bedarfsgerechten und flexiblen Hilfeangebots für Kinder, Jugendliche und Eltern unterstützt.

Ein Ergebnis dieser Offensive war der 1. Landesbericht „Hilfen zur Erziehung“ aus dem Jahr 2005. Damit wurden Hilfen auswertbar und landesweit vergleichbar.

(Beifall bei der SPD)

Der Landesbericht war und ist ein Meilenstein in der Sozialberichtserstattung. Jetzt in diesem Jahr im April hat Frau Sozialministerin Malu Dreyer den 2. Landesbe

richt vorgestellt. Rheinland-Pfalz hat schon früh mit eine Vorreiterrolle in Deutschland übernommen.

(Zuruf der Abg. Frau Huth-Haage, CDU)

Durch die Mitwirkung der Jugendämter im Land entstand ein Bericht, der nicht nur eine reine Darstellung von Fallzahlen ist, sondern vielmehr auch den Blick auf die individuellen und lokalen Rahmenbedingungen wirft. Der Bericht differenziert zwischen kommunalen Gebietskörperschaften und zeigt auf, was wo bei welchen Rahmenbedingungen gut ist oder was woanders verbessert werden kann.

Meine Damen und Herren, diese Aktuelle Stunde bietet natürlich nicht den Raum, den Bericht im Detail zu diskutieren. Aber seine Bedeutung liegt gerade auch für die Gebietskörperschaften darin, dass er für die Fachleute wichtige Erkenntnisse bringt, aus denen Handlungsempfehlungen für die Zukunft abgeleitet werden können.

Festzustellen ist, bei rheinland-pfälzischen Familien wächst der Bedarf an Erziehungshilfe. Die Nachfrage ist seit 2001 um 12 % gestiegen. Die steigenden Fallzahlen zeigen – das ist positiv zu bewerten –, dass die angebotenen Hilfen auch angenommen werden und das System auch reagiert, wenn es Probleme gibt. Das ist wichtig.

(Beifall bei der SPD)

Die Menschen wissen, dass sie Hilfestellung erhalten können und nutzen dies auch.

Ein wichtiger Beitrag für die Unterstützung unserer Kinder und Familien leistet die Landesregierung mit verschiedenen Programmen, Initiativen, Projekten sowie zahlreichen vorsorgenden und niederschwelligen Angeboten. Stichworte sind hier frühkindliche Förderung, Ganztagsschulen, Schulsozialarbeit, das Modellprojekt „Guter Start ins Kinderleben“, unsere Initiative „VIVA FAMILIA“ und die Beratungs- und Hilfsangebote. Der Bericht benennt die Bedeutung der Erziehungsberatung als niederschwelliges Angebot. Wichtig ist Prävention. Frühzeitige Maßnahmen verhindern Schlimmeres.

Anfang der 90er-Jahre betrug der Anteil an der Heimerziehung an den Hilfen zur Erziehung knapp 8 %, heute sind es 50 %. Zu verdanken haben wir das dem Ausbau der ambulanten Erziehungshilfen. Viel kostengünstiger als Heimerziehung, aber viel wichtiger für uns ist das, was für die Kinder gut ist. Unser Ziel ist es, den betroffenen Kindern die Möglichkeit zu bieten, dass Kinder in ihren Familien bleiben bzw. in absehbarer Zeit, wenn es Probleme gibt und diese vorbei sind, wieder zurück in die Familie können.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wichtig ist ein neues Verständnis von Hilfen für Erziehung. Hilfen für Erziehung müssen als lebensweltnahe und familienstärkende Dienstleistung neu verstanden werden. Der Landesbericht weist uns diesen Weg.

Vielen Dank.