Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt Situationen, die man in der Opposition zähneknirschend akzeptieren muss, weil man seitens der Mehrheitsfraktion Regeln so ausnutzt, wie sie in der Geschäftsordnung stehen. Ich möchte Frau SchleicherRothmund als Ihre parlamentarische Geschäftsführerin ansprechen. Es gibt Verfahrensweisen, die ich nur als unverschämt beschreiben kann. Diese Aktuelle Stunde gehört dazu. Ich werde Ihnen das mit mehreren Gründen belegen.
Sehr verehrte Damen und Herren, wir haben – auch interessant für diejenigen auf der Zuschauertribüne – eine Geschäftsordnung, die uns eine bestimmte Frist einräumt, innerhalb derer wir parlamentarisch Aktuelle Stunden beantragen können. Sie läuft spätestens am Tag vor der Debatte um 12:00 Uhr aus. Diese Frist hat die SPD eingehalten.
Jetzt möchte ich zu Ihrer Information weiter ausführen dürfen. Man hat beantragt, Ergebnisse des 2. Landesberichts der „Hilfen zur Erziehung“ heute in der Aktuellen Stunde zu besprechen. Man sollte davon ausgehen, dass man eine qualifizierte Auseinandersetzung zu dem Thema haben will.
Punkt 1: Dieser Bericht liegt den Abgeordneten dieses Parlaments durch keine offizielle Vorlage bislang vor.
Dass ich ihn hier habe, liegt allein daran, dass ich ihn persönlich erbeten habe, sonst haben ihn in diesem Haus im Prinzip nur einzelne, die ihn persönlich beantragt haben.
Punkt 2: Es handelt sich nicht um ein Zehn-SeitenPapier, sondern er umfasst 376 Seiten. Sie können es vielleicht erkennen. Ich habe ihn mitgebracht. Er ist eng geschrieben und mit vielen Tabellen versehen. Das ist ein wirklich wertvoller Bericht. Wer will, dass man sich
ernsthaft mit einem solchen Bericht auseinandersetzt, sollte andere Wege benutzen als den einer Aktuellen Stunde. Das ist unverschämt, meine Damen und Herren.
Liebe Frau Steinruck, Sie haben es zumindest versucht. Das ist ehrenwert. Aber im Prinzip haben Sie außer der Zusammenfassung nur gesagt, der Bericht sage, was wo gut ist und was wo geändert werden muss. Viel mehr kann man bei den wenigen Minuten, die wir haben, auch nicht sagen. Damit wird man diesem Bericht nicht gerecht. (Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)
Meine Damen und Herren, hier haben viele sehr engagierte Arbeit geleistet, um über einige Jahre hinweg alle Jugendhilfeleistungen, die die Jugendämter in unseren Kreisen, kreisfreien Städten, in großen kreisangehörigen Städten über viele Jahre erbracht haben, zusammenzutragen, zu analysieren und zu schauen, wo die Unterschiede und Dinge sind, die man sich merken sollte. Das ist eine hervorragende Arbeit. Ich danke ausdrücklich, dass sich das Land zu 50 % an diesen Kosten beteiligt. Die Kommunen tragen die Kosten dieses Berichtes ebenfalls zu 50 %.
Die Arbeit hat das Institut in enger Zusammenarbeit mit den Jugendämtern gemacht. Deshalb ist bei uns in der Fraktion vorgesehen, dass wir uns diesen Bericht in Ausführlichkeit vom Institut vorstellen lassen, um zu erkennen, wo wichtige Hinweise auf die Arbeit der Jugendämter vor Ort zu sehen sind.
Ich will Ihnen zumindest als Replik auf die Pressemeldung der Landesregierung an dieser Stelle etwas in Erinnerung rufen. Frau Dreyer hat bei der Vorstellung des Berichtes Ende April in der Presse darauf hingewiesen, dass sich das Land an diesen enorm steigenden Ausgaben der Jugendhilfe in Rheinland-Pfalz immerhin mit 43 Millionen Euro beteiligt. Das klingt sehr viel.
Meine Damen und Herren, in Tat und Wahrheit sind das heute gerade einmal noch 18 % der gesamten Leistungen. Das heißt, 82 % aller Jugendhilfeleistungen werden durch unsere Kommunen erbracht. Das Land hat diesen Anteil deutlich reduziert. Vor Jahren betrug der Anteil des Landes noch 25 %. So viel sage ich zur Bedeutung der Jugendhilfeleistungen, die das Land dem Thema beimisst. Das sollte man auch in Euro und Cent zum Ausdruck bringen und nicht durch Sparmaßnahmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch auf eins hinweisen, um ein Schlaglicht auf die Inhalte des Berichts werfen zu können.
Wir haben Heimaufnahmen, die deutlich zunehmen. Das Interessante ist, dass diese sehr unterschiedlich bezüg
lich des Alters zunehmen. Gerade in den kreisfreien Städten haben wir eine Zunahme bei den kleinen Kindern. Bei den Kreisen haben wir deutliche Zunahmen bei den älteren Kindern. Das ist ein Ergebnis des Berichts. Aber damit sind wir politisch nicht am Ende.
Wir müssen Folgendes fragen: Wieso ist es so? Wo müssen wir ansetzen, um die Fälle besser in den Griff zu bekommen, um den Familien besser zu helfen? Ich freue mich deshalb, dass die FDP die Aussprache im Ausschuss beantragt hat. Ich denke, wir haben dann etwas mehr Gelegenheit, darüber in Ruhe zu reden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer hat jetzt recht, Frau Kollegin Steinruck oder Frau Kollegin Thelen? – Ich glaube, es hat sich Ihnen allen erschlossen. Selbstverständlich hat Frau Thelen recht, 1:0 für Hedi Thelen.
Was uns gestern auf 377 Seiten vorgelegt wurde, ist der umfangreiche Versuch, diesem wichtigen Thema gerecht zu werden. Wir mussten es uns selbst besorgen. Man kann nur auf zwei Arten herangehen, entweder ist die Sache wirklich wichtig, dann braucht man Zeit für 377 Seiten, oder man will als SPD zum Ausdruck bringen, da haben wir etwas pflichtschuldig zu Papier gebracht, aber interessieren muss es an sich niemanden, schade.
Meine Damen und Herren, auch ich hatte Schwierigkeiten, innerhalb dieser nicht einmal 24 Stunden das opulente Werk durchzuarbeiten. Aber einige Dinge fallen doch auf. Frau Thelen wird es vielleicht ähnlich gegangen sein. Es sind Grafiken enthalten, beispielsweise auf Seite 47. Diese sind nicht nur für Sie unleserlich, die sind auch für mich unleserlich. Ich habe es mit einer Lupe versucht. Da geht nichts. Die statistischen Zahlen haben sich total in die Balken verdruckt. Da braucht man Kaffeesatzleserqualitäten.
Es gibt den Hinweis der Ministerin in ihrer Pressemitteilung, die Detailangaben im Ländervergleich ermöglichten Aussagen zu kommunalen Unterschieden. Wir schauen uns die entsprechenden Statistiken an und finden beispielsweise bei der Frage der Personalstruktur komplizierte und aufwendige Aussagen zu den Unterschieden zwischen Kreisen und kreisfreien Städten.
Aber diese Aussagen sind anonymisiert. Es steht nicht Cochem-Zell oder Mainz dabei. Es steht nur Stadt oder
Landkreis. Dies ist immer wieder untereinander geschrieben. Sie sehen 24-mal das Wort „Landkreis“. Das ist erhellend, aber hat mit den eigentlichen wichtigen Inhalten eines solchen Berichtes vergleichsweise wenig zu tun.
Meine Damen und Herren, ich komme zu einem weiteren Punkt. Sie erinnern sich an unsere spannende Diskussion zur Situation der Menschen mit Migrationshintergrund. Auch zu dieser ganz wichtigen zielgruppenspezifischen Frage findet sich in diesem umfangreichen Bericht – beim ersten Durchblättern wenigstens – nichts. Auch das ist schade und wird meines Erachtens dem Thema nicht gerecht.
Meine Damen und Herren, man fragt sich, wenn man diese Dinge untereinander schreibt, was eigentlich mit unserer Landesregierung los ist. Was ist los mit unserer Landesregierung? Ein Flop nach dem anderen, Kleinigkeiten, wichtige Dinge, einmal die Weinpanne,
Da macht man auch zügig die Rolle rückwärts. Jetzt bekommen wir den Bericht von gestern auf heute vorgelegt.