Es steht aber auch fest, dass wir bei den extremistischen politischen Strömungen – seien sie nun von rechts, links oder vordergründig religiös motiviert – weiterhin auf eine erhöhte Aufmerksamkeit dringend angewiesen sind. Es steht danach auch fest, dass alle demokratischen Kräfte in unserem Land gefordert sind, wenn wir denjenigen, welche die Demokratie, den Rechtsstaat und damit auch unsere Werteordnung bekämpfen wollen, weiterhin wirksam entgegentreten wollen.
Dem Rechtsextremismus widmet der Bericht immerhin 34 Seiten. Dabei hat sich die Anzahl der gewaltbereiten rechtsextremen Personen zwar gegenüber dem Vorjahreszeitraum nicht erhöht, aber ihre Anhängerschaft insgesamt und die von ihnen verübten Straftaten haben zugenommen. Besondere Aufmerksamkeit verdienen zudem ihre Methoden, um junge Menschen für ihre Ideen zu begeistern. Während wir alle die um sich greifenden Bestrebungen zum Abschluss von zweifelhaften Kaufverträgen bei Immobilien in den Medien beobachten konnten, finden die Versuche, junge Menschen über Musikkonzerte und kostenlose CDs und – wie wir gestern lesen konnten – neuerdings auch über harmlos erscheinende Schülerzeitungen zu gewinnen, eher im Verborgenen statt.
Bei den Versuchen einiger Rechtsextremer, als Kaufinteressenten von heruntergekommenen Immobilien aufzutreten, sind nicht nur die Verantwortlichen vor Ort sofort aktiv geworden, sondern auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, denen unser aller Dank gebührt. Ich möchte stellvertretend für alle betroffenen Gemeinden die Gemeinde Gonzerath im Hunsrück nennen, die sich erfolgreich gewehrt hat.
Dies ist nach Ansicht wohl aller in diesem Landtag vertretenen Parteien der richtige Weg, um gemeinsam diesen extremistischen Kräften entgegenzutreten. Gleichwohl darf darüber aber nicht vergessen werden, dass die anderen, ebenfalls von mir soeben erwähnten Versuche der Einflussnahme weniger offensichtlich vonstatten gehen und deshalb nach meiner Ansicht auch gefährlicher sind. Hier ist es besonders wichtig, jungen Menschen eine entsprechende Haltung zu vermitteln, die ihnen den Wert von Demokratie und Rechtsstaat bewusst macht, sodass keinerlei extremistische Kräfte sie für sich gewinnen können. Diesen weiteren extremistischen Kräften und Aktivitäten wendet sich der Verfassungsschutzbericht natürlich auch zu.
Der Abschnitt über die linksextremistischen Aktivitäten fällt im Gegensatz zu dem Abschnitt über den Rechtsextremismus mit knapp 17 Seiten deutlich kürzer aus, was aber wohl auch daran liegen mag, dass in diesem Bereich keine Zunahme der Straftaten zu verzeichnen ist. Ob dies nach dem G-8-Gipfel in Heiligendamm und der Diskussion über den Umgang mit ehemaligen Mitglie
Wenn die FDP es auch abgelehnt hat, eine Art Feindstrafrecht für die Bekämpfung terroristischer Gruppierungen innerhalb unseres Landes einzuführen – ich gebe zu, das betrifft den Bund –, so stößt es einem andererseits aber übel auf, wenn diesen Menschen, die diesen Staat und seine Gesellschaft abgelehnt haben und wohl auch noch weiterhin ablehnen, medienwirksame Foren zu einer Selbstdarstellung geboten werden.
Aus liberaler Sicht verdient jeder Extremismus, gleich ob von rechts oder links, erhöhte Vorsicht, denn wohin das falsche Staatsverständnis insbesondere von rechts, aber auch von links führen kann, haben wir Deutsche in Ost und West in unserer Vergangenheit schmerzlich zu spüren bekommen.
Ein weiterer Beobachtungsschwerpunkt des Verfassungsschutzes ist der Islamismus, der zunehmend in Rheinland-Pfalz und in Deutschland an Boden gewinnt. Die dahinter stehende Ideologie ist nicht nur nicht mit unserer Grundordnung und unseren Grundrechten in Einklang zu bringen, sondern sie bekämpft das, worum in den letzten Jahrhunderten in unserer europäischen Geschichte mühsam gerungen wurde.
Mit der Zunahme an Sympathisanten und islamistischen Aktivisten steigt die Terrorgefahr erheblich, was die beiden Kofferbomber im Sommer letzten Jahres gezeigt haben.
Die zunehmenden Bestrebungen zur Verübung terroristischer Anschläge aus diesem Spektrum können nur durch aufmerksame Beobachtung des Verfassungsschutzes und ein gegebenenfalls erforderliches Eingreifen der Polizei unterbunden oder gar verhindert werden. Allerdings – das muss aus liberaler Sicht klar gesagt werden – müssen sich die Maßnahmen des Verfassungsschutzes und auch jene der Polizei an den Vorgaben unserer Verfassung messen lassen, wie dies das Bundesverfassungsgericht schon mehrmals festgestellt hat. Hier sind in den letzten Wochen vonseiten des Bundesinnenministers Vorschläge für ein neues Sicherheitsgesetz unterbreitet worden, was wir sehr kritisch bewerten, dies insbesondere unter zwei Gesichtspunkten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei der Vorbereitung auf diesen heutigen Tagesordnungspunkt habe ich mir überlegt, vor welchem Hintergrund die FDP diese Aktuelle Stunde beantragt hat, zumal die SPDFraktion bereits die Besprechung des Berichts im Innenausschuss beantragt hat.
Ich möchte hier nicht falsch verstanden werden. Ich diskutiere gerne ständig über die Probleme, die Sie eben auch aufgezeigt haben. Man fragt sich aber schon, warum das heute auf der Tagesordnung steht.
Zum Thema selbst: Frau Lejeune hat es eben aufgeführt, in vier Bereichen befasst sich der Verfassungsschutzbericht mit extremistischen Handlungen. Das sind der Rechtsextremismus, der Linksextremismus, die Sicherheitsgefährdung und extremistischen Handlungen von Ausländern und der Islamismus.
Zum Rechtsextremismus: Frau Lejeune hat gerade eben schon die Zeitschrift angesprochen, die seit wenigen Tagen an Schulen unter dem bezeichnenden Namen „Schinderhannes“ verteilt wird. Allein daran merkt man schon, was im Schilde geführt wird. Sie wollen den Eindruck erwecken, als wenn sie für die Armen und Geknechteten eintreten und den Reichen das abnehmen, was ihnen nicht zusteht. Das ist so etwas, was hinter dem Bild vom „Schinderhannes“ steckt. Diese „Schinderhannes“-Geschichte wird auch über eine ganze Seite ausgebreitet, dies in einer Form, die man überhaupt nicht beanstanden kann. Es sind aber nicht nur zwischen den Zeilen, sondern auch deutlich in dem Bericht und in der Zeitschrift, wenn Sie sie einmal aufschlagen, Formulierungen enthalten, die auch den Unbefangensten hellhörig machen müssen.
Da wird von linken Lehrern, überbezahlten Politikern und gekauften Medien gesprochen, die gegen sie hetzen. Es wird zu Risiken und Nebenwirkungen von „Genfraß“ berichtet; „Gen“ ist ein Thema, dessen sie sich schon annehmen, weil sie wissen, junge Leute beschäftigen sich damit.
Es gibt eine Reihe weiterer Dinge: Drogensumpf trockenlegen – ein Thema, das natürlich auch bei uns in der Diskussion eine große Rolle spielt. – Es sind dann wieder entsprechende Formulierungen enthalten: Drogentote werden hierzulande von der herrschenden Klasse als menschliche Kolateralschäden aufgeführt, die insgesamt in Kauf genommen werden. – Es wird darüber geschrieben, Schuld, Kult, Ellenbogengesellschaft, Verneinung aller Werte, multikulturelle Utopien, Zerfall der
Familien unter Verlust der Männlichkeit – was das bedeutet, weiß ich nicht genau – sind das geistige Gift unserer Zeit. Es sind also alles Formulierungen, bei denen man denkt: Hallo, was ist denn da los?
Ich könnte das noch weiter fortführen, möchte es aber nicht. Ich denke, wir sollten uns alle diese Broschüren sehr genau ansehen, damit wir wissen, dass wir uns dagegen zur Wehr setzen müssen.
Wir dürfen es nicht zulassen, dass jetzt auf eine andere Weise auch die CDs an die jungen Leute kommen.
Es hängt extra ein Bestellformular daran, mit dem man die CD, die sie in den Schulen nicht in dem Umfang, wie sie es wollten, haben verteilen können, jetzt direkt bestellen kann. Man kann also gar nicht verhindern, dass die Dinger unter die jungen Leute kommen.
Ich habe vor einigen Wochen schon einmal gesagt, viele junge Leute haben die CD nicht, aber sie kennen die Texte. Wenn Sie an Schulen fragen, wissen sie, um welche CD es geht. Ich denke, auch das muss uns hellhörig bei diesem Thema machen. Wir müssen uns wahrscheinlich noch mehr als bisher auch mit den Schulen, mit den Lehrern und mit den Eltern in dieser Frage auseinandersetzen.
Typisch für das Verhalten der NPD ist das, was auch in der „Süddeutschen Zeitung“ formuliert ist: „Schnuller statt Springerstiefel“. Es ist aus dem Bereich Mecklenburg-Vorpommern berichtet worden, dass dort die rechtsradikale NPD nicht mehr junge Männer in Springerstiefeln sind, „sondern freundliche Ehepaare, die Bienenstich anboten und Müttern Schnuller für Babys schenkten. Da versprachen Herren mit Bügelfalten besorgten Rentnern, ihre Partei habe doch wirklich gar nichts mit Schlägern und Heil-Hitler-Rufern zu tun.“ Dabei war der Herr gerade wenige Tage vorher wegen Körperverletzung verurteilt worden. So treten Sie auf.
Es sind dieselben Leute, sie haben sich nur eine neue Maske aufgesetzt. Das macht es auch relativ schwer, sich mit denen auseinanderzusetzen. Wir haben es in unserem Kreis Bad Kreuznach vor wenigen Wochen erlebt, wie sie heute auftreten.
Fast am gleichen Tag bzw. nur wenige Tage auseinander kam der Bericht von Herrn Bundesinnenminister Schäuble, der gerade angesprochen wurde, in dem er feststellt – das sind auch die Zahlen, die in RheinlandPfalz eine Rolle spielen –, dass die NPD, aber nicht nur die NPD, immer gewalttätiger werde. Ich kann Herrn Schäuble nur zustimmen, wenn er sagt, dass diese verfassungsfeindlichen Umtriebe Ekel erregend sind. So hat er es formuliert. Genau das sind sie.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Lejeune, auch ich möchte mich natürlich ausdrücklich beim Verfassungsschutz in Rheinland-Pfalz für die geleistete Arbeit und auch für die übersichtliche Broschüre, die jetzt seit einiger Zeit ein kleineres Format hat, bedanken. Wenn ich als erste Rednerin gesprochen hätte und nicht die Mittagspause dazwischen gewesen wäre, hätte ich lieber noch einen anderen Übergang gewählt. Ich probiere es trotzdem.
Wir haben vorhin in der Aussprache zu einer Mündlichen Anfrage über das Internet und die Gefahren, die sich für Jugendliche aus dem Internet ergeben, gesprochen. An dieser Stelle möchte ich gleich einmal auf Seite 102 des Berichts hinweisen, auf der genau diese neuen technischen, sich aber global verbreitenden Möglichkeiten hingewiesen ist. Es wird deutlich gemacht – das möchte ich an dieser Stelle noch einmal hervorheben –, dass dieses Medium Internet von allen terroristischen Gruppen, die von meiner Vorrednerin und meinem Vorredner ausdrücklich genannt worden sind, intensivst genutzt wird, auch in einer Form, die wir in der letzten Plenarsitzung noch einmal ausführlich diskutiert haben, nämlich das Vorgehen mit Trojanern. Man kann sich sogar über I-Pod oder über all die anderen kleinen technischen Möglichkeiten – so kann man es nachlesen – überall einloggen, nicht nur, um extremistische Unternehmungen weltweit besser vernetzen zu können und sich gegenseitig zu motivieren, auf Veranstaltungen zu gehen, sondern man macht das auch, um Bombenbauanleitungen herunterzuladen oder sich andere schreckliche Dinge zu besorgen.
Diese Möglichkeiten gehen auch in Richtung Wirtschaftsspionage. Ich denke, auch das ist eine Gefährdung unseres Systems. Der Verfassungsschutz ist die Institution in Deutschland, die sich in den Ländern, aber auch im Bund darum kümmern muss, dass unsere Gesellschaftsordnung, unser Rechtssystem, unsere Werteordnung, wie wir sie mit dem Grundgesetz aufgebaut haben, für uns erhalten bleiben kann.
An der Stelle muss man vielleicht noch einmal sagen, diese Möglichkeiten richten sich nicht so sehr gegen Individuen, sondern gegen Strukturen. Das bedeutet, der Verfassungsschutz versucht, Strukturen in den unterschiedlich dargestellten Gruppen zu beleuchten, die sich vorgenommen haben, diese Gesellschaftsordnung mit ihren unterschiedlichen Möglichkeiten, die sie haben, zu zerstören.
Vielleicht sage ich an der Stelle Folgendes, weil es sonst nicht so genau herüberkommt: Wenn von Straftaten und der Zunahme im rechtsextremistischen Bereich andernorts die Rede ist, dann muss man darauf hinweisen, glaube ich, dass nicht der Verfassungsschutz diese Straftaten ermittelt und die Täter zur Rechenschaft zieht.
Das macht die Polizei und nachher die dafür zuständige Justiz. Sie alle kennen den Begriff des Trennungsgebotes. Der Verfassungsschutz hat andere Aufgaben. Er ist im Vorfeld tätig. Bedingt durch die Erfahrungen im Dritten Reich ist er etwas anders aufgestellt. Ich denke, dass wir überwiegend der Meinung sind, dass das im Wesentlichen so bleiben muss, obwohl an der einen oder anderen Stelle vielleicht noch etwas besser vernetzt werden könnte. Darüber haben wir schon ausführlich diskutiert.