Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der Tat sinken durch staatliche Maßnahmen die Nettoeinkommen und steigen die Preise. Wir haben in den letzten Jahren die größte Steuererhöhung der Geschichte erlebt. Wir haben derzeit die höchste Inflation seit 14 Jahren mit über 3 %. Das führte zu einer Verringerung der verfügbaren Einkommen. Das ist meines Erachtens auch ein Ergebnis einer unsozialen und leistungsfeindlichen Politik. Die Antwort ist jetzt der Mindestlohn. Es ist der falsche Weg.
Nicht alles beim Staat, und der Staat will wieder neue Abgaben und neue Steuern. Wir brauchen Steuerreformen. Wir brauchen Reformen, die auch wirklich greifen. Die Krankenversicherungsbeiträge, die Altersversicherungsbeiträge, die Pflegeversicherungsbeiträge, alles ist gestiegen. Die Leute können das fast nicht mehr bezahlen, weil die Staatsquote im Grundsatz zu hoch ist.
Meine Damen und Herren, wir haben bisher in Deutschland ein System der sozialen Marktwirtschaft. Die soziale Marktwirtschaft funktioniert deswegen so gut, weil wir auch eine Tarifautonomie haben, die wir als Liberale auch gewahrt wissen wollen; denn diese Tarifautonomie, das Aufeinanderzugehen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern hat dazu geführt, dass wir ein Wohlstandsstaat geworden sind, der mit an der Spitze der Entwicklung der Industrie- und Dienstleistungsnationen steht.
Wir wollen auch an der Tarifautonomie festhalten, dies sage ich in aller Deutlichkeit. Hier wird jetzt die Mindestlohndebatte geführt, ohne auch einmal zu berücksichtigen, dass ein Arbeitsplatz produktiv sein muss, dass er bezahlbar, dass er wirtschaftlich sein muss. All das fällt weg, im Gegenteil, der Monopolkonzern Post AG wird einseitig gefördert und gestützt, und es wird damit eine Konkurrenz der privaten Postdienstleister verhindert.
Wir wollen Wettbewerb. Das gehört auch zu einer sozialen Marktwirtschaft. Wir wollen Wettbewerb für unsere Bürgerinnen und Bürger, dass sie auch Dienstleistungen qualitativ und günstig bekommen.
Wir bekommen jetzt die Diskussion mit – Frau Kollegin Steinruck hat es auch angedeutet –, die PIN Group ist ein Unternehmen, ein privater Postdienstleister. TNT ist das genauso. Das sind ungefähr 2.000 Arbeitsplätze. ver.di wird jetzt sagen, es sind 1.200, aber es sind rund 2.000. Es sind zumindest 2.000 Köpfe. Diese Unternehmen kündigen jetzt Entlassungen an.
Meine Damen und Herren, wenn ich von heute auf morgen eine 35%-ige Personalkostenerhöhung bestehen möchte, dann kann ich das nicht. Ein Unternehmen, das im Aufbau ist und das bei Weitem nicht so vernetzt wie die Deutsche Post AG ist, kann das nicht. Was die Briefzustellung angeht, hat die Post AG natürlich Vorteile, da sie besser vernetzt und besser aufgebaut ist. Nein, ein solches Unternehmen schwäche ich. Das führt dazu, dass natürlich Entlassungen anstehen werden. Die PIN Group hat angekündigt, dass sie zunächst 1.000 entlassen wird. Das trifft dann die Schwachen. Diese Mindestlohndebatte trifft in dem Moment die Schwachen, die nämlich arbeitslos sind.
Das sind die etwas geringer Qualifizierten unserer Gesellschaft, die keinen Arbeitsplatz mehr finden. Diese Debatte müssen Sie führen. Meine Damen und Herren, diese Debatte muss ausdiskutiert werden.
9,80 Euro ist der höchste Mindestlohn, den es in der Welt gibt. Es gibt keinen höheren Mindestlohn als 9,80 Euro in der Welt. 4,5 Millionen Bundesbürger, die im Arbeitsverhältnis sind, verdienen weniger als diese 9,80 Euro. Das bedeutet doch, dass wir jetzt eine neue Debatte bekommen und die Lawine erst losgehen wird.
Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten eine Mindestlohndebatte bekommen, eine Neiddebatte, eine Missgunstdebatte, wie wir sie noch nie in diesem Land Deutschland hatten. Meine Damen und Herren, das ist der falsche Weg. Es ist der Weg in die Planwirtschaft. Ich bin auch überzeugt, dass irgendwann Preise von diesem neuen Kurs festgelegt werden.
Ich kann Ihnen nur empfehlen, fahren Sie einmal nach Kuba – ich kenne es privat –, fahren Sie einmal in den Iran, da können Sie sehen, wie solche Systeme nicht funktionieren.
Jetzt möchte ich noch auf eines aufmerksam machen. Das ifo Institut in Dresden stellt fest – ich darf zitieren, Herr Ministerpräsident, Sie sind immer so gern mit allen möglichen Zeitungsausschnitten dabei –: Würde der Postmindestlohn in allen Branchen verbindlich eingeführt, führt das zum Verlust von 1 Million Arbeits- plätzen. –
Jetzt erinnere ich an unsere gute Zeit der sozial-liberalen Koalition. Wir hatten erfolgreiche Wirtschaftsminister, die im Ranking übrigens gut platziert waren.
Wir hatten auch erfolgreiche Sozialminister in der sozialliberalen Koalition. Frau Präsidentin, jetzt darf ich noch mit Ihrer Genehmigung den Sozialminister a. D. Florian Gerster zitieren. Er sagte laut einem Bericht der „WELT“: Bei einer Ausweitung des Postmindestlohns auf weitere Branchen wird die Zahl der Arbeitslosen bei der nächsten Konjunkturdelle wieder erheblich steigen. Dann können wir uns wieder auf knapp 5 Millionen Arbeitslose in Deutschland einstellen. –
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Herren und Damen Abgeordnete! Es hat lange gedauert, Herr Abgeordneter Licht, bis eigentlich klar war, welche Position Sie hier vertreten würden. Es war nicht von Anfang an so klar, denn es ist immerhin eine Vereinbarung auf der Bundesebene zwischen der Großen Koalition. Deshalb war Ihr Anlauf relativ lang, um dann, glaube ich, zu dem
Schluss zu kommen, dass Sie eigentlich gegen den Post-Mindestlohn sind. Aber so ganz klar war es dann doch wieder nicht.
Ich möchte hier sehr klar sagen, auch weil Sie das Thema „Ideologie“ ansprechen, ausnahmsweise handelt es sich um ein ideologisches sehr grundsätzliches Thema.
Uns trennen auch grundsätzliche Positionen an dieser Stelle. Wir möchten – das sage ich sehr klar –, dass Menschen, die den ganzen Tag arbeiten, in dem Fall sprechen wir von den Briefträgern, von ihrem Einkommen leben können,
und zwar ohne – das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns, Herr Eymael – staatliche Transfers, sondern von ihrem Einkommen.
Worüber reden wir? 9,80 Euro Stundenlohn für einen Briefträger. Ist das eigentlich viel, so frage ich? Bei einer 40-Stunden-Woche bekommt er knapp 400 Euro pro Woche. Das ist nicht gerade üppig, würde ich jetzt einmal sagen. Es ist ganz bestimmt mehr als angemessen für jemanden, der den ganzen Tag Briefe austrägt.
Wir reden also nicht über Luxus, wir reden auch nicht vom Weltuntergang, sondern wir reden darüber, dass sich Tarifparteien verständigt haben, dass ein Mindestlohn von 9,80 Euro in dieser Branche angemessen ist. Die Post bezahlt im Übrigen in der Regel bei Briefträgern um die 20 % bis 30 % mehr.
Herr Eymael, es ist auch überhaupt keine Rede davon, dass das jetzt in allen Branchen angewandt wird.
Kein Mensch spricht davon, dass es einen allgemeinen Mindestlohn von 9,80 Euro gibt. Das ist wirklich Polemik an dieser Stelle, und zwar ganz deutlich.
Keiner, auch die Landesregierung nicht, hat jemals von 9,80 Euro als allgemeinem Mindestlohn gesprochen.
Ich möchte vielleicht noch eine Randbemerkung machen, weil Sie vorhin die alten Zeiten heraufbeschworen haben. In der Zeit, als die FDP auf der Bundesebene mit der CDU gemeinsam mit dem Altbundeskanzler Kohl koalierte – hören Sie zu –, haben die Lohnnebenkosten über 45 % betragen. Es war die Zeit der Koalition von CDU und FDP unter Kohl auf Bundesebene. Die Steuererleichterungen in den vergangenen Jahren sind bei Weitem beträchtlicher gewesen als in der Vergangenheit.
Suggerieren Sie also heute bitte nicht, dass die Menschen von Steuerlast und Sozialversicherungsabgaben erdrückt werden. Das entspricht einfach nicht der Realität. Wir hatten in Deutschland ganz andere Verhältnisse.
Die Landesregierung sieht eine große Verantwortung. Wir wollen die Liberalisierung des Postmonopols, und wir wollen diese Liberalisierung sozial absichern. Deswegen sind wir fest davon überzeugt, dass der Mindestlohn der Post unbedingt erforderlich ist.