Protokoll der Sitzung vom 23.01.2008

Zum Zweiten ist in Ihrem Antrag von Grundangeboten die Rede. Ich könnte nun aus Ihrem Antrag zitieren: „Es obliegt der Entscheidung des Trägers, ob er für besondere Leistungen und Angebote, gehobene Standards oder gesteigerte Qualität in Betreuung und Bildung zusätzliche Beiträge erhebt.“ Das ist nicht unser Weg! – Wir bemühen uns im Moment redlich, die Kindergärten beitragsfrei zu machen, und gleichzeitig ergreifen Sie eine Initiative, die zum Ziel hat, dass auf die Eltern Zusatzkosten zukommen. Diesen Weg werden wir so nicht mitgehen.

(Beifall der SPD)

Wenn man den Aufbau schließlich gestemmt hat, ist eine völlig andere Frage, ob es dann ein Finanzierungssystem gibt, das den Ansprüchen noch besser gerecht wird als das bisherige. Diese Frage kann man völlig offen diskutieren; aber zumindest durch solche Sätze, wie Sie sie soeben vorgetragen haben – ich könnte auch andere zitieren –, ist bei mir ein anderer Eindruck entstanden, der mit vielen Befürchtungen verbunden ist. Insofern bin ich sehr froh darüber, dass wir uns mit unserem Programm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ für einen Weg entschieden haben, der

Chancengleichheit in diesem Land auf Dauer gewährleistet.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Frau Abgeordneter Morsblech das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte geahnt, dass etwas Ähnliches kommen würde. Frau Ministerin, nachdem Sie soeben sagten, Sie hätten den Antrag mehrfach durchgelesen, dachte ich aber, dass diese Widersprüche eigentlich in dem Ausmaß, in dem Sie sie vorgetragen haben, nicht entstehen können.

Wir haben von Anfang an sehr deutlich gemacht und dies auch in den Antrag hineingeschrieben, dass wir vom vollendeten ersten Lebensjahr an Eltern einen Gutschein zur Verfügung stellen wollen, durch den sie eine kostenlose Betreuung bekommen, deren Standards nach wie vor durch das Land definiert und finanziert werden, wie dies auch heute der Fall ist.

(Beifall der FDP – Zuruf aus dem Hause: Das steht aber so nicht in Ihrem Antrag!)

Das steht explizit in diesem Antrag. Sie brauchen jetzt nicht zu diskutieren. Es gibt nichts, wo man sich verlesen kann.

Wir haben dann gesagt – ich denke, alles andere ist Augenwischerei, was man behauptet –, wenn man darüber hinaus über den kostenlosen Betreuungsplatz, über die kostenlose Tagespflege anhand von Standards, die das Parlament und letztlich die Regierung festlegen, Leistungen haben möchte, dann sollen Träger auch in der Lage sein, diese Leistungen anzubieten.

(Beifall der FDP)

Da Sie die Gesamtidee des Gutscheins ablehnen, sehe ich, dass Sie grundsätzlich ein Problem mit dem Angebot und der Nachfrage haben.

(Ministerpräsident Beck: Jetzt ist es aber gut!)

Es ist Augenwischerei zu glauben, dass Eltern, denen heute der kostenlose Halbtagsplatz im Kindergarten nicht reicht, nicht zusätzlich noch Tagespflege in Anspruch nehmen.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Es ist Augenwischerei zu glauben, dass Eltern, die eine frühe Förderung für ihr kleines Mädchen im Ballett haben wollen, nicht später am Nachmittag hingehen und

das Kind im Ballett anmelden und dafür Geld auf den Tisch legen. Ich könnte noch sehr viele Beispiele nennen, die sich auf den quantitativen und den qualitativen Aspekt, auf Wünsche und Anforderungen von Kindern und Eltern beziehen.

Warum sollen die Träger, die sich an einem solchen Markt behaupten müssen, nicht über die kostenlose Leistung hinaus, die wir für alle Kinder jeglicher sozialer Herkunft möchten, Leistungen anbieten dürfen? Das ist mir schleierhaft. Es ist Augenwischerei zu glauben, dass sich Eltern nicht auch heute schon diese Leistungen irgendwo anders einkaufen, wenn sie die benötigen.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat Herr Ministerpräsident Beck.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dieser Kurzintervention habe ich mich gemeldet, weil das, was Sie, verehrte Frau Kollegin Morsblech, hier sagen, mit dem, was Sie geschrieben haben, nicht übereinstimmt. Wenn es so ist, wie Sie es hier sagen, dann kann man darüber reden. Wenn es so ist, wie Sie es schreiben, dann kann man mit uns darüber nicht reden. Das sage ich, damit völlige Klarheit herrscht.

Über die beschriebenen Gutscheine kann man unterschiedlicher Meinung sein. Sie schreiben, dass zunächst der Gutschein auf der Basis dessen, was festgelegt wird, die Grundkosten, die pädagogischen Kosten usw. tragen soll.

Dann kommt der letzte Satz unter II. 2. Wenn es anders ist, dann bitte ich Sie, es zu sagen. Man kann das korrigieren. Dann sind wir wieder zusammen. Ansonsten muss ich sagen, es ist eine Differenz in den Grundauffassungen, die ich nicht unwidersprochen stehen lassen möchte. Ich möchte auch nicht so tun, als wäre es nicht so.

Dort steht: „Es obliegt der Entscheidung des Trägers, ob er für besondere Leistungen und Angebote,“ – das könnte man noch so differenzieren, wie Sie es getan haben – „gehobene Standards oder gesteigerte Qualität in Betreuung und Bildung zusätzliche Beiträge erhebt.“ Wenn Sie mir jetzt nicht erklären, dass das nicht zweierlei Klassenrecht ist,

(Beifall bei der SPD)

dann weiß ich nicht, wo ich hinkomme. Das führt genau zu dem, was wir in verschiedenen anderen Ländern Europas haben, nämlich dazu, dass es staatliche Einrichtungen und andere herausgehobene für die Leute gibt, die es sich leisten können. Solange wir etwas zu sagen haben, wird es das in Rheinland-Pfalz nicht geben. Davon können Sie ausgehen.

(Beifall der SPD)

Zu einer Kurzintervention hat Herr Dr. Schmitz das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht wirklich um die Frage, wie wir miteinander umgehen, ob wir bereit sind, das, was eine Fraktion, auch wenn es die kleinste in diesem Hause ist, nach langer Diskussion und nach langem Prüfen mit Blick auf Sozialstandards formuliert hat, verstehen zu wollen oder nicht.

(Zuruf von Ministerpräsident Beck – Widerspruch bei der SPD)

Lautstärke schützt nicht vor Erkenntniszugewinn.

Herr Ministerpräsident, wenn Sie aus Punkt 2 zitieren, dann darf ich Sie am Portepee fassen, so wie Sie es immer tun, und bitten, lesen und zitieren Sie es ganz.

(Ministerpräsident Beck: Das habe ich doch, es war der ganze Satz!)

Nein, nein. Lesen Sie den ganzen Satz.

„Die Deckung der Vollkosten eines entsprechenden Platzes durch den Gutschein umfasst die seitens des Landes vorgeschriebenen Qualitätsstandards.“ Da sind wir uns einig.

Sie und wir stellen sicher, dass unabhängig vom Portemonnaie nach Ihren und unseren Vorstellungen jedes Kind in Rheinland-Pfalz auf der Basis gesicherter Qualitätsstandards Betreuung und vorschulische Begleitung und Erziehung erhält. Das sichern wir alle zu.

Dass jemand darüber hinaus, auch unabhängig von der Betreuung, die er organisiert, für sein Kind Zusatzangebote wahrnehmen darf, davor wollen wir uns doch alle nicht in den Weg stellen.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Wollen Sie Eltern in dem Recht beschneiden, wenn ihre Kinder zu Hause sind, sie zum Tischtennisclub zu schicken?

(Ministerpräsident Beck: Darum geht es gar nicht! – Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD, und weitere Zurufe von der SPD)

Das sind zusätzliche Maßnahmen, die wir nicht ausschließen, die offensichtlich von Ihrer Seite das Gefühl sozialdemokratischen Einheitsbreis behindern.

(Widerspruch von der SPD)

Wir wollen das nicht. Sie wollen es. Sie missverstehen uns bewusst.

(Beifall der FDP und bei der CDU)

Das finde ich nicht in Ordnung.

(Ministerpräsident Beck: Sie wissen doch – – – Zurufe der Abg. Frau Morsblech, FDP, und der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung über Punkt 10 der Tagesordnung. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/1451 – „Förderkonzept Kindertagespflege“ betreffend, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der FDP abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Punkt 11 der Tagesordnung „Bildungs- und Betreuungsgutschein einführen – Wahlfreiheit für Familien schaffen“ betreffend. Wer dem Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 15/1478 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Wer stimmt dagegen? – Danke. Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD gegen die Stimmen der FDP bei Stimmenthaltung der CDU abgelehnt.

Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf: