Protokoll der Sitzung vom 24.01.2008

(Bracht, CDU: Den Satz habe ich noch nicht gehört, Herr Kollege!)

Sie klatschen doch sonst immer, wenn Ihre Kanzlerin etwas sagt.

(Bracht, CDU: Sie müssen richtig zitieren!)

Lassen Sie mich aber auf die Geschichte des Bahnhofs Rolandseck zurückkommen, weil ich meine, ohne die Geschichte kann man gar nicht verstehen, weshalb dieses Projekt notwendig war und weshalb es letztlich verwirklicht worden ist.

Das Projekt hat einen 1858 gebauten Bahnhof wiederbelebt, in dem auch früher schon Kultur stattfand. In ihm haben Franz Liszt und Johannes Brahms gespielt, in ihm ist Heinrich Heine verkehrt, in ihm hat George Bernhard Shaw sein erstes Theaterstück kreiert, und in ihm hat Guillaume Apollinaire Inspirationen für seine Dichtungen gehabt.

Dieses Bauwerk war am Boden zerstört, eine Ruine, als sich Johannes Wasmuth 1975 um dieses Projekt gekümmert und einen Kulturbahnhof gegründet hat, auch wenn das mit Studentenpartys verbunden war. Ich halte auch Studentenpartys für schöne Anlässe, Frau Kollegin.

(Pörksen, SPD: Das kommt auf die Frauen an!)

Zusammen mit den renommiertesten Künstlern der damaligen Zeit, wie Stefan Askenase, einem weltberühmten Pianisten, und Yaltah Menuhin aus der berühm

ten Menuhin-Familie und anderen hat er sich bemüht, diesen Bahnhof zu erhalten.

Oskar Kokoschka hat später ein Portrait an Konrad Adenauer überreicht und sich dabei dafür eingesetzt, dass dieser Bahnhof erhalten wird. Er hat sich bei Konrad Adenauer dafür eingesetzt, nur um Sie einmal an die Historie zu erinnern.

Es ist ihm gelungen, diesen Bahnhof zu retten und Kultur in ihn hineinzubringen. 1968 fand darüber eine Debatte im Bundestag statt. Das wurde also über die Ländergrenzen hinaus diskutiert. Bernhard Vogel hat damals die Erwerbsverhandlungen mit der Deutschen Bundesbahn geführt, damit dieses Projekt nicht kaputtging, sondern ausgebaut wurde. Dann hat man investiert. Helmut Kohl konnte dann die Urkunde an Johannes Wasmuth überreichen, dass der Bahnhof tatsächlich erhalten bleibt und das Land Rheinland-Pfalz sich dort engagiert.

Es gehörte zur Vision des Johannes Wasmuth, der offensichtlich ein Seelenfänger im Kulturbereich war, dass dort ein Museum für den Nachlass von Jean Arp gebaut wird. Er hat sicher auch durch die Eigenschaften, die dieser Mensch gehabt hat, diesen Nachlass von Marguerite Arp an Land gezogen.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Ja, das kann man so sagen!)

Ja, das war so. Das soll man nicht verschweigen. Das waren offensichtlich die Qualitäten dieses Mannes.

Die damalige Landesregierung – 1970 fand eine große Arp-Ausstellung im Bahnhof statt, woher der Kontakt rührt – war der Auffassung, dass das ein interessantes Ziel für dieses Land ist. Das haben die Folgeregierungen genauso wie der Landkreis Ahrweiler und die Stadt Remagen so gesehen. Dies immer wieder einmal mit unterschiedlichen Akzenten, weil man gesagt hat, dieses historische Erbe eines großen europäischen Künstlers länderübergreifend am Strom Rhein, der in Straßburg tätig gewesen ist und der Deutsch und Französisch sprach, diene der Versöhnung. In der Nähe zu Bonn bestehe eine Chance, ein solches Projekt zu verwirklichen.

Von diesem Enthusiasmus des Herrn Wasmuth haben sich die anderen anstecken lassen, haben das geprüft und umgesetzt. Daher rührt im Übrigen auch die Intention, dass der weltbekannte Architekt Richard Meier dieses Projekt verwirklicht hat. Das war Bestandteil der Gespräche, die vorab geführt worden sind. Es war auch Bestandteil der Erbvereinbarung zu Arp, dass der Nachlass gerade dort ausgestellt werden soll.

Nicht aus dem blauen Himmel heraus hat man das gemacht. Das war im Übrigen, bevor die Museumsprojekte von Richard Meier in Baden-Baden und Ulm verwirklicht wurden. Ja, wir haben sehr lange gebraucht, weil es sehr schwierig war. Der Umgang mit Johannes Wasmuth war schon ein schwieriger. Er war Künstler. Mir ist erzählt worden, dass er auch Projekte grandios in den Sand gesetzt hat, aber seine Künstlerfreunde ihn mit Konzerten da wieder herausgerissen haben. Geht Ihnen

komplett ab, dass so etwas auch eine Chance für die Zukunft sein kann?

Die Vision, die damals Ausgangspunkt war, will ich in den Worten von Marcel Marceau vortragen. Das war der weltberühmte Pantomime, der dort aufgetreten ist. Er hat ein Rolandsecker Manifest verfasst und gesagt: „Hier wird die Zauberwelt sich auftun und der Zauber wird in uns wach werden. Der Bahnhof Rolandseck wird das Theater sein, in dem sich alle Künste vereinen, um das Wunderbare zu schaffen.“

Jetzt sage ich: Vielleicht hätte der frühe Arp durchaus seine Freude daran gehabt, dass es später über seinen Nachlass auch noch einen UA „Arp“ geben wird und sich die Politik derart intensiv damit befassen wird.

(Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

Herr Wirz, was dem zugrunde liegt, wissen Sie doch. Sie haben wie viele andere auch Ihre Zweifel geäußert. Rose Götte wurde genannt. Wir müssen festhalten, dass sich in dem Projekt, das dort jetzt real existiert – das konnten Sie in vielen Berichten nachlesen –, das, was man sich wünschte, verwirklichen und realisieren lässt. Die Besucherzahlen, die in den ersten Monaten schon hervorragend waren, bestätigen uns darin, dass das eine sinnvolle Investition war.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, es gab eine Geschichte der Irrungen und Wirrungen, die letztlich dazu geführt hat, dass ausgangs des vergangenen Jahres der Vertrag seitens des Landes mit der Stiftung Verein Arp – es ist ein Verein – gekündigt wurde, weil dieser Verein sich nicht vertragstreu verhalten hat.

Sie wissen, dass diese Auseinandersetzung läuft. Sie läuft vor einem Gericht in Hamburg. Wie ich gehört habe, haben wir dort in der ersten Instanz gewonnen. Der Arp-Verein darf nämlich nicht mehr behaupten, dass es keine verbindliche Liste der Kunstwerke gegeben habe. Er darf auch nicht mehr behaupten, was er getan hat, dass der Staatssekretär vorzeitig gewusst habe, dass Kunstwerke verkauft worden sind.

Meine Damen und Herren, wenn man aber mit einem Vertragspartner ein wichtiges Projekt stemmen will, auch wenn er schwierig ist – das ist im künstlerischen Bereich nun einmal oft der Fall –, muss man zunächst darauf vertrauen können, dass die Vertragspartner das gleiche Ziel anstreben und deshalb auch irgendwo zusammenwirken. Das ist bei allen Reibereien immer so gewesen. Das ist bei Wasmuth so gewesen, und das war sicher mit seinen Nachlassverwaltern, dem Verein „Stiftung“, schwieriger.

Das, was dann an Diskussionen stattfand und was an erster und zweiter Rahmenvereinbarung gemacht wurde, ist dem Parlament auf vielfache Fragen hin in den Ausschüssen dargelegt worden. Es ist auch öffentlich diskutiert worden. Es wird die Frage der Authentizität von Nachgüssen – ist es ein Original oder ist es keines? – trefflich diskutiert, und es wird darüber gestritten.

Es gibt aber ein unstreitig wertvolles Konvolut, das die Landesregierung käuflich erworben hat und das zur Verfügung steht. Wenn Sie sich im Kunstmarkt ein bisschen auskennen, wissen Sie, dass sein Wert in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen ist.

Wir tragen diesen Untersuchungsausschuss mit und sehen ihm gelassen entgegen, weil man alles, was man verantwortlich getan hat, auch ausbreiten kann.

Frau Kollegin, geben wir uns doch keinen Illusionen hin. Das kann man schon aus den Namen schließen, die Sie am Anfang genannt haben. Vielleicht liegt der Reiz, dass es zu einem Untersuchungsausschuss kommt, bei Ihnen auch darin, dass man mit großen Namen auf dem Mainzer Parkett des Untersuchungsausschusses glänzen möchte, weil das Bilder gibt. Bilder vermitteln dann natürlich auch Wichtigkeit, und Wichtigkeit hat man nötig. Das sei Ihnen nicht versagt. Diese Methoden der Profilierung kennen auch wir. Sie sind dem politischen Geschäft nicht ganz fremd.

Wenn dann noch die Verführung besteht, dass ein Reporter dringend meint, dass ein solcher Untersuchungsausschuss notwendig ist, kann man vielleicht einem solchen Wunsch auch nicht widerstehen, weil jeder von uns möchte lieber Lob als Tadel. Das ist doch gar keine Frage.

Wir sind daran interessiert, dort eine sachliche Arbeit durchzuführen. Die Arbeitsziele sind aufgeschrieben. Wir schlagen Carsten Pörksen als stellvertretenden Vorsitzenden vor. Er hat einen reichhaltigen Erfahrungsschatz in Sachen Untersuchungsausschüsse. Zwei Autoren des einschlägigen Kommentars sitzen hier im Wissenschaftlichen Dienst – oder auf der Bank. Sie werden sich über das Futter freuen.

Ich glaube aber, dass der Erkenntnisgewinn, der am Schluss steht, ein sehr bescheidener sein wird. Ich hoffe, dass wir die Auseinandersetzungen mit dem Verein weiter so gut bestehen, wie wir sie angegangen sind. Auch da sind die richtigen Weichenstellungen zum richtigen Zeitpunkt erfolgt.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Werte Kolleginnen und Kollegen, das Wort hat Frau Stefanie Lejeune.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck und die Zusammenarbeit des Landes Rheinland-Pfalz bzw. der Landesregierung mit der Stiftung Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp e. V. waren in den letzten Monaten, insbesondere in den letzten drei Monaten, mehrmals Gegenstand der Diskussion und Beratung in diesem Plenum und in den Ausschüssen. Alle hier

anwesenden Fraktionen waren der Ansicht, dass die Unstimmigkeiten zwischen dem Arp-Verein und der Landesregierung, die in der eigenmächtigen Veräußerung von 14 Exponaten aus der Dauerleihgabe an das Land Rheinland-Pfalz durch den Verein gipfelten, die Beendigung der Zusammenarbeit notwendig machten.

Ich möchte jetzt nicht noch einmal detailliert auf diesen Vorgang eingehen; denn er wurde schon ausgiebig dargestellt und wird vertieft Gegenstand des einzusetzenden Untersuchungsausschusses sein. Auf viele historische Gegebenheiten, die noch zu klären sein werden, haben meine Vorredner Bezug genommen bzw. sie haben sie dargestellt.

Nach der Aufkündigung des Vertragsverhältnisses durch das Land bleibt zu klären, mit welchen Exponaten des Namensgebers das Arp Museum zukünftig und langfristig bestückt werden kann, wie sich die finanzielle Ausstattung des Museums gestalten muss und welche juristischen und finanziellen Konsequenzen die Vertragskündigung für das Land im Detail hat.

Das Arp Museum ist wegen seiner herausgehobenen Stellung in der rheinland-pfälzischen Museumslandschaft und den mit seiner Errichtung verbundenen Kosten Objekt eines gesteigerten öffentlichen Interesses. Auch das ist aus den Beiträgen meiner beiden Vorredner deutlich hervorgegangen. Diesem muss das Parlament von daher in jedem Fall Rechnung tragen.

Um die künftigen Folgen der Vertragskündigung realistisch einschätzen und abwägen zu können, ist zunächst eine rückblickende Betrachtung unerlässlich. Zwar ist die erste Gewalt nicht dazu berufen, die juristische Auseinandersetzung mit dem Arp-Verein zu führen, aber für die Beurteilung der Sachlage ist das Hinterfragen der chronologischen Abläufe und der Motive für die im Einzelnen getroffenen Entscheidungen unerlässlich. Dies ist auch deshalb wichtig, weil das Parlament als Haushaltsgesetzgeber über die finanzielle Ausstattung des Arp Museums zu entscheiden hat.

Ein parlamentarisches Instrument, um eine solche rückblickende Betrachtung sehr detailliert und gründlich vornehmen zu können, ist die Einsetzung des Untersuchungsausschusses. Dazu wurde der von der CDUFraktion initiierte Einsetzungsantrag von den Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP entsprechend ergänzt und damit inhaltlich erweitert.

Der einzusetzende Untersuchungsausschuss soll sich nach dem Willen der drei in diesem Hause vertretenen Fraktionen kurz gesagt mit den Umständen befassen, die zum Abschluss der beiden Rahmenvereinbarungen von 1995 und 2005 geführt haben, sowie mit der Auswahl der Vertragspartner, den Dauerleihgaben, den Umständen des Erwerbs der Kunstgegenstände, der Lenkung und Kontrolle der Finanzströme und der Errichtung des Museums selbst.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Sehr gut!)

Da die Landesregierung für das Land Rheinland-Pfalz gehandelt hat, sind ihre Handlungsweisen kritisch zu

hinterfragen. Insbesondere ist zu fragen, ob ihr Versäumnisse oder Pflichtverletzungen anzulasten sind.

Welche Ergebnisse wir hier zutage fördern werden, ist noch gänzlich offen. Ob es überhaupt zu Pflichtverletzungen gekommen ist, welchen Umfang diese haben und wem konkret sie anzulasten sind, wird der Untersuchungsausschuss herausfinden müssen.

Jetzt ist es sicherlich zu früh, um hier irgendwelche Spekulationen anzustellen. Die FDP-Fraktion wird dem Einsetzungsantrag selbstverständlich zustimmen und die Arbeit des Untersuchungsausschusses konstruktiv begleiten, und sie ist wie alle anderen sehr gespannt, welche Ergebnisse wir zutage fördern werden.

(Beifall der FDP)