Protokoll der Sitzung vom 24.01.2008

(Beifall der FDP)

Werte Kolleginnen und Kollegen, gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP abstimmen – Drucksache 15/1858 –. Wer ist dafür? – Ich stelle Einstimmigkeit fest.

Wir kommen dann zum Antrag des Abgeordneten Christian Baldauf, CDU, und 37 weiterer Abgeordneter der Fraktion der CDU – Drucksache 15/1762 –. Wer stimmt dem Antrag des Herrn Abgeordneten Baldauf und 37 weiterer Abgeordneter zu?

(Baldauf, CDU: Wir haben das doch komplett gemacht! – Zuruf von der CDU: In der geänderten Fassung!)

In der geänderten Fassung, das ist völlig klar. Wir haben erst den Änderungsantrag abgenommen.

(Zurufe von der CDU: Das ist nicht okay! – Ministerpräsident Beck: Jetzt ist es okay!)

Das ist schon in Ordnung. Die Fassung ist mit dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP geändert worden. – Bei der Abstimmung über den Antrag in der geänderten Fassung des Abgeordneten Baldauf und 37 weiterer Abgeordneter der Fraktion der CDU stelle ich Einstimmigkeit fest.

Wir kommen dann zur Wahl des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses. Herr Kollege Bracht, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDUFraktion schlägt Ihnen den Abgeordneten Herbert Schneiders als Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses vor.

Herr Schneiders ist vorgeschlagen. Gibt es Gegenvorschläge? – Das ist nicht der Fall. Wer stimmt für den Vorschlag des Herrn Abgeordneten Bracht? – Auch hier stelle ich Einstimmigkeit fest.

Das Wort hat Frau Abgeordnete Schleicher-Rothmund.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion schlägt Ihnen als Stellvertreter Herrn Carsten Pörksen vor.

Wer stimmt für Herrn Carsten Pörksen als stellvertretenden Vorsitzenden? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Herr Carsten Pörksen zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Ich darf den beiden Herren ganz herzlich gratulieren.

(Zuruf aus dem Hause: Beileid!)

Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf:

Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 15/1721 –

dazu: Beschlussempfehlung des Sozialpolitischen Ausschusses – Drucksache 15/1845 –

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Rüddel. Herr Rüddel, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag hat den Antrag am 13. Dezember 2007 an den Sozialpolitischen Ausschuss und den Rechtsausschuss zur Beratung überwiesen. Der Sozialpolitische Ausschuss hat sich in seiner 19. Sitzung am 17. Januar 2008 mit dem Antrag befasst, der Rechtsausschuss in seiner 16. Sitzung am 22. Januar. Beide Ausschüsse empfehlen einstimmig die Annahme.

Das UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen stellt die Weichen für Gleichberechtigung und Teilhabe aller Menschen mit Behinderungen in der ganzen Welt. Dieses Übereinkommen soll nun auch vom Bundesrat ratifiziert werden.

Danke schön, Herr Berichterstatter. – Das Wort hat Herr Abgeordneter Dröscher.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe unseren Antrag zur Ratifizierung der UNKonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in der 36. Plenarsitzung am 13. Dezember 2007 in diesem Hause bereits einmal begründet. In den sechs Wochen danach ist einiges geschehen. Zum einen hat sich die Zahl der Staaten, die die Konvention unterschrieben haben, von 118 auf 122 erhöht. Die Zahl der Staaten, die die Konvention ratifiziert haben, hat sich von elf auf 14 erhöht. Acht dieser Staaten haben die Konvention einschließlich Zusatzprotokoll ratifiziert. 20 Staaten müssen das Dokument ratifizieren, damit es wirksam wird.

Darüber hinaus haben sich die beteiligten Ausschüsse damit beschäftigt und jeweils einstimmig die Empfehlung zur Annahme des Antrags beschlossen.

Inzwischen liegt auch eine abgestimmte deutsche Übersetzung des Dokuments vor und – das betone ich besonders – auch eine allgemeine Zustimmung zu unserer Initiative, und zwar nicht nur aus Berlin, wo man das wahrgenommen hat, sondern auch – das freut mich besonders – von Organisationen der Betroffenen. Ich freue mich, dass Frau Schädler und weitere Vertreterinnen und Vertreter des Netzwerks Gleichstellung und Selbstbestimmung heute im Landtag unserer Debatte folgen.

Eine gute Voraussetzung ist, dass wir heute mit einer breiten Zustimmung zu diesem Antrag gemeinsam dazu beitragen, dass Bund und Länder die UN-Konvention zügig ratifizieren. Doch nicht nur dieses Ergebnis zählt. Die weltweite Diskussion um die UN-Konvention und ihre Umsetzung fördert auch die Bemühungen um einen Konsens über menschenrechtliche und soziale Standards in der Welt. Das ist Globalisierung im positiven Sinn.

Auch die Beteiligung der Organisationen und Verbände für Menschen mit Behinderungen unter der Überschrift „Nicht über uns ohne uns“ wird einen nachhaltigen positiven Einfluss auf die Entwicklung haben.

Die Konvention beschränkt sich nicht auf die Aufführung von Grundsätzen, sondern fordert und beschreibt konkrete Maßnahmen zur Umsetzung dieser Grundsätze in Recht, Verwaltungshandeln und in alle Lebensbereiche hinein. Diese konkreten Maßnahmen und Forderungen geben auch Hinweise zum praktischen Handeln für uns.

Ich will einige wenige ansprechen. Es geht dabei um die Frage der Mehrfachdiskriminierung von behinderten Frauen, Maßnahmen zur Stärkung behinderter Frauen, die Gleichberechtigung von behinderten und nicht behinderten Kindern – das ist Artikel 7 – und vor allem den gleichberechtigten Genuss von Grundfreiheiten und Menschenrechten. Es wird noch konkreter, wenn es um

den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, die Barrierefreiheit, die hier deutlich beschrieben ist, und den Schutz vor jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch geht.

In den Ländern wird es besonders interessant, wenn es um das Recht auf Bildung ohne Diskriminierung auf Grundlage der Chancengleichheit, die Gewährleistung des integrativen Bildungssystems, die Ermöglichung des Erwerbs von lebenspraktischen Fertigkeiten, geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung des Zugangs zu allgemeiner Hochschulbildung usw. geht. Das sind ganz spannende Dinge, die auch uns beeinflussen.

Die Anerkennung auf ein gleiches Recht zur Teilnahme am kulturellen Leben ist ebenso mit geeigneten Maßnahmen beschrieben, sodass wir ganz praktische Hinweise daraus ziehen können, damit diese UNKonvention auch eine Konvention über Menschenwürde, selbstbestimmtes Leben und demokratische Grundrechte für alle Menschen und nicht nur für Menschen mit Behinderungen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, viele Grundsätze und Ziele der Konvention sind in Deutschland insbesondere auch in Rheinland-Pfalz verwirklicht. Wir sollten uns trotzdem davor hüten, uns zurückzulehnen und zu sagen, jetzt sollen die anderen einmal etwas tun.

Auch wir können in diesem Dokument viele Anregungen finden. Vieles ist in unserer Gesellschaft am Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderungen noch nicht selbstverständlich. Wie oft steckt der Teufel auch im Detail. Ich erinnere an die Meldung vor einigen Tagen im Zusammenhang mit der Möglichkeit, als Rollstuhlfahrer Busse und Bahnen zu benutzen. Auch für uns selbst ist die Ratifizierung der UN-Konvention ein wichtiger Schritt zur Normalisierung.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns diesen Schritt gemeinsam gehen.

(Beifall der SPD)

Als Gäste im Landtag begrüße ich ganz herzlich Frau Katja Schmidt aus Hennweiler, Gewinnerin des Quiz anlässlich der Wanderausstellung „Der Landtag Rheinland-Pfalz“, und Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses „Sozialkunde“ der Jahrgangsstufe 12 des Peter-Joerres-Gymnasiums Ahrweiler. Herzlich willkommen im rheinland-pfälzischen Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Rüddel.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Union begrüßt, dass die Vollversammlung der Vereinten Nationen nach jahrelangen

Bemühungen erstmals eine völkerrechtlich bindende Konvention zum weltweiten Schutz der Rechte behinderter Menschen verabschiedet hat. Schließlich hat es vorher nur freiwillige Absichtserklärungen gegeben.

Die Einstellung der Gesellschaft zu ihren behinderten Mitgliedern wird mehr als durch Gesetze durch das allgemeine Bewusstsein bestimmt. Verfassungen und Gesetze allein können hier keine grundlegenden Veränderungen bewirken. Das Denken und Handeln jedes einzelnen Bürgers muss sich ändern. Gedankenlosigkeit, Gleichgültigkeit und fehlende Sensibilität müssen zurückgedrängt werden.

(Beifall bei der CDU)

Offenheit und Rücksichtnahme, Verständnis und Zuwendung sind Tag für Tag erforderlich. Natürlich ist die Festschreibung der Gleichstellung behinderter Menschen durch die Vereinten Nationen eine sehr gute Nachricht. UNO-Generalsekretär Annan sprach 2006 sogar vom Beginn einer neuen Ära für die weltweit 650 Millionen behinderten Menschen, von denen 70 % in Entwicklungsländern leben.

Weniger als 1 % der Menschen mit Behinderungen können beispielsweise nach Angabe des Deutschen Behindertenrats in vielen Ländern die Schule besuchen. Die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe der Menschen mit Behinderungen wird in der Konvention verbindlich festgeschrieben. Die beitretenden Mitgliedstaaten verpflichten sich zu einer behindertengerechten Politik. Sie müssen dabei Vorurteile, Barrieren und diskriminierende Gesetze abbauen.

Wir haben bei der Unterzeichnung und Umsetzung des Übereinkommens eine Vorbildfunktion. Auch wenn in Sachen Rechte behinderter Menschen in Deutschland noch längst nicht alles erreicht ist, so ist der Aufholbedarf in vielen Ländern der Welt weitaus größer.

Behinderte Menschen müssen in der ganzen Welt gleichberechtigt und gemeinsam mit nicht behinderten Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und nach ihren Fähigkeiten, Leistungen und Interessen gefördert werden. Dieses selbstverständliche Miteinander sollen sie von klein auf durch gemeinsame Bildung und Erziehung in Familien, frühkindlichen Einrichtungen und Schulen lernen.

Auch im Arbeitsleben setzt die CDU auf mehr Beschäftigungsverhältnisse für behinderte Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dieses Bild von Behinderung findet sich auch in dem Übereinkommen wieder. Wir stehen deshalb für ein zügiges Umsetzungsverfahren ein. Allerdings wird sich erst im Gesetzgebungsverfahren zeigen, welche konkreten Auswirkungen sich bei der Ratifizierung des Übereinkommens für behinderte Menschen in Deutschland ergeben.

Wichtig für die CDU-Fraktion ist, dass die Menschen mit Behinderungen am Umsetzungsprozess beteiligt werden. Um Teilhabe zu ermöglichen, müssen geeignete Maßnahmen getroffen werden, um behinderten Menschen den gleichberechtigten Zugang zu Transportmitteln, Informationen, Kommunikation sowie zu öffentli

chen Einrichtungen zu gewährleisten. Leitlinien und Mindeststandards für den barrierefreien Zugang in öffentlichen Gebäuden, Verkehrsmitteln, Informations- und Kommunikationstechnologien müssen erarbeitet und umgesetzt werden.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Um Menschen mit Behinderungen die wirksame Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, dürfen behinderte Kinder nicht vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden. Es muss vermehrt eine gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderung stattfinden.