Herr Schreiner, dann höre ich Ihre Rede, in der Sie das Kooperationsverbot – ich könnte auch „Einmischungsverbot“ sagen – eisern verfechten.
Ich bin einmal gespannt, wie in Berlin – – – Die SPD – ich habe diese Position heute Morgen wohl vernommen – wird das wohl nicht allein richten. Ich bin gespannt, welche Position Sie in den nächsten Tagen in Berlin einnehmen werden.
Meine Damen und Herren, ich sage ganz deutlich, vielleicht noch etwas deutlicher als mein Fraktionsvorsitzender – wenn man genau hingehört hat, hat man seine Position wohl verstanden –, wir sind der Meinung, dass ein deutliches Abweichen von diesem Entwurf, über den wir heute reden, aus unserer Sicht nicht positiv zu bewerten ist. Wir sind der Überzeugung, dass dieses Einmischungsverbot schon seinen Sinn hat. Bernhard Vogel hat es zu Recht so benannt. Da bietet die deutsche Sprache auch eine ganze Menge. Ich würde es nicht Kooperationsverbot, sondern Einmischungsverbot nennen.
Wenn wir entscheidend davon abweichen – ich habe so eine Befürchtung; ich weiß nicht, was herauskommt –, dann ist es nicht nur so, dass wir dankend Geld aus Berlin entgegennehmen. Mit diesem Geld ist auch Einfluss verbunden, und dadurch wird auch der Wettbewerbsföderalismus ein Stück weit – ich weiß nicht, wie weit – infrage gestellt werden können. Das ist die große
Meine Damen und Herren, Sie werden gestatten, dass ich – von dem vorliegenden Entwurf ausgehend – in diesem Zusammenhang einige Äußerungen zur Hochschul- und Wissenschaftspolitik machen möchte, die besonders umstritten ist.
Ich darf das ganz offen sagen. Ich lese beispielsweise vom Deutschen Depeschendienst: SPD-Linke beharrt auf Korrekturen bei Föderalismusreform. – oder: Willkürliche Trennung der Einheit von Forschung und Lehre ist weder sachgerecht noch zukunftsorientiert. – Man merkt dann gleich, was dahintersteckt. Es gibt noch andere Gruppen. Ich beziehe unsere Zentralisten in Berlin ausdrücklich mit ein, die andere Positionen beziehen. Es ist sehr spannend zu verfolgen, was letztlich als Kompromiss dabei herauskommt.
Ich möchte einige Thesen zur Hochschul- und Wissenschaftssituation im Zusammenhang mit dem jetzt vorliegenden Entwurf nennen, der für uns Diskussionsgrundlage ist. Die FDP-Fraktion steht im Grundsatz zu diesem Lösungskonzept des Entwurfs.
Wir widersprechen ausdrücklich den nicht überzeugenden zentralistischen Ansätzen, die zum Beispiel – ich habe mir das bei PHOENIX angeschaut – von Herrn Bode, dem Generalsekretär des DAAD, vertreten werden. Er vertritt eine zentralistische Position, die jeden Landesparlamentarier erschrecken muss.
Wir gehen mit dieser Reform, wenn sie so bleibt und nicht aufgeweicht wird, einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Wir machen Schluss mit dem bisherigen System organisierter Unverantwortlichkeit.
Meine Damen und Herren, nur so wird es gelingen, die deutsche Wissenschafts- und Hochschullandschaft wieder an die internationale Spitze heranzuführen. Nur klare Verantwortungsstrukturen und echter Wettbewerb können die Hochschulen und Forschungseinrichtungen in unserem Land befähigen, sich im immer härter werdenden internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe, die größten Etats mit dem Ziel exzellenter Ergebnisse zu behaupten.
Sie brauchen dafür im Kern zwei Voraussetzungen: erstens die Freiheit, sich im Wettbewerb strategisch zu entwickeln und zu positionieren, und zweitens eine verlässliche und auskömmliche Finanzierung. Mehr Freiheit und Verantwortung sollen die Länder im Bereich von Wissenschaft und Forschung bekommen. Dies ist der wesentliche Bestandteil dieses Reformvorhabens.
Meine Damen und Herren, wir werden gut beraten sein, die neuen Handlungsspielräume in Form von Freiheit und Autonomie an unsere Hochschulen in RheinlandPfalz weiterzugeben.
Meine Damen und Herren, ein gesunder Wettbewerbsföderalismus darf nicht mit kleinkarierter Kleinstaaterei gleichgesetzt werden. Es ist absurd zu glauben, dass Probleme umso besser gelöst werden, je zentralistischer die Zuständigkeiten angesiedelt sind.
Freiheit ist die eine Seite der Medaille. Ein hinreichendes Finanzierungssystem, das seinerseits Wettbewerb fördert, ist die andere. Aus diesem Grund begrüßen wir, dass die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau abgeschafft wird und die Länder die komplette Verantwortung für den Hochschulbau übernehmen. Dies schafft mehr Gestaltungsspielraum, der im Interesse der Hochschulen genutzt werden muss.
Der Bund wird – ich hoffe, dass das so bleibt – 70 % der bisherigen Mittel für den Hochschulbau als Kompensationsmittel weiterleiten. Zur Berechnung soll die Referenzperiode zwischen 2000 und 2003 dienen. Natürlich stellt sich die Frage, wie Rheinland-Pfalz bei der Berechnungsmethode abschneidet und ob die vom Bund zur Verfügung gestellte Summe vor dem Hintergrund der Entwicklung der Studierendenzahlen ausreicht. Letzteres bezweifele ich aus heutiger Sicht.
Welche zusätzlichen Belastungen auf Rheinland-Pfalz zukommen können, hängt entscheidend davon ab, wie gerecht die Finanzströme in der Zukunft fließen. Die restlichen 30 % der Mittel, die nicht als Kompensationsmittel an die Länder fließen, kommen der neuen Gemeinschaftsaufgabe Forschungsförderung zu. Der Bund hat vor, mit diesen Mitteln Forschungsbauten und Großgeräte von überregionaler Bedeutung mitzufinanzieren. Das ist grundsätzlich richtig. In diesem Fall macht die Gemeinschaftsaufgabe in der Tat Sinn, weil sie funktional gerechtfertigt ist. Da das Verfahren nach meiner Kenntnis aber noch nicht geklärt ist, wird viel davon abhängen, wie das Ergebnis letztlich aussehen wird.
Unsere rheinland-pfälzischen Interessen sind hierbei in der Tat vital berührt. Der Wissenschaftsminister – ich weiß, dass er sich in dieser Hinsicht sehr stark engagiert – trägt im Hinblick auf die Gestaltung der Bundesfinanzierung für unser Land eine erhebliche Verantwortung. Wir hoffen, dass wir zu einem Ergebnis kommen, das den Interessen von Rheinland-Pfalz gerecht wird.
Im Übrigen wird sich hierbei zeigen, dass wir sehr bald eine durchgreifende Finanzverfassungsreform benötigen, die die Länder in die Lage versetzt, diese Aufgaben zu erfüllen.
In diesem Zusammenhang stellt die FDP-Fraktion fest: Wir wollen eine Umstellung der Studienfinanzierung nach dem so genannten Schweizer Modell. Herr Minister Zöllner hat dies ins Gespräch gebracht. Wir sind der festen Überzeugung, dass dies ordnungspolitisch richtig ist. Wir müssen alles daransetzen, um dieses durchzusetzen. Hierfür gibt es drei Gründe, die auch im Zusammenhang mit der Föderalismusreform zu nennen sind:
1. Es kann nicht gerecht sein, wenn der prozentuale Anteil der Studierenden in Rheinland-Pfalz – in anderen Bundesländern übrigens auch – deutlich höher ist als
der Anteil an den erhaltenen Hochschulbaumitteln. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Es kann nicht sein, dass Bundesländer weniger Geld für die Lehre ausgeben, dieses Geld in die Forschung stecken und letztlich von zusätzlichen Bundesmitteln profitieren. Das ist ungerecht, meine Damen und Herren. An dieser Stelle muss etwas getan werden.
Wir wissen, wie schwer das ist. Wir setzen aber darauf, dass sich die Vernunft zumindest mittelfristig durchsetzen wird.
2. Eine Finanzierung des Studiums durch das Herkunftsland würde die Interessenlage der Bundesländer radikal verändern. Ein neuer Wettbewerb um möglichst viele Studierende allein wegen der enormen volkswirtschaftlichen Vorteile würde sehr schnell die Qualität der Studienangebote verbessern. Der Wettbewerb um die Entwicklung von Bildungsstandorten würde sich noch mehr lohnen.
3. Die FDP will aber nicht bei einem Ländervorteilsausgleich bleiben. Wir wollen, dass jeder Studierende das ihm zustehende Geld seines Bundeslandes zusammen mit seinem persönlichen Studienbeitrag – der übrigens kommen wird, das sage ich Ihnen voraus – an die jeweilige Hochschule direkt transferiert. Das ist das System, das wir Bildungsgutscheine nennen. Dann haben wir nicht nur einen Bildungswettbewerb zwischen den Bundesländern, sondern auch – das muss das Ziel sein – einen Wettbewerb zwischen den einzelnen Hochschulen in Deutschland.
Sehr geehrter Herr Wissenschaftsminister Zöllner, ich wiederhole an dieser Stelle die Anregung meines Fraktionsvorsitzenden Herbert Mertin, eine modellhafte Kooperation zwischen Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen ins Auge zu fassen, wenn eine bundeseinheitliche Regelung an zu großen Interessenunterschieden zunächst scheitern mag. Das befürchten wir. Das ist realpolitisch vorauszusehen. Wir denken, dass es möglich ist, zwischen diesen drei Bundesländern, bei denen die Interessenunterschiede nicht so erheblich sind, modellhaft ein solches System zu erproben und dann letztlich überzeugend zu gestalten, um das dann in der gesamten Bundesrepublik umsetzen zu können.
Meine Damen und Herren, auch wenn wir an diesem Beispiel sehen, dass eine Reform viel größer angelegt sein könnte, lassen Sie uns mit dieser Reform – ich spreche von dem uns bekannten Entwurf – den ersten Schritt wagen. Bei diesem Entwurf würden wir als FDPFraktion gern bleiben.
In der Tat – ich darf das noch einmal wiederholen – warnen wir als FDP-Fraktion in Rheinland-Pfalz vor der Gefahr einer – vielleicht sehe ich das zu hart oder meine Sichtweise ist überzogen – Aufweichung. Wenn es uns gelingt, diesen Entwurf ohne zusätzliche grundsätzliche Veränderungen durchzusetzen, haben wir meiner Meinung nach etwas für die Entwicklung des Hochschulwesens in Rheinland-Pfalz und in Deutschland getan.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Nachgang zu dieser Debatte ist es doch gut, dass wir alle davon überzeugt sind, dass dieser Kompromiss eine tragfähige Grundlage für das darstellt, was wir uns in den nächsten Jahren als Konstrukt unseres Föderalismus vorstellen. Es ist auch gut so, dass das so kommen wird; denn ich meine nicht, dass es den Bürgerinnen und Bürgern draußen vermittelbar ist, wenn wir es noch nicht einmal schaffen, unser eigenes Machtgefüge auf zukunftsfähige Beine zu stellen – so stehen Probleme bei den Sozialversicherungssystemen an, und es müssen die Steuersysteme reformiert werden – und wir uns stattdessen im Klein-Klein dessen, was auf der einen Seite als zentralistisch und auf der anderen Seite als föderal bezeichnet wird, zerreißen, ohne dass wir einen tragfähigen Kompromiss finden. Herr Kollege Kuhn, deshalb meine ich, dass auch jetzt immer noch Spielraum vorhanden sein muss, wenn der Bundesrat und der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit darüber entscheiden müssen, Nachjustierungen vorzunehmen.
Meine Damen und Herren, die Länderparlamente werden gestärkt. Es wäre deshalb schlecht, wenn wir uns dagegen wehren würden, wenn wir bei der einen oder anderen Materie stärkere Befugnisse bekommen. So heißt es auch, dass die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder ist, wenn sie nicht ausdrücklich dem Bund zugewiesen worden sind. Der Bund soll auch nur das regeln, was für ein länderübergreifendes Zusammenleben unerlässlich oder zumindest sehr zweckmäßig ist.
Es ist auch richtig und wichtig, dass die Gesetzesmaterien, die eine nahe Kompetenz des Vollzugs aufweisen, von uns in Länderhoheit beschlossen werden.
Herr Baldauf, Sie haben vollkommen Recht, wenn Sie sagen, es gibt 16 Ideen. Herr Schreiner, wenn man mit einer Idee nicht so besonders gut dasteht, sind die Auswirkungen auch nur ein Sechzehntel so groß. In keinem anderen Bundesland ist nämlich das Erreichen des Abiturs so vom Geldbeutel und vom sozialen Niveau der Eltern abhängig wie in Bayern. Das möchte ich in Rheinland-Pfalz nicht.
Diese Diskussion hat insgesamt einen völlig falschen Zungenschlag bekommen. Sicherlich ist das eine oder andere Problematische zutage getreten. Eben wurde viel über die Fassung des Artikels 104 b des Grundgesetzes diskutiert. Die, die jetzt am lautesten schreien, waren
aber diejenigen, die das Geld immer gern genommen haben. Wenn der eine, so wie es heißt, „goldene Zügel“ in der Hand hat, muss auch immer ein Pferd vorhanden sein, das sich die Zügel anlegen lässt. Ich drücke es juristisch aus: Da ist Bestechung und Bestechlichkeit strafbar. Müssen wir das aber in der Verfassung regeln? Können wir da nicht auf die Eigenverantwortung setzen und vielleicht bei dem einen oder anderen Bereich noch einmal darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, dass Kooperationen in der Forschung an Hochschulen erlaubt sind, aber sonst generell nicht? Herr Kollege Müller aus dem Saarland hat meiner Meinung nach schon Recht, wenn er sagt, nachdenken wird man wohl dürfen.
Mancher gerade in Berlin hat aber nicht verstanden, dass es darauf ankommt, dass das ein gegenseitiges Geben und Nehmen ist, das nicht nur einseitig sein darf.
Herr Kollege Mertin hat zu Recht ausgeführt, dass der Bund doch massiv gestärkt wird. Artikel 84 des Grundgesetzes verliert fast komplett die Zustimmungspflicht. Der Artikel 72 des Grundgesetzes mit der Erforderlichkeitsprüfung, der erst 1994 eingeführt worden ist, um die Länder zu stärken, wird jetzt wieder in weiten Teilen bis auf sechs oder sieben Nummern herausgenommen.
Manche schreien jetzt ganz laut auf, weil sie sagen, die Länder könnten das nicht. Wer nur zentralistisch denkt, sollte einmal in Artikel 20 des Grundgesetzes hineinsehen. Herr Baldauf hat bereits Roman Herzog zitiert – wir haben wahrscheinlich beide die „Süddeutsche Zeitung“ gelesen –, der gesagt hat: „Wenn es richtig wäre, dass eine höhere Ebene immer mehr Kompetenzen hat als die niedrigere, würde alles künftig nur noch bei den Vereinten Nationen entschieden.“ Ich wage zu bezweifeln, ob das sinnvoll ist.
Neben dem Kooperationsverbot sind im Wesentlichen doch nur noch drei große Them enkomplexe strittig. Neben der Änderung des Artikels 33 Abs. 5 des Grundgesetzes ist das die Besoldung und Versorgung der Beamten. Das ist sicherlich ein nicht unproblematischer Punkt. Der zweite Komplex ist die Verlagerung der Kompetenz im Strafvollzug, der dritte sind die Abweichungsrechte im Umweltrecht sowohl im materiellen Sinn als auch im Verwaltungsverfahren im formellen Sinn im zuvor angesprochenen Artikel 84 des Grundgesetzes.
Es ist vollkommen richtig, dass die Länder genauso an die Menschenwürde gebunden sind wie der Bund, auch wenn der Blick nach Hessen manchmal etwas anderes zeigt. (Unruhe bei der CDU)