Protokoll der Sitzung vom 16.04.2008

und dann warten Sie auf der anderen Seite ab, was passiert, ohne tatsächlich dafür zu sorgen, dass die Gymnasien mit diesen Problemen auch umgehen können.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Das passiert, ob Sie schreien oder nicht, Frau Kollegin.

Zum Schluss möchte ich gerne noch anmerken, dass mir die zweite Grundhaltung, die auch in dieser Linie versteckt liegt und die Sie, Frau Ministerin, dargestellt haben, etwas missfällt, der Mensch fange erst mit dem Abitur an.

Im Moment sagen Sie: Entweder Sie schicken ihr Kind ans Gymnasium mit der Option auf ein Abitur oder an die IGS mit der Option auf ein Abitur. Wenn das nicht geht und man wirklich einsieht, dass es vielleicht nicht zu schaffen ist, dann gibt es noch das Fachabitur an der Realschule plus. Wer dann gar nichts mehr kann, der geht in die duale Ausbildung. Da unterscheiden wir uns meiner Ansicht nach fundamental,

(Beifall des Abg. Eymael, FDP – Glocke der Präsidentin)

auch in den Konsequenzen, die wir im Hinblick auf diese Fragen in unserer Schulpolitik formulieren.

(Beifall der FDP)

Für die Landesregierung hat noch einmal Frau Ministerin Ahnen das Wort.

Sehr geehrte Frau Morsblech! Man kann uns ja vieles vorwerfen, aber sicherlich nicht, dass bei uns die Qualifikation erst mit dem Abitur anfängt, sondern ganz im Gegenteil. Dieses Konzept setzt einen sehr großen Schwerpunkt darauf, dass alle Schülerinnen und Schüler mindestens den Abschluss der Berufsreife erreichen – es muss unstrittig sein, dass es einen solchen Abschluss gibt – und wir ein System aufbauen, das Weiterentwicklungsmöglichkeiten eröffnet.

Wir mögen allerdings an einer Stelle anderer Meinung sein. Während Sie noch vor nicht allzu langer Zeit mein

ten, davor warnen zu müssen, dass zu viele Kinder an Gymnasien seien oder zu viele Menschen ein Studium aufnähmen, bin ich dezidiert der Meinung, wir brauchen auch mehr höchstqualifizierte Menschen über die Fachhochschulen und über die Universitäten.

(Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

Wenn jetzt über Akademikerinnen- und Akademikermangel und Fachkräftemangel geklagt wird, dann wissen wir das nicht erst seit gestern. Es hat viel zu viele Leute gegeben, die vor drei oder vier Jahren noch gesagt haben: Die brauchen wir alle nicht. – Wir brauchen Sie. Deswegen ist es eine klare Anforderung an dieses System, dass wir möglichst viele Menschen zu höchsten Abschlüssen führen.

In Richtung auf die FDP darf ich dann vielleicht auch noch etwas sagen: Ich teile nicht all das, was von der OECD veröffentlicht wird, aber dass die OECD dann, wenn sie sich um die wirtschaftliche Entwicklung des Landes kümmert und dazu Empfehlungen abgibt, in einer solch dezidierten Form sagt, dass die Gliedrigkeit des Bildungssystems reduziert werden müsse und sie Rheinland-Pfalz dabei als positives Beispiel anführt, muss vielleicht auch unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten zu denken geben.

(Beifall der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Damit sind wir am Ende der Aktuellen Stunde angekommen.

Bevor ich Punkt 2 der Tagesordnung aufrufe, begrüße ich weitere Gäste im Landtag, und zwar Mitglieder des Bürgervereins Unkel e. V. Seien Sie herzlich willkommen im rheinland-pfälzischen Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Aufbewahrung von Schriftgut der Justiz Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/1909 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses – Drucksache 15/2129 –

Ich bitte den Herrn Berichterstatter um seinen Bericht. Herr Lammert, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch Beschluss des Landtags vom 27. Februar 2008 ist der Gesetzentwurf der Landesregierung „Landesgesetz zur Aufbewahrung von Schriftgut der Justiz“ an den Rechtsausschuss überwiesen wor

den. Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 18. Sitzung am 15. April 2008 beraten. Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Landtag mit den Stimmen der Vertreter der SPD, der CDU und der FDP die Annahme des Gesetzentwurfs.

(Vereinzelt Beifall im Hause)

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Ich erteile Herrn Dr. Wilke das Wort.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Bei der ersten Lesung habe ich zwei Minuten 23 Sekunden gesprochen. Heute soll meine Rede auch nicht länger werden. Anders als bei den beiden Themen der Aktuellen Stunde haben wir es jetzt mit einem Thema zu tun, das eigentlich nicht strittig sein kann. Deshalb ist man bei den Beratungen im Rechtsausschuss auch zu einem einmütigen Ergebnis gekommen. Herr Kollege Lammert hat darauf gerade hingewiesen.

In der ersten Lesung hatten wir von der CDU-Fraktion Zustimmung zum Gesetzentwurf signalisiert. Er schließt eine Gesetzeslücke, er ist bundeseinheitlich abgestimmt, und er erfüllt ein Verfassungsgebot des Datenschutzes. Am Anfang steht das Volkszählungsurteil von 1983, das gebietet, solche Dinge wie die Aufbewahrung von Schriftgut, von alten Akten, auch in der Justiz mit einer gesetzlichen Grundlage zu versehen. Das ist ein Gebot der Verfassung.

Aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Geboten des Datenschutzes, des Umgangs mit Computerdaten, zu OnlineDurchsuchungen und zur Erfassung von KfzKennzeichen ist es noch mehr ein Gebot, dass wir eine Gesetzeslücke, die schon seit langen Jahren besteht, schließen.

Auf unseren Wunsch hatten wir den Datenschutzbeauftragten, Herrn Wagner, gebeten, zur Beratung des Gesetzes hinzuzukommen. Dieser Bitte ist Herr Wagner dankenswerterweise auch nachgekommen. Im Ergebnis hat sich herausgestellt, dass alle Anliegen, die der Datenschutz in der Bundesrepublik Deutschland und auch im Land Rheinland-Pfalz an dieses Gesetz stellt und damit seine Wünsche und Anregungen, Berücksichtigung gefunden haben. Wenn dies nicht nach dem Wortlaut geschehen ist, dann zumindest dem Sinne nach. Daraus ergibt sich, dass wir dem Gesetzentwurf auch in der zweiten und dritten Lesung zustimmen können.

Ganz entscheidend wird die Ausführungsverordnung sein, die das Ministerium auf der neuen gesetzlichen Grundlage erlassen wird. Aus unserer Sicht kann es dabei nicht nur darum gehen, 1 : 1 die alten Verwaltungsvorschriften, die bisher existierten, abzuschreiben, sondern es ist Aufgabe des Ministeriums, noch einmal kritisch alles daraufhin zu überprüfen, ob Fristen verkürzt werden können; denn an oberster Stelle steht, dass

keine Datei, keine Akte länger aufbewahrt werden darf, als unbedingt zwingend im Interesse der Betroffenen, aber auch der Allgemeinheit notwendig ist. Wir haben das Vertrauen in das Ministerium, dass es eine sachgerechte Verordnung erlassen wird.

Dem Gesetzentwurf stimmen wir zu.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Hoch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich umfänglich den Äußerungen meines Vorredners anschließen. Das Redezeitkontingent der SPD-Fraktion werde ich sicher auch nicht ausschöpfen. Siebeneinhalb Minuten wären dafür dann doch etwas lang.

Lassen Sie uns aber einmal beleuchten, wie wichtig es ist, dass der Datenschutz in der Justiz eingehalten wird und die rheinland-pfälzische Justiz mit diesem Gesetz vorbildlich agiert. Wir leben in einer Zeit – wir merken das täglich –, in der die Datensammelwut der Privaten immer weiter zunimmt, in der auch die Datensammelwut des Staates immer weiter zunimmt mit Verweis auf vermeintliche, angebliche oder tatsächliche Sicherheitsbedürfnisse. Wir leben in einer Zeit, in der Menschen aber auch bereit sind, in Persönlichkeitsnetzwerken im Internet oder für 3 % Rabatt beim Einkaufen ihre persönlichen Daten und ihre Einkaufsprofile offenzulegen.

Datenschutz ist für uns ein wichtiges Thema. Datenschutz hat den Bezug zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht und damit höchsten Verfassungsrang. In der Justiz geht es um die sensibelsten Daten von Menschen, nämlich auch um ganz individuelle persönliche Lebenssachverhalte. Deshalb stimmen wir diesem Gesetz in zweiter und dritter Lesung zu.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Es spricht nun Herr Kollege Auler.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aufbewahrung des Schriftguts der Justiz war bisher nicht durch Gesetz, sondern durch verschiedene Verwaltungsvorschriften teils ländereinheitlich, teils länderspezifisch geregelt. Seit 1995 fordern die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern, die Aufbe

wahrung des Schriftguts durch ein entsprechendes Gesetz zu regeln.

Zunächst hat es danach ausgesehen, dass das Schriftgutaufbewahrungsgesetz des Bundes dieses Problem auch für die Länder regeln könnte. Diese Auffassung hat sich während der Beratungen als nicht tragfähig erwiesen, sodass das Bundesgesetz lediglich die Aufbewahrung des Schriftguts der Bundesgerichte und des Generalbundesanwalts regelte. Daraus folgte, dass die Länder für ihre Geschäftsbereiche eigene Schriftgutaufbewahrungsgesetze erlassen müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, einen solchen Gesetzentwurf, der die Schriftgutaufbewahrung der Landesjustizverwaltung regelt und ländereinheitlich abgestimmt ist, hat die Landesregierung nunmehr vorgelegt. Auf die Einzelheiten brauche ich heute nicht einzugehen; denn das Gesetz enthält eine Verordnungsermächtigung für das Ministerium der Justiz. In dieser Verordnung sind alle Einzelheiten, besonders die verschiedenen Aufbewahrungsfristen, zu regeln.

Eine Besonderheit ist die Regelung des Inkrafttretens. Das Gesetz tritt zum 1. August 2008 in Kraft. Lediglich § 2, der die Verordnungsermächtigung enthält, tritt bereits am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft. Damit soll sichergestellt werden, dass die vorgesehene Rechtsverordnung bis zum 1. August 2008 erlassen werden kann, sodass das Inkrafttreten des Gesetzes und das Inkrafttreten der Rechtsverordnung zum gleichen Zeitpunkt erfolgen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, angesichts der großen Aktenmengen, die im Bereich der Justiz anfallen, und angesichts der datenschutzrechtlich sensiblen Materie einer Schriftgutaufbewahrung im Bereich der Justiz begrüßt unsere Fraktion, dass ein solches Gesetz verabschiedet werden soll, das überdies erfreulicherweise keine Kosten verursacht.

Unsere Fraktion wird dem Gesetz zustimmen.

Danke schön.