Ich sage es noch einmal offiziell für das Protokoll. Als wir eben gelacht haben, haben wir über etwas anderes gelacht als über das, was Sie gesagt haben. Das soll vorkommen. Ich hätte es an Ihrer Stelle vielleicht auch genutzt.
Ich sage Ihnen in aller Ruhe Folgendes: Wir stellen in der Diskussion fest, dass die SPD mit der CDU gemeinsam den Mindestlohn versaubeutelt haben, falls man das parlamentarisch so sagen darf.
Moment, der Postmindestlohn ist vereinbart worden. Öffentlich und auch bei mir ist der Eindruck erweckt worden, dass dieser missbräuchlich dazu genutzt wird, konkurrierende und andere Unternehmen vom Markt zu drücken. Er ist in einer Höhe festgelegt worden, die eigentlich gar keiner wollte. Das hat dazu geführt, dass konkurrierende Unternehmen, und zwar egal, wie sie strukturiert sind, vom Markt gedrängt worden sind bzw. gedrängt werden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat man gesagt, das kann nicht das richtige Instrument sein.
Wenn wir über Arbeitnehmergehälter reden, dann sollten wir uns darüber unterhalten, was bei hohen Bruttolöhnen netto herauskommt. Das möchte ich in der zweiten Runde gerne noch vertiefen. Ich rechne jetzt nicht die Arbeitnehmerkosten mit ein. Wir sollten schauen, was netto bei den Menschen ankommt. Wir müssen also über die Nettolöhne und über das Nettoeinkommen reden. Eine Forderung ist von mir dabei ganz klar. Ich glaube, Sie würden diese mit unterschreiben. Es hat aber bis jetzt keiner gemacht. Es geht darum, die Menschen von der Einkommensteuer zu befreien, die brutto nicht mehr als den Hartz-IV-Satz mit allen Zulagen verdienen. Selbst das tun wir noch nicht einmal. Darüber müssen wir reden. Es lohnt nicht, noch einmal über den Mindestlohn zu debattieren, insbesondere in dem Moment, in dem so diskutiert wird, wie es geschehen ist, und es auch keiner will, es zumindest keiner beantragt hat.
Es lohnt, über das Nettoeinkommen zu diskutieren, statt über ein Tariftreuegesetz, das nur ein bürokratisches Monster ist und keinem hilft.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir erleben heute eine Beerdigung erster Klasse des Gesetzentwurfs zum Tariftreuegesetz Rheinland-Pfalz. Ich füge hinzu, dieser Gesetzentwurf hat es auch nicht anders verdient.
Ich denke an die denkwürdige Anhörung im Ausschuss. Wir sind alle für Tariftreue, gegen Lohndumping usw. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Dieses Monstrum, das hier vorgelegt wurde, wurde von fast allen Seiten kritisiert. Sie haben versucht, das Handwerk einzufangen. Das war auch nicht möglich. Das Handwerk, die Wirtschaft, die LVU waren dagegen. Es gab kritische Stellungnahmen von den kommunalen Spitzenverbänden. Ausnahme waren nur die Gewerkschaften, die das Gesetz gewollt haben.
Meine Damen und Herren, das ist ein großes Monstrum bzw. ein großer bürokratischer Aufwand. Ich bin dankbar, dass der Europäische Gerichtshof entschieden hat. Das geschah, nachdem die Gesetze in Sachsen-Anhalt und in Nordrhein-Westfalen gekippt worden sind, weil sie in der Umsetzung untauglich sind. Im Grundsatz haben wir in diesem Bereich kein Regelungsdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit.
Vollziehen Sie beim Entsendegesetz, dort haben Sie den Mindestlohn. Kontrollieren Sie dort. Das ist völlig ausreichend. Das bestätigen all diejenigen, die angehört worden sind. Das gilt im Übrigen auch für den Abteilungsleiter im nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium.
Im Übrigen, auch der Abteilungsleiter im nordrheinwestfälischen Wirtschaftsministerium, der es damals sogar eingebracht und anschließend wieder abgeschafft hat, sprach von untauglich. Dieses Gesetz ist untauglich. Dieses Gesetz von Nordrhein-Westfalen ist im Grundsatz das Gleiche, das Sie mit einigen wenigen Veränderungen vorgelegt haben.
Meine Damen und Herren, der Europäische Gerichtshof hat ein Urteil darüber gefällt. Dieses Landestariftreuegesetz wird jetzt vom Wissenschaftlichen Dienst überprüft.
Ich glaube, es ist ein Fehler der Landesregierung gewesen; denn diese europarechtlichen Bedenken sind im Vorfeld mehrfach zum Ausdruck gebracht worden. Wir haben intern eine eigene Anhörung der Fraktion durchgeführt, nämlich im September 2007. Es war auch ein Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums mit dabei. Es wurde massiv kritisiert, dass es europarechtliche Bedenken gibt.
Dann gibt es eine Stellungnahme vom Landesverband der Bauindustrie vom 2. August 2007, in der ebenfalls europarechtliche Bedenken geltend gemacht wurden. Wörtlich: Ob das Gesetzesvorhaben EU-rechtlich zulässig ist, ist fraglich. Im Interesse der Rechtssicherheit regen wir daher an, dieses Gesetz bis zur rechtlichen Klärung durch den Europäischen Gerichtshof zurückzustellen. –
Sie haben es nicht gemacht. Jetzt erleben Sie einen Flop. Gut, es ist ein Flop. Es wird nicht mehr auf die Tagesordnung kommen. Ich bin fest davon überzeugt, dass letztlich auch das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes in diese Richtung geht.
Sie haben die Bedenken der Juristen – soweit mir bekannt – im Hause, im Wirtschaftsministerium, sozusagen beiseitegeschubst, und die Politik hat sich durchgesetzt. Das ist eine Sache, die wiederum in die sozialdemokratische Wirtschaftspolitik, in die Veränderung der Wirtschaftspolitik in Rheinland-Pfalz passt. Sie haben ein anderes Denken. Sie wollen alles staatlich, gesetzlich regeln. Das staatliche Lohndiktat und und und ist Ihre Auffassung von der Wirtschaftspolitik.
Aber wenn man von vornherein weiß, dass Gesetze nicht greifen werden und nur Bürokratie verursachen, sollte man sie sein lassen. Das ist der entscheidende Punkt.
In Nordrhein-Westfalen ist es auch sehr deutlich zum Ausdruck gekommen, nämlich durch dieses Gutachten, das Herr Kollege Billen bereits erwähnt hat. Es sind verheerende Zahlen bekannt geworden.
Vielleicht noch eine Anmerkung zum Abschluss, was in Nordrhein-Westfalen auch der Fall war. Wir haben dort weniger, aber teurere Straßen und weniger, aber teurere Schulgebäude gebaut. Die 5 % bis 10 % sind erwiesen. Das muss man auch hinzufügen. Bei den staatlichen und bei den kommunalen Haushalten ist das sicherlich mit ein Punkt, der Berücksichtigung finden muss.
Meine Damen und Herren, alles in allem ist das kein Beitrag zur Verschlankung der Bürokratie, sondern es ist ein Beitrag zu mehr Bürokratie. Ich kann natürlich den Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Koblenz gut verstehen, wenn er an seinem Neujahrsempfang sagt, er wünscht sich die alte Wirtschaftspolitik in diesem Land wieder zurück. Das kann ich voll verstehen, weil die ein Stück weit erfolgreicher war.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mehrfach angesprochen worden, es gibt einen Auftrag an den Wissenschaftlichen Dienst zu beurteilen, wie dieses Gesetz im Lichte des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zu betrachten ist. Der Respekt gegenüber dem Parlament gebietet, dass wir diese Prüfung abwarten und danach als Landesregierung entscheiden, wie wir mit dem in das Parlament eingebrachten Gesetzentwurf verfahren.
Eine Untersuchung, die von uns und anderen vorgenommen wurde, ergibt, dass das Tariftreuegesetz, welches es in acht Ländern in Deutschland gibt und wie es
im Entwurf der Landesregierung konzipiert war, wohl nicht mit dem Gerichtsurteil in Einklang zu bringen ist und auf dieser Basis als Annex des Auftragsrechts keine Mindestlohnfestlegung getroffen werden kann. Aber das sind vorläufige Einschätzungen. Wir werden in Ruhe die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes abwarten.
Dass dies vorhersehbar gewesen wäre: Wenn ein solches Urteil gefällt ist, kann man immer sagen, das war vorher klar gewesen. Den Richtern des Bundesverfassungsgerichts war es nicht klar gewesen, als sie im Jahr 2006 ausdrücklich erklärt haben, dass Tariftreuegesetze in Deutschland möglich sind. Es war auch nicht dem Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof klar gewesen, der eine klare Stellungnahme abgegeben hat, dass Tariftreueregelungen der Mitgliedstaaten europarechtskonform als Annex des Auftragsrechts gestaltbar sind.
Es können viele andere Urteile benannt werden. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist so ausgegangen, wie sie bekannt ist. Wir werden die daraus notwendigen Folgen ziehen müssen.
Meine Damen und Herren, worum geht es bei der Zielsetzung, Tariftreue festzusetzen? – Wir haben vorhin über Mittelstand gesprochen. Wir hatten gestern Abend beim Parlamentarischen Abend Gelegenheit, über Mittelstand zu sprechen.
Zu mittelständischen Unternehmen gehört als Grundphilosophie mit hinzu, dass sie eine hohe Leistungsfähigkeit haben, weil sie eine Strategie klar verfolgen, gute, kundenorientierte und hoch qualitative Leistungen zu bieten, wissend, dass dies perspektivisch nur mit guten, qualifizierten und leistungsfähigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern leistbar ist und leistungsfähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch anständig bezahlt werden müssen.
Es ist auch ein Grundanliegen mittelständischer Wirtschaft, dass Wettbewerbsgleichheit herrscht und nicht diese Unternehmen sich einen Vorteil verschaffen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Dumpinglöhnen abspeisen.
Doch. Das ist ein Anliegen von nennenswerten Teilen der Wirtschaft. Deswegen haben wir es auch in das Tariftreuegesetz mit aufgenommen. Es ist ein Anliegen z. B. der Unternehmensverbände der Entsorgungswirtschaft.
Doch, diese Menschen haben wir auch im Auge, Herr Eymael. Es ist auch Aufgabe von Wirtschaftspolitik, diese Menschen im Auge zu haben.