Herr Baldauf, man könnte fast Ratschläge zum Herumeiern von Ihnen annehmen, aber das will man doch besser nicht tun.
Wir – Regierung und Fraktion – sind da ganz dicht beieinander, weil wir verantwortlich Politik gestalten. Lassen Sie mich ein paar Punkte aufgreifen:
Herr Kollege Mertin, ich glaube, man sollte nicht die Frage der kalten Progression, die in einem Steuersegment, nämlich bei kleineren Steuerzahlern, eine große Rolle spielt, so verallgemeinern, dass man sagt, sie trifft letztendlich alle Steuerzahler, und deshalb muss man überall entlasten, und sie trifft sie gleichmäßig stark. Das trifft nicht zu. Sie trifft nur ein Segment. Da muss man etwas machen.
Herr Baldauf, ich habe eindeutig gesagt, man soll das aufkommensneutral regeln. Das finden Sie dort. Wenn Sie meine Pressemeldung vorlesen, können Sie das
Zur Erbschaftsteuer: Ja, ich halte es für legitim, dass man in einer Zeit, in der es in Deutschland die größten Aufkommen an Erbschaften gibt, die wir jemals in diesem Land überhaupt hatten, einen sehr kleinen Teil davon abschöpft, um die Aufgaben, die sich in unserem Land stellen, zu finanzieren. Ich halte das für legitim, und ich glaube, dass viele Erben großer Vermögen das auch so sehen und es da viel vernünftigere Leute gibt, als Sie es uns weismachen wollen.
(Beifall bei der SPD – Schreiner, CDU: Finanzieren Sie mit der Erbschafts- steuer auch die Insolvenzen in Rheinland-Pfalz?)
Ich glaube auch nicht, dass es sinnvoll ist, in diesen Zeiten, in denen sich die Politik vor großen Herausforderungen findet, die Energiesteuern drastisch zu senken, die Steuern auf Benzin drastisch zu senken, damit das alles bezahlbar wird und wir die notwendigen Entwicklungsmaßnahmen nicht in die Wege leiten, die notwendig sind, damit man weniger Energie verbraucht, damit man innovative Techniken hat, damit unser Standort global auch wettbewerbsfähig wird. Das wird man nicht erreichen, wenn man diese Bereiche massiv entlastet. Ich glaube, auch das ist Konsens in der Politik.
Das klingt vielleicht nicht gut. Wenn man wie Sie sagt, wir wollen Atomenergie weiterlaufen lassen, Kohle wollen wir nicht, und gegen alternative Energien sind wir auch, dann wird man nicht die Zukunft in diesem Land gestalten können, Herr Schreiner.
Zur Pendlerpauschale: Es gibt die Aussage der Bundesregierung, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abgewartet wird. Ich halte das für sinnvoll, auch wenn man sicher sagen kann, es sprechen gute Gründe dafür. Wir haben die Debatte hier geführt. Wenn ich Herrn Creutzmann ansehe, im letzten Jahr haben wir sie noch einmal ausführlich geführt, als die Finanzgerichtsentscheidungen kamen. Es gibt auch gute Gründe, dass man sagt, man braucht diese Pauschale, weil man es anders ansieht, so wie Werbungskosten im Steuersystem funktionieren. Aber lassen Sie uns doch dabei bleiben, dass wir dazu die Hinweise des Bundesverfassungsgerichts, die notwendig sind, zur Beantwortung der Frage dazunehmen. Das ist besser, als dass man im Vorfeld von Wahlen jetzt einen Wettlauf beginnt, wie man eine andere Regelung bringt, ohne eine Gegenfinanzierung zu haben.
Herr Baldauf, dann sprechen Sie immer von dem Gesundheitsfonds und dass Sie 14 Milliarden Euro dort sparen werden, weil Sie den Gesundheitsfonds nicht
wollen. Der Gesundheitsfonds ist sicher eine schwierige Operation, um das Gesundheitswesen zu finanzieren. Es gibt viel Kritik daran. Er ist gewiss ein Kompromiss in der Großen Koalition aus den Vorstellungen von CDU und SPD, wie man das Gesundheitswesen weiter vernünftig finanziert.
Wenn Sie mich fragen, brauchen wir wie in den nordischen Ländern darin mehr Steuermittel, um die Belastung bei den Lohnnebenkosten unten zu halten oder weiter senken zu können, weil wir dies sonst nicht finanzieren können. Bei dem System brauchen wir nach wie vor mehr Geld. Da lüge sich doch keiner in die Tasche. Es ist sonst nicht darzustellen. Wenn Sie jetzt sagen, bei dem Gesundheitsfonds, so wie er angedacht ist, nehme ich 14 Milliarden Euro heraus, dann fehlen die dort. Die fallen nicht vom Himmel. Aber das ist scheinbar Ihre Politik, dass der Geldsegen für irgendjemanden vom Himmel fällt. Da müssen Sie beten gehen, aber da können Sie nicht Politik gestalten, Herr Baldauf.
Ich weiß nicht, wo das Manna herkommen soll, das Sie hier herbeibeten. Da müssen Sie schon konkrete Vorschläge machen, welche Gegenfinanzierungen vorhanden sind.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will für die Landesregierung noch einmal unterstreichen, wie dies auch Herr Kollege Professor Dr. Deubel deutlich gemacht hat, wir werden uns keiner Steuerpolitik und keiner Finanzpolitik hingeben, die nicht klare Ziele und klare Orientierungen für dieses Land und für den Gesamtstaat beinhaltet. Deshalb bleibt es für uns dabei, es ist unsere Aufgabe – die Aufgabe dieser Zeit, in konjunkturell recht stabilen, wenn auch nicht ungefährdeten Zeiten –, den Konsolidierungskurs als ein zentrales Ziel beizubehalten.
Wer dieses Ziel in Frage stellt, gewollt oder de facto, nimmt in Kauf, dass wir eine riesige Last ständig größer werden lassen und sie auf zukünftige Generationen übertragen. Wer dieses Konsolidierungsziel in Frage stellt – ich verweise auf die aktuelle Situation in unserem Nachbarland Frankreich –, wird sehr schnell wieder in der Situation sein, dass wir die Stabilitätskriterien für unsere Währung in Frage stehen sehen, und beim
nächsten konjunkturellen Abschwung, der in einer marktwirtschaftlichen, weltweit verflochtenen Ordnung auf Dauer nie vermeidbar sein wird, wird dies bedeuten, dass wir solche Stabilitätsziele wieder verfehlen und damit die Stabilität der Währung in Frage stellen. Ich bin sicher, das will niemand in Deutschland und Europa.
Es ist parallel dazu – ich betone „parallel dazu“ – unsere Aufgabe, dass wir die entscheidenden Zukunftsweichenstellungen vornehmen. Es war bisher immer Einvernehmen in diesem Hohen Hause und es ist ein breiter Konsens in der Bundesrepublik, dass dies bedeutet, in Bildung, Forschung, technologische Innovation und in weiten Bereichen nach wie vor in eine Verbesserung der Infrastruktur zu investieren.
Ich sehe nicht, dass wir die Zeit hätten, das zu verschieben, weil mit der demografischen Veränderung muss auch diese Bemühung insbesondere im Bereich der Bildung, der Wissenschaft und der Forschung einhergehen, da wir ansonsten die jungen Menschen von heute nicht befähigt haben werden, das als Individuum und Volkswirtschaft zu leisten, was wir brauchen, um unsere soziale, kulturelle, aber auch unsere Infrastruktur in Rheinland-Pfalz, in Deutschland, d. h. in unseren Städten und Gemeinden, durchfinanzieren zu können.
Von den internationalen Verpflichtungen will ich an dieser Stelle nicht reden. Das sind und bleiben die zentralen Ziele. Daran wird auch nicht gewackelt.
Es ist aber sicher richtig, dass ein System, das eine progressive Wirkung kennt – das ist systemimmanent –, auch bereit sein muss, immer wieder die Frage auf den Tisch zu bringen, ob die Belastung der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft und das Erreichen der staatlichen Aufgaben – ich beziehe die Kommunen mit ein – in der richtigen Balance ist.
Darüber zu debattieren, ist wohl berechtigt. Es ist aber genauso berechtigt, immer wieder darauf hinzuweisen, dass man die Reihenfolge nicht durcheinanderbringen darf. Deshalb gilt: Wenn es in der zukünftigen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages einen ausgeglichenen Bundeshaushalt gibt, erst dann wird es wieder steuerpolitische Entscheidungen geben. Das ist nicht die Aussage des Parteivorsitzenden der SPD allein. Das ist auch die Aussage der CDU-Parteivorsitzenden, Frau Merkel. Wir sind uns absolut einig, in dieser Legislaturperiode wird es kein Steuersenkungsprogramm geben. Da kann erzählen wer und was immer er oder sie will. Das ist Faktum, und das ist verantwortlich.
In der kommenden Legislaturperiode wird – das ist unser politischer Ansatz – zuerst darauf zu schauen sein, ob es uns gelingt, das, was unsere Volkswirtschaft oberhalb des Belastungsmittelfelds sieht, nämlich die Beiträge für die Sozialsysteme, dadurch abzusenken, dass wir zusätzliche Finanzmittel dort hineinsteuern.
Ich glaube, wenn man den Zahlen zugehört und die Steuerquote mit der Abgabenquote verglichen hat, dann liegt darin eine hohe Logik. Das ist eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer, weil das Brutto-/Nettolohngefälle dadurch kleiner wird, und zwar für alle, auch für diejenigen, die heute keinen Euro Steuer bezahlen, weil sie unter den Grenzen liegen.
Ich darf noch einmal daran erinnern, in Zeiten der Regierung Kohl waren wir bei fast 46 % Abgaben in Deutschland. Wir liegen jetzt unter 40 %. Meine Damen und Herren, wir wollen und werden dies auch stabilisieren.
Nein, sagen Sie nicht wegen der falschen Finanzierung der Deutschen Einheit, weil zu viel über Sozialsysteme abgewickelt worden ist.
Ich hätte nie kritisiert und habe auch nicht kritisiert, wenn zu einem solchen Zeitpunkt die Gesamtabgabenquote, die Steuerquote, gestiegen wäre. Aber stattdessen haben wir Arbeitsplätze teurer gemacht.
Ich glaube, dass das ganz logisch ist. Es ist auch logisch, wenn wir die arbeitsintensiven Betriebe – das sind insbesondere das Handwerk und das Dienstleistungsgewerbe; das ist im Regelfall der Mittelstand – entlasten wollen, dann werden wir sie am besten dadurch entlasten, dass wir Sozialversicherungsbeiträge stabil halten oder, wo es möglich ist, nach unten führen. Deshalb ist, wenn wir in der kommenden Legislaturperiode die Spielräume haben, dies für uns die erste Priorität.
Erst dann kommt die zweite Priorität, wenn die Spielräume dazu ausreichen, indem wir schauen, ob wir im mittleren Einkommenssegment auch Begradigungen in der Steuerbelastung vornehmen müssen. Da deckt sich die Aussage völlig mit dem, was Herr Fraktionsvorsitzender Hartloff seinerseits deutlich gemacht hat. Es ist eine völlig klare Linie. Die kann man desavouieren oder was auch immer, aber es ist eine völlig klare und eindeutige Linie. Dabei wird es bleiben.
Lassen Sie mich eine zweite Rubrik ansprechen. Wie man vor dem Hintergrund der Gefahr des Steigens der Sozialversicherungsbeiträge einen Deckungsvorschlag machen und sagen kann, nehmt die Steuermittel aus der Gesundheitsreform wieder heraus, erschließt sich mir wahrscheinlich nicht einmal, wenn ich schon im Grab liege. Das erschließt sich mir nicht.