Protokoll der Sitzung vom 15.05.2008

Sie wissen, Pädagoginnen und Pädagogen freuen sich auch über kleine Fortschritte.

(Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Ministerpräsident Kurt Beck hat diese Einführung von Jugendkunstschulen in der Regierungserklärung angekündigt. Das war im Mai 2006. Danach haben wir uns die Zeit genommen, da die Mittel im Haushalt jetzt erst zur Verfügung standen, intensiv an einem guten Konzept zu

arbeiten, d. h., vor allen Dingen mit Expertinnen und Experten zu sprechen und eine Jury sorgfältig zusammenzusetzen. Dann haben wir einen konkreten Vorschlag gemacht.

Frau Dr. Lejeune, insofern war das vor einem Jahr noch nicht festgelegt. Das stimmt. Ich glaube, es war richtig, sich diese Entwicklungszeit zu nehmen, wenn man sich das Ergebnis anschaut.

Es ist der primäre Verdienst der zukünftigen und jetzigen Träger von solchen Einrichtungen, die ich bei der Beantwortung der Mündlichen Anfrage vorgestellt habe, dass das Ergebnis so gut geworden ist. Diese haben gute Konzepte eingereicht. An dieser Stelle möchte ich der Arbeitsgemeinschaft „Soziokultur und Kulturpädagogik“ danken, die für uns sozusagen die Funktion eines Landesverbands Jugendkunstschulen übernommen hat und sich aktiv in diesen Prozess mit eingeklinkt hat.

Ich glaube, es ist schon viel zur individuellen Bedeutung für Kinder und Jugendliche gesagt worden. Ich mache das auch mit einem Zitat von Tolstoi, der gesagt hat: „Kunst ist eine ansteckende Tätigkeit – je ansteckender sie ist, umso besser ist sie“. Genau das ist das Konzept der Jugendkunstschulen. Kinder und Jugendliche sollen mit der Faszination angesteckt werden, die vor allem kulturelle Betätigung ausüben kann. Dabei verkennen wir nie, dass diese kulturelle Bildung ein integraler Bestandteil eines umfassenden Bildungsverständnisses ist.

Sie alle kennen die Sorgen gerade nach PISA, dass sich ein zu eng begrenzter Bildungsbegriff durchsetzen könnte, der nur noch auf drei oder vier Kernbereiche konzentriert ist. Das hat große Ängste bei den in der Musik und in der Bildenden Kunst Engagierten ausgelöst. Ich denke, wir machen mit dem Ansatz der Jugendkunstschulen und der parallelen Förderung der Musikschulen deutlich, dass für uns die kulturelle Bildung ein integraler Bestandteil eines umfassenden Bildungsbegriffs ist.

Wenn wir das so definieren, dann stellt sich die Frage nach dem Zugang zu solchen Einrichtungen. Frau Dr. Lejeune, Sie haben das angesprochen. Ich sage ausdrücklich, unser Konzept verfolgt einen Ansatz, dass alle Kinder und Jugendlichen einen offenen Zugang zu diesen Einrichtungen haben.

Zur ehrlichen Analyse gehört Folgendes: Dadurch, dass wir sagen, wir wollen es allen ermöglichen, ist es noch nicht automatisch erreicht. In der Regel haben wir die größeren Probleme bei den Kindern und Jugendlichen, die aus ihrem Elternhaus heraus nicht mit Kultur in Berührung kommen oder nicht in dem Maße in Kontakt mit Kultur gebracht werden. Ich glaube, es ist legitim zu sagen, dass es ein Angebot für alle Kinder sein soll. Wir wollen ganz besonders diejenigen erreichen, die bisher diese Möglichkeit nicht hatten. Damit wollen wir einen Beitrag zur Chancengleichheit leisten, den ich an dieser Stelle nicht gering schätze.

(Beifall bei der SPD)

Wir nehmen mit diesem neuen Konzept sehr bewusst sowohl die Debatte um die Bedeutung der kulturellen Bildung auf als auch die entsprechenden Empfehlungen

der Kultusministerkonferenz, gerade im Bereich der kulturellen Bildung auch neue Schwerpunkte zu setzen, als auch die Empfehlungen der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages, die ebenfalls einen Schwerpunkt auf die kulturelle Bildung gesetzt hat.

Herr Abgeordneter Lelle, ich will Ihnen ausdrücklich zustimmen, natürlich sind die Jugendkunstschulen nur ein Teil der kulturellen Bildung. Wir haben im Prinzip ein Drei-Säulen-Modell. Wir haben die außerschulische Kinder- und Jugendkulturarbeit, die wir fördern. Wir haben jetzt neben den Musikschulen auch die Jugendkunstschulen, die wir fördern. Zum Dritten ist natürlich entscheidender Bestandteil die kulturelle und ästhetische Bildung sowie Erziehung in den Schulen, wo wir nicht nur keine Abstriche machen, sondern in der Tat an der einen oder anderen Stelle auch zusätzliche Akzente setzen müssen, damit das in dem Sinne, wie es hier eben zum Ausdruck gebracht worden ist, auch tatsächlich ein Drei-Säulen-Konzept ist, das dann umfassend Kinder und Jugendliche erreicht. Auch hier sind wir engagiert.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Lassen Sie mich noch einen Satz zu der Frage des Wettbewerbs oder der institutionellen Förderung sagen. Ich glaube, nicht nur das Argument von Frau Lejeune, dass man sagt, das bringe Bewegung in den Prozess, ist eines, das für den Wettbewerb spricht. Ich glaube, auch die Unterschiedlichkeit der Anträge ist ein Konzept für den Wettbewerb. Wenn wir in eine institutionelle Förderung gehen würden, müssten wir vereinheitlichende Standards setzen. Diese Standards wären so hoch, dass viele kleine Initiativen überhaupt nicht darüber springen könnten. Diesen kleinen Initiativen ist aber mit einem relativ geringen Betrag, wie wir erfahren haben, geholfen, damit sie ein Angebot in der Region machen können. Insofern spreche ich mich nicht nur aus Innovationsgründen, sondern auch aufgrund der Unterschiedlichkeit der Struktur im Land ganz ausdrücklich für dieses wettbewerbliche Verfahren aus, sichere aber gleichzeitig zu, dass wir die Antragsrunden jeweils so frühzeitig im Jahr zu entscheiden versuchen, dass auch Sicherheit für das gesamte folgende Jahr gegeben ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin froh, dass es mit Unterstützung dieses Hohen Hauses möglich war, dieses neue Projekt auf den Weg zu bringen. Ich glaube, wir werden in den nächsten Wochen und Monaten spannende Ergebnisse aus diesen neu geförderten Einrichtungen hören. Ich gehe davon aus, dass für die zweite Antragsrunde sogar schon weiterentwickelte Konzepte vorliegen und wir dann auch gemeinsam mit der Entwicklung der Jugendkunstschulen in Rheinland-Pfalz noch etwas zum Thema „Kulturelle Bildung“ dazulernen können.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat noch einmal Herr Kollege Geis.

Ich störe jetzt das schöne Bild einer Ministerin vor dem weiblichen Präsidium. Damit kann ich nicht dienen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich freue mich, dass beide Oppositionsparteien in Zukunft diesen Weg der Jugendkunstschulen gemeinsam mit uns gehen wollen. Sie werden die Chance der Mitgestaltung haben. Sie müssen sich aber auch mit den Initiativen vor Ort auseinandersetzen. Wir reden nicht über ein kulturtheoretisches Thema.

Ein Beispiel ist die Vernetzungsfrage, die Frau Lejeune dankenswerterweise angesprochen hat. Das ist jetzt schon absehbar eines der erfreulichsten Ergebnisse der Entwicklung von Jugendkunstschulen in RheinlandPfalz. Es wird Kooperationen und Vernetzungen geben, an die vorher niemand gedacht hat, z. B. von der Evangelischen Kirche der Pfalz, die in ihrem wunderbar renovierten Martin-Butzer-Haus in Bad Dürkheim vor allem für Schulklassen und Konfirmandengruppen Kurse anbieten wird in Zusammenarbeit mit der Offenen Werkstatt, wahrscheinlich der ältesten Jugendkunstschule in Rheinland-Pfalz, in der gleichen Stadt.

In Bad Kreuznach, ausgehend von den mitreißenden Initiatorinnen einer Jugendkunstschule, engagieren sich Künstlerinnen und Künstler aus verschiedensten Sparten, und viele Menschen mühen sich, Räume zu finden und eine Belebung der Innenstadt zu erreichen, die geeignet ist, gestalterische Aktivitäten durchzuführen. In einigen Städten gibt es mehrere Antragsteller. Natürlich liegt da die Kooperation auf der Hand. Musikschulen und Volkshochschulen sind Träger und Koordinatoren, neue Betätigungsfelder für traditionelle Einrichtungen, ganz spannende Entwicklungen.

Ich möchte mich bedanken – die Frau Ministerin hat es auch schon getan – beim Kulturbüro Rheinland-Pfalz, der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur und Kulturpädagogik, für vorbildliche Vorbereitungs- und Koordinierungsarbeit sowie bei Frau Mechthild Eickhoff vom Bundesverband der Jugendkunstschulen. Sie hat mit einem mitreißenden Referat bei einem kulturpolitischen Kongress im Januar 2006 den direkten Anstoß für unsere Bemühungen gegeben, indem sie uns die Augen dafür geöffnet hat, dass hier eine Chance liegt, demokratische Beteiligungspotenziale schon mit den Jüngsten einzuüben und umgekehrt von der Kraft und der Kreativität zu lernen, die von Kindern ausgeht.

(Glocke der Präsidentin)

Danke schön.

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Somit kommen wir zur Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Thomas Gebhart und Alexander Licht (CDU), Wahrhaftigkeit von Regierungsaussagen im Landtag – Nummer 2 der Drucksache 15/2202 – betreffend.

Herr Kollege Dr. Gebhart hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist der Sachverhalt, über den wir heute Morgen reden?

(Zuruf von der SPD: Das frage ich mich auch!)

Frau Ministerin Conrad hat falsche Aussagen gemacht, die korrigiert wurden.

(Ramsauer, SPD: Eben!)

Ich erinnere an die Debatte um die Kohlekraft, die wir in der letzten Plenarsitzung geführt hatten.

(Frau Mohr, SPD: Da würde ich Ihnen einmal empfehlen, das Protokoll zu lesen!)

Sie sprachen von 50 Tonnen Feinstaubbelastung per anno. Einen Tag später wurde eingeräumt, dass diese Zahl falsch sei. Es sind wohl knapp 400 Tonnen Feinstaub per anno.

Ich erinnere an die Debatte um das Agenda-21Programm, insbesondere die Frage der Zielsetzung bei den erneuerbaren Energien bzw. dem Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch. In der Drucksache, die uns zu dieser Debatte vorlag, hieß es, es sollten 30 % bis 2030 eingespart werden. Das haben Sie vorgestern bzw. gestern korrigiert. Es heißt jetzt: bis 2020. – Wir hatten Sie übrigens bereits in der Sitzung darauf aufmerksam gemacht und Sie gebeten, dies in der Sitzung gleich klarzustellen.

Meine Damen und Herren, ich will ausdrücklich sagen, Fehler passieren jedem von uns. Das ist aber gar nicht der eigentliche Punkt. Es ist unsere Aufgabe als Opposition, Sie, die Regierung, auf Fehler der Regierung hinzuweisen. Das haben wir getan. Es ist aber eigentlich nicht der zentrale Punkt. Viel gravierender ist das, was dahintersteckt. Das eigentliche Problem an dieser Sache ist, dass Sie sich selbst offensichtlich nicht über die Ziele im Klaren sind und Sie selbst offensichtlich nicht wissen, wo es hingehen soll in der Energiepolitik in diesem Land. Es herrscht ein Stück weit Konzeptionslosigkeit, und das nicht in irgendeiner Frage, in irgendeinem Randthema der Politik, sondern in einem ganz entscheidenden Zukunftsfeld für unser Land, in einer der größten Herausforderungen für Rheinland-Pfalz.

(Beifall der CDU)

Jedes gute Unternehmen hat klare Ziele und eine Strategie, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Ich erwarte von einer guten Regierung, dass sie klare Ziele hat und weiß, wie sie diese Ziele erreichen will. Tatsächlich schwimmen Sie. Einmal reden Sie von 30 % Anteil erneuerbarer Energien am Strom bis 2020, dann bis 2030. Einmal reden Sie vage von 30 % am Strom, so wie in der Regierungserklärung, und dann reden Sie vom Anteil an der Stromgewinnung, gerade erst vorgestern in einem Schreiben an den Präsidenten. Dann reden Sie

wieder vom Anteil am Stromverbrauch, wie in der Antwort auf eine Kleine Anfrage. Heute Morgen haben Sie gesagt, es gilt der Anteil am Stromverbrauch. Ich nehme das so auf. Wenn es so ist, dann hätte sich allein schon deswegen die heutige Debatte gelohnt, weil wir etwas mehr Klarheit in dieser Frage haben.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie schwimmen in dieser Frage. In einem anderen Punkt höre ich gar nichts. Wie lautet die Zielsetzung dieses Landes Rheinland-Pfalz, was den Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch angeht?

Andere Länder haben eine solche Zielsetzung. Was ist die Zielsetzung der Landesregierung in Rheinland-Pfalz? Es wäre wichtig, auch hierzu etwas von Ihnen zu hören.

Meine Damen und Herren, es bleibt unklar, wohin Sie in diesem wichtigen Zukunftsfeld der Energiepolitik in diesem Land steuern. Es bleibt unklar. Noch unklarer bleibt die Strategie, wie Sie mögliche Ziele erreichen wollen, der Weg dahin. Hierzu haben wir bislang wenig gehört. Bekanntlich, nur wer sein Ziel kennt, findet am Ende auch den Weg. Auch der Slogan „Wir machen’s einfach“ hilft Ihnen an der Stelle überhaupt nicht weiter; denn ich sage Ihnen, Sie machen es sich in der Energiepolitik einfach zu einfach, und Sie machen es am Ende nicht gut.

(Beifall bei der CDU)

Ich fordere Sie als Landesregierung bei diesem wichtigen Thema „Energieversorgung“ für das Land Rheinland-Pfalz auf: Setzen Sie klare Ziele, an denen wir Sie messen können.

(Zurufe von der SPD: Haben wir!)

Setzen Sie klare Ziele, und setzen Sie eine klare Strategie, wie Sie diese Ziele erreichen wollen.

Danke schön.

(Beifall der CDU)