Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

Meine Damen und Herren, in den Mittelgebirgsregionen spielen die Milchviehhalter eine besonders große Rolle. Wir wollen, dass die Milchviehhalter in Rheinland-Pfalz eine Zukunftschance haben.

(Beifall der FDP)

Sie müssen überleben, sie sind diejenigen, die dafür sorgen, dass müde Männer munter werden.

(Beifall bei CDU und SPD – Zuruf von der SPD: Auch die Damen werden munter! Das hat man vorhin in der Diskussion gemerkt! – Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Selbstverständlich, auch die Damen werden munter. Nun habe ich gegen das Gleichstellungsgesetz verstoßen. – Entschuldigung, meine Damen! Natürlich werden auch die Damen munter.

Meine Damen und Herren, wir setzen uns dafür ein, dass auch bei einer Liberalisierung der Agrarmärkte angemessene Preise für unsere Milchviehhalter erzielt werden müssen. Es müssen angemessene Milchpreise erzielbar sein, und zwar insbesondere auch deswegen, weil die Strukturen in unserem Land stimmen. Wir haben ein gutes Molkereiwesen, in das in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel an öffentlichen Mitteln investiert worden ist. Die Molkereistruktur im Land Rheinland-Pfalz ist vorbildlich. Über viele Jahre hinweg sind die höchsten Milchpreise durch rheinland-pfälzische Molkereien ausgezahlt worden. Darauf können wir alle gemeinsam stolz sein. Ich hoffe, dass dies auch in der Zukunft so sein wird. Derzeit liegen wir im Übrigen wieder an der Spitze der erzielbaren Preise im Verhältnis zu anderen Molkereien in der Bundesrepublik Deutschland.

Meine Damen und Herren, dennoch möchte ich darauf hinweisen, die Preise sind derzeit nicht ausreichend. Die Landwirte demonstrieren. Ich bin der Meinung, solange sie dies mit legalen Mitteln tun, unterstützen wir es. Wenn aber Straftatbestände dabei begangen werden, wie dies beispielsweise bei der Blockade geschehen ist, müssen diese Blockaden abgebrochen werden, ansons

ten müssen die Landwirte zur Verantwortung gezogen werden.

Man muss natürlich wissen, die Landwirte sind auch gleichzeitig Eigentümer ihrer Milchindustrie, wenn sie so wollen, ihrer Molkereien selbst. Das heißt, sie müssen dafür sorgen, dass in den Molkereien alles daran gesetzt wird, dass bei Preisverhandlungen entsprechend höhere Preise erzielbar sind und die Produkte und Angebote in den Molkereien entsprechend erweitert werden. Sie müssen dafür sorgen, dass sie konkurrenz- und wettbewerbsfähig sind und vernünftige Preise erwirtschaften. Insofern sind die Landwirte natürlich auch mitverantwortlich für die Verluste, die bedingt durch die Blockadeaktion entstanden sind. Dies sind sicherlich Beträge, die in den zweistelligen Millionenbereich hineingehen und die wieder anderweitig getragen werden müssen.

Meine Damen und Herren, dennoch muss das Land alles dazu beitragen, dass zukünftig die Rahmenbedingungen gut bleiben. Herr Minister, ich sage nicht, dass Sie schlecht sind, aber Sie müssen dazu beitragen, dass sie gut bleiben. Das heißt, dass weiterhin in die einzelbetriebliche Investitionsförderung investiert wird, die Bodenordnung unterstützt wird, in die Marktstrukturverbesserung investiert wird und auch im Bereich des Marketings alles getan wird. Man sollte sich schließlich auch überlegen, die Ausgleichszulage in Anbetracht der schwierigen Situation, die wir derzeit haben, ein oder zwei Monate vorzuziehen.

Man sollte auch einmal darüber nachdenken, die Gasölbeihilfe, die durch die rot-grüne Bundesregierung bis auf Restbestände aufgehoben worden ist, wieder ins Leben zu rufen, da die erhöhten Energiepreise insbesondere auch die Landwirte hart treffen. Die damalige Gasölbeihilfe ist gezahlt worden, weil die Landwirte nicht das Straßensystem nutzen, sondern zu 80 % oder 90 % ihre Traktoren und Schlepper auf den Feldern und den Äckern bewegen und damit unsere Straßen nicht beschädigen, wie dies möglicherweise durch Lkw- oder PkwTransporte eher der Fall ist.

(Glocke der Präsidentin)

Es gibt sicherlich noch einige Maßnahmen, die man ergreifen kann.

Ich freue mich, abschließend sagen zu dürfen, dass die Bauern mit weitestgehend legalen Mitteln ihr Ziel erreicht haben. Ich freue mich für die Bauern.

(Glocke der Präsidentin)

Ich freue mich darüber, dass LIDL die Milchpreise um 10 % und die Preise für Butter um 20 % erhöht. Ich freue mich darüber, dass REWE dem nachfolgen wird, und ich könnte mir auch vorstellen, dass ALDI heute das Gleiche erklären wird. Insofern ist ein kleiner Erfolg erzielbar.

Herr Kollege Eymael, Sie haben fünf Minuten Redezeit in der ersten Runde. Ich darf Sie bitten, nun zum Ende zu kommen.

Vor diesem Hintergrund hoffe ich, dass die weiteren Demonstrationen von weiterem Erfolg gekrönt sein werden.

(Beifall der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Aktuellen Stunde hat jeder Redner in der ersten Runde fünf Minuten und in der zweiten Runde zwei Minuten Redezeit. Herr Eymael, Sie haben nun fünf Minuten und 42 Sekunden geredet. Ich bitte Sie doch ganz herzlich, sich an Ihre Redezeiten zu halten.

Ich erteile nun Herrn Kollegen Wehner das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, lieber Kollege Eymael, sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat, es sind turbulente Zeiten in der deutschen Landwirtschaft. Die Bilder der demonstrierenden Bauern, die ihre Milch wegkippen, sind hoch emotional und machen uns alle betroffen, die Verbraucher und die Politik.

Wir sollten nicht vergessen, dass das hoch qualitative Produkt Milch ein Nahrungsmittel mit stark symbolischer Bedeutung ist; denn, meine Damen und Herren, fast alle von uns sind damit groß geworden.

Was ist denn nun eigentlich los? Bösartig geantwortet könnte man sagen: Guten Morgen, meine Landwirte, willkommen in der globalen Marktwirtschaft! – Nachdem Ende 2007 der Milchpreis mit ca. 42 Cent pro Kilogramm seit langem endlich wieder einigermaßen auskömmlich war, sind die Landwirte abrupt aus ihren Träumen gerissen worden. Milch und Milchprodukte sind allerdings internationale Produkte. Es ist bis heute erklärtes Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik, diesen Prozess der Liberalisierung in Europa voranzubringen.

Milch ist schließlich genug da. Die alten Instrumente, wie die Quote im Zusammenhang mit den Exporterstattungen, haben letztendlich in den Jahren zuvor nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Die Erzeugerpreise sind mehr oder weniger im Keller. Bei steigendem Kostendruck mehren sich die Existenzängste.

Die Ohnmacht der Bauern gegenüber der Macht der Oligopole im Lebensmitteleinzelhandel und die daraus resultierenden Ängste haben sich in Wut und Zorn verwandelt und haben nun zu diesen Aktionen geführt.

Sehr geehrte Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat großes Verständnis für die Sorgen und Nöte der Landwirte und deren Familien. Wir nehmen sie sehr ernst. Die Landwirtschaft ist für uns mehr als nur Produzent von Nahrungsmitteln. Sie ist für uns ein prägender Teil des ländlichen Raums.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, die SPD im rheinlandpfälzischen Landtag ist sich ihrer Verantwortung für die Landwirtschaft bewusst. Seitens unserer Fraktion und ebenso der Landesregierung begleiten wir die rasante Entwicklung auf dem Milchmarkt jetzt schon seit über einem Jahr. Zahlreiche Gespräche mit Betroffenen, unter anderem mit dem Bauernverband, aber auch mit dem BDM, Initiativen im Parlament wie unsere Große Anfrage zu Milch sowie der „Milch-Gipfel“ des Ministers im Februar in Bitburg zeigen, wir lassen unsere Landwirtinnen und Landwirte nicht alleine. Da, wo wir unterstützen können, tun wir es. Dazu gehört in erster Linie Verlässlichkeit; denn, wer unternehmerisch handelt, braucht stabile Rahmenbedingungen. Dafür setzen wir uns ein.

(Beifall bei der SPD)

Wer unternehmerisch tätig ist und nicht untergehen möchte, muss wettbewerbsfähig sein. Die Betriebe, die das erkannt haben, unterstützen wir; denn zu Ehrlichkeit gehört auch, dass noch nicht alle Potenziale ausreichend genutzt werden. Es gibt nicht wenige innovative Betriebe, die unter den gegebenen Kostenbedingungen in der Lage sind, ihren Betrieb auch heute schon effizient zu führen.

Es gilt eben, auch seine Hausaufgaben zu machen. Nicht immer sind die Strukturen so – übrigens nicht nur bei den Erzeugern –, dass sie zu optimalen Ergebnissen führen. Ziel muss es allerdings sein, den Betrieben auch ein Überleben zu ermöglichen, die aufgrund der ungünstigen Mittelgebirgslagen Nachteile haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Aktionen gehen weiter, wenn auch ohne Blockaden. In diesem Zusammenhang möchte ich mich bedanken, dass die Sache aufgrund der Intervention durch Minister Hering nicht eskaliert ist. Wir danken auch dem Innenministerium, dass mit Augenmaß gehandelt wurde, als eine Räumung der Blockaden gefordert wurde. Ich denke, man darf nicht vergessen, dass das Ganze illegal war. Sie haben es auch angesprochen. Ich denke, insofern sind wir da ein gutes Stück weitergekommen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Eymael, FDP)

Wir begrüßen es, dass nun etwas Bewegung in die Sache gekommen ist und von allen Beteiligten, insbesondere vom Lebensmitteleinzelhandel – LIDL hat es zugesagt, ich denke, Aldi wird es auch machen –, die Suche nach fairen Kompromissen angekündigt wurde. Das ist auch notwendig: Schließlich sitzen alle im selben Boot. Die meisten Verbraucher sind auch bereit, etwas mehr für Milch und Milchprodukte auszugeben.

Momentan darf man begrenzt optimistisch gestimmt sein.

In der zweiten Runde können wir uns vielleicht einen kurzen Blick in die Zukunft leiseten.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Billen das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Bauer schüttet nicht gerne Milch weg. Es gibt Fälle, bei denen der Altbauer erzählt: Ich habe mir mein Leben lang immer Sorgen gemacht, ich habe aus Versehen den Tank offen gelassen und die Milch ist beim Melken weggelaufen und meine Arbeit war weg. – Heute sagt der Altbauer: Ich mache den Tank nicht auf. Das muss mein Sohn machen, ich kann das nicht. –

Wie verzweifelt müssen Bauern sein, dass sie zu solchen Maßnahmen greifen, dass sie ihre eigene Milch weglaufen lassen, ihrer eigenen Hände Arbeit weglaufen lassen, um zu protestieren und zu zeigen, sie wollen existieren, aber mit einem vernünftigen Milchpreis.

Ich habe kein Verständnis für diejenigen – das sage ich ganz offen –, die aufgrund einer nie nachgewiesenen Gerüchteküche, es kämen 30 polnische Lkw mit Milch, ihre eigene Firma boykottiert haben und Kollegen, die das anders gesehen haben, gezwungen haben – durch Boykott, wenn kein Milchtankwagen fährt –, auch die Milch weglaufen zu lassen. Ich glaube, für Rechtsbruch kann niemand sein. Das war Rechtsbruch, auch noch Rechtsbruch gegen die eigene Firma, zumindest in Rheinland-Pfalz.

(Beifall des Abg. Eymael, FDP)

Wir haben in Rheinland-Pfalz zwei Molkereien, die deutschlandweit den höchsten Auszahlungspreis bezahlt haben.

Man stellt sich die Frage, warum man mit vernünftigen Argumenten mit seinen eigenen Kollegen nicht mehr reden kann. Die Frage kann ich mir persönlich nicht beantworten. Jeder Landwirt weiß, dass die Europäische Gemeinschaft gegen den entschiedenen Willen von Minister Seehofer die Quote um 2,5 % erhöht hat und bei einem Milchboykott aller europäischen Landwirte – wenn sie also alle mitmachen und nicht nur 90 % in Bayern, 30 % in Rheinland-Pfalz, 10 % Norddeutschland und fast 0 % im Ausland –, wenn sie also eine Woche die Milch auszuschütten, sich die Milchmenge insgesamt unter 2 % verringert. Dann weiß man, dass eine solche Aktion überhaupt keinen Wert hat, um den Milchpreis dauerhaft nach oben zu bringen. Man weiß, da schädigen sich Kollegen, ohne dass sie eine Chance haben, in der Marktwirtschaft eine Wirkung zu erzielen. Das verstehe ich nicht.

Dieses Argument ist überhaupt nicht an Kollegen herüberzubringen, die sagen, dass sie den Milchpreis nach oben treiben.

Wenn man dann noch weiß, wie der Milchmarkt funktioniert – auch das wissen viele –, und weiß, dass Milch in Tüten noch nicht einmal 20 % der Milch ausmacht, die vermarktet wird – es heißt jetzt, LIDL und Edeka erhöhen um 10 % –, dann weiß man also, wenn 10 Cent

draufkommen, dann muss man es durch fünf teilen, und dann sind es vielleicht 2 Cent für drei Monate. Dann bricht der Markt wieder aus. Dann ist die Menge wieder da. Das, was zuviel vorhanden ist, ist schwer zu vermarkten und drückt den Preis.

Momentan gibt es die Situation, dass man aber mit diesem Vernunftsargument nicht weiterkommt und dann, wenn man nach einem Weg sucht, wie man helfen kann, nicht mehr miteinander reden kann, und dass führende Molkereivertreter, ob hauptamtlich oder im Ehrenamt, bis hin zu Morddrohungen bekommen und beschimpft werden sowie an den Rand ihrer psychologischen Grenze gejagt werden, sodass sie teilweise nicht mehr reden können, obwohl sie sich alle immer nur bemüht haben, den besten Preis für ihre Bauern zu erzielen. Eine Molkerei in Rheinland-Pfalz macht keine eigenen Gewinne. Sie nimmt die Milch auf, vermarktet sie, und all das, was an Gewinn vorhanden ist, geht im Milchpreis an ihre Mitglieder, an ihre Besitzer weiter. Meine Damen und Herren, dafür brauchen wir eine beruhigende Diskussion.

(Glocke der Präsidentin)