Protokoll der Sitzung vom 28.08.2008

(Fuhr, SPD: Aber eure Bürgermeister bean- tragen das schon!)

In einiger Hinsicht gibt es auch Klarheit. Wo Klarheit ist, geben wir das auch zu. Dann streiten wir es nicht ab.

Zum einen: Die äußerst bewährte und erfolgreiche Schulart Realschule wird von Ihnen einfach liquidiert.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Zweitens: Das Schulstrukturkonzept ist ein Sparkonzept. Die verordnete Dreizügigkeit, die pädagogisch so nicht begründbar ist, wird zu weniger Schulen, zu größeren Klassen und damit zu einem geringeren Lehrerbedarf führen.

Weniger Schulen bedeuten auch im Klartext, dass wir auf dem flachen Land ein massives Schulstandortsterben erleben werden, wie es das in diesem Land noch

nie gegeben hat, auch mit der Folge, dass die Schulwege länger werden.

(Zurufe der Abg. Frau Schmitt und des Abg. Harald Schweitzer, SPD)

Jetzt redet sie wieder.

(Frau Schmitt, SPD: Unangenehm die Wahrheit! Unangenehm der Gesetzentwurf!)

Die Ansiedlung der Fachoberschule als neue Form der berufsbildenden Schule an der Realschule plus trifft in vielen Regionen des Landes den Lebensnerv der berufsbildenden Schulen.

(Beifall der CDU)

Es ist schon zynisch: Die berufsbildenden Schulen müssen in erster Linie mit ihren eigenen Lehrern bei real existierendem, massiven strukturellen Unterrichtsausfall – wieder wie alle Jahre: 300 Vollzeitlehrerstellen fehlen – die Fachoberschulen an den Realschulen plus personell ausstatten, also Lehrer abordnen und somit dann auch noch ein Konkurrenzangebot zur eigenen Schulart unterstützen. Das ist in der Tat Zynismus pur.

(Hartloff, SPD: Man sollte nicht jede Verbandslobby übernehmen!)

Klar ist auch, dass die Landesregierung nicht daran interessiert ist, für vergleichbare Schulabschlüsse zu sorgen; denn sie weigert sich, zentrale Abschlussprüfungen einzuführen.

Alles Weitere in der nächsten Runde.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Mitglieder des Heßheimer Liederkranzes sowie den Internationalen Bund Idar-Oberstein. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hartloff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Werter Herr Kollege Keller, ich werde meiner Kollegin Ulla BredeHoffmann sicher noch das Vergnügen überlassen, sich im Einzelnen mit Ihren Ausführungen auseinanderzusetzen.

Aber eines sei doch gesagt, weil Sie vorhin gesagt haben: „Wenn Sie reden, können Sie nicht denken“. Wenn ich zu reden pflege, dann pflege ich gedacht zu haben,

und beim Reden hoffe ich auch zu denken und so das auch auszusprechen.

Es gibt keine größeren Klassen bei der Schulstrukturreform, sondern kleinere.

(Pörksen, SPD: Richtig!)

Ich habe auch vermisst, dass Sie sich mit dem Gesetzentwurf auseinandergesetzt haben, was dort inhaltlich steht. Vielleicht geschieht das von dem nächsten Redner.

Ein Zweites: Wenn Sie in der Vordebatte zu den Investitionen bei der Universität bemängeln, dass das mit heißer Nadel gestrickt sei, und im nächsten Redebeitrag sagen, dass jetzt eine ordentliche Vorbereitungszeit viel zu lang sei, dann ist das ein Zeichen für die Konsistenz Ihrer politischen Aussagen. Die Halbwertszeit reicht nicht von einer Debatte bis zur nächsten.

(Beifall der SPD)

Daran arbeiten Sie aber wohl.

Lassen Sie mich zu dem Gesetzesvorhaben einiges Grundsätzliche sagen: Wer keine Bildung hat, hat schlechtere Chancen im späteren Leben. Die soziale Herkunft entscheidet in Deutschland über Zukunftspläne, so Klaus Hurrelmann, einer der renommiertesten Bildungsforscher.

Die „FAZ“ von Sonntag, dem 17. August, schreibt: „Kindern von Eltern mit niedriger Bildung gelingt selten ein höherer Abschluss.“

Es gibt eine soziale Schieflage im Bildungssystem in Deutschland, die uns ärgerlich machen muss, die Herausforderung und Aufgabenstellung für Politik ist. Dieser Aufgabenstellung stellen wir uns als SPD, als Landesregierung Rheinland-Pfalz in hervorragender Weise und mit einem Meilenstein in der Schulpolitik.

Liebe Frau Ministerin Ahnen, ich kann Ihnen die Bewunderung von meinem werten Kollegen Herrn Kuhn nicht vermitteln, aber die Bewunderung für eine sehr gute Vorbereitung des Modells „Realschule plus“, die möchte ich Ihnen aussprechen; denn wenn man Podien vor sich hat, bei denen die linke Hälfte des Podiums das Modell, das vorgestellt wird, aus genau den konträren Gründen, wie das die rechte Hälfte macht, verteufelt, und dann einen Weg findet, der zukunftsweisend ist – was in der Presse in ganz Deutschland anerkannt wird –, der uns über den Tag hinaus Entwicklungschancen im Bildungswesen eröffnet und weiterführt, dann ist das bewundernswert. Meine Bewunderung haben Sie dafür.

(Beifall der SPD – Ministerpräsident Beck: Sehr gut! – Pörksen, SPD: Aber Sie müssen sie nicht gleich heiraten!)

Liebe FDP, wir müssen doch ganz kühl zur Kenntnis nehmen, dass über die Hauptschule bundesweit eine Abstimmung mit den Füßen stattgefunden hat, ohne dass eine Chance durch viele Maßnahmen gegeben

war, diesen Trend zu stoppen. Ich nenne nur eine Zahl: 1980 waren in Rheinland-Pfalz noch in der 7. Schulklasse 51,1 % der Schüler, 2006 waren das 17,9 % und heute noch viel weniger.

Meine Damen und Herren, es wäre ganz spannend und interessant festzustellen, welche Vorwirkungen dieses Gesetz schon entfaltet hat, bevor es heute hier überhaupt das erste Mal im Plenum diskutiert wird.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Jede Menge Kommunalpolitiker sind hingegangen und haben Anträge auf Integrierte Gesamtschulen und Ganztagsschulen etc. gestellt.

(Zuruf des Abg. Eymael, FDP)

Die Bewegung im Vorfeld in die richtige Richtung ist eine enorme. Das wäre sicher eine dankbare Aufgabe für eine Diplomarbeit oder Ähnliches.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Realschule plus ist ein Baustein bei dem, was wir in den Bildungsbereich investieren, und bei dem, was in Rheinland-Pfalz an Innovation im Bildungsbereich gestaltet wird.

Wir waren und sind Vorreiter bei der Einführung der Ganztagsschule. Zwischenzeitlich sind es 458. In unserem Bundesland – lieber Herr Keller, hören Sie zu – werden neue Lehrerinnen- und Lehrerstellen geschaffen. 240 waren es im letzten Jahr, und 220 sind es in diesem Jahr. Die Realschule plus bedeutet weiteres Einstellen von Lehrerinnen und Lehrer, damit kleinere Klassen mit guten Bildungschancen eröffnet werden können.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Wir sind das Land, in dem die gymnasiale Schulzeit mit G 8/GTS vernünftig verkürzt wird. Das ist nicht so wie in Hessen oder Bayern, wo die Menschen und Eltern Sturm laufen, weil es über das Knie gebrochen und ideologisch gemacht wird.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Hier ist es fundiert gemacht. Das könnte sich Frau Merkel vielleicht einmal anschauen, wenn Sie Bildungsurlaub macht und durch die Bundesrepublik fährt.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Rheinland-Pfalz investiert jährlich 10 Millionen Euro in die Sprachförderung in den Kindertagesstätten zur Vorbereitung auf die Schule und entsprechende Weiterbildung von Erzieherinnen und Erziehern. Rheinland-Pfalz ist in der U-3-Betreuung vorgegangen, bevor Sie überhaupt das Thema entdeckt haben. Frau von der Leyen schaut, was sie hier lernen kann, um es in der Bundesrepublik dann als vorbildlich darzustellen.