Da dies ein wichtiger Hintergrund ist, lassen Sie mich einige Ausführungen mehr dazu machen. Seit Montag dieser Woche gibt es unzweifelhaft eine neue Dimension. Die Notwendigkeit vonseiten des Bundes, mit knapp 27 Milliarden Euro für die private Bank Hypo Real Estate zu bürgen, macht deutlich, welche ungeheuerlichen Risiken die derzeitige Verfassung der Weltfinanzmärkte für den Steuerzahler, aber auch für die gesamte Volkswirtschaft in sich trägt. Die Hypo Real Estate ist ein Opfer des Vertrauensverlustes zwischen den Banken selbst. Die Banken refinanzieren sich nicht mehr untereinander durch Kreditvergabe, weil sie nicht mehr wissen, welche Risiken sich bei ihren Partnern verbergen.
Dieser Vertrauensverlust ist wie eine ansteckende Krankheit. Deshalb musste staatlicherseits schnell eingegriffen werden. Das Vertrauen in die Märkte ist zu stabilisieren, und es geht nicht darum, dass man, wie es andere propagieren, Geld gleichsam irgendjemandem in den Rachen wirft, der unverantwortlich damit umgegangen ist.
Natürlich sind wir ärgerlich darüber, welche Blüten Immobilienspekulanten getrieben haben, die behaupteten, dass eine Bank nur rentabel sei, wenn sie eine Rendite von 30 % per annum aufweist und Milliardengehälter und Boni an die Vorstände bezahlt. Dies ist eine ungute Entwicklung der Finanzmärkte,
und wir brauchen deshalb die Marktwirtschaft, das ist keine Frage. Aber wir müssen jetzt auch handeln, um akut das System zu stabilisieren, damit die Volkswirtschaften nicht darunter leiden.
„Ohne die Rettung der Hypo Real Estate mit dem Geld der Steuerzahler sei für nichts mehr zu garantieren, sagen Politiker und Banker. Die Gefahr einer Kettenreaktion sei zu groß.
Das gleicht einem Offenbarungseid für das Bankwesen. Es sind doch gerade die Spitzen der deutschen Hochfinanz, die gern über verkrustete Strukturen klagen und sich über die staatliche Regulierungswut mokieren. Jetzt geht es nicht mehr ohne Vater Staat, sagen sie.“
Dies bedarf eigentlich keiner Kommentierung. Dies steht in der „F.A.Z.“, wo vor einigen Wochen noch davon die Rede war, dass es notwendig sei, das deutsche Sparkassenwesen doch deutlich zu dezimieren, weil es doch ach so anachronistisch sei.
Meine Damen und Herren, ich bin froh darüber, dass wir in Deutschland Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben, weil sie in diesem System stabiler sind. Nicht ungefährdet, aber stabiler!
Dass die Rettungsaktion derzeit sowohl bei uns als auch in Amerika alternativlos ist, bezweifle ich nicht. Lassen wir uns auch von denjenigen, die etwas gegen die Marktwirtschaft haben, nicht einreden, dass staatlichdirigistisch alles besser gehe. Das ist auch ein Ammenmärchen, dem man ebenfalls nicht glauben soll.
Aber ein entfesselter Markt braucht ebenso Lenkung. Deshalb brauchen wir in diesem System deutlich neue Kontrollen, die man abgeschafft hat, und kein blindes Vertrauen in Rating-Agenturen, die privat gemacht werden. Das hat auch diesen Märkten geschadet, meine Damen und Herren.
Das ist kein Neoliberalismus, sondern dies ist Marktwirtschaft, in der wir Regeln brauchen, auch für die Finanzmärkte.
Wir brauchen diese Regeln nicht nur in Deutschland, sondern wir brauchen sie auch in Europa und in der Welt.
Wir müssen natürlich zur Kenntnis nehmen, dass die internationalen Finanzmärkte zum Exerzierfeld der Deregulierung gemacht worden sind, der Entstaatlichung, da staatliche Regelungen als Hemmnis empfunden wurden. Das Ergebnis haben wir nun in der schlimmsten Finanzmarktkrise seit den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts und nach dem Weltkrieg erlebt. Dies müssen wir sehr ernst nehmen.
Wenn der Wirtschaftsweise Herr Professor Peter Bofinger dieser Tage bei „SPIEGEL ONLINE“ – sicherlich mit einer gewissen Zuspitzung – deutlich gemacht hat, wo diese Deregulierung am deutlichsten zum Ausdruck kommt, stimme ich ihm zu. Er sagt:
„Der Staat hat zugelassen, dass die Aufsicht über die Banken de facto privatisiert wurde. Bis Juli 2007 war die vorherrschende Denke, wenn Rating-Agenturen eine Anleihe als sicher bewerten, ist sie es auch. Welche Risiken wirklich in den Bilanzen der Finanzhäuser stecken, das hat der Staat kaum geprüft.“ – Ja, so war es, und so hat es schrecklich Folgen für viele Menschen, für Banken und für die Volkswirtschaft in Amerika. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass es konjunkturelle Hemmnisse in größeren Maßen gibt.
Herr Finanzminister Deubel hat gestern darauf hingewiesen, dass es notwendig ist, Vorsorge zu treffen – dies ist im Haushalt geschehen –, dass es aber auch
notwendig ist, nicht parallel dazu in den Ausgabensituationen mitzumachen, solche Effekte noch zu verstärken und damit die Volkswirtschaften zu ruinieren. Das gehört dazu, wenn man die Verschuldensproblematik vor einem solchen Hintergrund diskutiert, Herr Kollege Baldauf.
Bofinger sagt im Übrigen zu den Finanzmärkten: Die entfesselten Finanzmärkte sind keine soziale Marktwirtschaft, sondern turbokapitalistischer Fluch. –
Recht hat er, der Mann. In Deutschland ist soziale Marktwirtschaft weiterzuentwickeln und nicht nach amerikanischem Vorbild umzubilden. Dafür sollten wir uns in Europa einsetzen.
Ich kann mich auch noch daran erinnern – ich verweile ein wenig bei dem Punkt –, dass uns die EU mit ihrer Kommission das angelsächsische Vorbild als allein selig machend für Europa schmackhaft machen wollte.
Kleiner Schlenker: Bedenken Sie dann auch einmal, wie das mit den privaten Rentenanlagen aussieht, wenn solche Werte rapide verfallen.
Ist es also nicht auch angebracht, dass wir nicht gar so viel über unser Rentensystem mit Generationenausgleich und Umlagefinanzierung schimpfen, bei allen Handicaps, die es hat? Mehrere Standbeine sind dort wünschenswert und sinnvoll.
Sinnvoll ist dann auch eine Vorsorge des Staates mit einem Pensionsfonds, den Sie vorhin angegriffen haben, nur als kleinen Schlenker auch bei dieser Diskussion, Herr Kollege Baldauf.
Lassen Sie mich aber vor diesem Hintergrund, der sehr bedrohlich vor der gesamten Entwicklung steht, die wir in der nächsten Zeit haben werden, zwei Sachen sagen: Durch unser Sparkassen- und Genossenschaftssystem sollten die Menschen in unserem Land nicht von Angst getrieben sein, wenn es Zukunftsentwicklungen auf den Finanzmärkten gibt. Bei allem, wo wir auf der Bundesebene eingreifen müssen, was mit Bürgschaften abgesichert wird, die Staaten können kein Interesse am Zusammenbruch dieser Märkte haben.
Ich möchte einen zweiten Punkt nennen. Dabei komme ich direkt zum Landeshaushalt: Die Opposition wirft der Landesregierung vor, sie habe nicht ausreichend Energie zur Haushaltskonsolidierung verwandt.
Natürlich gefällt sich die Opposition in diesen Forderungen. Herr Baldauf hat es schon eingeräumt: Jetzt wird er mir gleich vorhalten, was ich alles an ausgabenwirksamen Forderungen gestellt habe. – Ja, in der Tat, das halte ich Ihnen vor. Man kann nicht auf der einen Seite mit zwei Händen das Geld herausschmeißen und jedem alles versprechen und anderen vorwerfen, die Haushaltskonsolidierung käme nicht voran.
Wissen Sie, Sie wollen sich auch immer so profilieren, dass Sie mit finanzwirksamen Forderungen gegen das stehen – ob bei der Pendlerpauschale, ob bei den Steuersenkungen –, was Ihre Kanzlerin in Berlin gerade propagiert.
Damit ist sogar die CSU in Bayern schlecht gefahren. Ich weiß nicht, ob Sie als CDU-Fraktion in RheinlandPfalz so ganz den Einfluss haben wie die bayerische CSU. Aber schauen Sie sich die Ergebnisse an. Sie haben da Probleme.