Protokoll der Sitzung vom 14.11.2008

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seitens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Gerd Schreiner wie folgt:

Zu Frage 1: Die Steuerschätzung vom Mittwoch der vergangenen Woche hat den Ansatz der Steuereinnahmen für das Jahr 2009 bestätigt. Für 2009 werden laut der regionalisierten Schätzung 9,941 Milliarden Euro erwartet. Unser Haushaltsansatz liegt mit 9,945 Milliarden Euro auf der Höhe des Regionalisierungsergebnisses.

Eine Schätzung für das Jahr 2010 wurde im Rahmen der Steuerschätzung im November nicht durchgeführt. Wie üblich wurde im November nur das laufende und das Folgejahr geschätzt.

Zu den Fragen 2 und 3, die sinnvollerweise zusammen beantwortet werden: Eine deutliche Eintrübung der konjunkturellen Lage ist im Rahmen der Steuerschätzung berücksichtigt worden. Der Steuerschätzung lag die Prognose der Bundesregierung für das BIP-Wachstum im kommenden Jahr zugrunde. Ausgegangen wurde von einem Wachstum von real 0,2 %.

Auch der Sachverständigenrat – dies ist die jüngste der vorliegenden Prognosen – geht von einer ähnlichen Wachstumsrate aus. Dort werden 0,0 % angesetzt. Der Unterschied zwischen beiden Schätzungen liegt im statistischen Fehlerbereich.

Dennoch wiederhole ich das, was ich bereits anlässlich unserer Debatte zur Finanzmarktkrise gesagt habe: Sollte sich die wirtschaftliche Lage deutlich schlechter entwickeln, werden auch die Steuereinnahmen geringer ausfallen. In diesem Fall ist zusätzlich mit einer verstärkten expansiven Ausrichtung der Finanzpolitik des Bundes zu rechnen, die nicht ohne Folgen für die Haushaltswirtschaft des Landes bleiben wird. Eine Quantifizierung solcher Effekte für den Landeshaushalt ist derzeit nicht seriös möglich.

Vor diesem Hintergrund hält die Landesregierung an ihrem Haushaltsansatz für die Steuereinnahmen auf der Basis der offiziellen Steuerschätzung fest.

Zu Frage 4: Wie die Haushaltpolitik auf ein etwaiges Zurückbleiben der Steuereinnahmen gegenüber dem Ansatz reagieren müsste, hängt selbstverständlich von den Gründen ab, die zu einem solchen Zurückbleiben führen. Daher kann keine in allen denkbaren Situationen richtige Aussage getroffen werden.

Wenn Ihre Frage allerdings – das vermute ich – auf ein Zurückbleiben aus konjunkturellen Gründen abzielt, gilt die bereits im Zuge der Einbringung des Doppelhaushalts dargelegte Position der Landesregierung. Wir werden die wirtschaftliche Talfahrt nicht durch Ausgabenkürzungen und die Reduzierung öffentlicher Aufträge beschleunigen. Dies wäre insbesondere wegen der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt unverantwortlich. Vielmehr würde sich die Landesregierung in einem solchen Fall stabilitätsgerecht verhalten. Darauf können sich die Unternehmen und insbesondere die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Rheinland-Pfalz verlassen.

So weit die Antwort der Landesregierung.

(Beifall der SPD)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schreiner.

Befürchtet die Landesregierung, wenn sich die konjunkturellen Aussichten verstetigen, für das Jahr 2010 mit einem Nachtrag reagieren zu müssen?

Wir sind gerade dabei, den Doppelhaushalt 2009/2010 aufzustellen. Eines Nachtrags im Jahr 2009 oder 2010 bedarf es dann, wenn auf der Ausgabenseite zusätzliche erhebliche Mehrausgaben, die nicht auf gesetzlicher Grundlage beruhen, entstehen sollten. Das kann man nicht ausschließen, wenn es beispielsweise ein konzertiert abgestimmtes Konjunkturprogramm gibt, bei dem das Land nicht durch Mindereinnahmen, die durch das jetzige Paket möglicherweise entstehen werden, sondern durch Mehrausgaben beteiligt ist.

Dies kann aber heute keiner seriös prognostizieren. Von daher kann man Ihre Frage nicht abschließend beantworten.

Weitere Zusatzfragen sind nicht zu sehen. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet.

(Beifall der SPD)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen der Regionalen Schule Pellenz. Seien Sie herzlich in Mainz willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dorothea Schäfer und Thomas Weiner (CDU), Verkehrsgefährdung und landwirtschaftliche Schäden durch steigende Wildschweinpopulation – Nummer 10 der Drucksache 15/2796 – betreffend, auf.

Bitte schön, Frau Schäfer.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie hat sich die Wildschweinpopulation in den letzten zwölf Monaten entwickelt?

2. Wie haben sich die Zahl der durch Wildschweine verursachten Verkehrsunfälle und die Schäden durch Wildschweine an landwirtschaftlichen Flächen, in öffentlichen Grünanlagen, Sportplätzen und Privatgärten in den letzten zwölf Monaten entwickelt?

3. Sieht die Landesregierung die Gefahr, dass sich im kommenden Jahr für viele Jagdbezirke keine Pächter mehr finden und in diesen Landesteilen ein „Jagdnotstand“ droht?

4. Hält die Landesregierung erleichternde Maßnahmen für die Jagd, wie zum Beispiel die Erlaubnis des Ja

gens mit Nachtsichtgeräten oder Nachteilsausgleichen bei schwieriger Verwertung geschossener Wildschweine für geeignet, um eine intensivere Bejagung von Schwarzwild zu erreichen?

Für die Landesregierung antwortet Frau Umweltministerin Conrad.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in diesem Jahr sicherlich erhöhte Wildschweinbestände. Die Meldungen von Schäden durch Schwarzwild in der Landwirtschaft, in Hausgärten und sogar auf Spielplätzen weisen ebenso darauf hin wie vermehrte Berichte von Verkehrsunfällen mit Wildschweinbeteiligung.

Hohe Wildschweindichten sind auch eine Gefahr für das Wiederaufleben der Schweinepest. Die nachhaltige Bestandsregulierung ist deshalb von zentraler Bedeutung, will man den oben genannten Gefahren begegnen.

Deshalb habe ich den Start der Drückjagdsaison zum Anlass genommen, zusammen mit dem Präsidenten des Landesjagdverbandes noch einmal eindringlich die Jägerinnen und Jäger zur verstärkten Bejagung aufzurufen.

Ein Handlungskonzept zur Reduktion der Schwarzwildbestände, erarbeitet unter Beteiligung unter anderem der Jägerschaft, der Bauern- und Winzerverbände, des Gemeinde- und Städtebundes und der Behörden, liegt als 12-Punkte-Programm vor. Es muss allerdings vor Ort umgesetzt werden.

Hier kommt neben den Jägerinnen und Jägern auch dem Kreisjagdmeister eine besondere Verantwortung zu, aber auch den örtlichen Behörden, die rechtlichen und jagdlichen Instrumente zur verstärkten Bejagung auch anzuwenden, zum Beispiel die Anordnung großräumiger, revierübergreifender Bewegungsjagden oder die Prüfung der Jagdausübung auch in befriedeten Bezirken. Die örtlichen Behörden sind von uns in oben genanntem Sinn angeschrieben worden.

Wir haben bereits seit Jahren die Schonzeiten für Schwarzwild aufgehoben. Es gibt auch keine Gewichts- oder Altersbeschränkungen für die zu erlegenden Wildschweine.

Darüber hinaus haben wir Regeln geschaffen, um den künstlichen Nahrungseintrag in den Naturraum zu verhindern. Nach der Landesverordnung über die Fütterung und Kirrung von Schalenwild ist die Fütterung grundsätzlich verboten und die Kirrung nur zur besseren und effektiveren Bejagung zulässig.

Selbstverständlich sind auch die Forstämter des Landes zur verstärkten Bejagung aufgefordert worden, insbesondere zur Durchführung der erfolgversprechenden

revierübergreifenden Bewegungsjagden auf Schwarzwild.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dorothea Schäfer und Thomas Weiner wie folgt:

Zu Frage 1: Die gemeldeten Abschusszahlen lassen Rückschlüsse auf den vorhandenen Bestand zu. Die Strecken haben sich unterschiedlich entwickelt. 2001/2002 haben sie bei 58.000, 2002/2003 bei 66.000, 2005/2006 bei 61.000 und 2006/2007 bei einem harten Winter lediglich bei 29.000 gelegen. Im letzten Jahr sind sie wieder auf 43.000 angestiegen.

2008 wurden 22.500 Wildschweine und damit über 6.000 Tiere mehr als im gleichen Zeitraum des letzten Jahres erlegt. Dies lässt auf einen erneuten Anstieg der vorhandenen Schwarzwildpopulation schließen.

Zu Frage 2: Es gibt nur eine allgemeine Wildunfallerhebung, die an eine Schadenshöhe geknüpft ist, aber keine, die nach Wildarten unterscheidet. Es existiert allerdings ein gewisser Zusammenhang zwischen hoher Jagdstrecke, das heißt hohe Population, und der Anzahl erfasster Wildunfälle.

Schwarzwildschäden in Landwirtschaft, Gärten, Grünanlagen und auf Friedhöfen werden nicht statistisch erfasst. Allerdings weisen die Berichte aus Bauernzeitungen oder der örtlichen Presse auf eine deutliche Zunahme hin.

Auch die Wildschadensregulierung in der Landwirtschaft, die in der Regel gütlich vereinbart wird, wird nicht statistisch erfasst. Wir haben allerdings den Gemeinde- und Städtebund gebeten, eine Abfrage bei seinen Mitgliedern durchzuführen. Lediglich in wenigen Ausnahmefällen kommt es bei der Schadensregulierung zu behördlichen Festlegungen.

Zu Frage 3: Ja, wir kennen die Jagdpachtpreise. Sie gehen in letzter Zeit teilweise zurück. In Einzelfällen liegen uns Mitteilungen vor, dass die Suche nach neuen Jagdpächtern schwieriger geworden ist. Hauptgrund hierfür dürften die zu erwartenden hohen Wildschäden sein.

Zu Frage 4: Bei reinen Nachtsichtgeräten besteht keine Verwendungseinschränkung, wie Sie das formuliert haben. Ich vermute aber, dass Sie Nachtzielgeräte für Schusswaffen gemeint haben.

Nachtzielgeräte dürfen in der Bundesrepublik grundsätzlich für den zivilen Bereich nicht genutzt werden. Bereits der Besitz eines solchen Gerätes ist nach dem Waffengesetz verboten. Für die Jägerschaft schließt § 19 des Bundesjagdgesetzes die Nutzung von Nachtzielgeräten ebenfalls aus.

Die Landesregierung ist der Meinung, dass wegen des allgemeinen Sicherheitsrisikos, das mit der Freigabe von Nachtzielgeräten verbunden wäre, von dieser Regelung nicht abgewichen werden darf.

Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass Verwertungshilfen im Sinne von Abschussprämien nicht zu einer erhöhten Strecke führen. Von 1999 bis 2003 hatten wir ohne signifikanten Erfolg solche Prämien für Frischlinge bezahlt.

Eine Preisstütze zum Beispiel finanziert aus der Jagdabgabe wäre nach dem EG-Vertrag als Beihilfe zu würdigen und grundsätzlich unzulässig. Die Unterstützung der Verwertung erfolgt allerdings im Rahmen der Wildbretinitiative gemeinsam mit dem Landesjagdverband.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)