Protokoll der Sitzung vom 14.11.2008

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In Anlehnung an den Erfolg des amerikanischen

Marshallplans für Deutschland und den europäischen Kontinent nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verfolgt die Global-Marshall-Plan-Initiative wie auch viele andere Initiativen die Durchsetzung der weltweit vereinbarten Millenniumsziele der Vereinten Nationen. Die 189 Mitgliedstaaten haben diese Erklärung im Jahr 2000 verabschiedet. Sie enthält einen Katalog grundsätzlicher, verpflichtender Zielsetzungen für alle UN-Mitgliedstaaten.

Zur Umsetzung der Erklärung wurde eine Liste mit acht internationalen Entwicklungszielen erarbeitet. Dabei haben alle Mitgliedstaaten ihr Bemühen zugesichert, die Ziele bis zum Jahr 2015 zu erreichen.

Es ist aus meiner Sicht gerade auch für die Bundesländer – also auch für Rheinland-Pfalz – von entscheidender Bedeutung, die Folgewirkungen der Globalisierung bei der Politikgestaltung angemessen zu berücksichtigen. Die Ausgestaltung einer nachhaltigen Entwicklungspolitik trägt nicht nur zur internationalen Profilbildung bei, sondern verdeutlicht auch unsere Verantwortung für die eine Welt und zeigt auf, worum sich die Welt kümmern muss.

Nach meiner Auffassung können Politik und Zivilgesellschaft gemeinsam für eine Bewusstseinsstärkung in der Bevölkerung werben, die insbesondere darauf abzielt, die Bedeutung entwicklungspolitischer Bildungs- und Informationsarbeit für ein gedeihliches und friedliches Zusammenleben in der einen Welt zu stärken. Wir befürworten die Global-Marshall-Plan-Initiative, um auch in Rheinland-Pfalz auf allen Ebenen die Umsetzung der Millennium-Entwicklungsziele zu unterstützen.

Ich möchte nun aufgrund der Zeit die Stichworte „Entwicklungspartnerschaft“ und „Förderung der Rechte von Frauen“ herausgreifen. Die internationale Entwicklungszusammenarbeit liegt zwar zu einem großen Teil in der Kompetenz des Bundes, aber auch die Bundesländer haben Mitwirkungsmöglichkeiten, die gerade RheinlandPfalz, seit Herr Ministerpräsident Bernhard Vogel vor 26 Jahren die Partnerschaft zu Ruanda ins Leben gerufen hat, sehr aktiv genutzt hat.

Diese Partnerschaft hat eine unmittelbare Verbesserung der Lebensumstände vieler Menschen in Ruanda trotz immer wieder problematischer Lebensbedingungen bewirkt. Aufgrund der vielen Initiativen aus unserem Land kann man sagen, das ganze Land macht mit, und es ist eine Hilfe, die direkt bei den Menschen ankommt.

Die Landesregierung ist besonders in der Verantwortung, in Ruanda immer wieder neu auf die Stärkung rechtsstaatlicher Strukturen hinzuweisen und auch hinzuwirken. Wir haben unseren Änderungsantrag gestellt, weil wir der Ansicht sind, dass es noch ergänzender Ausführungen bedarf.

(Beifall der CDU)

Ich komme gleich noch einmal darauf zu sprechen.

Die Entwicklungspolitik muss ihren Schwerpunkt auf die schwächsten und ärmsten Länder legen. Dabei ist Afrika – mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz – in ihren Aktivitä

ten von der Welt in den letzten Jahren sehr stark vernachlässigt worden und muss eigentlich wieder einen Schwerpunkt bilden. Dabei müssen sich alle Maßnahmen an der Eigenverantwortung der afrikanischen Länder und Institutionen ausrichten und gezielt zur Stärkung rechtsstaatlicher Strukturen auch in Ruanda eingesetzt werden.

Ich darf noch in einem Nebensatz erwähnen, dass in den afrikanischen Ländern auch die Bekämpfung von AIDS von herausragender Bedeutung ist. Entwicklungspolitik darf nicht isoliert betrieben werden, sondern muss in ein Gesamtkonzept von Außen-, Sicherheits-, Wirtschafts-, Bildungs- und auch Umweltpolitik schlüssig eingebunden werden.

Eine weitere, ganz entscheidende Aufgabe der Vereinten Nationen ist die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rechte der Frauen. Gleichstellung heißt, gleiche Rechte und gleiche Chancen, ohne die objektiv vorhandenen biologischen Unterschiede von Mann und Frau zu ignorieren. Dabei kommt uns in Rheinland-Pfalz gerade die Enquete-Kommission „Integration und Migration“ zupass; denn wenn wir von der Stärkung der Frauenrechte sprechen und etwas dafür tun wollen, können wir es nicht zulassen, dass Migrantinnen aus bestimmten Kulturkreisen durch ihr eigenes Umfeld in Deutschland daran gehindert werden, ihre Frauenrechte unbeschadet wahrzunehmen.

(Beifall der CDU)

Wenn wir im eigenen Land nicht konsequent demokratisches Verhalten von Migranten einfordern, können wir letztendlich nicht auf demokratische Veränderungen in den Heimatländern dieser Menschen pochen.

Prinzipiell sind wir geneigt, dem Antrag der SPD zuzustimmen, haben allerdings gemeinsam mit der FDP einen Änderungsantrag gestellt und beantragen, beide Anträge an den zuständigen Ausschuss zu überweisen, um gerade wegen der Situation in Ruanda speziell darüber diskutieren zu können

(Glocke des Präsidenten)

und dem gerecht zu werden, da Rheinland-Pfalz in diesem Bereich besonders in der Verantwortung steht. Dort bedarf es unserer Auffassung nach noch ergänzender Bemerkungen, die man in aller Sachlichkeit abstimmen sollte.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung Langenlonsheim im rheinland-pfälzischen Landtag. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Thomas Auler.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir, die FDP-Fraktion, können uns mit den Millenniumszielen sowie auch mit dem Antrag der SPDFraktion voll und ganz identifizieren. Wir brauchen insbesondere eine weltweite Entwicklungspartnerschaft, auf die ich besonders eingehen möchte, weil wir sehen, dass auch unser Entwicklungsprojekt in Rheinland-Pfalz mit Ruanda seit Beginn dieser Maßnahme ein Vorzeigeprojekt ist. Die Hilfe in Ruanda kommt bei den Menschen direkt an. Wir arbeiten über die Partnerschaftsbüros. Viele Kommunen haben Patenschaften in Ruanda übernommen, und ein Teil der Abgeordneten – darunter auch ich – konnte sich im letzten Jahr in Ruanda davon überzeugen, dass vieles direkt bei den Not leidenden Menschen ankommt, so wie es sein soll und so, wie sich alle Bürgerinnen und Bürger Entwicklungshilfe vor Ort vorstellen.

Wir wissen aber, dass es gerade im Kongo Probleme gibt und dass auch der Name „Ruanda“ immer wieder in diesem Zusammenhang fällt. Ich glaube, dass gerade zu diesem Thema eine gute Aufklärung sehr wichtig ist.

Wir müssen unbedingt Folgendes wissen: Ist Ruanda vielleicht auch in den Konflikt verwickelt? Passieren dort Dinge, die dort nicht passieren dürften? Kommt das, was wir für Ruanda geben, direkt bei den Menschen an? Sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Helferinnen und Helfer aus Deutschland vor Ort ungefährdet? Brauchen diese guten Menschen unseren Schutz?

Ich glaube, es gibt eine ganze Menge offener Fragen, denen wir uns unbedingt zuwenden müssen. Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit der CDU-Fraktion den Änderungsantrag gestellt. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir im Parlament in dieser sehr wichtigen Frage einvernehmlich – darum möchte ich Sie alle bitten – zustimmen könnten, dass wir dies an den zuständigen Ausschuss überweisen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP und der CDU)

Das Wort hat Herr Staatsminister Karl Peter Bruch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt den Antrag der SPDFraktion, die Millenniumsziele durchzusetzen. Ich darf mich herzlich bei der Landeszentrale für politische Bildung bedanken, die in einer kleinen Broschüre diese acht Ziele definiert hat.

Die heutige Diskussion projiziert sich mehr auf Ruanda. Dazu werde ich noch etwas sagen.

Ich will darauf hinweisen, dass das Land RheinlandPfalz mit vielen Initiativen verbunden ist, die diese Millenniumsziele beinhalten. Ich nenne sie nur auszugsweise. Wer sich im Bereich des Bistums Trier umschaut, wird feststellen, wie viele Initiativen es in Südamerika gibt. Ich nenne beispielsweise Bolivien. Man wird feststellen, dieses Land ist nicht nur Ruanda-bezogen aktiv, sondern ist in der sogenannten Dritten Welt stark engagiert. Die Bürgerinnen und Bürger haben begriffen, dass sie nicht allein agieren können, ohne diese acht Ziele mit einzubeziehen. Sie haben sie schon verinnerlicht.

Das Land Rheinland-Pfalz hat durch die 26-jährige Erfahrung mit einem Partnerland, das Erfahrungen aus der Kolonialzeit hat, eine bessere Ausgangssituation als viele andere Länder. Bevor ich zu Ruanda komme, will ich daran erinnern, dass der Landtag, als 2004 die Tsunami-Katastrophe in Asien die Menschen in Not und Tod gebracht hat, die Landesregierung unterstützt hat, in Sri Lanka Hilfe zu leisten. Das geschah mit einem großen Beitrag.

Es gibt viele Initiativen der Kirchen, die sich in der Welt einbringen und an der Stelle engagieren, an der es notwendig ist, diese acht Ziele umzusetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 1994 beim Genozid saß ich im Plenum. An dieser Stelle stand Walter Zuber. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich habe damals den Atem angehalten, als er vorgetragen hat, wir werden unsere Ziele in Ruanda nicht aufgeben, weil wir es nicht für die Regierung, sondern für die Menschen machen.

(Beifall der SPD)

Damals hat der Landtag mit vier Fraktionen einstimmig die Position des Innenministers gestützt und unterstützt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich jetzt den Antrag der CDU und FDP sehe, dann ist dieser normal. Es ist nichts Böses drin. Das ist das, was die Landesregierung macht.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Naja!)

Ja, Frau Kohle-Gros, das ist das, was sie tut.

(Zuruf von der SPD: Was heißt hier ja, ja?)

Es gibt nichts Schwierigeres, als in Gespräche hineinzuwirken. Ich war dabei, als Ministerpräsident Kurt Beck mit dem Präsidenten Kagame über die Situation von vor zwei Jahren gesprochen hat. Damals hatten wir schon einmal das Problem Ruanda, Ostkongo und die Frage, wie weit Ruanda involviert ist und wie weit es dort möglicherweise Entwicklungen gibt, die von Ruanda ausgehen.

Jeder, der sich damit beschäftigt, weiß, dass wir wohlfeil agieren können. Ich könnte wunderbare Reden halten, indem ich sage, die Pressefreiheit muss durchgesetzt werden, Rechtsstaatlichkeit muss in allen Bereichen bestehen. Das ist wahr. Das wird immer wieder in kleinen Gesprächen, in großen Gesprächen und in Gesprächen mit der Regierung vorgetragen. Wir haben auf die

Entwicklung Rücksicht zu nehmen, weil wir sagen, wir wollen den Menschen helfen. Wir wollen, dass dort keiner mehr hungert, die Menschen Wasser und sie kurze Wege haben. Von daher gesehen habe ich die Kritik der Gesellschaft für bedrohte Völker als wohlfeil empfunden.

Es wird gesagt, Rheinland-Pfalz stellt das Partnerland immer als Musterbeispiel dar. Das haben wir nicht gemacht. Wir haben es als ein Beispiel einer praktizierten Nächstenliebe – so nenne ich es einmal – dargestellt, die von den Menschen ausgeht, die die Partnerschaft tragen.

(Beifall bei der SPD)

Das Land Rheinland-Pfalz ist sozusagen nur der Rahmen, es wird von den Menschen, den Initiativen und Vereinen getragen.

Es gibt diese wohlfeile Kritik, die sagt: Ihr haltet trotz dieser schweren Menschenrechtsverletzungen daran fest. – Dieser Ministerpräsident hat in meiner Anwesenheit Menschenrechtsverletzungen mit dem Präsidenten besprochen. Mit dem Botschafter Gasana gibt es einen ständigen Austausch. Das geschieht mit der gehörigen Zurückhaltung, die uns ansteht. Da gilt auch, dieses Land ist souverän.

Wer sich einmal in Afrika umschaut, wird sehr schnell feststellen, dass der Hinweis des Bundespräsidenten, der dort vor nicht allzu langer Zeit war, stimmt, dass diese beispielhafte Hilfe von Rheinland-Pfalz für Ruanda für die Bundesrepublik Deutschland ein großes Pfund ist. Ich habe es jetzt anders gesagt, als er es formuliert hat.