Protokoll der Sitzung vom 14.11.2008

Wer sich einmal in Afrika umschaut, wird sehr schnell feststellen, dass der Hinweis des Bundespräsidenten, der dort vor nicht allzu langer Zeit war, stimmt, dass diese beispielhafte Hilfe von Rheinland-Pfalz für Ruanda für die Bundesrepublik Deutschland ein großes Pfund ist. Ich habe es jetzt anders gesagt, als er es formuliert hat.

Ich habe eine Einladung von Nordrhein-Westfalen erhalten, das gesagt hat: Wir müssen uns aufgrund dieser Entwicklungsziele, die wir uns gegeben haben, die schon besprochen worden sind und zu denen wir gute Reden geführt haben, weil wir das unterstützen wollen, das Beispiel Ruanda als Vorbild nehmen und ein solches Beispiel umsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer über die acht Ziele redet und Ruanda und Rheinland-Pfalz als Beispiel nimmt, ist auf einem guten Weg. Dieser gute Weg muss immer wieder neu geschottert werden, damit er gut begangen werden kann. Das wollen wir tun.

(Beifall der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen jetzt zur Abstimmung entweder über den Antrag selbst oder über eine Ausschussüberweisung. Es wird vorgeschlagen, die Anträge an den Ausschuss für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz – federführend – sowie an den Innenausschuss, den Sozialpolitischen Ausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr und den Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung zu überweisen. Besteht Einverständnis? – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich rufe Punkt 25 der Tagesordnung auf:

Für eine zeitgemäße Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte an rheinland-pfälzischen Schulen Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/2645 –

Es steht eine Grundredezeit von fünf Minuten zur Verfügung. Ich erteile Frau Kollegin Dickes das Wort.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich kann mich noch sehr genau an den Morgen des 10. November 1989 erinnern, als mein Lehrer morgens in den Geschichtsleistungskurs kam, an die Tafel ging und Folgendes an die Tafel geschrieben hat: Von hier und heute geht ein neues Zeitalter der Menschheitsgeschichte aus, und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen. – Ich hatte einen besonderen Lehrer, der diese Zeitgeschichte mit uns bis zum Abitur noch ein halbes Jahr behandelt hat.

Ich hatte vorher schon eine kleine Ahnung vom Totalitarismus und vom Unrechtsregime in der DDR, als ich mit 16 im Rahmen einer Klassenfahrt in den DDRGrenzanlagen stand und schwer bewaffnete Grenzsoldaten in unseren Bus kamen. Ich weiß noch, wie viel Angst ich hatte. Dieses Gefühl, diese Angst von damals, der Unterricht und heutige Erlebnisse, zum Beispiel ein Besuch im DDR-Gefängnis Hohenschönhausen, lassen mich heute aus tiefster Überzeugung sagen: Nie wieder!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Das Wissen und die Überzeugung ist jedoch laut einer Studie der Technischen Universität Berlin nicht überall vorhanden, vor allem nicht bei unseren jungen Menschen.

Die Mehrheit der Jugendlichen ist heute davon überzeugt, dass die DDR kein Unrechtsregime war, es freie Wahlen gab.

Ich weiß, dass sich diese Studie nicht explizit auf Rheinland-Pfalz bezieht. Aber die Gespräche, die ich mit Lehrern und Schülern führe, zeigen mir ein ähnliches Bild. Wir sehen das heute auch an der sogenannten Ostalgiewelle, die über Deutschland schwappt und in der die DDR verharmlost und verniedlicht wird.

Sie alle waren schon öfter in Berlin. An jeder Ecke bekommen Sie diesen Mauerstein. Der wirkt aber nicht erschreckend. Der zeigt nicht Zeitgeschichte, sondern er ist einfach bunt und schön.

Wer nichts weiß, muss alles glauben. Gegen diese Glauben geht unser Antrag, und das auch, weil uns das Thema „Unrechtsregime“ immer noch direkt betrifft, auch hier betrifft.

Teile der LINKEN sind immer noch die alten Kader aus der DDR.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Plenarprotokolle kann man nachlesen. Trotzdem treffe ich bei jeder Plenarsitzung einen Beobachter der Linkspartei. Er äußert ganz klar, dass ihn nicht interessiert, was im Protokoll steht. Ihn interessieren andere Dinge. Ich möchte gar nicht wissen, was.

Wir wollen Aufklärung der jungen Menschen darüber, was das DDR-Unrechtsregime bedeutet. Ich weiß aus vielen Gesprächen, auch mit Lehrern, dass das Thema in den Schulen sehr stiefmütterlich behandelt wird. Deswegen fordern wir als CDU, dass das Thema im Unterricht verbindlich behandelt wird.

(Beifall bei der CDU)

Dazu bieten sich Projekte an, z. B. am 17. Juni oder am 9. November. Gleichzeitig müssen wir die Stundenzahl, die für dieses Thema an den Schulen vorgesehen ist, verdoppeln.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wissen Sie eigentlich, wie viel?)

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das ist falsch!)

Es ist fächerübergreifend. Schauen Sie nach.

Wenn wir dieses Thema in den Schulen intensiver aufarbeiten wollen, dann setzt das gut ausgebildete Lehrer voraus. Deswegen fordern wir zum Thema „Unrechtsregime“ und zum Thema „DDR-Vergangenheit“ mehr Lehrerfortbildung; denn nur ein Lehrer, der sich persönlich mit diesem Thema auseinandergesetzt und Betroffenheit gespürt hat, kann dies den Schülern entsprechend vermitteln. Gleichzeitig fehlt aber viel Material an den Schulen. Auch das ist eine Erkenntnis, die z. B. am Montag wieder kam, als wir in den Schulen waren. Ein Lehrer kam und sagte: Haben sie nicht irgendwo Material? Ich möchte das Thema so gerne mit meinen Schülern aufarbeiten; denn wir fahren bald nach Berlin. Können sie uns nicht Zeitzeugen nennen? Ich würde gern einmal jemanden einladen, mit dem die Schüler diskutieren können.

Vielleicht sollten Sie dieses Thema auch einmal ernst nehmen.

(Ramsauer, SPD: Das Thema schon!)

Wir fordern eine Materialsammlung und eine Liste mit Zeitzeugen an unseren Schulen.

(Beifall der CDU)

Ich hoffe, dass wir dieses Thema über alle Fraktion hinweg so wichtig nehmen und es uns nicht geht, wie es in Berlin war. Dort sind regelmäßig Zeitzeugen in die Schule hineingegangen und haben aus der Zeit des Unrechtsregimes berichtet.

(Glocke des Präsidenten)

Mit dem rot-roten Senat wurden diese Stunden jetzt abgeschafft.

(Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss.

(Glocke des Präsidenten)

Es geht darum, eine neue Sensibilisierung für die Gefahren sozialistischer und kommunistischer Ideologien zu schaffen, und darum bitte ich um Ihre Unterstützung.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, Sie haben die Redezeit überschritten.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Fuhr das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! § 1 unseres Schulgesetzes definiert den Auftrag der Schule und auf welchem Weg die Schule diesen Auftrag umsetzen soll, liebe Kollegin. Es ist die Rede von der Erziehung zur Selbstbestimmung und zur Verantwortung vor Gott und den Mitmenschen, zur Anerkennung ethischer Normen, zur Gleichberechtigung, zur Achtung vor der Überzeugung anderer, zur Bereitschaft, die sozialen und politischen Aufgaben im freiheitlich-demokratischen und sozialen Rechtsstaat zu übernehmen, zum gewaltfreien Zusammenleben und zur verpflichtenden Idee der Völkergemeinschaft.

(Beifall des Abg. Baldauf, CDU)

Das alles soll zu einem selbstständigen Urteil, zum eigenverantwortlichen Handeln führen und dem Ziel dienen, die freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Orientierung in einer modernen Welt zu ermöglichen.

Meine Damen und Herren, Geschichtsunterricht ist ein wichtiger Teil des Unterrichts in den Schulen in Rheinland-Pfalz, um diese Ziele zu erreichen. In diesen Zusammenhang gehört auch die Zeitgeschichte. Die Zeitgeschichte und die Vermittlung der Zeitgeschichte spielen eine wichtige Rolle.

Liebe Kollegin, auch ich war in den letzten Tagen wie viele Kollegen und Sie auch – wie Sie es gesagt haben – in Schulen und habe mit Schülerinnen und Schülern diskutiert. Daraus ist mir einiges wieder bewusst geworden.

Wenn wir das Beispiel des 9. November nehmen, müssen Sie, wenn Sie Schülerinnen und Schülern Zeitgeschichte von DDR vermitteln, gegen Verharmlosung und für die Vermittlung der Werte Demokratie und Freiheit arbeiten wollen, dies in einen Kontext und einen zeitli

chen Zusammenhang stellen. Sie können nicht über den 9. November 1989 reden, wenn Sie nicht über den 9. November 1918, über das Versagen von Eliten in der Weimarer Republik reden, die sich nicht für Demokratie eingesetzt haben.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie nicht darüber reden, was daraus an Unglück und Unheil in der deutschen Geschichte entstanden ist und wie daraus die Teilung entstanden ist – – –

Diesen Zusammenhang herzustellen ist ein wichtiger Teil unseres Geschichtsunterrichts in Rheinland-Pfalz und Deutschland und trägt zu dem Ziel bei, Schülerinnen und Schülern Entwicklungen zu vermitteln und zu zeigen, wie wichtig der persönliche Einsatz für Demokratie und Freiheit ist.