Protokoll der Sitzung vom 10.12.2008

Jetzt ist natürlich klar, für den Arbeitslosen ist der Unternehmer mit den 100 und mit der nur 10 %-Steigerung, der nämlich zehn zusätzliche Arbeitsplätze schafft, der viel interessantere als derjenige, der eine 100%ige Steigerungsrate für sich selbst bejubelt.

(Pörksen, SPD: Was wollen Sie damit sagen?)

Das ist sicherlich für die Situation des Landes Rheinland-Pfalz übertrieben, aber es kommt der Situation schon recht nahe, Herr Minister. Ich will noch einmal kurz die Fakten für unser Land benennen,

(Pörksen, SPD: Ich verstehe das nicht!)

und zwar die absoluten Zahlen.

Herr Pörksen, hören Sie zu.

(Pörksen, SPD: Ich höre die ganze Zeit zu!)

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Bei den Erwerbstätigenzahlen in Rheinland-Pfalz, umgerechnet auf 1.000 Einwohner, liegt Rheinland-Pfalz seit Jahren auf Platz 11 aller Bundesländer im Vergleich der

Bundesländer. Es liegen noch schlechter vier ostdeutsche Länder und Schleswig-Holstein. Ich finde, das ist kein Grund zum Jubeln.

(Pörksen, SPD: Was rechnen Sie da eigentlich?)

Bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort, umgerechnet auf 1.000 Einwohner, belegt Rheinland-Pfalz seit Jahren Platz 14 im Vergleich der Bundesländer.

(Pörksen, SPD: Was soll uns dieses Rechnen sagen?)

Nur Brandenburg und Schleswig-Holstein liegen noch schlechter. Ich frage mich, woher Sie den Mut für diese Jubelarie nehmen.

(Beifall der CDU)

Nachlesen können Sie diese Fakten in der Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage. Das ist die Drucksache 15/2544.

Trotz des Jubels über die gute Arbeitslosenquote von Rheinland-Pfalz geht es den Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzern nicht gut.

(Pörksen, SPD: Oh Gott!)

Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner lag in RheinlandPfalz im Jahr 2007 rund 5.600 Euro unter dem Durchschnitt aller Bundesländer ohne Berlin.

(Pörksen, SPD: Was halten Sie nur für eine Rede! Das ist doch schrecklich! Jetzt müssen wir noch heulen, oder was?)

Im Vergleich aller Bundesländer liegt Rheinland-Pfalz auf Platz neun.

Das verfügbare Einkommen je Einwohner – dies ist das Einkommen der privaten Haushalte einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck – lag mit 17.400 Euro im Jahr 2006 rund 1.500 Euro unter dem Durchschnitt der alten Bundesländer ohne Berlin und im Vergleich aller 16 Bundesländer auf Platz neun. Auch dies kann man der Antwort der Landesregierung auf meine Anfrage – Drucksache 15/2550 – entnehmen.

Trotz der schlechten Arbeitsplatzsituation in RheinlandPfalz stehen wir also dank der großen Bereitschaft der Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer zum Pendeln in Regionen außerhalb des Landes RheinlandPfalz, beispielsweise nach Nordrhein-Westfalen, RheinRuhr, Rhein-Main, Straßburg oder wohin auch immer, recht gut da.

(Pörksen, SPD: Das war vor 100 Jahren schon so!)

Ja, aber Ihre Arbeit hat nichts Wesentliches daran geändert. Sie dümpeln immer noch im hinteren Mittelfeld und sogar noch schlechter. Herr Pörksen, ich weiß, die

Fakten tun manchmal weh, noch mehr weh als die tollen Steigerungsraten.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Weh tut Ihre Rede!)

Ich möchte nun zu einem Punkt kommen, der uns gern entgegengehalten wird, nämlich dass wir nur deshalb diese schlechte Relation zwischen Einwohnern und Arbeitsplätzen hätten, weil sehr viele, in Frankfurt gut verdienende Banker viel lieber in Rheinland-Pfalz lebten und wir deshalb einen solch enormen Zuzug hätten, der diese Relation so schlecht beeinflusse. Schauen wir einmal, ob dies korrekt ist. Herr Pörksen, auch dies können Sie gern der Antwort der Landesregierung auf eine meiner Anfragen – Drucksache 15/2541 – entnehmen. Die Fakten sind auch in diesem Fall ganz schnell genannt:

1. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse über Zu- und Abwanderungsgründe vor. Niemand weiß, wer lieber in Rheinland-Pfalz wohnt oder arbeitet.

(Pörksen, SPD: Sollen wir danach fragen oder wie?)

Uns diese Gründe immer wieder vorzuhalten, ist also Wunschdenken, nicht mehr.

2. Ein Drittel der Zuwanderungen kommt aus dem Ausland. Dies sind nicht die Frankfurter Banker.

3. Im Jahr 2007 standen den 95.169 zugewanderten Personen 92.803 Abwanderungen gegenüber. Somit bleiben 3.000 Personen übrig. Nun könnte man jubeln, dies seien die Frankfurter Banker. – Aber nein, weit gefehlt; denn wenn Sie sich einmal anschauen, wie sich die Zahlen mit deutschen Zuwanderern und Abwanderern und Zuwanderern aus dem Ausland zusammensetzen, überwiegen die ausländischen Zuwanderer, diejenigen, die ins Ausland abwandern, um 3.000. Auch in diesem Bereich kann ich also den Frankfurter Banker beim besten Willen nicht finden. –

Aus alledem ziehen wir zwei Schlussfolgerungen:

Rheinland-Pfalz hat keinerlei Grund – und ich bedauere es sehr, dass Herr Wirtschaftsminister Hering gerade nicht anwesend ist –, sich auf irgendwelchen Lorbeeren auszuruhen. Entscheidende Verbesserungen konnten für die Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer trotz permanent steigender Haushalte durch die Aufnahme von immer mehr Schulden nicht erreicht werden.

(Beifall der CDU)

Damit erklärt sich für uns, dass der Sozialetat weiterhin erhebliche Aufgaben zu stemmen hat. Frau Ministerin Dreyer, darum sind Sie sicherlich nicht zu beneiden. Wir werden aber nachher noch ausführen, wo wir uns – vielleicht auch durch mehr Kooperationen – noch weitere Verbesserungen vorstellen können.

Das vorrangige Ziel der Arbeitsmarktpolitik muss es sein – dies ist auch das Ziel der Landesregierung –, Arbeit für möglichst viele Menschen zu schaffen. Wenn wir dies auch noch nicht in dem Maße erreicht haben, wie es

möglich wäre, möchte ich dennoch durchaus auf ein gutes Modell der Landesregierung hinweisen. Dies ist die besondere Förderung der Gesundheitswirtschaft. Ich glaube, dies ist ein kleines Beispiel, das deutlich macht, dass, wenn auch über Kooperationen mit verschiedenen Ministerien bestimmte Aufgabenfelder angegangen werden und man sich in diesem Bereich auf Förderungen konzentriert, man tatsächlich etwas bewirken kann. Allerdings muss in diesem Umfeld mit Sicherheit auch der industrielle Bereich mit hinzukommen; denn nur über Dienstleistungen werden wir in diesem Land nicht die Wertschöpfung erreichen, die wir brauchen, um in all diesen Statistiken auf einen der vorderen Plätze zu rücken.

Wir könnten uns also gut vorstellen, verbesserte Kooperationen mit dem Bildungssystem oder mit dem Handwerk aufzubauen. Wir haben viele junge Menschen, die theoretisch nur begrenzt bildbar sind. Wir müssen ihnen praktische Alternativen anbieten, und wir müssen ihnen zeigen, wo sie ihre praktischen Möglichkeiten besser einbringen können, als dies bislang möglich war. Ich glaube, dies wäre eine gute Kooperation über die Ministeriumsgrenzen hinweg, um schwerpunktmäßig die Mittel zu bündeln, sodass sie effektiv wirken und somit mehr Menschen Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden können.

(Beifall der CDU)

Des Weiteren brauchen wir in der Sozialpolitik große gemeinsame Anstrengungen aller Ebenen, um die Lebenssituation für die Menschen im Land zu verbessern. Vieles davon wird bundesgesetzlich geregelt. Sie wissen, wir haben die Arbeitslosenversicherung, wir haben die Hartz-Gesetze mit Hartz IV und mit den ARGEn, die im Moment im Umbruch begriffen sind. Aber es geht natürlich auch ganz unmittelbar um die Lebensbedingungen vieler Menschen und der Familien vor Ort.

Frau Ministerin Dreyer, ich kann verstehen, dass Sie Viva Familia, eines Ihrer Lieblingsprojekte, sehr lobend erwähnen, das ein Zusammenschluss vieler kleiner Projekte darstellt. Aber diese Projekte und Projektchen so hinzustellen, als seien sie entscheidend für die Lebenssituation von Familien in unserem Land und in unseren Kommunen, halte ich doch für mehr als sachte übertrieben.

(Beifall der CDU)

Ich bin davon überzeugt, viel wichtiger für die tatsächliche Lebenssituation unserer Familien vor Ort ist die Fähigkeit der Kommunen, auf deren Bedürfnisse einzugehen. Damit kommen wir automatisch zu einem anderen Haushalt, und man merkt, die Sozialpolitik ist eine Querschnittsaufgabe. Die Infrastruktur für die Familien muss vor Ort erkannt und vor Ort befördert und geschaffen werden. Viele Dinge unterstützt auch das Land mit Zuschüssen und kommunalen Maßnahmen, aber auch Eigenanteile sind von den Kommunen zu erbringen. Wir haben mittlerweile in den Kommunen eine Finanzsituation, die dies in vielen Bereichen nicht mehr zulässt. Deshalb bin ich der Auffassung, eine gute Finanzpolitik zugunsten der Kommunen ist eine gute Sozialpolitik. Die Kommunen vor Ort sind sich ihrer Verantwortung für die

Menschen in ihrem Gemeinwesen sehr bewusst und würden gern mehr für sie tun.

(Beifall der CDU)

Wir erleben allerdings, dass gerade die allgemeinen Zuweisungen zurückgefahren werden und es mehr Zweckzuweisungen gibt. Darüber hinaus erleben wir in ganz konkreten Beteiligungsaufgaben des Landes, beispielsweise im Bereich der Jugendhilfe, die durch unsere Jugendämter in den Kreisen und Städten vollzogen und wahrgenommen wird, dass das Land eine Deckelung seiner Beteiligungen vorgesehen hat. Zwar gibt es keine Deckelung auf einen festen Betrag, und es gibt eine Steigerung von 2 %, aber all diejenigen, die vor Ort in den Kommunen Verantwortung tragen und die ihre Haushalte in den Kreisen, kreisfreien Städten und Kommunen mit den Jugendämtern verabschieden, erleben doch in diesen Wochen, wie dramatisch sich die Jugendhilfeetats entwickeln.

Es ist gut, dass wir immer mehr Menschen erkennen, die Förderungsbedarf haben, die Hilfe für ihre Kinder brauchen und mit deren Erziehung und Betreuung überfordert sind. Aber diese Hilfe muss in allererster Linie vor Ort organisiert werden. Die Kommunen müssen in der Lage sein, diese Hilfen zu leisten. Deshalb wäre es tatsächlich zu überlegen, diese Deckelung aufzuheben; denn ich glaube, die Entwicklung stellt sich in den letzten Jahren deutlich dramatischer dar, als dies vielleicht noch zum damaligen Zeitpunkt hätte vorhergesehen werden können.

(Beifall der CDU)

Ich möchte zum Schluss noch auf einige Gesetze und unsere Anträge eingehen. Natürlich ist es uns wichtig, die Umsetzung des Kinderschutzgesetzes, das wir dankenswerterweise gemeinsam verabschieden konnten, konstruktiv zu begleiten. Es freut uns auch, dass im Einzelplan 06 zu diesem Thema ein Leistungsauftrag formuliert wurde, der im Wesentlichen das wiedergibt, was auch im Gesetz als Evaluierungsauftrag beschlossen worden ist.