Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Wir fordern konkrete Maßnahmen für die Gymnasien, und zwar drei Stunden pro Klasse in der Orientierungsstufe, und darüber hinaus für diejenigen, die von anderen Schularten nach der Orientierungsstufe ins Gymnasium kommen, für ein halbes Jahr pro Kind zwei Stunden Förderunterricht, damit der Anschluss gelingt.

(Harald Schweitzer, SPD: Warum denn nicht acht!)

Wir reden nicht nur wie Sie permanent von individueller Förderung, die Sie nicht vornehmen, sondern geben den Schulen auch die Ressourcen, damit sie effektiv und individuell fördern können.

(Beifall der CDU)

Zur Erwiderung erteile ich Frau Abgeordneter BredeHoffmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich versuche, alles der Reihe nach abzuarbeiten.

Herr Kollege Weiland, angekündigt war der Gesetzentwurf vor der Sommerpause. Er ist direkt nach der Sommerpause eingereicht worden. Wir haben mit einem sehr kurzen Abstand im Ausschuss begonnen, darüber zu diskutieren.

Gott sei Dank haben wir uns viel Zeit im Ausschuss genommen. Die Ministerin hat uns immer wieder in einzelnen Punkten die Zwischenstände genauestens berichtet. Wir waren immer auf dem Stand der Zeit, was die Diskussion mit den Verbänden und die Ideen im Ministerium anging. Ich kann überhaupt nicht erkennen, wo ein Druck oder ein Peitschen erreicht gewesen wäre.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Wir haben das im Ausschuss ordentlich diskutiert. Das Interessante war, dass uns Ihre Fraktion immer wieder gesagt hat, wir wollen viel mehr Zeit, das wird nur durchgepeitscht, und es kein Wort darüber gab, dass das alles nicht schnell genug ging. Wenn Sie es jetzt daran festmachen, dass das der Ausschuss vor der Sommerpause nicht zum ersten Mal behandelt hat, dann – das muss ich ganz ehrlich sagen – finde ich das nur noch lächerlich.

Sie haben den interessanten Vergleich vorgenommen, dass die Gelder, die für die Öffentlichkeitsarbeit der Realschule plus ausgegeben worden sind, wahrscheinlich zur Einführung der vollständigen Lernmittelfreiheit in Rheinland-Pfalz ausreichen würden. Frau Kollegin Dickes waren schon einmal ein paar Nullen durchgegangen, als sie gerechnet hat.

Herr Kollege, Ihnen sind aber verflixt viele Nullen durchgegangen. Ich weiß die genaue Summe nicht mehr, die für die Öffentlichkeitskampagne in der Kleinen Anfrage angegeben worden ist. Die 60 Millionen Euro und diese Summe haben nun wahrlich gar nichts mehr miteinander zu tun.

(Dr. Weiland, CDU: Das ist Ihr Problem!)

Ich habe die Beträge nicht in Beziehung gesetzt. Sie haben das gemacht, Herr Kollege.

(Beifall der SPD)

Sie haben uns erzählt, wir hätten die Hauptschule verkommen lassen. Die Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion werden sich wahrscheinlich auch noch sehr gut daran erinnern, wie wir in den zurückliegenden Jahren versucht haben, die Hauptschulen mit den vielfältigsten Förderprogrammen zu unterstützen, die zum Teil nicht aus unserem Hirn entsprungen, sondern auch in anderen Bundesländern angewendet worden sind.

Eines ist klar. Die derzeit arbeitenden Hauptschulen in Rheinland-Pfalz haben im Durchschnitt die kleinsten Schülerzahlen in den Klassen, die beste Lehrerversorgung je Schüler, die meisten Schulsozialarbeiter, die

höchste Anzahl von Förderstunden, die interessantesten Ansätze von Berufsorientierung – in der Zwischenzeit können Sie alle einen Praxistag einrichten –, bieten die meisten Berufspraktika an, werten diese am intensivsten aus und haben die zahlreichsten Besuche von den Arbeitsämtern. Ich könnte noch eine Viertelstunde weiter aufzählen. Das ist die Schulart, die dem Prinzip folgt: Stell dir vor, ich habe eine Schulart, bei der gar nichts mehr am Traum fehlt, und trotzdem geht keiner hin.

(Beifall bei der SPD)

Das passiert nicht nur uns in Rheinland-Pfalz. Das passiert ebenso in anderen Bundesländern, auch in CDUgeführten Bundesländern, wo es den Hauptschulen im Übrigen viel schlechter geht. Dort geht auch keiner hin.

Auch Ihre Kolleginnen und Kollegen selbst in BadenWürttemberg befinden sich in der Diskussion, aus den Hauptschulen Schulen zu machen, die sich anderen Schularten anschließen, um damit ein längeres gemeinsames Lernen zu ermöglichen und Schülerinnen und Schüler, die auf die Verliererstraße gekommen sind, mit besseren Bildungschancen zu versehen.

Dies ist der wesentliche Punkt unseres Gesetzentwurfs.

Her Kollege, wenn Sie das nicht gemerkt und in den letzten Jahren nicht gesehen haben, was in unseren Hauptschulen passiert ist, dann empfehle ich Ihnen, einfach einmal in Ihrem Wahlkreis die eine oder andere Hauptschule zu besuchen und dort zu fragen, was es alles an Hilfsmitteln gibt und was die Lehrkräfte glauben, warum dennoch die Kinder oder die Jugendlichen, die Fünftklässler, bei Ihnen nicht ankommen, sondern die Eltern sie woanders anmelden. Herr Kollege, vielleicht öffnet sich das eine oder andere Stückchen Auge.

(Dr. Weiland, CDU: Sie reden wie ein Blinder von der Farbe!)

Herr Kuhn hat dann etwas ganz Schreckliches gemacht. Das hätte ich so nicht erwartet, das hat mich wirklich erschreckt.

(Kuhn, FDP: Oh!)

Diese Grundschule B und die andere Grundschule, plötzlich hieß sie L, zuerst hieß sie Gott sei Dank noch A, und ich nenne sie jetzt A. Grundschule A und Grundschule B: Die eine war eine supertolle Schule, die sehr netten Kinder, die alle auf den Fingerzeig hin ihr Mäulchen halten und ganz intensiv lernen. Dann gab es die Grundschule A, in der die Kinder über Tische und Bänke gehen.

Ich will Ihnen jetzt nicht unterstellen, dass Sie auch noch im Hinterkopf gehabt haben, was die einen und die anderen Kinder für Kinder sind.

(Zurufe von der FDP)

Das will ich Ihnen nicht unterstellen, ich betone es.

Aber Sie haben beschrieben, dass es Schülergemeinschaften bei uns in unseren Grundschulen gibt, bei de

nen der größere Teil oder alle Kinder aus dem Ruder laufen und auch von zu Hause Gaben mitbekommen, die nicht ausreichen, um einem Grundschultag zu folgen. Das ist einfach nur noch furchtbar.

(Beifall bei der SPD)

Ja, es gibt solche Kinder. Ja, es gibt in fast jeder Klasse das eine oder andere dieser Kinder. Aber es gibt nicht die Schule A, in der es nur diese Kinder gibt, und die Schule B, in der nur noch die mit dem geschlossenen Mäulchen sind. Das ist nur noch eine furchtbare und eine schuldiffamierende Beschreibung.

(Beifall bei der SPD)

Ich verbitte mir das und verwahre mich für die entsprechenden, von Ihnen irgendwie mitgedachten Grundschulen dagegen, in dieser Form beschimpft zu werden.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der FDP – Eymael, FDP: Das darf doch nicht wahr sein! – Glocke des Präsidenten)

Darf ich bitte etwas um Ruhe bitten. Während der Erwiderung gibt es keine Kurzintervention. Wir können das Ganze nicht doppelt machen. Sie haben aber noch Redezeit und können also im Anschluss gern reden.

Bitte schön, Frau Abgeordnete Brede-Hoffmann.

(Eymael, FDP: Mann oh Mann!)

Das habe ich gedacht, als Ihr Kollege das gesagt hat: Mann oh Mann. Ich habe mir dann überlegt, ob Ihre Kollegin Frau Morsblech einen solchen Satz je gesagt hätte.

Frau Kollegin Dickes, Lernmittelfreiheit ist relativ einfach zu berechnen. Frau Kollegin Dickes, Sie müssen dann aber rechnen. Sie müssen einfach die Zahl unserer Schülerinnen und Schüler nehmen, die durchschnittliche „Summe“ ausrechnen, über die Sie immer sprechen, die in der Tat ein Schulanfang kostet, dann kommen Sie auf minimal 60 Millionen Euro. Es ist leider so viel.

Sie haben recht. Jeder auf dieser Seite träumt davon, dass er einfach „schnipp“ machen könnte, und wir hätten diese Lernmittelfreiheit. Ja, wir hätten diese Lernmittelfreiheit gerne. Wir sehen nur nicht, wo diese 60 Millionen Euro im Moment herunterregnen.

Wir versuchen deswegen, mit einer Ausweitung der Lernmittelförderung, wie im letzten Haushalt geschehen, mit einer Erweiterung der Bezugszahlen von Eltern wenigstens die Eltern oder die Familien in den Genuss von Lernmittelfreiheit zu bringen, bei denen es finanziell arg knapp und für die diese Lernmittelfreiheit wichtig ist.

Im Moment stehen die Mittel nicht zur Verfügung, auch nicht in Ihren Anträgen.

(Schreiner, CDU: Aber natürlich!)

Nein, natürlich nicht. Herr Kollege, was Sie an Finanzierung vorstellen, ist einfach nur ein unseriöses Schaumschlagen, aber keine Gegenfinanzierung, auf die ein Landeshaushalt aufgebaut werden könnte.

(Beifall bei der SPD)

Die Bürger und die Beschäftigten dieses Landes können froh sein, dass Sie das derzeit nicht umsetzen können. Es würde auf dem Rücken jedes Einzelnen ablaufen.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Oje!)

Herr Kollege Keller hat sich darüber mokiert, dass wir mittlerweile fast die Letzten seien, die keine zentralen Abschlussprüfungen hätten.