Protokoll der Sitzung vom 05.02.2009

se gehabt, im niedergelassenen Bereich überhaupt nicht, weil die Struktur der Praxen draußen sehr unterschiedlich ist.

2. Die regionalen Besonderheiten und die Individualität einer Praxis, auch über die Regelleistungsvolumina, sind völlig weggefallen. Über die Verteilung der Regelleistungsvolumina kann man sicherlich vortrefflich streiten. Das kann vielleicht im zweiten Teil noch einmal gesagt werden.

3. Ich möchte Ihnen nur noch einmal etwas zu den durchschnittlichen 17.000 Euro sagen. Die Kassenärztliche Vereinigung hat auch Berechnungen gemacht für die Rückstellungen, die gemacht werden müssen. Dafür sind pro Arzt in Rheinland-Pfalz jeweils 17.000 Euro notwendig. Das, was an Mehrverdienst dort eintrifft, muss schon als Rückstellung wieder irgendwo anders eingestellt werden, um die Mehrleistung letztendlich zu bezahlen. Das heißt, das ist ein „linke Tasche, rechte Tasche“-Beispiel.

Ich möchte ein Beispiel bringen, wie die Situation wirklich aussieht.

(Frau Anklam-Trapp, SPD: Finden Sie es nicht?)

Doch, ich finde es sehr wohl. Ich kann nur in der Zeit nicht alles vortragen, um Ihnen einmal deutlich zu machen, wie viele Ärzte Verluste von den Regelleistungsvolumina zwischen 10 % und 20 % hinnehmen müssen.

Diese Mehrverdienste kann bei Weitem nicht jede Praxis anbieten. Das sind bestimmte Gruppen, die über diese Regelleistungsvolumina hinausgehen. Aber die meisten bewegen sich in den Regelleistungsvolumina. Es gibt dabei noch einen erheblichen Unterschied zwischen Hausarzt- und Facharztbereich. Ich werde gleich im zweiten Teil die Zahlen noch konkret nachliefern.

Auf jeden Fall steht eines fest:

1. Was versprochen worden ist oder was die Menschen sich erhofft haben, ist nicht angekommen. Das ist eindeutig.

2. Es sind deutliche Verlierer in dem neuen Prozess zu finden, obwohl das Geld zusätzlich zur Verfügung gestellt worden ist.

3. Es gibt jede Menge Probleme, gerade im ländlichen Bereich, die dann auch Auswirkungen auf die ärztliche Besetzung haben.

Der wichtigste Punkt in diesem Zusammenhang ist vielleicht, gerade die kleinen Praxen, die Ein-Mann-Praxen, schneiden bei dieser Entwicklung schlechter ab. Größere Praxen kommen eher zurecht. Man kann sich einmal überlegen, welcher politische Hintergrund dem zugrunde liegt. Ich behaupte, das Gesundheitsministerium ist weiterhin auf dem Weg, die freie Ärzteschaft auszubluten und alle Ärzte zu Angestellten zu machen. Genau das ist doch der Weg. Wir haben Regelleistungsvolumina, bei denen feste Gelder gezahlt werden, und vor diesem Hintergrund fragt sich ein Arzt, weshalb er sich überhaupt noch selbstständig machen soll.

Abschließend kann ich Ihnen doch noch die Zahlen präsentieren. Bezogen auf die Regelleistungsvolumina und unter Zugrundelegung eines fiktiven Fallwertes stellt sich die Entwicklung im Zeitraum von 2008 bis 2009 wie folgt dar:

Die Hausärzte verlieren 10,1 %, die Chirurgen 2,3 %, die Gynäkologen 6,3 %, die HNO-Ärzte 14,4 %, die Hautärzte 10,9 %, die Kardiologen 11,2 % und die Nervenärzte 8,4 %.

Es gibt auch einige positive Entwicklungen:

Die Augenärzte gewinnen 2,1 %.

(Glocke der Präsidentin)

Ich kann sie aus Zeitgründen nicht mehr alle aufführen. Aber es gibt einen riesengroßen Unmut, und die Probleme sind da. Vor diesem Hintergrund zu sagen, alles sei gut und alle bekämen mehr, ist wirklich weltfremd.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Dreyer das Wort.

Liebe Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Herren und Damen! Herr Dr. Schmitz, ich weiß nicht, welches Wort ich wählen soll, aber es ist ziemlich unseriös, was Sie heute gesagt haben. Bei Herrn Dr. Rosenbauer fehlt mir manchmal regelrecht die Fantasie, was ich darauf überhaupt noch antworten soll.

(Beifall der SPD)

Ihre Worte sind immer die gleichen: „Sie tun immer gerade so, als hätten wir kein Problem.“ – Das ist einfach unglaublich, insbesondere nach der letzten Sitzung des Sozialpolitischen Ausschusses. Ich gehe darauf gleich noch im Detail ein.

Herr Dr. Schmitz, was Sie sagen, ist deshalb unseriös, da weder Herr Ministerpräsident Beck noch ich jemals behauptet haben, wir würden ein neues Honorarsystem einführen. Was soll denn dieser Käse? – Wir wissen doch ganz genau, dass die Selbstverwaltung dafür zuständig ist, und wir haben auch immer gesagt, dass wir verstehen, was bei der Ärzteschaft los ist. Wir kämpfen für mehr Geld – das haben wir beide auch intensiv getan –, und wir kämpfen für eine neue Honorarreform.

(Beifall der SPD – Ministerpräsident Beck: Das ist wirklich unglaublich!)

Aber wir haben nie behauptet, wir seien diejenigen, die die Honorarreform machen. Im Gegenteil! – Wir waren

diejenigen, die entgegen vieler Strömungen innerhalb der SPD, die immer davon gesprochen haben, die Kassenärztlichen Vereinigungen zu zerschlagen, immer an der Selbstverwaltung festgehalten haben. Wir wollten die Selbstverwaltung nicht in dem Sinne entmachten, dass sie nicht mehr für ihr eigenes Honorarsystem zuständig ist, sondern wir haben uns im Gegenteil dafür eingesetzt, dass die Selbstverwaltung dies auch in Zukunft tut.

(Dr. Schmitz, FDP: Aber die KV-Zentralisierung! Was sagen Sie dazu?)

Sehr geehrter Herr Dr. Schmitz, die Zusammenführung der Kassenärztlichen Vereinigungen ist etwas ganz anderes, als die Selbstverwaltung insgesamt nicht zu wollen. Die Fusion ist eine gemeinsame Aktion gewesen, die wir auch damals unterstützt haben. Ich habe diese Fusion mit unterstützt. Aber dies ist etwas anderes, als davon zu sprechen, wir hätten das Honorarsystem eingeführt oder wollten gar die Kassenärztliche Vereinigung nicht. Das ist einfach ein Unterschied. Es ist nicht seriös, dies einfach so zu vermischen und so zu tun, als sei es dasselbe.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Punkt ist, wir waren erfolgreich. Ich gehe auch noch einmal auf das Geld ein. Wir haben in Rheinland-Pfalz 112 Millionen Euro mehr, und selbst die Ärzte können dieses Geld nicht einfach fressen. – Ich sage es einmal ganz provokativ. Dieses Geld ist bei den Ärzten. Herr Dr. Rosenbauer, es ist nicht so, wie Sie sagen, dass angeblich kein Mensch weiß, wo das Geld ist. Natürlich ist dieses Geld bei den Ärzten.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Das habe ich nicht gesagt! Nehmen Sie es bitte zurück, das habe ich so nicht gesagt! Es ist unglaublich!)

Auf die Verteilungsproblematik werde ich gleich noch einmal eingehen.

Wir haben 8,6 % erreicht. Ich denke, das ist nicht schlecht, wenn man sieht, wie viel Geld das ist. Ich sage dies auch vor dem Hintergrund, dass die FDP so gut wie keine gesundheitspolitische Debatte auslässt, um gleichzeitig zu sagen, dass die Beiträge für die Krankenversicherung zu hoch sind. 3 Milliarden Euro oder 2,5 Milliarden Euro mehr für die Ärzte müssen schließlich auch finanziert werden.

Ich bekunde auch den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber ganz offen, dass mehr Beiträge erforderlich sind, da wir sowohl im Krankenhaus als auch bei den Ärzten mehr Geld brauchen. Ich rechtfertige das, und ich stehe auch dazu. Ich finde auch, es ist richtig, dass wir das tun, und man kann es heute nicht so darstellen, als wäre es nichts. Das ärgert mich auch maßgeblich.

Ein weiterer Punkt ist mir wichtig anzusprechen. Ich bin nicht die Selbstverwaltung. Ich sage dies auch noch einmal ganz bewusst an die Adresse der Ärzte in unseren Reihen im Parlament. Ich bin nicht die Selbstverwaltung, und ich kann auch nicht jeden Bescheid, den die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz erlässt, im

Detail erklären. Ich werde mir auch nicht die Mühe machen, das irgendwann einmal zu tun. Das ist nämlich nicht meine Aufgabe.

(Beifall der SPD)

Die Selbstverwaltung hat aus meiner Sicht inzwischen sehr gut reagiert. Bei uns herrscht auch kein Chaos. Es gab in den ersten Wochen ein ziemliches Chaos, das muss man sagen, und es war auch nicht richtig, dies der Politik in die Schuhe zu schieben. Die Politik hat sich für mehr Geld und ein neues Honorarsystem eingesetzt. Dieses Honorarsystem wurde von der KBV und dem Spitzenverband der Krankenkassen, unterstützt durch Herrn Professor Dr. Wasem, entwickelt. Es ist nicht fair und auch nicht seriös, so zu tun, als seien Einzelteile des Honorarsystems uns zuzuordnen.

(Beifall der SPD)

Die Eckpunkte sind von den Spitzenverbänden und der KBV entwickelt worden, und es ist doch selbstredend, dass Ärzte und Krankenkassen möglicherweise auch unterschiedliche Meinungen in einem solchen Gremium vertreten. Es ist selbstredend, dass in diesem Gremium unterschiedliche Sichtweisen zusammengebracht werden müssen und eine Honorarreform am Ende vielleicht aus Sicht der Ärzte einen Kompromiss darstellt, da nicht alles, was sie wollen, seitens der Krankenkassen bezahlt wird. Das ist doch selbstverständlich. Aber das kann man doch – bitte schön – nicht der Politik vor die Füße werfen. Das ist einfach nicht die richtige Adresse in diesem Fall.

(Beifall der SPD)

Ich komme nun zu Herrn Dr. Rosenbauer. Sie haben gesagt, das Geld sei nicht angekommen; das habe ich aufgeschrieben. Ihre immer wieder aufgestellte Behauptung, die SPD – sprich, die Gesundheitsministerin – wolle die freie Ärzteschaft abschaffen, finde ich nicht nur nicht seriös, sondern dies empfinde ich sogar schon als Anmaßung. Was soll das? Ich habe schon – ich weiß nicht, wie oft – betont, dass wir gerade in einem ländlich strukturierten Land wie Rheinland-Pfalz absolut auf die doppelte Facharztschiene angewiesen sind und wir die Fachärzte und selbstverständlich auch die Hausärzte im ländlichen Bereich brauchen. Das ist meine ganz persönliche Überzeugung. Deshalb ist es einfach vollkommen neben der Sache, so etwas zu behaupten. Es entspricht nicht der Realität und auch absolut nicht meiner Meinung.

(Beifall der SPD)

Ich habe vorhin schon gesagt, die Wogen haben sich inzwischen etwas geglättet. Schließlich ist es ein neues Honorarsystem, und auch die Kassenärztliche Vereinigung hat vor sehr großen Herausforderungen gestanden, was die Verteilung dieses Geldes betraf. Inzwischen sind viele Probleme ausgeräumt worden, aber dennoch muss man sagen, natürlich gibt es Ärzte, die bevorteilt sind, und es gibt andere, die ein bisschen das Nachsehen haben. Das Nachsehen erklärt sich deshalb, weil wir in wenigen Bereichen in Rheinland-Pfalz weit über dem Bundesdurchschnitt lagen, was die Honorie

rung betraf. Das ist ein Problem, und diese Ärzte müssen nun natürlich mit der Situation umgehen, dass sich dies verändern wird.

Ein anderer Punkt ist aber, dass wir viele Ärzte haben, die von diesen 112 Millionen Euro profitieren. Ich sage noch einmal, die Ärztinnen und Ärzte haben zu Beginn fälschlicherweise angenommen, dass der Bescheid über das Regelleistungsvolumen tatsächlich der Gesamtverdienst der Ärzte sei. Dies ist natürlich nicht der Fall.

Das ist natürlich nicht die alleinige Einnahmequelle, sondern es gibt darüber hinaus zahlreiche Leistungen, die bewusst außerhalb des Regelleistungsvolumens gewährt werden. Dies sind beispielsweise Präventions-, Labor- und Wegegelder, Gelder für Notfälle und Bereitschaftsdienst usw. All dies sind Leistungen mit festen Preisen und ohne Mengensteuerung. Das gehört natürlich dazu.

Herr Dr. Rosenbauer hat darauf hingewiesen, die Kassenärztliche Vereinigung hat wegen der Vorwegvergütung und der Härtefälle Rückstellungen gebildet, die extrem hoch waren. 56 % der Gesamtgelder wurden als Rückstellungen gehalten. Dies ist inzwischen seitens der Kassenärztlichen Vereinigung korrigiert worden. Es gibt Bundesländer, deren Rückstellungen gerade einmal 10 % bis 15 % betragen. Bei uns sind es 56 %. Dies ist eine Unmasse von Geld, die aus diesem Gesamtvergütungsvolumen zurückgehalten worden ist.