Protokoll der Sitzung vom 05.02.2009

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, in den fast 14 Jahren seines Bestehens wurde mithilfe des Landesgleichstellungsgesetzes einiges erreicht. Von einer tatsächlichen Gleichberechtigung von Männern und Frauen kann indessen in vielen Bereichen des Erwerbslebens noch keine Rede sein. Deshalb dürfen wir das Thema „Gleichberechtigung“ nicht als erledigt ansehen, sondern müssen den eingeschlagenen Weg kontinuierlich weitergehen. Allerdings darf das nicht so lange dauern, wie von der Inter

nationalen Arbeitsorganisation prophezeit, nämlich 960 Jahre.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Kollegin Schellhaaß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Sahler-Fesel, statistische Zahlen sind nicht immer so schrecklich sinnvoll. Lassen Sie mich anmerken, dass dann, wenn wir Ihre Frauenquote erreichen wollen, wir eine Drittel-Frau mehr haben müssten.

(Licht, CDU: Das wird schwierig! Was wollen Sie damit sagen?)

Der Umfang des Berichts ist groß.

(Pörksen, SPD: Wollen Sie eine haben von uns?)

Auch darin machen nicht alle Zahlen statistisch einen Sinn. Zum Beispiel frage ich mich nach dem Sinn der Zahlen zum Frauenanteil in Führungspositionen im Rechnungshof. Die Anzahl der Dienststellenleiterinnen ist mit 0 % angegeben und die der stellvertretenden mit 100 %. Das sind enorme Zahlen. Dabei muss man aber wissen, dass es dafür jeweils eine einzige Stelle gibt.

Andere Zahlen sind aber durchaus interessant. Oder anders gefragt: Weshalb werden solche Zahlen zum Beispiel nicht für die Staatskanzlei veröffentlicht? Wir haben 0 % Ministerpräsidentinnen und wir haben 0 % stellvertretende Ministerpräsidentinnen. Im Übrigen ist in der Staatskanzlei ein Rückschritt zu verzeichnen.

(Ministerpräsident Beck: Wir haben aber mehr Frauen im Kabinett als die FDP-Fraktion Mitglieder!)

Nein, Ministerinnen haben Sie gerade genauso viele, wobei Sie insgesamt mehr Kabinettsmitglieder haben als wir Abgeordnete.

(Ministerpräsident Beck: Das ist gut so!)

Nein, das ist nicht gut so. Herr Ministerpräsident, mit Ihnen habe ich es gerade.

(Ministerpräsident Beck: Frau Kollegin, mit 60 Jahren kommt keine Geschlechtsumwandlung mehr. Das ist vorbei!)

In der Staatskanzlei waren immerhin im Jahr 2003 33 % Abteilungsleiterinnen, während es jetzt 0 % sind. Wir hatten im Jahr 2003 0 % Dienststellenleiterinnen, während wir 2007 immer noch 0 % haben.

(Ministerpräsident Beck: Das stimmt doch gar nicht! Was ist mit Frau Barzen?)

So steht das im Bericht.

Wir hatten 2003 30 % Referatsleiterinnen, während es heute 0 % sind. Ich zitiere nur aus dem Bericht auf Seite 32.

(Ministerpräsident Beck: Das ist ein alter Bericht!)

Er liegt uns heute vor.

Rückschritte gibt es auch im Wirtschaftsministerium. Im Jahr 2003 gab es – das zitiere ich natürlich mit besonderem Genuss – 23 % Abteilungsleiterinnen, während es jetzt nur noch 3 % gibt, wobei ich mich frage, wie viele Abteilungsleiterinnen vorhanden sind, wenn eine Person 3 % ausmacht. Das nur zur Statistik.

Bei den Dienststellenleiterinnen sind es damals wie heute 0 %. Referatsleiterinnen waren es damals 21 %, während es heute 11 % sind. Trotz der 220 Seiten ist in dem Bericht nicht alles ganz befriedigend.

Wie eben von Ihnen schon angefragt, kann ich Ihnen übrigens mitteilen, dass wir bei den Ministerinnen ein Verhältnis von 5 : 3 haben, was einem Satz von immerhin 37,5 % entspricht, während sich bei den Staatssekretärinnen das Verhältnis auf 9 : 3 beläuft und sich damit ein Anteil von 25 % ergibt. Dies nur zur Ergänzung des 1,1 Kilo schweren Berichts.

Der Bericht enthält aber auch sehr interessante Zahlen. Die obersten Landesbehörden beschäftigen wesentlich mehr Männer als Frauen. Zum 30. Juni 2007 waren in Teilzeit 16.678 Männer beschäftigt, während es bei den Frauen 29.619 waren. Wenn man das in Vollzeitkräfte umrechnet, haben wir insgesamt 14.836 Männern 21.891 Frauen gegenüberstehen.

Bei einzelnen Behörden ist der Frauenüberhang sehr hoch. Typischerweise ist das in den Bereichen Bildung, Arbeit und Soziales der Fall. Das gilt auch für das Ministerium für Bildung und Wissenschaft. In einzelnen Ministerien haben wir Zahlen, wonach 14.000 Männern 28.000 Frauen gegenüberstehen. Dort sind also doppelt so viele Frauen als Männer beschäftigt.

Sehr bemerkenswert ist das Verhältnis von Bewerbungen zu Einstellungen bei den Frauen und Männern bei einigen Tarifgruppen. Das ist auch dem Bericht zu entnehmen. Hier liegt schon fast der Gedanke der Diskriminierung von Männern nahe. Schade, dass nur die Prozentsätze und nicht auch die absoluten Zahlen genannt werden, die vorhanden sein müssen, wenn man Prozentsätze ausgerechnet hat.

In der Vergütungsgruppe BAT II a haben wir beispielsweise bei den Bewerbungen einen Frauenanteil von nur 21,6 %. Nur gut jede fünfte Bewerbung kommt also von einer Frau. Bei den Vollzeiteinstellungen haben wir dann aber einen Satz von 52,8 % zu verzeichnen. Bei Frauen in Teilzeit entfallen auf die Einstellungen sogar 70 %. Für einige andere Berufsgruppen könnte ich das genauso weiterführen. Da wir leider keinen Overhead-Projektor haben, wäre es langweilig, wenn ich das alles vorlese.

(Hartloff, SPD: Nicht unbedingt „leider“, sondern so ist Parlament!)

Ich füge aber noch hinzu: Die Anzahl der Einstellungen liegt in diesen Gruppen zwischen 282 und 1.080. Sie bewegt sich also in statistisch durchaus brauchbaren Größenordnungen.

Ich selbst habe im Ausschuss wiederholt darauf hingewiesen, dass die jungen Frauen dabei sind, die Männer in der Qualifikation zu überholen. Es wundert mich aber dann doch ein kleines bisschen, dass das bei Einstellungen zu solchen Verhältnissen führt.

Nun gibt es natürlich auch Bereiche, in denen sich ganz überwiegend Frauen beworben haben, im Sozialministerium z. B. gut 70 %, im Ministerium für Bildung und Wissenschaft auch. Das spricht ganz sicher, wie im Bericht auch so gesehen, für die Attraktivität dieser Arbeitsplätze für Frauen, leider aber auch dafür, dass das Rollenverständnis von Männern und Frauen nach wie vor sehr traditionell ausgerichtet ist.

Dafür, dass das so ist, spricht auch der hohe Anteil von Frauen in Teilzeitbeschäftigung, nämlich 78 % – das wurde eben schon angesprochen, glaube ich –, und der geringe Anteil von Männern.

Also Fazit: Das Land tut als Arbeitgeber sehr viel für Frauen bei Einstellungen und Arbeitsbedingungen. Ich nenne hier kurz die Möglichkeit der Telearbeit, die Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten, wobei so etwas schief gehen kann, wenn die Kompetenzen der Führungspositionen nicht entsprechend mitwachsen; denn dann muss man wirklich Ahnung haben von dem, was zuhause gemacht wird, und die Bereitschaft, sich durchzusetzen, wenn einmal nicht getan wird, was getan werden soll. Dies sind dann natürlich nur Einzelfälle.

Ab und zu scheint bei den Einstellungen das Pendel schon nach der anderen Seite auszuschlagen. Wie gesagt, wir wollen ja auch Männer nicht diskriminieren,

(Beifall des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

aber die Defizite in der gesellschaftlichen Rollenverteilung werden in diesem Bericht bei allem Positiven, was das Land für Frauen tut, auch deutlich sichtbar, wenn Männer hier vorwiegend in Führungspositionen sind.

Wenn die Führungsposition nach wie vor eine Domäne der Männer ist, liegt das teilweise auch am Wollen der Frauen,

(Ministerpräsident Beck: Das ist eine klare Kampf- ansage an den Fraktionsvorsitzenden der FDP! – Kuhn, FDP: Nicht so laut!)

zu einem ganz ordentlichen Teil aber auch daran, dass die Rollenverteilung in der Gesellschaft nach wie vor traditionell ist und viele Männer – wir haben etliche junge auf der Tribüne sitzen – überhaupt noch nicht verstanden haben, was ihnen entgeht, wenn sie sich nicht intensiv an der Familienarbeit und an der Erziehung von Kindern beteiligen.

(Beifall der FDP – Licht, CDU: Das kann ich bestätigen! – Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Dreyer das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Dem Appell von Frau Schellhaaß möchte ich mich anschließen, vor allem an die jungen Männer auf der Tribüne, auch wenn wir die normal gar nicht ansprechen dürfen. Ich glaube, es ist aber wichtig, das zu registrieren.

Zur Ehrenrettung der Staatskanzlei vielleicht eine Erklärung: Die Funktion der Dienststellenleitung gibt es dort nicht. Das sind eigentlich nur Stellen im nachgeordneten Bereich. Deshalb steht dort eine Null. Das hat nichts damit zu tun, dass bestimmte Stellen nicht geschlechterspezifisch aufgeteilt sind, sondern dass es diese Stelle nicht gibt.

Ich möchte auch noch eines sagen, es zeigt sich immer in Ministerien wie dem Umweltministerium, dass wir dort ein schlechtes Verhältnis auch bei der Bewerberquote haben. Die ganzen Maßnahmen, die wir durchführen, beispielsweise Ada-Lovelace-Projekt, Heranführen von Frauen und Mädchen an Technikberufe und wissenschaftliche Berufe, sind schon wichtig; denn in all diesen Ministerien, in denen auch solche Ausbildungen gefragt sind, fällt das Verhältnis der Bewerberquote nicht so aus, dass man sagen könnte, man hätte die große Chance, zahlreiche Frauen einzustellen.

Nichtsdestotrotz gebe ich den Kolleginnen, die hier gesprochen haben, selbstverständlich recht, dass wir noch viel zu tun haben.

Ich möchte einmal daran erinnern, weil es fast zwangsläufig ist in diesem Jahr: Das Grundgesetz feiert seinen 60. Geburtstag. Damals ist am 18. Januar 1949 im Hauptausschuss des Parlamentarischen Rates in seiner zweiten Beratung der wunderschöne Programmsatz beschlossen worden: Männer und Frauen sind gleichberechtigt.

Das war damals natürlich rechtlich gesehen ein unglaublicher Durchbruch. Das ist auch immer noch gut, dass es so ist, aber man muss sagen, in der tatsächlichen Umsetzung haben wir leider nach wie vor große Probleme.

Wir haben aber auch Erfolge, z. B. das Landesgleichstellungsgesetz, das jetzt auch schon ein paar Jahre alt ist. Es ist 1995 verabschiedet worden.