Der federführende Sozialpolitische Ausschuss hat den Antrag in seiner 28. Sitzung am 29. Januar 2009 beraten. Der mitberatende Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur hat den Antrag in seiner 24. Sitzung am 17. Februar 2009 beraten.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Entschließungsantrag zum Landeshaushaltsgesetz 2009/2010 ist im Sozialpolitischen Ausschuss entsprechend besprochen worden. Er wurde in folgender Fassung angenommen – ich darf zitieren –:
„Der Landtag begrüßt, dass die Landesregierung zusammen mit einer Expertengruppe ein Konzept für eine umfassende Palliativversorgung der rheinlandpfälzischen Bevölkerung erarbeitet. Im Rahmen der Erstellung dieses Konzeptes erwartet der Landtag bis Herbst 2009 auch Aussagen zur künftig benötigten Zahl an Palliativstationen in rheinland-pfälzischen Krankenhäusern.
Der Landtag begrüßt, dass mit Hilfe der Deutschen Krebshilfe ein interdisziplinärer Lehrstuhl für Palliativmedizin an der Universitätsmedizin Mainz für zunächst fünf Jahre eingerichtet wird, dessen Fortbestand anschließend sichergestellt ist.“
Palliativmedizin – das ist vielleicht vielen Laien und denjenigen, die als Betroffene oder Angehörige nie etwas damit zu tun hatten, nicht bekannt – ist eine aktive, ganzheitliche Behandlung von Patienten mit einer nichtheilbaren, progredienten und weit fortgeschrittenen und in der Regel bösartigen Erkrankung mit beschränkter Lebenserwartung. Sie ist ein wichtiges Element zur Verbesserung der Lebensqualität der betroffenen Patienten und deren Angehörigen,
indem sie sowohl die Besserung der körperlichen Krankheitsbeschwerden zum Ziel hat als auch der psychischen, sozialen und sonstigen Probleme verbessern will.
Meine Damen und Herren, die Palliativmedizin bietet eine Lösung für menschenwürdiges Leben und Sterben auch und vor allem gegenüber Forderungen nach aktiver Sterbehilfe.
Die Landesregierung hat seinerzeit in der Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Rüddel – Drucksache 15/1920 – bestätigt, dass Palliativmedizin auch angesichts der demografischen Entwicklung an Bedeutung gewinnt. Die Bettenzahl ist aber noch nicht ausreichend, um dem Anspruch nach dem Sozialgesetzbuch gerecht zu werden. Ergänzend bedarf es eines
Lehrstuhls für Palliativmedizin – ich komme später noch detaillierter darauf zu sprechen –, um die Qualität der Versorgung zu sichern und das Angebot bedarfsgerecht weiterzuentwickeln.
Die befristete Stiftungsprofessur ist ein erster Schritt, der in die Einrichtung eines regulär finanzierten Lehrstuhls übergehen muss.
Der eben erwähnten Kleinen Anfrage vom Februar 2008 konnte man entnehmen, dass wir in Rheinland-Pfalz zu dem damaligen Zeitpunkt 87 Palliativbetten im stationären Bereich hatten.
Es ist interessant, dass es da ein gewisses Nord-SüdGefälle gibt, dass in den früheren Regierungsbezirken Koblenz und Trier – so hießen die früher – nur 35 dieser Betten sind. Der Rest ist weiter im Süden. Daneben gibt es einen geschätzten Bedarf der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, die sagt: 30 Betten pro eine Million Einwohner. – Jetzt haben wir zwar in RheinlandPfalz – zumindest Sachstand vom Februar 2008 – 21 Betten pro eine Million Einwohner bei einem Bundesdurchschnitt von nur 14 Betten pro eine Million Einwohner. Das ist ein überdurchschnittliches Ergebnis, aber wenn man die Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin sieht, ist das durchaus noch ausbaubar.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang besonders die ambulante Hospizbewegung. Sie darf nicht unerwähnt bleiben. Sie ist wichtig für die Sterbebegleitung zu Hause. Wichtig ist auch der Ausbau der ambulanten Hospiz- und Palliativberatungsdienste zu den ambulanten Palliativ-Care-Zentren. Das begrüßen wir außerordentlich; denn deren Aufgabe ist es unter anderem und vor allem, die Beratung der Hausärzte bei der Betreuung schwerstkranker Menschen sicherzustellen. Hausärzte brauchen da in der Tat eine Beratung, um vernünftig betreuen zu können; denn in der ärztlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung besteht bezüglich der Palliativmedizin ein großer Bedarf gerade bei vielen Hausärzten. Das Thema gehört deswegen auch verstärkt in die Ausbildung der Medizinstudenten.
Ich sagte eben, wir haben einen hohen Fortbildungsbedarf in der Palliativmedizin, deswegen auch die Professur. Da muss auch jemand da sein, der federführend die Dinge entwickelt. In der Praxis geht es dabei besonders darum, den Umgang mit Opiaten bezüglich der Auswahl der Medikamente, aber auch bezüglich der richtigen Dosierung der Medikamente auch sachgerecht durchführen zu können; denn Palliativmedizin bedeutet oft die Anwendung von hochpotenten Morphinderivaten. Diese ist dann sicher, wenn man fundierte Kenntnisse hat, und zwar auch Erfahrung in der Anwendung. Dann ist die Angst vor Nebenwirkungen und Abhängigkeiten, die sowohl bei Ärzten als auch bei Patienten und Angehörigen besteht, völlig unbegründet.
Es war ganz interessant, dass es Ende der 70er-Jahre, nachdem ein bestimmtes Schmerzmittel plötzlich zum Betäubungsmittel geworden ist, passierte, dass binnen weniger Monate die Verschreibung dieses Medikamentes – Fortral war es damals – von normal auf einen ganz niedrigen Stand abgesackt ist. Das hing damit zusammen, dass viele Kollegen gewisse Ängste allein schon
im Umgang mit dem Betäubungsmittelrezept hatten. Das darf in Zukunft nicht mehr sein. Folglich ist ein langfristig eingerichteter Lehrstuhl eine wichtige Entscheidung.
Ich komme zum Schluss. Das gilt ebenso für die Erarbeitung eines Konzeptes für eine umfassende Palliativversorgung. Deswegen begrüßen wir, dass sich die anderen Fraktionen unserem Antrag anschließen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Palliativmedizin nimmt im gesundheitspolitischen Bereich immer wieder breiten Raum ein. Dies zeigt die Wichtigkeit des Themas und das Verantwortungsbewusstsein des Parlaments und der Landesregierung vor allem gegenüber unheilbar kranken Menschen in unserem Land. Uns ist die Sicherstellung der ambulanten Versorgung mindestens so wichtig wie die der stationären. An beide Angebote haben wir einen hohen Qualitätsanspruch. Es ist deshalb sehr zu begrüßen, dass das Sozialministerium, sehr geehrte Frau Ministerin, bereits im letzten Jahr eine Expertengruppe eingesetzt hat, deren gemeinsames Ziel es ist, wie Sie im Sozialpolitischen Ausschuss ausführten, den inhaltlichen Rahmen der künftigen Palliativversorgung in Rheinland-Pfalz und dem Netzwerk – bestehend aus der Ärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung, Palliativmedizinern aus dem hausärztlichen, dem stationären und dem universitären Bereich, der Landesarbeitsgemeinschaft Hospiz, der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege und der Pflegedienste der Krankenkassen, der Palliativ-Care-Teams und ambulante Hospiz- und Palliativberatungen – zu definieren und deren Finanzierung und Ausbau nach einheitlichen Qualitätskriterien zu sichern.
Sehr geehrte Frau Ministerin, erfreulich ist, dass der Lehrstuhl für Palliativmedizin nun nicht mehr für nur fünf Jahre über die Deutsche Krebshilfe gesichert ist, sondern dank der Zusage der Johannes GutenbergUniversität darüber hinaus. In einer sehr guten und sachlichen Beratung im Sozialpolitischen Ausschuss, worüber ich mich als Vorsitzende ganz besonders freue – auch ein Dankeschön an Sie, sehr geehrter Herr Kollege Enders –, ist es uns gelungen, den CDU-Antrag so zu formulieren, dass er nun eine breite Mehrheit erfahren hat. Wir werden dem Antrag in der nun vorliegenden Form zustimmen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf für meine Fraktion vorgreifen, selbstverständlich tragen wir ebenso wie im Sozialpolitischen Ausschuss auch hier im Plenum den jetzt gemeinsamen Entschließungsantrag zum Antrag der Fraktion der CDU mit, wobei, Frau Kollegin Ebli, ich keinen großen Unterschied sehe, um ehrlich zu sein. Jetzt das Gefühl zu erwecken, dass wir im Ausschuss aus einer Antragsvorlage etwas ganz anderes gemacht hätten, das ist nicht zutreffend. Das war das alte Spiel: Es will jeder dabei sein. – Aber der Sache zuliebe ist es mir ziemlich egal, welche Parteinamen oben drüber stehen. Es geht in der Tat um diese Problematik der Palliativversorgung.
Ich bin Herrn Kollegen Enders auch dankbar für seinen Hinweis auf die dringende Notwendigkeit des Ausbaus ambulanter palliativer Dienste. Wir müssen aufpassen, dass wir in diesem schwierigen Grenzbereich von Krankheit, Todesangst und auch dem Gefühl des Verlassenseins die Familien und den Freundeskreis, die, die bereit sind, zu betreuen, nicht um die Chance bringen, das auch in den eigenen vier Wänden zu tun. Es gibt ganz viele Palliativbereiche, die keine Palliativstationen brauchen. Wir müssen gerade hier darauf Wert legen, dass man dem Wunsch der Menschen, denen wenig Wünsche bleiben, gerecht wird, sie zu Hause auch in Würde sterben zu lassen, und zuzulassen, dass sie im Kreis ihrer Angehörigen versterben und nicht im Kreise einer beispielsweise apparategeprägten Medizin, was sowieso gegen den Grundansatz des Palliativen geht.
Zusammengefasst und kurz: Wir stehen voll hinter dem Bemühen, Palliativmedizin auszubauen. Wir sind überzeugt davon, dass die Hinweise zur ambulanten Palliativversorgung von allen Fraktionen mitgetragen werden und danken von daher von unserer Fraktion aus für diesen Antrag, den wir unterstützen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Herren und Damen! Auch ich freue mich sehr, dass dieses wichtige Thema heute im Plenum noch einmal Thema ist. Ich denke, es ist gut, dass wir uns in regelmäßigen Abständen auch darüber unterhalten. Ich bin auch froh, dass es zu diesem einstimmigen gemeinsamen Beschluss im Sozialpolitischen Ausschuss gekommen ist; denn ich denke, der Unterschied ist, dass die Situation von Rheinland-Pfalz mit aufgenommen worden ist und es nicht nur um die Palliativmedizin geht, sondern auch um die Palliativversorgung. Ich denke, das ist schon ein wichtiger Punkt, den wir auch intensiv miteinander diskutiert ha
ben; denn ich glaube, dass es inhaltlich überhaupt keinen Dissens an dieser Stelle gibt, sondern große Einigkeit.
Wie gesagt, wir sind in unserem Ministerium eigentlich schon seit langer Zeit aktiv. Wir haben aktuell in Rheinland-Pfalz 16 Krankenhäuser mit Palliativstationen und zusammen rund 100 Planbetten ausgewiesen. Damit gibt es in jedem sechsten rheinland-pfälzischen Krankenhaus eine Palliativstation. Ich denke schon, dass die Landesregierung damit auch zeigt, dass wir dieses Thema sehr ernst nehmen.
Aber die Landesregierung ist auch der Auffassung – das ist eben auch noch einmal angeklungen, auch bei Herrn Dr. Schmitz noch einmal –, dass die Qualität der Palliativversorgung in Rheinland-Pfalz sich nicht nur an der Zahl der Palliativbetten oder Palliativstationen ablesen lässt, sondern dass es wirklich um eine umfassende Palliativversorgung geht und gerade auch der ambulante Bereich ein unglaublich wichtiger Bereich ist. Es ist nun eben auch so, wenn die Bedingungen einigermaßen sind, dass die Menschen lieber zu Hause sterben als auf der Palliativstation. Insofern ist der Weg, den wir zurzeit beschreiten, nämlich gemeinsam mit einer Expertengruppe noch einmal zu überlegen, wie man die Konzipierung hier weiter vorantreiben kann, durchaus der richtige Weg.
Es geht um ein starkes Netzwerk. Frau Ebli hat schon darauf hingewiesen, wer alles daran beteiligt ist. § 37 b SGB V hat natürlich noch einmal eine neue Dynamik in das Thema gebracht und neue Prozesse angestoßen. Umso wichtiger ist es uns, weil dadurch die Palliativmedizin extrem gestärkt wird, was gut ist, dass wir es packen, gemeinsam vor allem mit der Hospizbewegung ein rundes Konzept zu entwickeln, damit wir uns alle an den gleichen Qualitätskriterien orientieren und ein einheitliches Vorgehen erreichen.
Lange Rede, kurzer Sinn, auch wenn meine Rede gar nicht so lang ist: Ich bin sehr froh, dass wir den Antrag in diesem Sinne beraten konnten.
Ich möchte noch ein Wort zum Lehrstuhl Palliativmedizin sagen. Bisher gibt es in Deutschland dazu drei Lehrstühle: einer in Aachen, einer in Bonn und einer in Göttingen. In Kürze wird es einen weiteren Lehrstuhl in Mainz geben.
Auf die Ausschreibung der Deutschen Krebshilfe auf Förderung von vier Lehrstühlen hatte sich auch die Universitätsklinik Mainz beworben und im Oktober 2007 bereits den Zuschlag für eine Stiftungsprofessur erhalten. Die Ausschreibung der Professur ist schon am 13. Februar 2009 im „Ärzteblatt“ veröffentlicht worden, sodass man davon ausgehen kann, dass noch im Jahr 2009 über die Stiftungsprofessur entschieden und sie besetzt werden kann. Ich begrüße diese Entwicklung.
Einige, die sich als Insider in dieser Sache bezeichnen, wissen, dass es schon sehr, sehr lange ein persönliches Anliegen von mir ist und war, über Herrn Professor Huber, der gestern verabschiedet wurde, und Herrn Dr. Weber an die Universitätsklinik das Thema „Hospiz und Palliativmedizin“ zu bringen, weil es um die Lehre und
Ausbildung geht und es unbedingt erforderlich ist, dass Studierende mit dieser Thematik befasst werden und von Anfang an involviert sind. Insofern sind wir sehr froh, dass wir uns in Kürze darüber freuen können, dass wir jetzt eine Stiftungsprofessur in diesem Bereich in Mainz haben werden.