Da ich weiß, dass ich nur noch dreieinhalb Minuten Redezeit zur Verfügung habe, muss ich meine Rede jetzt etwas holzschnittartig machen. Ich bitte schon vorweg um Verständnis, dass manche Formulierung vielleicht etwas schärfer ist.
Fakt ist – da bin ich Herrn Dröscher für die Feststellung dankbar –, natürlich gehen die Ziele bei der Seniorenpolitik bei uns in eine Richtung. Die Positionen haben sich seit dem gemeinsamen Antrag nicht wesentlich verändert. Das heißt, wir alle wollen natürlich, dass sich unsere Seniorinnen und Senioren in Rheinland-Pfalz wohlfühlen können und dass sie ohne Sorgen in ihre Zukunft im Alter bzw. in einem hochbetagten Alter hineinsehen und hineingehen können. Das ist unser aller Ziel.
Wie kommen wir dahin? Sehr geehrte Damen und Herren, da gehen die Ansichten doch auseinander. Auch wir halten es für richtig, ein Landesseniorenkonzept zu haben – so haben wir es formuliert –, die Landesregierung sagt hierfür, einen „Landesaktionsplan“ zusammenzustellen, den wir schon im letzten Jahr gefordert haben.
Wir sind aber der Auffassung, dass diesem Aktionsplan zunächst eine völlig sachliche und an der Realität orientierte Analyse vorangehen muss. Wie ist denn die Lebenssituation der Seniorinnen und Senioren in Rheinland-Pfalz? Bei vielem, was wir benennen, stützen wir uns auf Umfragen, auf Studien, auf Statistiken, die in der Regel die bundesweite Situation wiedergeben. Ich denke, wir sollten uns der Mühe unterziehen, ins Land zu schauen, wie denn die Situation der Seniorinnen und Senioren in unserem Land Rheinland-Pfalz ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach dieser Regierungserklärung bin ich zunehmend davon überzeugt, dass dies wichtig ist, weil wir heute Mittag schon den Eindruck gewonnen haben, dass bei dieser Landesregierung manches sehr idealisiert wahrgenommen wird. Ich möchte es an zwei kurzen Beispielen deutlich machen:
Die Senioren haben einen sehr guten Zugang zu ihren Enkeln, zu jungen Menschen. – Das kann man so pauschal und so idealisiert nicht feststellen. Viele Senioren haben weder Kinder noch Enkel. Viele Senioren, die Kinder oder Enkel haben, haben überhaupt keinen Zugang mehr zu ihnen, weil sie bundesweit oder weltweit verstreut leben. Manche Senioren wollen auch keinen Kontakt zu ihren Enkeln, weil sie sich zunächst ihr Lebenskonzept völlig anders vorstellen.
Ich bitte, mir ein kurzes Zitat aus einer aktuellen Zeitschrift unserer Sparkassen zu erlauben, die sich auch mit dem Demografieproblem auseinandersetzen. Das Zitat beginnt: Vor allem das kulturelle Angebot lockt viele Menschen in den Osten der Republik. Mehrere Hundert Neubürger siedeln sich beispielsweise jedes Jahr in Weimar an. Neben Studenten sind es vor allen hochgebildete und finanziell gutgestellte Senioren aus dem Westen, die sich für die Kulturmetropole entscheiden. Sie wandeln auf den Spuren Goethes und Schillers, engagieren sich in einem der über 200 Kulturvereine und genießen den freien Geist der Stadt. –
Das sei ihnen von Herzen gegönnt, aber die Betreuung der Enkel steht da nicht auf dem Programm, meine Damen und Herren.
Zum zweiten Thema „Idealisieren“. Sie benennen, dass all die Unternehmer, die natürlich auf die Arbeitskraft ihrer älter werdenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bauen, sich um entsprechenden Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz bemühen. Dem ist nicht so. Bedenken Sie bitte die Demonstration unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Kindertagesstätten. Dort gibt es keine oder nur sehr wenige wirklich altersgerechte Arbeitsplätze und Arbeitsabläufe. Ich denke, da bleibt auch noch in Rheinland-Pfalz sehr viel zu tun.
Auch idealisieren Sie auf eine Art und Weise – das Beispiel möchte ich nicht außen vor lassen – ein Stück Ihre eigenen Leistungen. Sehr geehrte Frau Dreyer, natürlich wollen wir alle einen guten ÖPNV, und die Busse sollen
Aber zu der Frage, ob der Bus kommt, gehört auch die Frage, wie sicher denn der Bus ist, der kommt. Das ist auch ein Thema – Herr Dr. Schmitz, Sie haben zu Recht gesagt, da fehlen auch Themen –, nämlich das Thema „Sicherheit“, das gänzlich in dieser Regierungserklärung fehlt. Sehr geehrte Damen und Herren der SPDFraktion, Sie haben morgen die Chance, dem Änderungsantrag der FDP zum Landesverkehrsfinanzierungsgesetz zuzustimmen, der ausdrücklich auch die privaten Busunternehmer, die natürlich ganz viele Linien im ÖPNV mit ihren Bussen bestücken, in die Förderung mit aufnimmt.
Ich kenne einen Unternehmer aus unserer Region, der sich aus Verantwortungsbewusstsein diesem Liniendienst nicht mehr stellt, weil er sagt, zu diesen Preisen kann er seine Busse nicht mehr anständig warten und instand setzen. Das könne er seinen Fahrgästen nicht mehr zumuten. Also auch hier – das ist wichtig – muss noch einiges getan werden.
Das gilt für die DSL-Versorgung. Sie schreiben so schön: „Man muss kommunizieren können, von wo auch immer“. Das DSL-Programm der Landesregierung, bei dem 800.000 Euro pro Jahr zur Verfügung stehen, stellt allein der Landkreis Mayen-Koblenz in den Schatten, indem er mit seiner Wirtschaftsförderungsgesellschaft 1,25 Millionen Euro zur Verfügung stellt.
Zum guten Schluss ist unsere Bitte, lassen Sie uns die Fakten sauber betrachten. Wenn wir die Fakten über die Situation unserer Seniorinnen und Senioren im Land haben, können wir unter Einbindung der Kommunen, die vor Ort die Lebensbedingungen wesentlich mitbestimmen, ein gutes Seniorenkonzept entwickeln, das auf allen Ebenen dieses Landes getragen werden kann.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Thelen, vielen Dank für das Stichwort. Wir haben es ähnlich betrachtet wie Sie. Wir haben zu dem Thema „Familiensituation in Rheinland-Pfalz“ eine Große Anfrage eingebracht, um genau dieses Datenmaterial
zu erfragen, z. B. die Frage, wie viele Großeltern in der Lage sind, für ihre Enkel da zu sein. All diese Dinge sind in unserer Großen Anfrage in Bearbeitung.
Sehr geehrter Herr Dr. Schmitz, ich danke Ihnen für Ihre Zustimmung zur Regierungserklärung von Malu Dreyer. Ich danke Ihnen auch ausdrücklich für die Ernsthaftigkeit, mit der wir mit diesen Themen umgehen.
Frau Dreyer hat gesagt, ein Menschheitstraum eines langen Lebens mit Chancen und natürlich auch mit Beschwernissen des Alters geht für Rheinland-Pfalz, Deutschland und wenige andere Länder dieser Erde in Erfüllung.
Die Anzahl älterer Menschen nimmt zu. Senioren bleiben immer vitaler. Jüngere Menschen werden immer später alt. Diese allseits bekannten und bereits spürbaren demografischen Veränderungen der Gesellschaft führen zu einem Wandel der Wohn- und Lebensformen der Menschen. Für Architekten, Stadtplaner, die Träger der sozialen und technischen Infrastruktur, unsere kommunalen Partnern und für uns als Landespolitiker stellt dies eine völlig neue Herausforderung dar. Das ist eine Herausforderung, die wir uns, wie es Frau Ministerin Dreyer in ihrer Regierungserklärung auf eindeutige Weise verdeutlicht hat, gern stellen.
Insbesondere für ältere Menschen steht das Wohnen im Mittelpunkt ihrer alltäglichen Lebenswelt; denn ältere Menschen verbringen im Vergleich zu jüngeren Generationen die weitaus größere Zeit in ihren Wohnungen oder im direkten Wohnumfeld, mit dem sie sich eng verbunden fühlen. Es ist der überwiegende Wunsch der Zahl der älteren Menschen, möglichst lange in ihren bekannten Umgebungen mit den über Jahren gewachsenen sozialen Kontakten leben zu dürfen. Das klassische Altersheim gehört mehr und mehr der Vergangenheit an. Die Nachfrage hat sich grundlegend verändert.
Nicht jeder Ältere will oder muss irgendwann in ein Alten- und Pflegeheim. Es gibt dazwischen viele alternative Wohnformen. Verstärkt gefragt sind heutzutage Formen des betreuten Wohnens; denn diese erlauben es ihren Bewohnern durchaus, noch selbstständig zu leben, was dem Wunsch vieler älterer Menschen entspricht. Diesen Wunsch nach Selbstständigkeit im Alter müssen und werden wir weiterhin verstärkt durch die Förderung altersgerecht ausgestatteter, barrierefreier Wohnungen und Serviceangebote unterstützen.
Der von Frau Ministerin Malu Dreyer am 6. Mai 2009 vorgestellte Gesetzentwurf zum Wohnformen- und Teilhabegesetz geht genau in diese Richtung. Die hier geforderten landesrechtlichen Regelungen sind dahin gehend ausgelegt, die sich wandelnden Erwartungen und Bedürfnisse von älteren Menschen und Menschen mit Pflegebedürftigkeit und Behinderungen mit aufzunehmen sowie die Position der Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtungen und deren Angehörigen zu stärken. Hiermit schafft die Landesregierung umfassende Grundlagen für ein selbstbestimmtes Wohnen und die Möglichkeit zur Teilhabe für alle Menschen mit Hilfebedarf.
Sehr geehrte Damen und Herren, vor diesem Hintergrund geht es generell um mehr Lebensqualität für alle Generationen.
Dies bedeutet einerseits selbstbestimmtes Wohnen im Alter, und andererseits geht es uns auch darum, junge Menschen und Familien in ein generationsübergreifendes Wohnen zu integrieren, eine Wohnform von jüngeren und älteren Menschen unter einem Dach möglich zu machen. Hierdurch besteht die Möglichkeit, dass sich die einzelnen Generationen gegenseitig unterstützen können. Die Jüngeren können – das Beispiel ist allgemein bekannt – beim Einkauf helfen, während die Älteren als Aushilfsopa oder -oma bei der Kinderbetreuung dienlich sind. Der gegenseitigen Hilfe und Unterstützung sind keine Grenzen gesetzt.
Herr Dr. Schmitz, ich greife das Thema „Einsamkeit“ wieder auf. Wenn alle Menschen in Wohn- und Lebensformen integriert sind, sind sie nicht einsam und allein. Diese Themen gehen uns wirklich alle an.
Wenn wir das Zusammenleben der Generationen erfolgreich gestalten wollen, dann brauchen wir eine Infrastruktur, die dem Wandel Rechnung trägt. Dies bedeutet, dass wir z. B. im Rahmen der Landesregierung, des Innenministeriums mit dem Projekt der Dorfkernerneuerung mit seinen umfangreichen Förderprogrammen bei dem Wohnungsbau und der Entwicklung der Nachbarschaft die Dörfer auf der einen Seite kinderfreundlicher machen und auf der anderen Seite den Bedürfnissen der älter werdenden Gesellschaft anpassen. Davon profitiert jeder.
Ebenso benötigen diese neue Wohnformen und gemeinschaftlichen Wohnprojekte besondere Unterstützung und Beratung, welche in Rheinland-Pfalz in vielfältiger Weise vorbildlich zur Verfügung gestellt wird. Frau Dreyer hat es angesprochen. So unterstützen seit mehreren Jahren Beratungsstellen, wie z. B. „LebensWohnraum in Mainz“ oder „Gemeinschaftliches Wohnen Pfalz“ in Landau, die Interessenten vor Ort. Auch das Projekt „Kompetenznetzwerk Wohnen – Neue Formen der mobilen Beratung“ informiert verstärkt über gemeinschaftliches Wohnen in Rheinland-Pfalz. Ich nenne nur einige Initiativen.
Sehr geehrte Damen und Herren, für ein menschenwürdiges, zufriedenes und selbstständiges Leben im Alter sind jedoch nicht nur Wohnungen an sich, sondern das gesamte Wohnumfeld von zentraler Bedeutung; denn Wohnen hat etwas mit Schutz, Geborgenheit, Ruhe und Gewohnheit zu tun. Es muss sich den sich im Alter ändernden Bedürfnissen anpassen.
Dies gilt auch insbesondere für barrierefreies Bauen und Wohnen. Barrierefreiheit erleichtert nicht nur älteren Menschen die Erledigung ihrer täglichen Besorgungen und Bedürfnisse, sondern hilft allen Menschen, z. B. jungen Menschen oder Menschen mit Behinderungen bei der Bewältigung ihres Alltags.
Beratung zur Wohnanpassung und zum barrierefreien Bauen und Wohnen werden seit vielen Jahren in Rheinland-Pfalz angeboten. So berät z. B. die Landesberatungsstelle „Barrierefreies Bauen und Wohnen“ seit nunmehr über 13 Jahren in ganz Rheinland-Pfalz kostenfrei.
Seit dem Herbst 2006 haben sich die verschiedenen Beratungsstellen zum Beratungsnetzwerk „Barrierefreies Wohnen“ zusammengeschlossen. Damit kann die Öffentlichkeitsarbeit und die Qualifizierung weiter ausgebaut werden.
Mit diesem breit gefächerten, vom Land geförderten Beratungsangebot konnten schon viele ältere Menschen erreicht und ihnen geholfen werden, ihre Räume besser zu gestalten.
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen, zur Barrierefreiheit des Wohnraums hat die Landesregierung bereits umfassende Regelungen geschaffen. Eine weitere wichtige Voraussetzung hierfür, aber vor allem für Lebens- und Wohnqualität sowie für Selbstständigkeit und gesellschaftliche Teilhabe sind vielfältige und in ihren unterschiedlichen Funktionen gemischte Wohnumfelder. Dazu zählen insbesondere private und öffentliche Dienstleistungsangebote wie wohnortnahe Einkaufsmöglichkeiten, medizinische Betreuung, Pflegedienste, aber auch Grünflächen und Erholungsmöglichkeiten sowie Freizeit- und Kultureinrichtungen, welche ältere Menschen gut erreichen und nutzen können.
Herr Dr. Schmitz, das betrifft das Thema „Einsamkeit“. Umso wichtiger werden hierbei der flächendeckende Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, den die Landesregierung von Rheinland-Pfalz stetig vorantreibt, sowie eine altengerechte Anpassung und Modernisierung der betreffenden Verkehrsinfrastruktur.
Meine Damen und Herren, die Teilhabe im Alter bedeutet aber auch einen guten Zugang zum Internet und zu den neuen Medien. Diese Bereiche des alltäglichen Lebens umfassen Bereiche des Preisvergleichs, des schnellen und unkomplizierten Einkaufs über das Erledigen der Bankgeschäfte bis hin zur kostengünstigen Kommunikation mit denen, die vielleicht nicht vor Ort sind und die man in einer immer offener werdenden Gesellschaft erreichen will.
Auch hier hat die Landesregierung gekoppelt mit dem „K 2“, dem Bundesprogramm mit dem Lehrrohrprogramm, für Senioren einiges im Bereich Internet auf den Weg gebracht. Als gutes Beispiel für Weiterbildung im Alter vor Ort, begonnen von der Fachhochschule über private Initiativen vor Ort, bringe ich ein Beispiel aus meiner Heimatkommune, in dem Jung und Alt voneinander profitieren. Die Arbeiterwohlfahrt hat ein Computerlabor an meiner Heimatgrundschule eingerichtet. Morgens benutzen die Kinder der Grundschule das Computerlabor. An zwei Nachmittagen ist der Computerkurs der Arbeiterwohlfahrt voll belegt. Wartelisten sind vorhanden. Seniorinnen und Senioren erlernen dort den Umgang mit dem Internet, E-Mails, Bildbearbeitung, Texterstellung in einer geschützten Atmosphäre, in der man