Meine Damen und Herren, mit unserer an dem demographischen Wandel ausgerichteten Politik wollen und werden wir auch künftig dazu beitragen, dass in unserem Land alle Generationen ihre spezifischen Lebensstile verwirklichen und gut im Dialog miteinander leben können. Mit unseren von Frau Ministerin Malu Dreyer ausführlich dargestellten Initiativen und Projekten geben wir realistische Antworten und Lösungen auf die heutigen Bedürfnisse und tragen dafür Sorge, dass ältere Menschen auch bei gesundheitlichen Einschränkungen und Pflegebedürftigkeit möglichst lange selbstständig und selbstbestimmt in ihrer Wohnung leben können. Unsere Hauptaufgabe in den kommenden Jahren liegt hierbei in der Gestaltung von Wohnungen und Infrastruktur der jeweiligen Wohnumfelder, sodass sie den Bedürfnissen von Alt und Jung Rechnung tragen. Hier sind wir bereits auf einem guten Weg. Ich bin zuversichtlich, dass wir die Chancen des demografischen Wandels nutzen und unseren Teil für ein gutes Leben im Alter dazu beitragen können.
Ich begrüße Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag, und zwar Mitglieder des Katholischen deutschen Frauenbundes (KdF) St. Pius aus Neustadt an der Weinstraße. Herzlich willkommen in Mainz!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte Ihnen versprochen bzw. angedroht, noch ein paar kritische Punkte anzusprechen. Ich will das mit der dem Thema entsprechenden Ruhe vortragen und das nicht im Sinne von Schulnoten verstanden wissen, sondern darauf aufmerksam machen, dass wir, wenn wir tatsächlich in diese Analyse einsteigen wollen, uns wirklich vorher darüber einig sein müssen, dass wir keine Diskussion führen „halb voll, halb leer, die Beschäftigungsquote ist besser als vorher, aber immer noch nicht gut genug“, sondern wir konstruktiv kritisch die Dinge betrachten, damit wir möglichst umfassend dann auch zu Lösungsansätzen kommen.
Meine Damen und Herren, der erste Punkt, der in dieser Regierungserklärung überhaupt keinen Niederschlag gefunden hat, war die Problematik der Integrationspolitik, die uns andererseits so wichtig ist, dass wir ihr eine Enquete-Kommission gewidmet haben. Kein Wort zu diesem Thema. Kein Wort dazu, dass jetzt schon Tausende, insbesondere Frauen mit Migrationshintergrund,
in der Zielgruppe sind, um die es in der Regierungserklärung geht, die, von diesen Online-Fragen abgesehen, nicht einmal in der Lage sind, Deutsch zu sprechen. Unsere Freizeit- und Kultureinrichtungen gehen sicherlich an dieser Gruppe komplett vorbei. Kein Wort dazu in dieser Regierungserklärung. Das ist ein Manko. Das ist jetzt schon nicht in Ordnung, aber es wird noch schlimmer, weil der Bevölkerungsanteil der Menschen mit Migrationshintergrund im Alter jetzt mit 9 % noch überproportional niedrig ist versus 23 % der deutschen Bevölkerung. Aber schon in ein paar Jahren wird er die Deutschen prozentual gesehen einholen, sodass wir uns jetzt schon Gedanken machen müssen, wie wir mit dieser speziellen Problematik umgehen.
Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt ist die Frage der Demografiesicherheit von Politik. Hier geht es um die Frage der Vertrauenswürdigkeit unserer Versprechungen. Wir haben viel gehört in Bereichen, bei denen wir uns einig sind. Das will ich nicht wiederholen. Ich weiß, dass die Landesregierung Ehrenamtsförderung ernst nimmt. Aber wir wissen auch spätestens seit der Vorstellung des Entwurfs zum Heimgesetz, dass noch vieles im Argen liegt. Wie anders sollen wir es sonst verstehen, dass ehrenamtliche Helfer in freigemeinnützigen Einrichtungen ihre Aufwandentschädigung im Rahmen der sogenannten Übungsleiterpauschale steuerlich komplett vereinnahmen können, alle diejenigen aber, die den Fehler machen, bei privaten Dienstleistern die gleiche ehrenamtliche Arbeit für den gleichen Obolus anzubieten, das voll versteuern müssen. Das geht doch nicht. Das sind Punkte, mit denen man sich befassen muss.
Meine Damen und Herren, ein dritter Punkt in diesem Zusammenhang ist diese leidige Diskussion auch in den Fachverbänden „Profis versus Amateure“, die Panik, die manchen im Gesicht steht, wenn man sagt, wir brauchen mehr ehrenamtliches, auch amateurhaftes Engagement, die das so interpretieren, als ob man damit ihre Professionalität in Frage stellt. Das ist doch überhaupt nicht der Fall. Es kann doch nur um einen Mix gehen, so wie es jetzt in vielen Ehrenamtsbereichen schon praktiziert wird.
Ein weiterer Punkt zum Thema „Demografiefestigkeit“: Herrn Kollegen Dröscher gebührt auch hier wieder das Lob, das Thema „Reform der Pflegeversicherung“ zumindest thematisiert zu haben. –
Meine Damen und Herren, wir wissen doch alle, dass unsere Pflegeversicherung nicht demografiefest organisiert ist. Sie ist bis zum Jahr 2014 berechnet, wenn sie bei den momentanen Turbulenzen überhaupt bis dahin hält. Wir wissen doch alle, dass die gesetzliche Krankenversicherung im umlagefinanzierten System von der Hand in den Mund lebt. Die ca. 400.000 rheinlandpfälzischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die privat versichert sind, haben eine Altersvorsorge in einer Größenordnung von etwa 6 Milliarden Euro. Ob das für ihre spezifischen Altersprobleme, in die sie kommen werden, genügen wird, ist die Frage. Aber für die übrigen 3,6, 3,7 oder 3,8 Millionen Euro ist nicht ein roter Cent im umlagefinanzierten System zurückgelegt. Da muss man
doch Antworten geben, wenn man das Vertrauen derer, die jetzt noch in die Systeme einzahlen, die sie jetzt noch tragen, und deren Solidarität erhalten will. Dazu muss man doch in der Lage sein, in einer Regierungserklärung Beiträge zu leisten.
Meine Damen und Herren, im gleichen Zusammenhang steht das Thema „Rentenerhöhung“. Ich weiche diesem Thema nicht aus, obwohl ich mir bewusst bin, wie brisant es ist. Selbstverständlich gönnen wir jedem Rentner, der viele, viele Jahre den Buckel für seine Rente krumm gemacht hat, jeden Cent, den man ihm zusätzlich zahlt. Wir müssen aber doch wissen, dass es jenseits von Wahlgeschenken – wie die einen sagen, während es die anderen bestreiten – etwas gibt, was sehr viel wichtiger für Rentner und für Rentenversicherungsbeitragszahler ist. Das ist ein Vertrauen in diese Sicherungssysteme, meine Damen und Herren.
kurz auszugsweise mit ihrer freundlichen Erlaubnis, Herr Präsident, vortragen, was die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ dazu schreibt. Da ist einmal der erste Satz. Alles bezieht sich auf die Rentenreform. Das hören Sie nicht gern, aber Sie müssen es sich anhören. Es ist traurig, dass Sie dem keine Aufmerksamkeit schenken Herr Pörksen, es tut mir leid.
„Alles, was in den vergangen Jahren mühsam durchgesetzt wurde, um zu verhindern, dass die Rentenkasse unter einer Anspruchslawine begraben wird, soll wieder abgeschafft werden.“
Ein weiterer Auszug in diesem Zusammenhang: „Die klarsten Regelungen sind solche, die auch vom Gesetzgeber selbst respektiert werden.“
„Bei der Rentenbemessung sind aber Regierung und Bundestag längst zur Handsteuerung übergegangen. Von ihrer Koppelung an die Beitragsentwicklung wichen sie 2006 ab, um eine Minusrunde zu verhindern. Zwei Jahre darauf beschloss man die Abweichung nach oben, um ‚die ältere Generation am Aufschwung teilhaben zu lassen’.“
Frau Ministerin, Sie haben sich auch dieser Formulierung bedient: „Jetzt muss dieser Schluck aus der Pulle wieder durch eine künstliche Sperre gegen die Ausgleichsmechanismen des Gesetzes abgesichert werden. Mit jedem Eingriff ins System schwindet ein Stück des Vertrauens in seine Verlässlichkeit.“ – „Vertrauen ent
steht nur durch Kontinuität und Verlässlichkeit, also durch das genaue Gegenteil von Opportunismus.“
Meine Damen und Herren, auch diese Betrachtungen – ähnlich die Freude über die höheren Renten – gehören in eine solche Diskussion.
Ich hätte gerne etwas – damit komme ich wirklich zum Ende – über Aspekte der Altersdiskriminierung gehört. Was ist das für eine Diskussion, die das Schaffen von Altersgrenzen nicht zum Thema macht? Das ist eine Diskussion, die nicht zum Thema macht, dass Sie ab einem bestimmten Alter nur aufgrund der Altersgrenze keinen KfW-Kredit mehr bekommen. Ich habe kein Wort zu der in der Gesellschaft diskutierten spannenden Frage zu automatischen Observationssystemen in privaten Haushalten und auch im Pflegebereich gehört. Das sind spannende Fragen, die wir zu beantworten haben. Sie bewegen sich an der Grenze zwischen Datenschutz und pragmatischer Hilfe.
Meine Damen und Herren, es gibt viele, viele Dinge, auf die wir eingehen müssen, wenn wir tatsächlich das erreichen wollen, was auch von anderer Seite vorgetragen wurde, dass wir es nämlich schaffen müssen, dem Alter nicht nur seinen Wert zu geben, sondern auch für die Gesellschaft das Wissen und die Weisheit des Alters zu nutzen, um Sturm und Drang der Jugend auszubalancieren. Auch das gehört zur Intergenerationensolidarität.
Meine Damen und Herren, ich erinnere mich gerne an die erste Rede unseres Alterspräsidenten in dieser Legislaturperiode zum Thema „Chancengerechtigkeit“, die sehr viel zu diesem Thema beigetragen hat. All diese Dinge gehören in unsere Diskussion, bevor wir – wahlkampfgeschuldet oder nicht – zu Schnellschüssen oder zur Oberflächlichkeit neigen. Ohne dieses Konstruktive, aber auch Kritische in der Analyse werden wir das glaubwürdig und vertrauensvoll nicht schaffen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Herren und Damen! Ich sage das jetzt einmal ein bisschen flapsig: Herr Dr. Schmitz, ich bekenne mich schuldig. Ich habe tatsächlich nicht alle Themen, die zum Thema „Älter werden in Rheinland-Pfalz“ genannt, angesprochen und diskutiert werden können, in meiner Regierungserklärung erfasst. Das ist auch gar nicht möglich. Ich meine, die grundsätzlichen wichtigen Themen habe ich angesprochen und ich bin auf sie eingegangen. Viele Themen habe ich nur gestreift. Gerade beim Thema „Pflege und Gesundheit“ habe ich aber deutlich gemacht – darauf komme ich jetzt noch einmal zu sprechen –, dass
wir dieses Thema sehr, sehr häufig im Parlament debattieren. Deshalb sind aufgrund der Zeit meine Ausführungen an dieser Stelle sehr kurz ausgefallen.
Dennoch meine ich, dass wir inhaltlich gar nicht so wahnsinnig viele Differenzen haben. Die Frage, was in eine Regierungserklärung kommt und was nicht, habe ich meiner Ansicht nach ganz gut beantwortet. Trotzdem ist klar, dass dann, wenn wir über Medien sprechen – ich habe mich für das Thema „Zugänglichkeit der Medien“ entschieden –, dazu natürlich auch das Thema „Medienkompetenz“ gehört. Das bedeutet aber nicht, dass ich das heute unbedingt erwähnen muss. Wir haben zahlreiche Initiativen im Land, die selbstverständlich auch das Thema „Medienkompetenz“ betreffen, also wie ich einen Computer bediene, wie ich im Internet surfe usw., für die wir vor Ort tatsächlich Angebote haben, die dort für Seniorinnen und Senioren realisiert werden. Das ist für mich selbstverständlich.
Ich möchte auch noch etwas zu dem wichtigen Thema „Einsamkeit“ sagen. Auch wenn ich nicht ausdrücklich darüber ausführlich gesprochen habe, habe ich meiner Meinung nach aber doch sehr klar dargestellt, dass einerseits ältere Menschen heute eigenständig und selbstbestimmt, aber andererseits auch nicht allein leben möchten. Wir wissen alle, dass Einsamkeit sowohl erzwungenes Alleinsein darstellen kann als auch erzwungene Gemeinschaft. Beides kann Einsamkeit auslösen. Deshalb ist es mir wichtig, dass Sie erkennen – ich meine, dass ich das auch dargestellt habe –, dass unser ganzes Denken, unsere ganze Politik darauf ausgerichtet ist, den Menschen die Wahlfreiheit zu geben, in der Form zu leben, die sie möchten, damit sie sich nicht einsam fühlen müssen.
Für manche ist das das Leben im eigenen Haus, für manche ist es die Alteneinrichtung, und für viele ist es neuerdings auch das alternative Wohnen, das genau aus dem Grund gewählt wird, um nicht einsam zu sein.
Ich möchte auch noch etwas zum Thema „Ehrenamt“ sagen. Darüber können wir aber auch im Ausschuss diskutieren. Wir haben uns im Bundesrat angestrengt, dass die Übungsleiterpauschale auch in den Bereich Pflege und Gesundheit aufgenommen wird. Da sind wir leider gescheitert. Ich sehe das aber durchaus als einen Punkt an, an dem noch etwas zu tun ist.
Wichtig halte ich es aber im Zusammenhang mit Ihrem Redebeitrag, noch zu ergänzen, dass ich erstaunt bin, dass man in der heutigen Zeit das Umlagesystem infrage stellt.
Das Umlagesystem ist von Ihnen auf jeden Fall im Zusammenhang mit der Pflegeversicherung genannt worden. Wenn man sich die vergangenen Monate betrachtet und sieht, was vor zwei bis drei Jahren schon in England passiert ist, wo nämlich die Renten zusammengebrochen sind, weil sie Pensionsfonds am Kapitalmarkt angelegt haben, und wenn man heute in die USA schaut, in der dasselbe passiert, können wir sehr froh darüber sein, dass unsere sozialen Sicherungssysteme über das Umlagesystem abgesichert sind.
Ich verspreche Ihnen schon heute, dass ich mich auch in der neuen Legislaturperiode auf der Bundesebene im Bundesrat dafür einsetzen werde, dass der Überschuss in der privaten Pflegeversicherung, die exakt die gleichen Leistungen erbringt wie die gesetzliche Pflegeversicherung, zugunsten aller Menschen in Deutschland genutzt wird, die pflegebedürftig sind.