Protokoll der Sitzung vom 21.09.2006

Ich begrüße als Gäste im Landtag Mitglieder des Gesang- und Unterhaltungsvereins Rammelsbach „Die Wackepieker“. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:

AKTUELLE STUNDE

Die Auswirkungen der geplanten Gesundheitsreform auf die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 15/262 –

Für die Antrag stellende Fraktion spricht Herr Abgeordneter Dr. Schmitz.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben diese Aktuelle Stunde seitens der FDP wegen der Verschiebung der Entscheidung um ein Vierteljahr nach vierteljährigem großkoalitionären Gewürge auf den 1. April 2007 beantragt.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich darf wiederholen, um was es allen für das Gesundheitssystem Verantwortlichen im Vorfeld gegangen ist – allen in der Bevölkerung, allen Vertretern der Kassen, der Leistungserbringer, aber auch allen Politikern: Es ging vor allem darum, einen positiven Beitrag zum Arbeitsmarkt durch die Reform des Gesundheitssystems zu leisten, zum einen durch die Reduktion der Lohnzusatzkosten, zum anderen dadurch, dass die Reform dazu führen sollte, dass das Gesundheitssystem positive Impulse für die Volkswirtschaft in einem grundsätzlich boomfähigen Markt setzen kann. Vor allem aber ging es allen, nicht nur den Fachpolitikern, darum, dauerhaft eine solide medizinische Versorgung der gesamten Bevölkerung sicherzustellen.

Meine Damen und Herren, das Ergebnis: Zwei Mal Niete. Taktik beherrscht die Diskussion. Die eigentlichen Inhalte geraten aus dem Fokus; denn der Versuch, ein komplexes System wie das Gesundheitssystem mit immer noch komplizierteren Regeln zu beherrschen, muss zwangsläufig scheitern.

(Beifall der FDP)

Der bisherige Entwurf, autorisiert oder nicht autorisiert, präsentiert sich als 500-seitiges Bürokratiemonstrum, ein Zwitterwesen zwischen Staatsmedizin und Kopfpauschale.

(Beifall der FDP)

Was heißt das für uns in Rheinland-Pfalz? Meine Damen und Herren, auf Basis der Eckpunkte befürchtet die FDP massive Auswirkungen auf unser Land.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Zwei davon sind neben den negativen Aspekten auf den Arbeitsmarkt und die Standortsicherheit für rheinlandpfälzische Krankenkassen besonders wichtig. Besonders wichtig sind zum einen die verheerenden Auswirkungen auf rheinland-pfälzische Krankenhäuser und zum anderen die Tatsache, dass die Versicherten und die Patienten wieder einmal die Zeche zahlen werden.

(Beifall der FDP)

Zu den Krankenhäusern: Die Addition der Belastungen, vor allem aufgrund akuter aktueller Entscheidungen, aber auch aufgrund von Veränderungen im Gesundheitssystem, die Rotgrün zu verantworten hatte – – –

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Pörksen, wenn Sie das meinen, gebe ich Ihnen Recht.

Diese Addition der Belastungen für rheinland-pfälzische Krankenhäuser beläuft sich pro Jahr auf „grobe Kante“ 240 Millionen Euro. Wenn wir die Zeit haben, kann ich das gerne erläutern.

Dagegen stehen auch Einnahmen. Das muss man der Fairness zuliebe ebenfalls mit anführen: 240 Millionen zusätzliche Ausgaben und auch Einnahmen – jawohl –: von 12 Millionen Euro. Das berühmte Delta der Finanzierung beträgt heruntergerechnet auf rheinland-pfälzische Krankenhäuser 230 Millionen Euro.

Meine Damen und Herren, das wird die gesamte Flächenversorgung in Rheinland-Pfalz dauerhaft infrage stellen.

(Beifall der FDP – Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Die aktuelle Variante, nach der nicht alle Krankenhäuser bezahlen sollen, sondern nur die Krankenhäuser, die gute Ergebnisse haben, ist die klassische Verschlimmbesserung. Gut geführte, erfolgreiche Häuser werden künftig noch stärker belastet werden zugunsten von

Krankenhäusern, die zum Teil auch aus eigener Verantwortung heraus schwächeln. Träger, Krankenhauspersonal und Patienten werden das hier bei uns in Rheinland-Pfalz gleichermaßen ausbaden dürfen.

Meine Damen und Herren, zu den Beitragszahlern und Patienten: Es heißt wieder einmal mehr zahlen für weniger Leistung, Dreiklassenmedizin statt Zweiklassenmedizin, ganz unten am Ende die breite Schicht der Bevölkerung, die die Last dieser vermeintlichen Solidarität zu tragen hat.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP – Pörksen, SPD: Sie reden von Solidarität! Das ist schon erstaunlich!)

Meine Damen und Herren, deshalb mein Appell an CDU und SPD: Nehmen Sie Ihre Verantwortung für diese Rheinland-Pfälzer und unsere Heimat wahr, wirken Sie auf Berlin ein. Besondere Verantwortung trifft dabei unseren Ministerpräsidenten, der auch Bundesvorsitzender der SPD ist. Er selbst mahnte gestern Entschlossenheit und Verantwortung an.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Ministerpräsident, das ist richtig. Mit dem, was Sie nach Verkündung der Eckpunkte formuliert haben, passt das nicht zusammen. Ich erspare Ihnen die entsprechenden Kommentare.

(Glocke des Präsidenten – Frau Spurzem, SPD: Sie haben keine Zeit mehr!)

Herr Ministerpräsident, ich erinnere daran – – –

Herr Kollege Dr. Schmitz, Sie haben die Redezeit überschritten.

Ich komme zum Ende.

Herr Ministerpräsident, ich erinnere daran, dass Sie Ihren Amtseid auf Rheinland-Pfalz geleistet haben, nicht auf die Bundes-SPD.

(Zurufe von der SPD)

Zeigen Sie die Verantwortung und die Entschlossenheit, die Sie selbst angemahnt haben.

Sehr geehrter Herr Dr. Schmitz, Ihre Redezeit ist überschritten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP)

Ich erteile Frau Abgeordneter Ebli das Wort.

(Pörksen, SPD: Jetzt kommt etwas Solides!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Panikmache bringt uns kein Stückchen weiter.

Die Wirkung dieser Gesundheitsreform betrifft alle Menschen in der Bundesrepublik, also auch in RheinlandPfalz.

Das Gesundheitswesen bedarf einer Stärkung. Diese Stärkung wirkt sich auf alle Menschen aus, und die brauchen wir auch.

Die Sicherung der Zukunft der gesetzlichen Krankenkassen, der gesetzlichen Krankenversicherungen, die sie eben gerade versuchten herunterzureden, ist eine wichtige – ich meine –, eine sehr wichtige Aufgabe, die große gemeinsame Anstrengungen erfordert.

Dadurch wird deutlich, wie schwierig dieses wichtige und eigentlich unaufschiebbare Unterfangen ist. Mit der Großen Koalition in Berlin besteht zum ersten Mal die Chance, eine Reform auf den Weg zu bringen, die dem größten Teil unserer Bevölkerung gerecht wird.

(Eymael, FDP: Ihr kriegt es doch nicht hin!)

Ich muss nicht erklären, dass da immer wieder der Weg der Verständigung und des Kompromisses gegangen werden muss. Wir sind uns bestimmt auch alle darin einig, dass es ein „Weiter so“ nicht geben kann.

(Beifall der SPD – Eymael, FDP: Das ist aber ein „Weiter so“!)